Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

Gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten ist eine verlässliche Einnahmebasis von besonderer Bedeutung. Dieses könnte statt des Gewerbesteueraufkommens einen entsprechenden Anteil am Umsatzsteueraufkommen und ein eigenes Hebesatzrecht auf die Körperschafts- und Einkommensteuer sein.

Meine Damen und Herren, das relative Konnexitätsprinzip im Artikel 104a des Grundgesetzes steht in der Kritik, für die Kommunen keine ausreichende Kombinationsregelung darzustellen. Insofern und insoweit ist das Ziel, ein strikteres Konnexitätsprinzip zu verankern, nicht falsch. Zum jetzigen Zeitpunkt allerdings, in Zeiten konjunkturell besserer Zahlen sowie einer derzeit in Überarbeitung befindlichen Gemeindefinanzreform, eine sofortige Bundesratsinitiative zu fordern, klingt allerdings schon sehr nach Wahlkampf, liebe Kollegin Schwebs. Sie haben es vorhin auch angesprochen und damit will man nicht in den Verdacht kommen, dass es hier auch nach Populismus stinkt.

Meine Damen und Herren, wir sollten durchaus achtgeben, dass wir das, was Kollege Müller vorhin angesprochen hat, Konnexitätsprinzip, was wir seit zehn Jahren bei uns in der Verfassung stehen haben, auch tagtäglich mit Leben erfüllen, denn da steht auch noch eine ganz große Anzahl von Arbeit für uns, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Aus diesem Grund werden wir als FDP-Fraktion uns zu diesem Antrag enthalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Leonhard.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Dr. Jäger. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich ein Fazit ziehen sollte über das, was ich bisher gehört habe, würde ich sagen: Viele Wege führen nach Rom, aber, Frau Kollegin Schwebs, Ihrer führt, und das hat Herr Kollege Müller sehr deutlich gemacht, eher in die Sackgasse, als dass er zielführend wäre.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Nee, das hat er nicht deutlich gemacht. – Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Ich will das auch begründen.

Wir sind uns einig über die Situation unserer Kommunen, wir sind uns sogar einig über die Ursachen. Wir wissen, dass insbesondere in der damaligen rot-grünen Bundesregierung es gängige Praxis war, neue kostenträchtige Gesetze zu beschließen und sie dann einfach direk

temang auf die Kommunen die Aufgaben zu verlagern. Aber wir sind heute einen Schritt, und ich glaube, in die richtige Richtung, weiter.

Ich will gar nicht verhehlen, dass auch die Bundestagsfraktion der CDU/CSU 2003 einen entsprechenden Antrag eingebracht hat. Und Kollege Müller hat ja gesagt, dass es verschiedene Wege gibt, wie man dem Problem zu Leibe rücken kann. Wir haben das gemeinsam gemacht, das strikte Konnexitätsprinzip in unsere Verfassung zu schreiben. Aber das ist auch insofern völlig konsequent und richtig gewesen, ich stehe heute noch dazu, weil wir zugleich ja auch die Verantwortung für die Finanzausstattung der Kommunen haben. Das ergibt sich aus Artikel 28.

Wir haben heute, was auf der Bundesebene zu beachten ist, eine andere Situation. Auch darauf hat Kollege Müller hingewiesen. Und ich sage jetzt auch mal, weil so sehr immer gesagt wird, ja, und wir sind mehr für die Kommunen. Ich will das hier gar nicht so auseinanderdividieren, weil ich weiß, dass in allen Fraktionen genügend kommunalpolitisch engagierte Leute sitzen, dass das nicht so ist.

Aber ich sage auch was: Nachdem die Bundestagsfraktion CDU/CSU seinerzeit das Konnexitätsprinzip einführen wollte, hat sie Nägel mit Köpfen gemacht, als sie Mehrheiten dafür hatte, und dem Bund über die Änderung des Artikels 84 des Grundgesetzes ganz schlichtweg durch Verfassung untersagt, Aufgaben vom Bund auf die Kommunen direkt zu übertragen.

Meine Damen und Herren, das ist Konsequenz in der Politik, wenn man die Mehrheiten dafür hat, auch so zu handeln. Dennoch ist es richtig, was Kollege Müller gesagt hat, es bleibt immer noch so, dass Standards festgelegt werden,

(Heinz Müller, SPD: Ja.)

es sind ja nicht im Wesentlichen neue Aufgaben, und darüber reden wir heute.

Und, meine Damen und Herren, ich bin schon der Meinung nach wie vor, wer bestellt, bezahlt. Aber in diesem komplexen System unseres Grundgesetzes des Föderalismus muss man natürlich aufpassen, dass, wenn man an einer Stellschraube dreht, es an der anderen furchtbar knirschen kann, um in dieser handwerklichen Sprache zu bleiben, und das ist genau hier so, denn beachten Sie einmal, was eine strikte konnexe Regelung in diesem Bereich bringen würde. Wer hat denn die Hebel der Finanzverteilung in der Hand? Das ist eben anders als in unserem Verhältnis Land zu den Kommunen.

Schauen Sie in den 104a des Grundgesetzes hinein. Dort ist ja dem Bund, dem Bundestag, den Gremien, den gesetzgebenden Gremien, Bundestag und Bundesrat die Aufgabe zugewiesen, immer auszutarieren nach Aufgabenbelastung, wie die Finanzausstattung, nämlich die Beteiligung an den großen aufkommensstarken Steuern sein soll. Das hat Henneke übrigens, der exzellenter Kenner der Praxis ist, in seinem Aufsatz, finde ich, sehr plastisch beschrieben. Und da müssen wir hin. Wir müssen hin, zu sehen, wo liegen denn die Interessen, unsere föderalen Interessen.

Und da sind auf der Seite der Länder die Kommunen im gleichen Boot wie wir gegenüber dem Bund. Da bringt uns eine Regelung der strikten Konnexität im Grundgesetz, das ist meine feste Überzeugung, nicht weiter. Wir müssen dahin kommen, dass wir Regelungen finden, die

einerseits die Finanzausstattung der Gemeinden verbessern – auch das geht, wie Sie wissen, nur auf der Bundesebene, denn die Hoheit über diese Steuern ist geteilt nach dem Aufkommen, das wissen Sie –, und zweitens müssen wir aufpassen, dass wir das föderale System nicht kaputtmachen. Und da habe ich, wenn wir Ihrem Antrag zustimmen würden, ein riesengroßes Problem,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Wieso?)

weil die Stellschrauben dazu, Herr Holter, hat der Bund auch wieder in der Hand. Denn wenn Sie weiter in das Grundgesetz gucken, stellen Sie beim 104a einen Satz fest, den Sie möglicherweise übersehen haben oder vielleicht nicht so gewichtet haben, da steht nämlich drin, wenn mehr als die Hälfte der Ausgaben der Bund trägt, dann kann er das in Bundesauftragsverwaltung machen. Und jetzt sage ich als Abgeordneter dieses Landtages, ich bin doch nicht daran interessiert, dass diese Bundesgesetze vermehrt in Bundesauftragsverwaltung erledigt werden.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist doch überhaupt kein Widerspruch zum Konnexitätsprinzip.)

Wir wollen als Land das Sagen haben, wie die Verwaltung ist. Es soll bei der Verteilung des Grundgesetzes bleiben, dass nämlich vorrangig die Bundesgesetze von den Ländern in eigener Zuständigkeit vollzogen werden. Wenn Sie also sagen, ein volles Konnexitätsprinzip, dann sprechen Sie, das muss ich sagen, denjenigen etwas mehr aus der Seele, die mehr Zentralität wollen.

Ich will mir einen fast bösartigen Satz nicht verkneifen. Das mag in Ihrem Weltbild eher weniger schlimm klingen,

(Udo Pastörs, NPD: In unserem auch nicht.)

nämlich einen zentralistischen Staat zu haben. Wir haben da aus berufendem Munde aus Ihrer Partei von höchster Spitze da etwas gehört, was ich gar nicht mehr für möglich hielt, aber ich sage das mal: Eine stärkere Zentralisierung führt zu dem, was wir nun gar nicht haben wollen, zu einer zentralen Planungskommission.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da muss man sich doch mal die Frage stellen, ob der Wirtschaftsminister in China nicht mit Kommunisten geredet hat.)

Das wollen wir auf keinen Fall. Föderalismus ist die Garantie für Vielfalt, ist etwas, was wir in Deutschland hochhalten sollten, weil es dazu geführt hat, dass die Entwicklung der Länder sich so ereignen konnte, wie wir sie heute haben,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und deswegen, meine Damen und Herren, es geht leider nicht so mit dem kurzen und dem etwas wenig überlegten Schritt. Lassen Sie uns das dicke Brett gemeinsam bohren. Lassen wir es auf den jeweiligen Ebenen. Herr Müller hat es gesagt, wo es Stellen gibt, wo man miteinander reden und wo man Kompromisse finden muss. Lassen Sie uns jeweils unsere Ideen einbringen. Am Ende muss etwas stehen, was wir gemeinsam wollen, nämlich eine Verbesserung der finanziellen Lage der Kommunen und damit die Garantie der Selbstverwaltung. Das wollen wir gemeinsam. Ihr Antrag führt da nicht hin und deswegen werden wir ihn ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Danke schön, Herr Dr. Jäger.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim Geld hört auch die Parteienfreundschaft auf, zumindest bei den sich demokratisch nennenden Parteien. Zwar kontrollieren sie die Bundes- und auch alle Landesregierungen sowie die meisten Kommunen, aber das hält die jeweiligen Parteibuchinhaber nicht davon ab, sich auf Kosten der jeweils anderen sanieren zu wollen und sich sogar gegenseitig zu ruinieren.

Die Landesregierung protzt mit einem ausgeglichenen Haushalt, aber auf Kosten der Kommunen, die jetzt auch noch einen schuldenfreien Start der neuen Großkreise ermöglichen sollen, indem ihnen die Verbindlichkeiten der alten Kreise aufgedrückt werden, und da hilft ihnen das strikte Konnexitätsprinzip aus der Landesverfassung auch nichts. Und die Bundesregierung ist sehr großzügig beim Verteilen von Aufgaben an die Kommunen und äußerst zurückhaltend bei deren Unterstützung. Dass den Kommunen der Löwenanteil an den Kosten der Unterkunft für Empfänger von Arbeitslosengeld II aufgedrückt wird, während Bundes- und Landesregierung die Arbeitslosigkeit und die Hungerlöhne mit ihrer Wirtschafts- und Sozial- oder besser Asozialpolitik überhaupt erst verursachen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

ist natürlich nicht gerecht.

Nicht nur der soll bezahlen, der bestellt, wie es das strikte Konnexitätsprinzip vorsieht, sondern wer das Unheil anrichtet, der müsste auch für die Konsequenzen geradestehen. Bedauerlicherweise aber schlägt die Bundesregierung im Prinzip denselben Kurs ein, wie die DDR-Führung Ende der 80er-Jahre, auch wenn sich Frau Merkel noch nicht offiziell zum Kommunismus bekannt hat, soweit mir bekannt ist, obwohl sie mal eine Marxismus-Leninismus-Arbeit geschrieben hat im Rahmen ihres Diploms, die leider verschwunden ist, glaube ich.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Honecker wollte damals international glänzen. Entwicklungshilfe für sozialistische Bruderländer wurde geleistet, inklusive Waffenlieferung und militärische Ausbildung. Für protzige Staatsbesuche war Geld da, aber mit der Ausnahme gewisser Renommierregionen in Ostberlin oder Rostock zehrte man auf kommunaler Ebene von der Substanz. Genauso läuft es heute. Die den Kommunen vom Bund aufgehalsten Aufgaben führen dort zu einem schleichenden Substanzverlust. Am besten sieht man das am Beispiel der Straßen, auf die keine drei Schneeflocken fallen dürfen, ohne dass sich sofort kraterähnliche Schlaglöcher bilden. Was sich Sanierung nennt dort, ist reine Kosmetik.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

In Ostvorpommern werden die Kreisstraßen seit 15 Jahren nicht mehr nachhaltig instand gehalten, sondern lediglich provisorisch geflickt. Die Infrastruktur verabschiedet sich. Davon sieht man natürlich auf Bundesebene, wo die Entscheidungen getroffen werden, nichts

und auch nicht auf den mondänen internationalen Konferenzen. Dort ist schneller, wenn auch nicht billiger, Beifall zu holen, wenn man die Spendierhosen anzieht und alle anderen Staaten permanent freihält.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Wären nicht Wahlen in Nordrhein-Westfalen gewesen, hätte sich Frau Merkel schon längst auf einen innereuropäischen Zahlungsausgleich zulasten Deutschlands eingelassen. Im Augenblick dürften Arbeitsgruppen daran knobeln, wie man möglichst unauffällig und am Volk vorbei Milliarden nach Griechenland, Irland, Spanien, Portugal und wer weiß wohin noch schleusen kann. Die nächste Bankenrettung wird auch nicht auf sich warten lassen. Auch Israel kann immer neue deutsche U-Boote auf deutsche Kosten gebrauchen. Der absehbare Krieg gegen den Iran wird ebenfalls nicht billig.

Das strikte Konnexitätsprinzip auch im Grundgesetz würde den Bund dazu zwingen,

(Unruhe bei Angelika Peters, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU – Udo Pastörs, NPD: Hören Sie gut zu, da lernen Sie noch was!)