Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

Herr Abgeordneter Köster, für die Verunglimpfung der Landeszentrale erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Das ist der zweite Ordnungsruf und ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie bei einem dritten Ordnungsruf das Wort entzogen bekommen.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Leonhard von der Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die NPD hat mal wieder einen Antrag eingereicht, der ganz deutlich ihr Staatsunverständnis zutage fördert, denn, meine Damen und Herren, von Staatsverständnis kann bei der NPD keine Rede sein.

(Udo Pastörs, NPD: Natürlich. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Aber, Kollegen, das ist auch nichts Neues.

(Udo Pastörs, NPD: Nee, das ist nicht neu.)

Neu ist auch nicht, dass die NPD die Kausalität zwischen Befehls- beziehungsweise Hierarchiestrukturen auf der einen Seite und freien Organisationen auf der anderen Seite nicht ganz verinnerlicht beziehungsweise verstanden hat.

(Michael Andrejewski, NPD: Was ist denn hier frei?)

Wie anders ist denn das zu verstehen, dass die NPD gern möchte, dass die Landesregierung die Landeszentrale für politische Bildung anweisen soll, irgendetwas zu tun?

(Stefan Köster, NPD: Das ist eine Behörde.)

Das war vielleicht früher so, zu Zeiten, als die Demokratie weniger gefragt war als heute,

(Michael Andrejewski, NPD: Und die soll unabhängig sein?)

in Zeiten, wo die Bevölkerung angewiesen wurde, für den Krieg zu sein,

(Udo Pastörs, NPD: Wie heute mit Afghanistan.)

wo die Presse angewiesen war, ihre Freiheit aufzugeben.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das ist zum Glück heute anders, nur die NPD will oder kann dies nicht verstehen.

Die Landeszentrale für politische Bildung hat nach dem Wechsel in der Führungsebene neuen Schwung aufgenommen

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, nach unten. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und ich glaube, wir können alle dies durchaus begrüßen. Die im Vergleich zu anderen Bundesländern eher kleinere Landeszentrale leistet Enormes. Das Budget ist leider etwas gering ausgefallen und die personelle Ausstattung könnte auch besser sein,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

das will ich aber nur am Rande erwähnen.

Kommen wir zum Schwerpunkt, dem Wahl-O-Mat. Dazu möchte ich drei Sachverhalte ansprechen, zum Ersten die Ressourcen, zweitens die inhaltlichen Bedenken, die gegen einen Wahl-O-Mat sprechen, und drittens die Weisungen an die Landeszentrale.

Zum Punkt 1, Ressourcen: Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts München aus dem Jahr 2008 müssen alle zur Wahl stehenden Parteien und Wählergemeinschaften mit ihren Programmen im Wahl-O-Mat berücksichtigt werden. Geklagt hatte damals die ÖDP in Bayern. Daraus folgte ein enormer Aufwand bei der Erstellung des Wahl-O-Mats. Dies beinhaltete die Erarbeitung von 30 thematischen Aussagen und Abklärungsprozessen mit den Parteien und Wählergemeinschaften, die zur Landtagswahl 2011 angetreten waren.

Die Bundeszentrale für politische Bildung, die den WahlO-Mat betreibt, fragte bei ihrem Angebot an die Landeszentrale auch nach der Bereitstellung von personellen Ressourcen durch die Landeszentrale. Diese jedoch ist mit ihrer kleinen personellen Ausstattung, die im NPDAntrag selbst auch beschrieben ist – nur vier inhaltlich arbeitende Referenten, die mit ihren Aufgaben aber voll beansprucht sind –, völlig ausgelastet.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Es ist somit nicht möglich, dass die Landeszentrale für die hochkomplexe Aufgabe einer Erarbeitung eines Wahl-O-Mats Unterstützungsleistungen erbringen kann. Mit Blick auf die Landtagswahl werden eine Vielzahl von Projekten und Aktivitäten der verschiedensten Träger durch die Landeszentrale und andere staatliche Einrichtungen, zum Beispiel den Landtag, gefördert. Ein WahlO-Mat wäre lediglich ein Teil dieses Puzzles. Die Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen bezüglich der Installierung des Wahl-O-Mats ist auch vor diesem Hintergrund nicht gegeben.

Ich komme nun zu den inhaltlichen Bedenken, die gegen eine Nutzung des Wahl-O-Mats in Mecklenburg-Vorpommern sprechen. Zunächst ist zu sagen, dass anders als in Sachsen-Anhalt keine Ablehnung des Wahl-OMats durch die Landeszentrale für politische Bildung aufgrund der NPD-Teilnahme vorgenommen worden ist. Diese spielte bei der Sitzung des Kuratoriums, wenn sie sich auch mit der Teilnahme am Wahl-O-Mat beschäftigt hat, keine Rolle.

Der Wahl-O-Mat ist in erster Linie auf punktuelle Wahlkampfaussagen und -themen ausgerichtet. Grundlegende ideologische Ausrichtungen der Parteien, die meist viel wichtiger für die Wahlentscheidungen sind, werden, wenn überhaupt, weniger berücksichtigt oder tauchen erst gar nicht auf. Der Wahl-O-Mat reduziert die mindestens drei Faktoren der Wahlentscheidung daher auf einen Faktor, nämlich auf den Faktor Themen. Dies ist durchaus legitim für die politische Bildung und vom Grundsatz her auch in Ordnung, jedoch nur akzeptabel, wenn alle Parteien und Wählergemeinschaften auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Bei der extremistischen …

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ja, Sie können ja lachen.

Bei der extremistischen NPD …

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Zum Glück ist das auch allgemein bekannt.

Bei der extremistischen NPD führt diese Verkürzung zur Verschleierung ihrer systemfeindlichen Grundhaltung.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Die singulären programmatischen Aussagen der NPD können aber nicht ohne den Bezug zur rechtsextremistischen Ideologie der Partei interpretiert werden.

Ich komme nun zu meinem dritten und damit letzten Abschnitt, die Weisungen an die Landeszentrale.

(Stefan Köster, NPD: Das hat aber jetzt nichts mit der NPD zu tun.)

Und da kann ich ein wenig aufklären und ich hoffe, die NPD kann das auch nachvollziehen.

Die Landeszentrale …

(Udo Pastörs, NPD: Nachvollziehen, das ist schwierig.)

Ja, zuhören, zuhören! Und verstehen können Sie sowieso nicht, also …

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ja, dann lassen Sie es einfach!

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ein Homunkulus.)

Die Landeszentrale ist zwar dem Bildungsminister unmittelbar unterstellt, sie ist aber keine normale Ministerialabteilung oder nachgeordnete Behörde. Was zeichnet sie also aus als Landeszentrale für politische Bildung?

(Stefan Köster, NPD: Klären Sie uns auf!)

Der Direktor wird vom Ministerpräsidenten ernannt. Die Landeszentrale besitzt durch das Kuratorium einen Aufsichtsrat, in dem breite gesellschaftliche Gruppen vertreten sind

(Michael Andrejewski, NPD: Na ja.)