Protokoll der Sitzung vom 26.01.2011

Ich darf ein paar Passagen aus den Landtagsprotokollen dieser Sitzungen zitieren, zunächst aus der 69. Sitzung. Dort führte unter anderem Frau Lochner-Borst aus: „Grundsätzlich bleibt es dabei, dass sich mit dieser Gesetzesänderung das Land über die Hochschulen stellt. Es geht nicht um ein Miteinander, sondern um eine Kraftprobe.“

(Regine Lück, DIE LINKE: Hört, hört!)

„Heute glauben Sie, sehr geehrte Damen und Herren von SPD, Linkspartei.PDS und der Landesregierung, diese Kraftprobe zu gewinnen. Auf lange Sicht werden aber wir alle diese Probe verlieren.“

An einer anderen Stelle führt Frau Lochner-Borst aus: „Sie verweigern sich der Diskussion zur Übertragung von Personal-, Bau- und Liegenschaftsbewirtschaftung an den Hochschulen ebenso, wie Sie sich einer Debatte um die Einführung von Studienbeiträgen verweigern.“

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Später folgend: „Sie haben es aber im Unterschied zu Niedersachsen versäumt, die Hochschulabteilung im Ministerium in unserem Land personell zu reduzieren. Bei einem Paradigmenwechsel in der Hochschulpolitik, die Niedersachsen durchführte, wäre diese Reduzierung eine unausweichliche Folge. Hier passiert das Gegenteil.“

Und, meine Damen und Herren, ein weiteres Zitat: „... wer Zielvereinbarungen abschließen will, der muss zunächst einmal dafür sorgen, dass entsprechende Rahmen- und Ausgangsbedingungen vorhanden sind.“

Und fast zum Schluss der Ausführungen von Frau Lochner-Borst können wir nachlesen: „Die Zielvereinbarungen beziehungsweise Vorgaben, die heute in dieser Form von Ihnen beschlossen werden, sind nichts weiter als eine Fortsetzung alter und unflexibler zentralstaatlicher Steuerungsmaßnahmen.... Mit Ihrer Zustimmung zu diesem Gesetz begraben Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, mehrheitlich einen der wichtigsten Zukunfts- und Innovationsbereiche unseres Landes und gleich dazu ein Landeshochschulgesetz...“

So weit ein paar Zitate aus der Rede von Frau LochnerBorst in der damaligen Sitzung.

Es folgte später dann die konkrete Behandlung der Zielvereinbarungen und dort führte Frau Lochner-Borst aus: „Die vorliegenden Zielvereinbarungen für die Universität Greifswald, die Fachhochschule Stralsund, die Hochschule für Musik und Theater Rostock und die Hochschulen Wismar und Neubrandenburg sind weder ein Grund zur Freude, noch ein Grund zum Feiern.“

Weiter: „Der nahezu einzige zukunftsträchtige Bereich des Landes, eine der wenigen Chancen, der demografischen Entwicklung entgegenzuwirken, wird von Ihnen nach wie vor wie eine nachgeordnete Landesbehörde betrachtet. … Sie bauen an den Hochschulen Personal ab, wie Sie es bei den Umwelt- und Straßenbauämtern machen wollen. … Wissenschaft, Forschung und Lehre sind aber keine traditionelle Verwaltung. … Sie unterliegen anderen Gesetzmäßigkeiten,“

(Regine Lück, DIE LINKE: Ja, ja, so ist das, wenn man in der Regierungsverantwortung ist.)

„besonders wenn sie im Konzert der Universitäten und Hochschulen weltweit als Träger und Motor von Entwicklung begriffen werden.“

Und Herr Riemann machte dann den Zwischenruf: „Anstatt die Landesregierung zu verkleinern, werden die Universitäten verkleinert.“

So weit, meine Damen und Herren, ein paar Auszüge aus der damaligen Debatte.

Und ich will jetzt nicht weiter kommentieren, wie heutiges Agieren der Kollegen ist, die jetzt in der Regierungsverantwortung stehen. Das haben wir alle selbst erlebt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die damalige PDS-Fraktion hat in Regierungsverantwortung das Steuerungsinstrument der Zielvereinbarungen, im Notfall der Zielvorgaben, im Interesse des Landes und der Hochschulen mitgetragen. Die heutige Oppositionsfraktion DIE LINKE steht weiterhin dazu, das möchte ich hier betonen. Das heißt jedoch nicht, dass wir alle erzielten Vereinbarungen akzeptieren oder gar gut finden.

Es ist gut, aus unserer Sicht, dass schließlich mit allen Hochschulen eine Vereinbarung erreicht werden konnte, auch mit der Hochschule für Musik und Theater Rostock. Kritisch hinterfragen und werten wir aber unter anderem

1. die formelgebundenen Mittelverteilungen von 10 Prozent des Landeszuschusses, obwohl nur 0,5 Prozent Abzug vom Landeszuschuss möglich sind

Ich verweise auf diesbezügliche Kritiken insbesondere an der Universität Greifwald, die darauf hinweisen, dass das bürokratisch sei und uneffektiv. Offensichtlich sind auch die Kriterien für diese Mittelverteilung umstritten.

2. Die viel diskutierten Wohnsitzprämien sind nicht Gegenstand der Zielvereinbarungen, obwohl sie ab

Sommersemester 2011 – also in wenigen Monaten oder Wochen – eingeführt werden sollen, wie das Ministerium hat verlauten lassen.

3. den Kräfteeinsatz an den Fachhochschulen und der HMT für Graduiertenkollegs beziehungsweise Graduate Schools oder Academys, obwohl die personellen und materiellen Kapazitäten sehr begrenzt sind

4. die Fortsetzung der Finanzierung der Sanierung von Kliniken an der Universität Greifswald durch Verauslagung von bis zu 12 Millionen Euro durch die Universität und anschließende Rückzahlung durch das Land nach vier Jahren und in fünf Jahresscheiben

5. die Vereinbarung zur Lehrerbildung, das befindet sich vor allen Dingen in der Anlage 2, mit Bezug auf ein nicht vorhandenes Lehrerbildungsgesetz

Wir haben das ja heute zum Teil schon diskutiert.

6. Das Bildungsministerium will sich dafür einsetzen, dass mit dem Doppelhaushalt 2012/13, also mit dem nächsten Doppelhaushalt, der zentrale Gerätetitel im Kapitel 0770 auch für die Beschaffung von Musikinstrumenten bis zu 50.000 Euro eingesetzt werden kann.

Ich frage, was das Bildungsministerium heute daran hindert, auch diese Sicht schon anzuwenden, denn für die HMT sind die Geräte eben Instrumente.

7. Der Nachtrag in der Zielvereinbarung für die Hochschule für Musik und Theater macht die Differenzen in den Auffassungen zur weiteren Entwicklung der HMT deutlich. Das war wahrscheinlich auch die Grundlage dafür, dass die Zielvereinbarung seitens der HMT unterzeichnet worden ist.

Ich frage mich, was die Formulierung, wörtlich: „Die HMT Rostock ist daher aus Sicht des Landes gehalten, ihre Kapazitäten vornehmlich auf dem Gebiet von Studium und Lehre entsprechend zu fokussieren“, bedeuten soll. Worauf soll sich die HMT nicht fokussieren? Die HMT hat natürlich eine Reihe von Aktivitäten, die die Stellung dieses kulturellen Zentrums untermauern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nicht mehr gewünscht ist.

8. In den Zielvereinbarungen findet man zahlreiche Kannformulierungen zum Beispiel über zusätzliche Mittel für die Beschaffung von Großgeräten.

9. Im Kapitel V.3. „Erfolgskontrolle, Zielerreichung, Sanktionen“ sind nur Sanktionen des Bildungsministeriums vorgesehen im Sinne einer Rückforderung von erfolgten Zuweisungen, wenn die Ziele nicht erreicht werden oder nicht ausreichend bearbeitet werden. Den Hochschulen wird allerdings keine Möglichkeit eingeräumt, nicht eingehaltene Vereinbarungen seitens des Ministeriums einzufordern. Insofern kann man wohl schlecht von einer gegenseitigen Vereinbarung sprechen.

Aus diesen Gründen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die ich hier aufgeführt habe, wird sich unsere Fraktion enthalten. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Professor Methling.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Brodkorb. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Professor Methling, es ist natürlich schade, dass Sie sich enthalten wollen, aber ich würde gerne bei dem Punkt, den Sie zum Schluss ausgeführt haben, noch mal ansetzen. Sie beklagen, dass diese Vereinbarungen nicht vollständig auf gleicher Augenhöhe stattfinden, dass das Ministerium bestimmte Eingriffsrechte gegenüber den Hochschulen behält, die Hochschulen aber umgekehrt sich nicht gegen die Nichteinhaltung von Verträgen oder Vereinbarungen durch das Ministerium wehren können.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Dies ist völlig zutreffend beschrieben, aber, ich glaube, auch gar nicht änderbar, denn in einem öffentlich finanzierten Hochschulsystem und Wissenschaftssystem kann es anders auch gar nicht sein. Also wenn wir es hier mit zwei privaten Einrichtungen zu tun hätten, die miteinander einen Vertrag schließen und Rechte und Pflichten aushandeln, könnte man das sicherlich anders machen. Aber solange wir daran festhalten wollen, dass die Hochschulen öffentlich finanziert sind, gibt es natürlich ein gewisses Hierarchiegefälle, das lässt sich in der Demokratie gar nicht vermeiden. Und dieses Hierarchiegefälle endet dann im Parlament.

Wenn Sie also die Frage vielleicht gestellt haben – so interpretiere ich das mal –, welches Recht hat denn die Hochschule, zu verlangen oder zu erwirken, dass die getroffenen Vereinbarungen auch eingehalten wurden, dann kann man nur eine Antwort geben: Ja, dafür muss im Zweifel das Parlament sorgen. Das ist im Zweifel der Anwalt der Hochschulen, denn wir stimmen diesen Zielvereinbarungen ja auch zu. Das heißt, dies, was wir hier beschließen, ist bindend für beide Vertragspartner. Letztlich sind wir diejenigen, die das am Ende zu verantworten haben.

Und so würde ich dann auch Ihre Frage beantworten, muss ich sagen, die in der Sache richtig ist, als ein Strukturgefälle, das es gibt, aber innerhalb einer parlamentarischen Demokratie auch geben muss, sofern man an der öffentlichen Finanzierung von Hochschulen festhält. Dann haben das Ministerium und am Ende auch das Parlament immer einen höheren Gehalt oder eine höhere Durchsetzungsmöglichkeit gegenüber den Hochschulen als umgekehrt. Und das finde ich auch richtig, denn die Hochschulen haben zwar in sich eine demokratische Verfasstheit, sie sind aber nicht demokratisch legitimiert gegenüber dem Souverän. Das können nur Parlament und abgeleitet auch Regierung, insofern, wie gesagt …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das können wir ja dann mal machen in den fünf Jahren.)

Richtig, Herr Professor Methling, richtig beschrieben, aber in einer parlamentarischen Demokratie unauflösbar.

(Michael Roolf, FDP: Nee, nee, nee, nee!)

Und deswegen, wie gesagt, will ich uns ermuntern …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Es sei denn, wir behandeln es im Parlament.)

Ja. Herr Methling, das habe ich ja gesagt, dass wir am Ende derjenige sind, der sowohl darüber wacht, dass die Regierung ihre Zusagen einhält wie umgekehrt die Hochschulen die Verpflichtungen. Anders geht das doch gar nicht.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, machen wir dann so. – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

So, und dass sich, Herr Roolf, unsere Vorstellungen von der Frage, was Hochschulautonomie bedeutet, fundamental unterscheiden, das haben wir ja durchaus mehrere Jahre hier schon besprochen.

(Michael Roolf, FDP: Es geht aber mit dem demokratischen Rechtsstaat schon los. Da geht das schon los.)