sion am Runden Tisch gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder haben, wo alle demokratischen Parteien vertreten sind, und ich habe die große Hoffnung, dass wir hier einen Schritt vorangehen. Ein neuer Antrag im Bundesrat schadet nicht, wenn er einer guten Sache dient, und ich darf Ihnen versprechen, dass ich mich dafür einsetzen werde. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kinder haben Rechte, daran zweifelt niemand, aber die Interessen der Kinder und Jugendlichen spielen in Deutschland noch immer eine Nebenrolle. Bei Entscheidungen in Politik und Verwaltung werden ihre Stimmen kaum gehört. Diese Einschätzung habe nicht ich vorgenommen, sondern das Aktionsbündnis für Kinderrechte, das sich 2006 gründete. Mitglieder dieses Aktionsbündnisses sind namhafte Vereine und Verbände, Stiftungen und Organisationen wie UNICEF, der Deutsche Kinderschutzbund, das Deutsche Kinderhilfswerk, um hier nur einige zu nennen.
Dieses Aktionsbündnis forderte seit vielen Jahren die Bundesregierung, den Bundestag und Bundesrat dazu auf, die Rechte der Kinder im Grundgesetz zu verankern. Begründet wurde diese Forderung mit nachfolgenden Argumenten:
Auch unsere Fraktion hat diese Forderungen in den vergangenen Jahren nicht nur einmal in Form von Anträgen in den Landtag eingebracht. Begründet haben wir unseren Antrag insbesondere mit der Tatsache, dass mit der Verankerung im Grundgesetz die Anerkennung des Kindes als Grundrechtträger erfolgt. Diese Auffassung hat sich auch durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes seit Langem etabliert, würde sich aber durch die Festschreibung im Grundgesetz weiter verstärken. Wir sind uns auch immer darüber bewusst gewesen, dass man mit einer bloßen Verankerung im Grundgesetz die Lage der Kinder nicht automatisch verbessern würde. Aber ein klarer Verfassungsauftrag verstärkt natürlich die Verpflichtung aller staatlichen und politischen Entscheidungsträger, sich bei ihren Entscheidungen genau an diesem Anspruch messen zu lassen.
Zur Erinnerung: Begonnen hat es mit dem Antrag vom 16. Januar 2008. Mit unserem Antrag wollten wir die Landesregierung auffordern, sich im Bundesrat für die Aufnahme von Grundrechten im Grundgesetz einzusetzen. Dieser Antrag wurde an die Ausschüsse überwiesen und dort beraten. Im Mai 2008 führten wir eine öffentliche Anhörung im Europa- und Rechtsausschuss durch. Im Ergebnis der Beratung gab es eine Beschluss
empfehlung und einen Bericht des federführenden Ausschusses, dem Europa- und Rechtsausschuss, vom 20.01.2009.
Unter Punkt 1 der damaligen Beschlussempfehlung wurde unser damaliger Antrag wegen der ablehnenden Haltung des Bundesrates abgelehnt und im Punkt 2 folgende Entschließung gefasst, ich darf zitieren: „Das sachliche Anliegen des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1197 wird unterstützt. Der Bundesrat hat zwar in seiner Sitzung am 19. September 2008 eine entsprechende Entschließung abgelehnt, der Landtag ist aber der Auffassung, dass die nötige Sicherung von Grundrechten für Kinder nicht hinreichend gewährleistet ist. Insofern soll das Ziel, dass die Verfassung eigene Rechte für Kinder als Träger von Grundrechten künftig formulieren und enthalten sollte, beibehalten werden. Nur so werden Kinderrechte auch im Rahmen der Verfassung für jedermann deutlich gemacht und bilden zugleich Richtschnur und Ziel staatlichen Handelns.“ Zitatende.
Gleichzeitig wurde die Empfehlung an die Landesregierung gegeben, dieses Vorhaben nach Zusammentritt des neuen Bundestages wieder aufzugreifen.
Nun waren 2009 Bundestagswahlen und seit Oktober 2009 besteht ein neuer Bundestag. Aktivitäten waren nicht zu erkennen und wir wollten uns, das gebe ich zu, nicht auf die Landesregierung verlassen und haben deshalb dieses Thema erneut in Form eines Antrages auf die Tagesordnung im Dezember 2009 setzen lassen. Und ich bin froh, dass auf fast einen Tag genau, nur vor einem Jahr, ein gemeinsamer Antrag der Koalitionsfraktionen und der Fraktion DIE LINKE nun vorliegt. Dafür möchte ich mich im Namen meiner Fraktion recht herzlich bedanken. Ich denke, die Kinder werden das in Zukunft genauso sehen und vielleicht rückwirkend auf das, was wir im Landtag geleistet haben, auch ihr Einverständnis dafür geben.
Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir über Fraktionsgrenzen hinaus hier gemeinsame Anträge stellen. Dass meine Fraktion auch aufgrund der Hartnäckigkeit ihren Beitrag dazu geleistet hat, ist, denke ich, unstrittig. Dass wir uns aber im Rechts- und Europaausschuss darüber hinaus dazu verständigt haben, gerade in Bezug auf die Stärkung der Grundrechte und des Schutzes der Kinder hier keine parteipolitische Profilierung zuzulassen, ist, denke ich, ein großer Wert.
Ich möchte mich an dieser Stelle auch recht herzlich beim Kollegen Jäger bedanken, der sehr für diesen vorliegenden Antrag geworben hat, nicht in meiner Fraktion, aber bei den Koalitionsfraktionen.
Für meine Fraktion möchte ich hier erklären, dass mit dem heute vorliegenden Anliegen und der – hoffentlich – Beschlussfassung sich dann auch unser Antrag vom Dezember 2009 erledigt hat. Ich möchte hier aber auch deutlich machen, dass wir gemeinsam dafür Sorge tragen müssen, dass auch dies nur ein erster Schritt ist, dass wir in Bezug auf die nun vor uns stehenden Aufgaben konkrete Maßnahmen im Land Mecklenburg
Vorpommern für die Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen gemeinsam fortschreiben sollten. Ich denke, der Rechts- und Europaausschuss hat diesbezüglich einen guten Weg beschritten, und ich gehe davon aus, dass wir im März 2011 einen gemeinsamen Antrag hier zur Beschlussfassung vorlegen werden, einen gemeinsamen Antrag der demokratischen Fraktionen. Unsere Bereitschaft ist da und ich freue mich auf die weitere Debatte. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Antragsteller bei dem hier heute vorliegenden Antrag sind die Fraktionen von SPD, CDU und DIE LINKE. Die FDP-Fraktion ist es nicht. Das bedeutet allerdings nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass bei der FDP-Fraktion dieses Thema keine Bedeutung hat. Ganz im Gegenteil, dieses Thema wurde in der FDP-Fraktion sehr intensiv diskutiert, das allerdings nicht erst seit Vorliegen dieses Antrages. Die Diskussion dazu gibt es ja seit längerer Zeit auch
und insbesondere bei den Liberalen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Und ich will Frau Ministerin hier noch mal deutlich machen, auf Bundesebene reden wir in der Tat über einen Gruppenantrag.
Die schockierenden Ereignisse um misshandelte Kinder sind uns alle in Erinnerung und Kollege Dr. Jäger – ich denke, das darf man hier sagen, gerade als Schweriner Kollege – hat das hier noch mal deutlich gemacht, hier in Schwerin ist uns allen gerade der Tod des Mädchens Lea-Sophie nach wie vor sehr gegenwärtig. Und natürlich stellt sich in einem derartigen Fall die Frage, ob es neben Behördenversagen auch Gesetzeslücken gibt. Die Frage, ob die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz sinnvoll oder sogar erforderlich ist, ist dabei eine ganz wesentliche Frage.
Die FDP-Fraktion hat es sich gerade aus diesem Grund bei der Beratung zu diesem Antrag nicht leicht gemacht. Es gibt gute Gründe für die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz, aber es gibt bei näherer Betrachtung eben auch gute Gründe dagegen. Und wir meinen, meine Kollegen der FDP-Fraktion meinen, dass es letztlich eine Gewissensentscheidung eines jeden einzelnen Abgeordneten ist, meine Damen und Herren.
Die Entscheidung zu diesem Antrag hat nach unserer Auffassung auch nichts mit der jeweiligen Fraktionszugehörigkeit zu tun.
Meine Damen und Herren, wir haben von meinen Vorrednern bereits gute und nachvollziehbare Gründe für eine Stärkung von Kinderrechten gehört. Gestatten Sie
mir dennoch einige eher kritische Anmerkungen zu dem wesentlichen Ziel des vorliegenden Antrages. Dabei geht es, das sage ich ganz ausdrücklich, um eine möglichst umfassende Sammlung von Argumenten. Zu einer umfassenden Erörterung gehören aber eben auch die Argumente, die durchaus auch gegen diesen Antrag sprechen könnten. Und wie bereits gesagt, innerhalb der FDP-Fraktion wird die Entscheidung zu diesem Antrag als eine Gewissensentscheidung betrachtet.
Meine Damen und Herren, den folgenden Satz würde sicher jeder von uns sofort unterschreiben: „Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und auf den besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung.“ Aber muss deshalb diese oder eine ähnliche Formulierung in das Grundgesetz aufgenommen werden? Zwingend aus unserer Sicht ist es jedenfalls nicht. Selbst wenn man die Auffassung vertritt, dass Deutschland kinderfreundlicher sein könnte, ja, sogar sein müsste, dann ist immer noch die Frage nicht beantwortet, ob eine fehlende ausdrückliche Verankerung im Grundgesetz dafür ursächlich ist. Ich meine, die Rechtslage selbst ist es jedenfalls nicht. Das Kindeswohl ist Bestandteil von Gesetzen und Rechtsprechung. Wenn Recht und Wirklichkeit nicht übereinstimmen, dann ist regelmäßig von einem Vollzugsdefizit die Rede.
In derartigen Fällen würde dann allerdings auch keine naturgemäß allgemein gehaltene Formulierung im Grundgesetz helfen.
Meine Damen und Herren, dieses Thema eignet sich eigentlich kaum für eine rein formale juristische Argumentation. Zur Vollständigkeit der Diskussion gehört aber schon die Frage der beabsichtigten Ausgestaltung von Kinderrechten im Grundgesetz. Soll es sich um eine Staatszielbestimmung handeln, dann begründen sie kein subjektives Recht und sind auch nicht einklagbar. Oder sollen Kinderrechte als Abwehr- und Leistungsrechte im Grundgesetz verankert werden? Dann müsste man ehrlicherweise die Frage stellen, ob die von mir bereits genannten Kinderrechte, wie zum Beispiel das Recht auf besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung, nicht jetzt bereits einklagbare Rechte von Kindern darstellen. Wenn man das bejaht, steht zwangsläufig der Vorwurf im Raum, die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz sei dann nicht mehr als ein Symbol,
wobei selbst das – und das will ich ausdrücklich hier noch mal betonen – auch für einige unserer Fraktionskollegen zu einer Zustimmung zu dem Anliegen führen könnte. Dann allerdings, meine Damen und Herren, gehört es auch dazu, die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz als Symbol nicht mehr und nicht weniger zu benennen.
Zur Vollständigkeit der Diskussion gehören weitere Aspekte. Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Quelle des Verfassungsrechts. Und wenn man sich die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts ansieht, dann hat es an kinderfreundlichen Festlegungen in der Vergangenheit kaum gemangelt.
Eine weitere Frage gehört ebenfalls zur Thematik: Wenn Kinderrechte im Grundgesetz ausdrücklich normiert werden sollen, welche Personengruppen sollen außerdem noch ausdrücklich geschützt werden? Welche weiteren Staatsziele sollen noch normiert werden? Wäre es sinnvoll, immer weitere Staatsziele in die Verfassung aufzunehmen? Das Grundgesetz hat die Grundrechte an den Beginn gestellt.
Damit werden die elementaren Bedeutungen als Abwehr- beziehungsweise Leistungsrecht in den Vordergrund gestellt.