Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

Das Gutachten der beauftragten WIBERA kommt zu dem Ergebnis, dass die Kosten für Fähren und Straßenbahnen im Vergleich zum Betrieb von Bussen besonders hoch sind.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Die geringsten Kosten fallen beim Betrieb von Regionalbuslinien an. Das sind also genau die Buslinien,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: In den Städten wahrscheinlich.)

die typischerweise in den regionalen Kreisen verkehren.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen, Herr Roolf. Während die durchschnittlichen Kosten je Fahrplankilometer beim Fährverkehr zur Insel Hiddensee beispielsweise 36,50 Euro betragen, sind es im Regionalbusverkehr nur 1,90 Euro. Das sind keine Kosten, die wir uns ausgedacht haben, das sind genau ermittelte Kosten. Der Straßenbahnverkehr kostet immer noch durchschnittlich 10,45 Euro je Fahrplankilometer.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aufgrund dieses Ergebnisses sollen für das Jahr 2011 Anpassungen der Zuweisungsmittel zwischen den Trägern des ÖPNV stattfinden. Wir reden im Übrigen über eine Gesamtsumme von 18 Millionen, die fünf Prozent entspricht. Das möchte ich nur noch angemerkt haben. Diese Umverteilung ist Ausdruck der auf kommunaler Ebene bestehenden Solidargemeinschaft.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ach ja!)

Die Landkreise und kreisfreien Städte, denen wegen des Betriebes von Fähren oder Straßenbahnen höhere Kosten entstehen, sollten künftig mehr Vorwegabzüge erhalten.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja, und bei uns fahren weniger Busse.)

Andererseits werden die Zuweisungen an Kreise mit geringeren Kosten im Busverkehr voraussichtlich sinken. Aus diesem Grunde sollen die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin höhere Zuweisungen erhalten – und der Innenminister kann nun mal nichts dafür, dass in Neustrelitz beispielsweise keine Straßenbahn fährt und damit der Landkreis auch nicht mehr Geld erhält, sondern eher weniger –, während die Zuweisung an die Gruppe der Landkreise insgesamt etwa um 1 Million Euro sinken wird.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter der FDP, die Umverteilung der Vorwegabzüge für die Träger des ÖPNV beruht also ausschließlich auf veränderten Kosten. Es liegt der Landesregierung fern, dem einen was wegzunehmen und dem anderen was zu geben. Wir reden immer über die Gesamtkostensumme der Vorwegabzüge von 18 Millionen Euro, die für diese Maßnahme zur Verfügung stehen.

(Michael Roolf, FDP: Es sind weniger.)

Lassen Sie mich aber noch etwas zum Thema Anhörung der Betroffenen sagen. Empfänger der Vorwegabzüge sind, wie ich bereits ausgeführt habe, die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger des ÖPNV. Sie können im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung frei über diese Mittel verfügen. Das war übrigens auch eine Entscheidung dieses Parlaments, dass wir das so mit den Vorwegabzügen machen. Deswegen war es auch nicht

erforderlich, die Fachverbände des Personennahverkehrs zu hören. Wie Ihnen aber bekannt sein wird, liegen meinem Haus Widersprüche einiger Landkreise gegen die geplante Anpassung der Zuweisung vor.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wird das Innenministerium gemeinsam mit dem Verkehrsministerium im Februar 2011 eine Beratung über das Gutachten der WIBERA durchführen. An dieser Beratung werden nicht nur die Träger des öffentlichen Nahverkehrs, sondern selbstverständlich auch die kommunalen Landesverbände teilnehmen.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Ich hoffe, dass sich die Position der Beteiligten bei diesen Diskussionen annähern wird, denn da reden wir über den Begriff „Solidargemeinschaft“. Aber wir handeln auf einer gesetzlichen Grundlage, darauf lege ich noch mal ausdrücklichen Wert, denn der Wichtungsfaktor ist von der Landesregierung in Abständen neu festzulegen.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja, es liegt vielleicht auch daran, dass die Finanz- ausgleichsmasse nicht auskömmlich ist.)

Dass Sie wieder mehr Geld reingeben wollen, Frau Schwebs, ist mir schon vollkommen klar. Wir haben aber für diese Maßnahme 18 Millionen Euro zur Verfügung.

An dieser Beratung werden wie gesagt nicht nur die Vertreter des Nahverkehrs teilnehmen, sondern selbstverständlich auch die kommunalen Landesverbände.

Bei der Bescheidung der Widersprüche bin ich im Übrigen gern bereit, eine einvernehmliche Lösung der Landkreise und kreisfreien Städte über die künftige Verteilung der Mittel mitzutragen. Das ist dann aber ein Thema der kommunalen Selbstverwaltung. Insofern ist die Landesregierung ihrer gesetzlichen Verpflichtung auf der Grundlage von geltendem Recht nachgekommen, und noch mal: Die Zahlung an die Landkreise und kreisfreien Städte, das haben Sie geflissentlich unterschlagen, sind Abschlagszahlungen. Die endgültige Wichtung wird natürlich auf der Grundlage der endgültigen Fahrplankilometer aus dem Jahr 2010 erfolgen.

Insofern ist es wieder, wie eingangs gesagt, ein typischer Antrag von Ihnen. Sie stellen etwas halb dar, die Situation stellt sich rechtlich anders dar. Ich bin Ihnen aber dankbar, dass ich noch mal die Möglichkeit hatte,

(Angelika Peters, SPD: Das geradezurücken.)

dem Hohen Haus darzustellen, wie wir gemeinsam diese Problematik angegangen sind. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich logisch vorne anfangen und „logisch vorne“ heißt in diesem Fall mit einem Zwischenruf der sehr geschätzten Kollegin Schwebs, dass das Problem ja darin liege, dass die Finanzausgleichsmasse nicht groß genug sei. Liebe Kollegin und liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Zwi

schenruf ist falsch, denn wenn wir die Finanzausgleichsmasse vergrößern würden, egal jetzt aufgrund welcher Tatsache, dann würde dies den Schlüsselzuweisungen an die Städte und Gemeinden zugutekommen, nicht aber den Vorwegabzügen. Das Geld, über das wir hier reden, ist aber ein Vorwegabzug im Finanzausgleichsgesetz und beim Vorwegabzug, Kollegin Schwebs, Sie wissen das doch,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Sie wissen aber auch, dass das pinnenschieterig ist, was Sie machen.)

ist im Gesetz die Höhe des Vorwegabzuges festgelegt. Und diese Vorwegabzüge – es sind zwei, die für den Öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung gestellt werden – betragen zusammen 18 Millionen Euro.

Hier beginnt die erste Diskussion, meine Damen und Herren, die meines Erachtens auch in die Zukunft führt und die wir gemeinsam führen müssen. Die LINKEN haben ja morgen einen Antrag zum Thema FAG auf dem Tisch und da gehört eine solche Diskussion hin. Viele, gerade auch auf der kommunalen Ebene – und das haben zum Teil Landespolitiker übernommen –, haben in den letzten Jahren eine Diskussion geführt, die holzschnittartig vergröbert zusammengefasst sagt, Vorwegabzüge sind eigentlich der falsche Weg, eigentlich müsste das alles in die Schlüsselzuweisungen gehen. Ich gebe gern zu, ich habe diese Diskussion nie gern in diese Richtung geführt und ich glaube, Vorwegabzüge für den Öffentlichen Personennahverkehr sind etwas sehr Sinnvolles.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Wenn sie auskömmlich sind, ja.)

Ich habe mich damals bei der FAG-Novelle dafür ausgesprochen und ich bin heute sehr froh, dass ich gemeinsam mit anderen da erfolgreich war. Wir brauchen genügend Geld für den ÖPNV. Also an der Finanzausgleichsmasse liegt es nicht, sondern an uns als Gesetzgeber, die wir sagen, da gibt es einen Vorwegabzug.

Logischer Schritt 2: Dieser Vorwegabzug von 18 Millionen oder diese beiden Vorwegabzüge von 18 Millionen Euro werden auf 18 Körperschaften, auf 6 kreisfreie Städte und 12 Landkreise verteilt. Ich habe mir die Zahlen zuarbeiten lassen, ich kann sie gern auch anderen zur Verfügung stellen. Wenn wir die Summe der Zuweisungen zu diesen 18 Körperschaften im vorigen und in diesem Jahr jeweils addieren, dann kommt auf den Cent bei beiden Rechnungen 18 Millionen Euro heraus.

Das heißt, meine Damen und Herren, die kommunale Ebene hat hier keinen Cent gewonnen und keinen Cent verloren, alles zusammen, sondern es hat eine Umverteilung innerhalb der kommunalen Ebene stattgefunden. Ich halte es für wichtig, dieses hier klarzustellen, weil das in der Öffentlichkeit sonst gern so in die Richtung diskutiert wird, na, dann nimmt das Land wieder den Kommunen das Geld weg. Nein, kein Cent wird weggenommen, 18 Millionen werden nur anders verteilt.

3. Punkt: Bei dieser Verteilung von 18 Millionen gibt es ein Verfahren, da gibt es keinen bösen kleinen grünen Beamten, der im Innenministerium sitzt und würfelt und sagt, Wismar kriegt jetzt 18.000 mehr und Müritz kriegt jetzt 100.000 weniger, sondern es gibt ein festgelegtes Verfahren, wer wie viel bekommt. Der Minister hat es hier im Wesentlichen dargestellt. Und der Minister hat auch dargestellt, es geht um sogenannte Wichtungsfaktoren und die basieren auf gewichteten Fahrplankilometern.

Und diese Wichtungsfaktoren haben wir 2003 zum letzten Mal exakt berechnet. Es ist eigentlich üblich, dass solche Zahlen in Abständen von fünf Jahren neu berechnet werden.

Das heißt, wenn wir hier der Regierung einen Vorwurf machen, dann vielleicht den, dass eigentlich schon vor zwei Jahren diese Wichtungsfaktoren hätten aktualisiert werden müssen. Nun sind sie jetzt aktualisiert worden und das Ergebnis führt dazu, dass diese 18 Millionen anders verteilt werden als in der Vergangenheit. Und bei einem solchen Andersverteilen einer gleichbleibenden Summe gibt es logischerweise Gewinner und gibt es Verlierer. Die sind aber nicht Gewinner oder Verlierer, weil irgendjemand bösartig in der Landesregierung etwas anders verteilt und hier willkürlich handelt, sondern sie sind Gewinner und Verlierer, weil sich objektiv an den Zahlen, die uns als Berechnungsbasis dienen, etwas verändert hat.

Und natürlich, Herr Roolf, kann man sich hinstellen und kann sich zum Sprecher derer machen, die Verlierer sind

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

bei dieser Rechnung.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Man kann sich zum Fürsprecher derer machen, die etwas verloren haben, aber man muss dann sehr deutlich auch sagen, wenn Sie denen das zurückgeben wollen, also zum Status quo zurück,

(Michael Roolf, FDP: Nein, die behalten sie gar nicht. Nein, nein, nein, nein, nein!)

dann sind wieder andere die Verlierer, denen Sie genau diesen Zuwachs jetzt wieder wegnehmen.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Und dann möchte ich gern sagen, Herr Roolf und meine Damen und Herren, entweder ich spiele da nicht mit oder aber – und das wäre etwas, was Ihnen bisher meines Erachtens nicht gelungen ist – Sie stellen dar und können belegen, dass in der Rechnung ein Fehler gemacht worden ist. Das ist Ihnen meinem Erachten nach nicht gelungen und deswegen glaube ich auch, dass wir mit solchen Zahlen zunächst einmal durchaus leben müssen.

Aber – und da bin ich jetzt bei dem, was der Minister gesagt hat – dieses sind vorläufige Wichtungszahlen, weil die endgültige Berechnung auf der Basis der Zahlen von 2010 vorgenommen wird. Wir werden also noch zu Veränderungen dieser Zahlen kommen, wobei wir im Moment nicht wissen, aber ich sage hier in aller Offenheit, ich glaube es auch nicht, dass das wieder zu den Zahlen von vorher führen wird, sondern die Entwicklungen, die dort stattgefunden haben, werden auch in 2010 sich nicht wieder völlig umgekehrt haben. Und deswegen müssen wir überlegen, ob wir vielleicht zukünftig einen solchen Vorwegabzug, und da bin ich dann vielleicht wieder bei der Kollegin Schwebs, ob wir einen solchen Vorwegabzug nicht besser ausstatten, weil uns ÖPNV in den ländlichen Räumen so viel wert ist.