Protokoll der Sitzung vom 26.01.2011

(Udo Pastörs, NPD: Im Hartz-IV- Bereich habt ihr das schon.)

das war damals die Arbeiter- und Bauerninspektion. Das war auch so eine Sonderkommission.

(Regine Lück, DIE LINKE: Gar nicht so schlecht, Herr Seidel. – Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Also Sie können das ja noch mal näher erläutern.

Sie wollen im Übrigen laut Paragraf 9 (6) dieser Sonderkommission auch besondere Rechte geben. Wahrscheinlich wollen Sie sie auch mit Stellen ausstatten. Also ich frage mich schon, was das am Ende wirklich soll. Jetzt werden Sie mir gleich entgegnen, so was gibt es in anderen Gesetzen auch. Das stimmt, im Hamburger und im Bremer Gesetz stehen ähnliche Begriffe. Aber nun sage ich mal so, was die Hamburger sich erlauben können, das, glaube ich, kann Mecklenburg-Vorpommern noch lange nicht nachmachen. Insofern würde ich dieses Argument schlichtweg nicht gelten lassen.

Meine Damen und Herren, es ist auch nicht unehrenhaft, das will ich auch deutlich ausführen, im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge die Einhaltung von Normen zu verlangen, die man auch unter elementaren moralischen Kategorien letztlich behandeln kann. Insofern kann ich mich durchaus mit der Idee anfreunden,

(Regine Lück, DIE LINKE: Auf jeden Fall keine unmoralischen Angebote.)

die Vergabe von Aufträgen an die Beachtung von Mindeststandards in Normen der Internationalen Arbeitsorganisation zu knüpfen. Aber ich verweise noch einmal darauf, das Vergaberecht kann letztlich nicht dazu dienen, dass es sozusagen ein Hebel ist, um alle möglichen gesellschaftlichen und politischen Ziele zu erreichen. Man muss sich nämlich am Ende noch mal sagen, dass man ja auch ein Unternehmen dann braucht, das den Auftrag überhaupt ausführen kann, und dass das die entscheidende Frage ist. Deswegen will ich dies nur an dieser Stelle kurz erwähnen.

Es ist auch zu fragen oder es ist auch voraussehbar, wenn ich mir das alles anschaue mit den Regelungen, die Sie getroffen haben, dass Unternehmen, wie sie gerade in Mecklenburg-Vorpommern typisch sind, nämlich kleine und mittelständische Unternehmen, mit Sicherheit diese Auftragsvergaben scheuen werden. Warum? Weil sie überhaupt nicht in der Lage sind, den Verwaltungsaufwand zu erbringen, den Sie hier fordern.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Das können die Unternehmen nicht. Und damit gehen Sie an der Unternehmensstruktur dieses Landes vorbei.

Ich will mal ein Beispiel nehmen: Natürlich ist es ehrenhaft zu sagen, Unternehmen sollen Chancengleichheit – das ist ein wichtiges Thema, wie wir alle wissen, damit haben wir alle zu kämpfen, ob in der Partei, in den Betrieben, Verbänden, wo auch immer –

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

dort auch in den Unternehmen sichern. Aber jetzt mal praktisch: Sie wollen in einem Vergabeverfahren jetzt prüfen, ob ein Unternehmen Chancengleichheit gewährleistet. Sagen Sie mir mal: Welche Bescheinigung wollen Sie da eigentlich haben? Wer soll die ausstellen?

(Udo Pastörs, NPD: Nach welchen Kriterien soll sie überhaupt erfolgen?)

Also so sehr, wie ich Frau Dr. Seemann bei uns schätze, ich glaube nicht, dass sie in der Lage ist, eine Behörde aufzubauen, die am Ende die Chancengleichheit in Betrieben prüfen kann. Wie wollen Sie es machen?

(Udo Pastörs, NPD: Das ist Quatsch.)

Und jetzt frage ich mal: Wir haben Firmen in Mecklenburg-Vorpommern, ich nehme mal eine kleine Firma, ich lasse mal den Namen jetzt weg, die beschäftigt Kletterer, die zum Beispiel die Wartung, die Kontrollen an Windkraftanlagen machen. Die haben nur Männer. Wollen Sie jetzt bei denen sagen, ihr kriegt keinen öffentlichen Auftrag, weil Chancengleichheit bei euch nicht gewährleistet ist?

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ganz genau.)

Das sind doch praktische Fragen, die sich am Ende stellen.

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Und noch einmal, ich habe doch nichts gegen eine solche ehrenhafte Absicht, aber die können Sie nicht in einem Vergabeverfahren umsetzen.

(Zuruf von Wolfgang Griese, DIE LINKE)

Das muss Ihnen wirklich einmal klar werden.

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, der Entwurf ist nicht nur mit allen möglichen Forderungen überfrachtet, er ist auch unpräzise. Das zeigen auch die Regelungen über die umweltverträgliche Beschaffung. Aber Sie sind ja dann immer gleich dabei,

(Regine Lück, DIE LINKE: Das sind schwache Argumente.)

Sie verweisen dann im nächsten Absatz gleich auf eine weitere Regelung, die Sie dann auch noch nachschieben wollen. Auch das ist natürlich immer die entsprechende Praxis. Hier geht es nur um ein Gesetz und dann werden weitere Regelungen folgen, die auch in das Vergabeverfahren hineingehen. Was muss man sich zum Beispiel vorstellen unter Lebenszykluskosten einer Dienstleistung? Wie stellt man sich die Berücksichtigung der vollständigen Lebenszykluskosten einer Produktion oder eines Produktes vor? Also das kann man gerne mal mit Fachleuten diskutieren. Ich sage Ihnen, da kommen Sie vom Hundertsten ins Tausendste.

Insofern, meine Damen und Herren, das Leben verlangt bei allem Wollen und bei allen auch durchaus nachvollziehbaren Intentionen zu moralischen und zu gesellschaftlich notwendigen Zielen nach Instrumenten, die auch am Ende mit einigermaßen verträglichem Aufwand gehandhabt werden können. Und deshalb, muss ich sagen, ist Ihr Gesetz diesbezüglich nicht hilfreich. Und weil wir dennoch gute Demokraten sind, haben wir gesagt, wir werden es überweisen. Aber ich meine, man muss Sie trotzdem schon jetzt darauf hinweisen, dass es erhebliche Schwächen bringt. Und das werden wir Ihnen auch nicht durchgehen lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Aber die angemeldete Redezeit wurde mit fünf Minuten überschritten, sodass nach Paragraf 85 unserer Geschäftsordnung diese der Opposition zur Verfügung stehen.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nicht, dass Sie jetzt befürchten, ich habe hier so viel Papier vor mir liegen, dass ich Ihnen das alles vorlesen will. Das eine ist der Gesetzentwurf der Partei DIE LINKE, der heute hier Beratungsgegenstand ist, und das andere, damit dann auch die Zweifel beseitigt werden, das ist tatsächlich ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen,

(Der Abgeordnete Jochen Schulte zeigt ein Schriftstück. – Michael Roolf, FDP: Oh!)

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei.

(Regine Lück, DIE LINKE: Sehen reicht nicht. Wir wollen ihn auch lesen.)

Sie werden ihn noch, auch Sie, Herr Kollege Roolf, werden ihn zum Lesen bekommen.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Das beruhigt mich doch. Also, Herr Roolf, Sie erfreuen mich immer wieder durch Ihre Äußerungen.

Nein, aber sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nur für eins um Verständnis bitten. Ich werde auf den Inhalt der einzelnen Punkte unseres Gesetzentwurfes, der Koalitionsfraktionen, hier nicht eingehen, weil, ich denke mal, das ist nicht Beratungsgegenstand. Beratungsgegenstand ist der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE.

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Und ich denke mal, es ist Ihnen auch als Oppositionspartei angemessen, auch für eine vernünftige Diskussion eines Gesetzentwurfes der Koalitionsfraktionen, dass Sie ihn tatsächlich vorher lesen können, bevor man drüber diskutiert. Herr Kollege Roolf, da sind wir dann ja wieder einer Meinung.

Aber lassen Sie mich einige grundsätzliche Ausführungen machen, die dann natürlich auch im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE stehen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es wird Sie nicht verwundern, wenn ich an dieser Stelle sage, meine Fraktion, aber insbesondere auch ich, sind, ich hätte es fast so ausgedrückt, vergabegesetzgeschädigt. Ich kann mich noch an eine Äußerung meines früheren Wirtschaftsministers erinnern – ich meine jetzt ausdrücklich nicht Sie, Herr Minister Seidel –, als ich bei ihm im Büro gesessen habe, damals, glaube ich, mit Ihnen, mit dir, liebe Kollegin Lück, und ich mir dann anhören musste, dieses Land braucht kein Vergabegesetz. Da kann ich an dieser Stelle natürlich heute sagen –

(Regine Lück, DIE LINKE: Steter Tropfen höhlt den Stein.)

Herr Minister Ebnet ist nicht mehr Wirtschaftsminister –, inzwischen ist es uns gelungen als Koalitionsfraktionen, auch seinen Nachfolger zu überzeugen, dass es durchaus sinnvoll sein kann, bestimmte Dinge als Absicherung sozialer Standards auch in diesem Land zu regeln. Sie haben es ja eben noch mal deutlich gemacht in Ihrer Rede, Herr Minister Seidel. Ich bin immer noch an dem Thema dran gewesen und spätestens im März dieses Jahres gibt es dann auch einen entsprechenden Gesetzentwurf meiner eigenen Partei beziehungsweise der Koalition. Da ist es dann tatsächlich so, dass steter Tropfen den Stein höhlt.

Und für mich persönlich ist es natürlich auch eine Genugtuung, und das kann ich dann auch im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE sagen, ich kann mich an dieser Stelle auch an Äußerungen in diesem Haus erinnern, die es per se in Abrede gestellt haben, ob das, was von mir auch damals schon vorgetragen worden ist, nämlich gerade für den Bereich des Nahverkehrs eine Regelung zu finden, überhaupt möglich wäre.

Heute kann man an dieser Stelle, ohne dass man über die einzelnen Gesetzentwürfe auch Ihrer Fraktion, Herr Kollege Holter, diskutieren muss, sagen, es ist bundesweit kein Thema mehr, es ist in diesem Haus kein Thema mehr. Und wenn wir Ihren Gesetzentwurf dann auch in den Ausschüssen oder im Wirtschaftsausschuss, wahrscheinlich als federführenden Ausschuss, ich will hier niemandem vorgreifen, entsprechend vergleichen, dann wird das hier an dieser Stelle auch deutlich machen, dass es da, aber vielleicht auch an anderen Stellen durchaus Gemeinsamkeiten gibt.

Es gibt sicherlich auch eine Gemeinsamkeit zwischen meiner Fraktion, zwischen mir, aber, ich denke, auch der Koalitionsfraktion, ohne dass ich dem Kollegen Waldmüller vorgreifen möchte, und dem, was Sie hier gesagt haben. Dieses Land braucht, um für eine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung und damit für die Zukunft gerüstet zu sein, insbesondere auch die Stärkung der in diesem Land ansässigen kleinen und mittelständischen Unternehmen. Wir haben nicht viele große Unternehmen in diesem Land. Und deswegen müssen wir die kleinen, die wir haben, entsprechend pflegen.

Und gerade vor diesem Hintergrund ist es natürlich auch wichtig, dass mit einem entsprechenden Vergabegesetz dann diese Unternehmen tatsächlich auch gestärkt werden. Ihnen dürfen keine zusätzlichen, durch sie nicht leistbaren bürokratischen Erfordernisse in den Weg gelegt werden. Aber auf der anderen Seite müssen sie natürlich auch mit den Mitteln einer vernünftigen Gesetzgebung befördert und gestärkt werden.