Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Keine unbefristete Lagerung radioaktiver Stoffe im Zwischenlager Nord (ZLN) bei Lubmin, Drucksache 5/4124.

Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP: Keine unbefristete Lagerung radioaktiver Stoffe im Zwischenlager Nord (ZLN) bei Lubmin – Drucksache 5/4124 –

Das Wort zur Begründung wurde nicht eingereicht.

Es ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Es hat zunächst ums Wort gebeten der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Caffier. Herr Caffier, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich will es relativ kurz machen. Ich bedanke mich zunächst einmal bei allen Fraktionen, demokratischen Fraktionen,

(Michael Andrejewski, NPD: Gut, dass Sie dran gedacht haben.)

die hier einen solchen Antrag auf den Weg bringen, der die Landesregierung in ihrem Handeln bestärkt. Es ist richtig, dass die EWN beim Innenministerium beantragt hat, unbefristet schwach und mittel radioaktive Stoffe im Rahmen der Pufferlagerung einlagern zu dürfen, das heißt eine sogenannte Aufhebung der Befristung.

Derzeit befindet sich das Verfahren im Antragsverfahren und es wird gerade die Anhörung der Betroffenen durchgeführt. Wir sind als Innenministerium die atomrechtliche Aufsichtsbehörde für das Zwischenlager Nord. Das Innenministerium beabsichtigte bislang, den Antrag der EWN auf Entfristung der Pufferlagerung auf der Grundlage eines durch die Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachtens nicht zu genehmigen. Die abschließende Entscheidung wird das Innenministerium jedoch erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens treffen können. Deswegen bitte ich auch alle um Verständnis. Man kann auch als Fachministerium nicht einer endgültigen Entscheidung vor dem laufenden Verfahren vorgreifen.

Ich bin trotzdem sehr dankbar, weil die Beschlusslage, die, wie ich hoffe, hoffentlich mit großer Mehrheit getroffen wird, auch etwas der Landesregierung den Rücken stärkt in der Frage, was den Umgang mit der Entfristung betrifft. Das ist im Übrigen eine Haltung, die die Landesregierung seit Längerem schon vertritt. Nur auf Grundlage eines jetzt gestellten Antrages müssen wir auch in ein Entscheidungsverfahren eintreten. Ich werde das Hohe Haus dann informieren, wenn die endgültige Entscheidung im Haus getroffen ist.

Die voraussichtlich beabsichtigte Entscheidung habe ich ausgeführt und bedanke mich noch mal bei allen für den Antrag. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Timm von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Es ist bereits von vielen Rednern in vielen Beschlüssen in fünf Legislaturperioden, Herr Brodkorb, alles gesagt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Politisch bleibt alles beim Alten. Landtag und Landesregierung haben eine eindeutige Position auch zu diesem inzwischen eingereichten Antrag. Wir wollen eine begrenzte Bewirtschaftung des Zwischenlagers und eine enge Auslegung der rechtlichen Grundlagen. Neu allein ist, dass es inzwischen einen Antrag gibt des neuen

Geschäftsführers der EWN, Herrn Cordes. Er will die Pufferlagerung aufheben, um mit dem bundeseigenen Unternehmen Energiewerke Nord mehr Geld zu verdienen. Dazu will er, dass wir den Antrag genehmigen.

Herr Minister Caffier hat gesagt, wie die Regierung das sieht. Der Landtag – oder wir als SPD-Fraktion und, ich hoffe, auch der Landtag – unterstützt die Position. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche dem Antrag einen einstimmigen Beschluss.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Danke, Herr Dr. Timm.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin auch froh, dass es gelungen ist, auf Grundlage eines Antrages meiner Fraktion einen gemeinsamen Antrag aller demokratischen Fraktionen zu einem für unser Land wichtigen Thema hier heute Abend vorzulegen.

Aber, lieber Herr Kollege Timm, es ist eben noch nicht alles gesagt, denn es ist eine neue Situation. Man muss aber auch fragen: Ist es wirklich eine neue Situation? Gibt es wirklich eine neue Entwicklung, die jetzt zu diesen Reaktionen geführt hat? Denn wir konnten in den vergangenen zwei Tagen zahlreiche Pressemeldungen vernehmen, mal mehr, mal weniger Empörung. Der Kollege Nieszery stellte fest, jetzt sei die Katze aus dem Sack.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das werden wir sehen.)

Ich frage: Wirklich jetzt erst?

Der Ministerpräsident sprach davon, dass mit ihm ein schleichendes Endlager nicht zu machen sei. Für den Begriff „schleichendes Endlager“ haben wir noch im Dezember hier im Landtag links und rechts hinter die Ohren bekommen.

(Michael Roolf, FDP: Jo.)

Der Innenminister will dem Antrag der EWN auf unbefristete Pufferlagerung nicht zustimmen. Er stellt sich somit in die Reihe des Widerstandes, die von Wolfgang Methling als Umweltminister in diesem Land begründet wurde. Das ist gut so. Aber was ist die Motivation des Innenministers jetzt? Was ist geschehen, dass es offensichtlich eine andere Bewertung in den Koalitionsfraktionen gibt, die ich durchaus begrüße?

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Es hat eine Festlegung gegeben, Herr Ritter. Das wissen Sie doch.)

Die EWN beantragt eine unbefristete Pufferlagerung von schwach und mittel radioaktiven Stoffen vor und nach der Behandlung im Zwischenlager. Doch das ist nicht so neu, denn der Innenminister hat diesen Antrag seit September 2009 auf dem Tisch. Wenn es denn eine neue Situation wäre, so, wie in den letzten beiden Tagen beschrieben, dann könnte es auch noch gar kein beurteilendes Gutachten geben, von dem eben auch hier die Rede war.

Die Frage ist also: Ist der Antrag der EWN, der seit 2009 bekannt ist, geheim gehalten worden,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee.)

auch vor dem Koalitionspartner? Wenn ja, warum? Warum ist auch nicht der zuständige, extra dafür einberufene Kernenergiebeirat des Landes Mecklenburg-Vorpommern – zum Beispiel im September 2009 oder kurz danach – über den vorliegenden Antrag informiert worden, so, wie es früher im Kernenergiebeirat Usus war?

Es gibt also eine ganze Reihe von Fragen, die zu stellen sind. Trotzdem ist es gut, dass der Landtag sagt, dass alle demokratischen Fraktionen deutlich machen, diese Entwicklung, die jetzt angestrebt wird, aber seit dem September 2009 bekannt ist, tragen wir nicht mit. Uns ist es auch nicht egal, was die Menschen vor Ort dazu sagen. Die EWN und die Bundesregierung interessiert es offenbar nicht. Die EWN will und muss Geld verdienen. Das ist ihr Auftrag. Und die Bundesregierung schickt den Müll dahin, wo sie den geringsten Widerstand erwartet. Die Bundesregierung sieht sich jetzt aber getäuscht,

(Udo Pastörs, NPD: Das haben Sie eindrucksvoll eben geschildert.)

der Widerstand erreicht auch den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.

Deshalb sage ich noch einmal, es ist gut, dass wir diese gemeinsame Basis hier gefunden haben und das Agieren der Landesregierung in dieser Frage gemeinsam unterstützen. Ich meine aber, es reicht nicht aus, nur hier im Landtag den Finger zu heben und Geschlossenheit zu demonstrieren, nein, wir sollten auch vor Ort demonstrieren und protestieren. Deshalb lade ich Sie herzlich ein, am 12. Februar in Greifswald mit uns gemeinsam gegen diese Atompolitik zu protestieren. – Danke schön.

(Matthias Mantei, CDU: Da haben wir leider schon einen Termin.)

Danke, Herr Ritter.

Das Wort jetzt der Abgeordnete Herr Renz von der Fraktion der CDU.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Galt das für mich? – Regine Lück, DIE LINKE: Für Herrn Ritter.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt wird schon der Gang hier nach vorn ans Rednerpult begrüßt von den LINKEN. Das macht mich dann aber doch mehr als stutzig.

(Regine Lück, DIE LINKE: Nee, nee, nee, so weit sind wir noch nicht.)

Ich will ganz einfach sagen hier an dieser Stelle, die Fraktion der CDU spricht sich eindeutig gegen eine unbefristete Lagerung von radioaktivem Abfall im Zwischenlager Nord aus. Insofern kann ich da auch nur meinen Vorrednern folgen.

Lassen Sie mich jedoch auf einen Aspekt besonders eingehen, der bisher zu kurz gekommen ist und der die Angst bei der Bevölkerung unnötig schüren würde. Grundsätzlich existiert das Zwischenlager Nord auf der Basis von zwei Genehmigungen: erstens für das Transportbehälterlager für hoch radioaktiven Abfall und zweitens für das Abfallbehälterlager für schwach und mittel radioaktiven Abfall.

Die EWN als Betreiberin des Zwischenlagers hat beim Land einen Antrag auf unbefristete Pufferlagerung für schwach und mittel radioaktiven Atommüll, also für

das Abfallbehälterlager gestellt. Derzeit ist es der EWN erlaubt, schwach und mittel radioaktiven Abfall fünf Jahre vor und fünf Jahre nach der Konditionierung in Lubmin zu lagern. Das Innenministerium ist die für diesen Antrag zuständige Genehmigungsbehörde.

Aber selbst wenn das Innenministerium diesen Antrag genehmigen würde, bedeutet dies nicht, dass das Zwischenlager zu einem Endlager werden würde. Selbst mit einer Entfristung der Pufferlagerung können die Abfälle nur bis maximal 2039 in Lubmin verbleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Die Inbetriebnahme des Endlagers Schacht Konrad für schwach und mittel radioaktiven Abfall wird 2015 erfolgen.