Dem Antrag der LINKEN stimmen wir zu, damit die Landesregierung möglichst schnell ein Konzept zur Behebung der festgestellten Qualitätsmängel vorlegen kann.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe ja mit einem Ordnungsruf gerechnet, Frau Präsidentin. Dass ich keinen bekommen habe...
(Michael Andrejewski, NPD: Wir können Ihnen einen abgeben. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Gleich den nächsten Verstoß gestartet.)
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Gleich der nächste Versuch.)
Ich will mal versöhnlich mit der Entschuldigung anfangen. Es war natürlich ungehörig von mir, in einer solchen Art und Weise hier dazwischenzuplauzen. Allerdings ist Bildungspolitik in diesem Hause immer schon hoch emotional diskutiert worden
(Heinz Müller, SPD: Nicht nur Bildungspolitik. – Rudolf Borchert, SPD: Das stimmt. – Zuruf von Minister Henry Tesch)
und von daher passt das so ein bisschen auch in das Thema. Aber es war einen Zacken zu toll, das gebe ich gerne zu.
Es ändert aber nichts am Fakt und auch, Herr Minister, die weit über den Antrag, der hier heute vorliegt, hinausgehenden Ausführungen ändern nichts an dem Fakt, dass es aus unserer Sicht und in der Reflexion mit Gesprächen von Lehrerinnen und Lehrern und Erzieherinnen und Erziehern und Eltern vor Ort Probleme gibt. Und die ergeben sich eben nicht nur aus dem, wozu ich nach wie vor auch stehe, aus der Erhöhung der Pflichtstundenzahl zu Zeiten von Rot-Rot von 25 auf 27. Denn es war damals, ich will das der Vollständigkeit halber hier deutlich sagen, eine erhebliche finanzielle Situation, die im Lande zu erheblichen Reduzierungen der Ausgaben führen musste. Das war allen Beteiligten klar und das ist sozusagen auch politisch in der Debatte und, ich glaube, auch schon beim Wahlergebnis 2006 meiner Partei und meiner Fraktion sozusagen so auf die Füße gefallen.
Aber es änderte nichts an dem Zwang der Notwendigkeit, es zu tun. Und weil das so ist und viele andere Dinge sozusagen eben Handlungsbedarfe aufzeigen, haben wir ausgehend von der öffentlichen Darstellung des Bildungsministers dieses hier heute zum Thema gemacht. Natürlich hätten wir auch einen Antrag über eine grundsätzliche Debatte von Schulpolitik machen können. Aber es geht, wird bestimmt kommen,
Wenn dann die Koalition tatsächlich wahr macht, was sie angekündigt hat, und endlich noch ein Lehrerbildungsgesetz hier einbringt,
dann werden wir natürlich im Rahmen der Diskussion über ein Lehrerbildungsgesetz über grundlegende Fragen der Zukunft von Schule in Mecklenburg-Vorpommern zu reden haben.
Aber, meine Damen und Herren, die Wirklichkeit vor Ort macht Lehrerinnen und Lehrern, Eltern Angst, auch in Richtung auf das neue Schuljahr. Und deswegen, denke ich, gibt es Handlungsbedarfe. Und ich will es an konkreten Beispielen mal machen.
Bei den Förderstunden war es bis zur Einführung der schülerbezogenen Stundenzuweisung ja so, es gab mit der Einführung des Schulgesetzes von 2002 für die Orientierungsstufe an den Regionalen Schulen in den Klassenstufen 5 für alle Klassen und in den Klassen 6 begrenzt auf die einzügigen Systeme jeweils fünf zusätzliche Förderstunden. Das hat damals die rot-rote Landesregierung in Umsetzung der schulartunabhängigen Orientierungsstufe zusätzlich bereitgestellt. Die konnten dazu genutzt werden, um die Klassen zu teilen, Schülergruppen separat zu fördern. Da es sich hier um zusätzliche Stunden handelte, waren sie nicht Bestandteil der Stundentafel für die einzelnen Fächer. Das war damals auch absichtlich so entschieden.
Wollte man unter den Bedingungen der neuen, heutigen schülerbezogenen Stundenzuweisungen eine separate Förderung zum Beispiel für die Klassen 5 und 6 der Orientierungsstufe machen, so müssten sie als Sondermaßnahme, beispielsweise als Förderstunden für die Orientierungsstufe an Regionalen Schulen, in den Zusatzbedarfen, also in den sogenannten Faktoren der Unterrichtsversorgungsverordnung aufgenommen werden. Da sind sie aber nicht.
Dort gibt es die Zusatzstunden für die volle Halbtagsgrundschule, die Ganztagsschule, die Sport- und Musikgymnasien sowie zur Förderung für Schülerinnen und Schüler in selbstständigen Klassen mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung. Die nach dem Schulgesetz verpflichtend vorgesehene individuelle Förderung muss gegenwärtig an den Schulen im Rahmen des Grundbedarfs, also des sogenannten Sockels geschehen. Die Schule könnte sich dann beispielsweise für kleinere Klassen, für Klassenteilung oder zusätzliche Stunden für Lerngruppen oder zusätzliche Stunden in einem Fach entscheiden. Für alle Maßnahmen reicht dieser Sockelbetrag aber nicht.
Gegenwärtige Lösungsmöglichkeiten bestünden darin, zusätzliche Stunden zum Beispiel über Vorlesungsunterricht mit mehreren Klassen oder den Verzicht auf die Teilung großer Klassen oder die Verminderung von Unterricht, der als Kontingentstundentafel zwar vorgegeben ist, aber mit einer schulinternen Stundentafel an den Schulen selbst festgelegt werden kann, einzusparen und dann für die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern einzusetzen.
In jedem Fall aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden und würden auch in der Zukunft bei Beibehaltung Löcher mit Löchern gestopft. Und dieser Frust,
diese unzureichende Ausstattung führt zu Diskussionen bei den betroffenen Lehrerinnen und Lehrern, weil die in der Situation sind, bestimmte Förderung, für die sie nach dem neuen Gesetz zuständig sind, verantwortlich sind, nicht machen zu können.
Um nur mal ein Beispiel aus den Berufsschulen zu bringen: Da wird eine Klasse mit 34 Schülern in zwei mit jeweils 17 Schülern geteilt. So weit, so gut. Eine zweite Klasse an dieser Schule mit 33 Schülern muss aber in dieser Größe bestehen bleiben, da keine Stunden für die notwendige Klassenteilung mehr vorhanden sind an der Einrichtung. Wie man mit 33 Schülern an der Berufsschule, dazu noch mit unterschiedlichen Schulabschlüssen von der Berufsreife bis zum Abitur die entsprechende Ausbildung realisieren soll, ist nicht so einfach. Und auch da kommt der Frust von Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrern her.
Wie soll vor dem Hintergrund dieser Rahmenbedingungen, die sich vor dem Hintergrund auch des Auslaufens der ESF-Mittel – und die habe ich ja gar nicht kritisiert, ganz im Gegenteil, ich habe in diesem Hause immer gesagt, ich finde es richtig und ich finde es gut, dass so eine große Summe von Geld für die Einführung dieser Schule eingesetzt wird, aber sie laufen degressiv aus und es ist noch nicht die Frage beantwortet, was für die ständigen Aufgaben, die im Moment mit diesen entsprechenden Mitteln realisiert werden, dann alternativ zur Verfügung steht.
Und darum geht es. Das heißt, die Rahmenbedingungen für den Schulalltag verschlechtern sich an den einzelnen Einrichtungen weiter und führen zur Demotivation beziehungsweise zu Frust und der Frage, wie soll es denn weitergehen.
Und zu den Ganztagsschulen: Also wir haben bisher sozusagen hier jetzt in den Zwischenrufdebatten oder in meinem etwas burschikosen und unangebrachten Zwischenruf dann doch geklärt, die Entscheidung der Erhöhung des Faktors von 0,06 auf 0,1 ist von der rotroten Landesregierung getroffen worden, mit dem Haushalt 2006 eingespielt worden und mit der Vorbereitung des Schuljahres 2006/2007 durch die rot-rote Landesregierung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wo ist denn jetzt die große Aktivität der Landesregierung, jetzt die Frage der entsprechenden weiteren Qualifizierung der Ganztagsschulangebote vorzunehmen?
wo Sie nämlich in Paragraf – deswegen habe ich das Buch mit, Herr Glawe – 143 Übergangsvorschriften,
das ist ja sowieso immer der spannende Paragraf eines Schulgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern, was denn immer so in 143 und 144 geregelt ist, aber in Paragraf 143 Absatz 8 wird klar geregelt, dass zum Beispiel für die entsprechende Umwandlung zwingend – zwingend! – im Schuljahr 2009/2010 ein Antrag des Schulträgers zu stellen ist, selbst wenn er erst später zur vollen Ganztagsschule umwandeln will.
Und dazu hatte ich eine Kleine Anfrage gemacht. Ich will Ihnen das ersparen, aus dieser jetzt zu zitieren, ich sage Ihnen nur die Drucksachennummer: 5/3507. Da sind die Zahlen der zu dem Zeitpunkt – nämlich der fristgerechten Antragstellung der entsprechenden Kreise und Schulträger – abgegebenen Anträge zur Umwandlung verzeichnet. Und deswegen ist mir nicht so ganz klar, woher sich auf einmal diese von Herrn Vierkant hier dargestellten heroischen Mehrbedarfe ergeben.
Also von daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es eben mitnichten so, dass alles in Butter ist und alles im grünen Bereich. Und von daher bleibe ich dabei und bei dem Antrag meiner Fraktion. Ich will Ihnen vor dem Hintergrund der Zeit hier heute eine namentliche Abstimmung auch ersparen, weil es aus meiner Sicht auch keinen Sinn macht,
und ob wir diesen Antrag hier nun annehmen oder nicht, das können wir sozusagen ja auch halten wie die Dachdecker. Das Hauptproblem allerdings, meine sehr verehrten Damen und Herren, das bleibt, dass die gegenwärtige Ausstattung der Selbstständigen Schule vor dem Hintergrund der schülerbezogenen Stundenzuweisungen für die Ansprüche, die das Gesetz, von dieser Landesregierung eingebracht und von der Koalition verabschiedet, an Lehrerinnen und Lehrer zur individuellen Förderung von Mädchen und Jungen bei uns in Mecklenburg-Vorpommern stellt, was an Anforderungen formuliert ist, die sich ergeben aus der entsprechenden Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der UNO in Bezug auf die Inklusion, das reicht hinten und vorne nicht.
Und das führt dazu, dass Eltern und Lehrerinnen und Lehrer, die sozusagen ab dem 01.08. des neuen Schuljahres, und ich weiß schon sehr wohl, wann ein Schuljahr anfängt, sozusagen in der Verantwortung stehen, die individuelle Förderung von behinderten Kindern in einem Regelschulbetrieb zu ermöglichen, dass sie davor riesengroße Manschetten haben, ob sie das mit den vorhandenen Rahmenbedingungen überhaupt im Interesse der Mädchen und Jungen, die davon betroffen sind, realisieren können. Das ist das Problem. Da werden Sie nicht weglaufen können vor der Frage, wie das beantwortet werden soll in einer vernünftigen Art und Weise. Lehnen Sie diesen Antrag ruhig ab! Das Problem, meine Damen und Herren, das bleibt.