Protokoll der Sitzung vom 17.03.2011

Ich komme zum Schluss.

… kann man keine Scheuklappen anlegen. Im Moment ist es der Fall, dass wir dieses Selbstbefassungsrecht noch nicht haben.

Ich möchte Sie darum bitten, den entsprechenden Gesetzentwurf in den Petitionsausschuss, Innenausschuss, Rechtsausschuss zu überweisen, und freue mich auf die Debatte im entsprechenden Ausschuss. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Baunach. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Vizepräsident Bluhm! Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat uns, um es kurz zu sagen, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes vorgelegt. Frau Borchardt hat in ihrer Grundaussage ja bestätigt, das bisherige Gesetz hat sich bewährt. Das sehen wir auch so.

Im Folgenden einige Bemerkungen dazu: Das Ziel dieses Gesetzentwurfes ist es unter anderem, die öffentliche Petition einzuführen. Ich darf daran erinnern, gerade vor, glaube ich, circa einem Jahr haben wir mit der Änderung der Geschäftsordnung die Möglichkeit der Einreichung einer Onlinepetition eröffnet.

Meine Damen und Herren, auch wenn die Bremische Bürgerschaft ihr Petitionsgesetz gerade reformiert und die öffentliche Petition eingeführt hat und sich alle Parteien in der Bürgerschaft darüber einig waren, so hat doch der Diskussionsprozess fast genau zwei Jahre von der Einbringung bis zur Beschlussfassung gedauert. Leider haben wir hier in diesem Landtag, wenn denn öffentliche Petitionen kommen sollen, diese Zeit in dieser Wahlperiode, so glaube ich, nicht mehr, um ein ordentliches Verfahren durchzuführen. Ich darf an die freudvolle Diskussion gestern zum Thema Kultur und der Terminvorgabe 31.08. schmunzelnd erinnern.

Meine Damen und Herren von der LINKEN, Sie schreiben in dem Gesetzentwurf, Zitat: „Es ist damit zu rechnen, dass sich“ durch die öffentliche Petition „der Verwaltungsaufwand erhöhen wird.“ Zitatende. Schon jetzt zeigen die Erfahrungen, Eingaben und Beschwerden werden ohnehin vielfach an mehrere Ansprechpartner gesendet. Es stellt sich auch die Frage, was nun noch die öffentliche Petition ausrichten soll, wenn ohnehin schon zig Stellen mit den Problemen der Petenten beschäftigt sind.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Von Entbürokratisierung kann man da ja wohl nicht reden. Man kann nicht auf der einen Seite mehr Verwaltungsaufwand produzieren wollen, ohne dass klar ist, wer diesen bewältigen soll und was das kostet.

Und genau hier greift Ihr Gesetzentwurf unter anderem zu kurz. Nur das eine zu wollen, ohne sich über eine veränderte Aufgabenstellung zwischen Petitionsausschuss und Bürgerbeauftragten oder gar die Notwendigkeit oder Nichtnotwendigkeit eines Bürgerbeauftragten Gedanken zu machen, das ist nicht ausreichend. Nebenbei, soviel ich weiß, gibt es einen Bürgerbeauftragten nur noch in Rheinland-Pfalz und in Thüringen.

Des Weiteren kommen Sie mit einer Forderung in Ihrem Gesetzentwurf, ich zitiere: „Durch Stärkung der Minderheitenrechte im Umgang mit den Eingaben wird die Unabhängigkeit des Petitionswesens von bestehenden politischen Mehrheiten im Parlament garantiert.“ Zitatende. Sie tun ja gerade so, als ob die Opposition bisher keine Rechte hier im Landtag und in den Ausschüssen hätte.

Einige weitere kurze Beispiele aus dem vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE.

In Paragraf 4 soll ein neuer Absatz 6 angefügt werden. Da soll es dann im zweiten Satz heißen, Zitat: „Vom

Recht, Petenten, soweit diese damit einverstanden sind, Sachverständige, Interessenvertreter und andere Auskunftspersonen anzuhören, hat der Petitionsausschuss Gebrauch zu machen, wenn dies von mindestens einem Viertel seiner Mitglieder verlangt wird.“ Zitatende. In der Begründung wird dazu ausgeführt, Zitat, dass „die Festlegung des Quorums … eine Abweichung von der Geschäftsordnung“ darstelle. „Gerechtfertigt wird dies durch das besondere Interesse, die Minderheitenrechte zu stärken, da die Spitze der Verwaltung – deren Handeln oder Unterlassen überwiegend Gegenstand von Eingaben ist – regelmäßig durch die politische Mehrheit gestellt wird.“ Zitatende. Hier wird, so denke ich, der Verwaltung ein Misstrauen ausgesprochen, das diese wirklich in dieser Form nicht verdient hat.

Weiter. Im dritten Satz soll es dann heißen, Zitat: „Die Durchführung einer Ortsbesichtigung erfolgt immer, wenn dies von einem Mitglied des Petitionsausschusses beantragt wird.“ Zitatende. In der Begründung wird ausgeführt, dass eine solche Verfahrensweise in der Vergangenheit praktiziert wurde und dieses nun normiert wird. Richtig ist, dass es wohl mal irgendwann eine solche mündliche – Herr Vierkant nickt – Vereinbarung, abweichend von der Geschäftsordnung, gab. Also das war wohl so in der 3. oder 4. Wahlperiode, ich stehe da ja nicht so im Stoff, habe ich mir sagen lassen. In der Geschäftsordnung ist jedoch geregelt, dass der Ausschuss über einen Antrag auf Ortsbesichtigung entscheidet. Wir meinen, so sollte es auch bleiben.

In Paragraf 10 möchten Sie dann einen neuen Absatz 3 anfügen, Zitat: „Der Petitionsausschuss kann auch einzelne Eingaben, versehen mit einer Beschlussempfehlung, dem Landtag zur Entscheidung vorlegen. Er ist dazu verpflichtet, wenn dies mindestens ein Viertel seiner Mitglieder verlangt.“ Zitatende. Dem Landtag wird ja nun schon regelmäßig entsprechend der Geschäftsordnung eine Sammelübersicht der Petitionen vorgelegt, über die dann hier in diesem Hohen Hause abgestimmt wird. Eine darüber hinausgehende Regelung sehen wir als nicht notwendig an. Auch muss man in diesem Zusammenhang immer die Fragen des Datenschutzes im Auge behalten.

Im neu einzufügenden Paragrafen 10a soll dann in Absatz 3 Folgendes möglich sein, Zitat: „Jedes Mitglied des Petitionsausschusses, das eine Sachentscheidung des Ausschusses nicht mitgetragen hat, kann dazu ein schriftliches Minderheitenvotum abgeben und dieses mit einer Begründung versehen.“ Zitatende.

Ich frage nun: Wem soll das dienen? Gerade vor diesem Hintergrund und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen würde ich davon abraten, Entscheidungen des Parlaments über einzelne Petitionen herbeiführen zu wollen. Und es mutet schon etwas merkwürdig an, wenn der Stärkung der Minderheitenrechte eine so hohe Bedeutung beigemessen werden soll, anstatt die Petitionen in der Sache inhaltlich zu betrachten, zu bearbeiten, zu bewerten.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion lehnt den vorliegenden Gesetzentwurf ab. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Danke, Herr Baunach.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Müller. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Allgemein sind Änderungen im Petitionswesen dann sinnvoll, wenn mit ihnen das Petitionsverfahren beschleunigt, mehr Öffentlichkeit, mehr Transparenz und mehr Bürgerfreundlichkeit hergestellt werden kann. Mit den im Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen wäre es durchaus möglich, dass langwierige Prozesse zur Informationsgewinnung, wie beispielsweise Stellungnahmen von zuständigen Ministerien und Landesbehörden, schneller vonstatten gehen können, dass mehr Transparenz in der Willensfindung des Petitionsausschusses und bei der Ermittlung der Sachlage hergestellt werden kann und dass mit der Einführung einer öffentlichen Petition mehrere Bürger bei einem Anliegen von öffentlichem Interesse mitwirken können. Das Prinzip der Veröffentlichung von Eingaben, die von mehreren Bürgern unterstützt und mitgezeichnet werden können, wird unlängst vom Petitionsausschuss des Bundestages praktiziert.

Allenfalls die Kriterien, weshalb von einer Veröffentlichung einer Petition abgesehen werden soll, sind äußerst ungenau und wenig hilfreich. Mit schwammigen Begriffen wie Verstoß gegen die Menschenwürde, diskriminierende Meinungsäußerung oder im Fall, dass sich der Petent, so, wie es im Entwurf wörtlich heißt, „einer der Würde des Parlaments nicht angemessenen Sprache bedient“, werden wohl kaum brauchbare und rechtssichere Maßstäbe gesetzt werden können. Gerade der Umgang des Landtagspräsidiums mit solchen Begrifflichkeiten veranschaulichte in der Vergangenheit sehr deutlich, in welchem Ausmaß diese zur Unterdrückung missliebiger Meinungen hervorgezogen und missbraucht werden können.

Umso erfreulicher sind hingegen die im Gesetzentwurf gefassten Regelungen zur Stärkung einzelner Ausschussmitglieder, die auf einer richtigen Erkenntnis beruhen. Auch in Mecklenburg und Vorpommern haben sich die etablierten Parteien den Staat zur Beute gemacht, sodass die jeweiligen politischen Mehrheiten die Spitzen der Verwaltungen und Behörden besetzen, gegen die sich eben ein Bürger mittels einer Petition zur Wehr setzen möchte.

Da sich die Mehrheiten auch in der Besetzung der Ausschüsse widerspiegeln, gelangen gewöhnlich überhaupt keine Petitionen zu den politischen Verursachern dieser Notlagen. In der Praxis der Ausschussarbeit sieht das dann so aus, dass künstliche Stimmenmehrheiten bei der Behandlung von – aus Sicht der Regierungsparteien – unangenehmen Petitionen geschaffen werden, indem die Beratungssitzung unterbrochen wird, um abwesende Ausschussmitglieder holen zu lassen. Solche Kungeleien hinter verschlossenen Türen belegen ein fragwürdiges Demokratieverständnis und gehören endlich abgeschafft.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass auch ein einzelnes Ausschussmitglied einen Ortsbesichtigungstermin einfordern kann, ein Minderheitenvotum, eine Gegenposition zur abschließenden Behandlung einer Petition möglich gemacht wird, die sonst durch die politischen Mehrheitsverhältnisse regelrecht unterzugehen droht, und mindestens ein Viertel des Ausschusses bestimmen kann, dem Landtag gewisse Petitionen zur Entscheidung vorzulegen. Die NPD-Fraktion trägt deshalb den vorliegenden Gesetzesentwurf mit und wird für eine Überweisung in die Fachausschüsse stimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Schlupp. Bitte schön, Frau Schlupp.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich hätte ich der Rede meines geschätzten Kollegen Herrn Baunach nichts hinzuzufügen, wenn mich der Gesetzentwurf nicht irgendwo in seiner Begründung auch betroffen gemacht hätte. Und deshalb möchte ich explizit zu dieser Begründung auch einiges ausführen.

Denn wenn die Fraktion DIE LINKE einen angeblich bestehenden Handlungsbedarf dahin gehend konstruiert – und ich sage, es ist konstruiert –, dass die politische Mehrheit regelmäßig die Spitze der Verwaltung stellt und daher solle sich das Petitionswesen bei der Behandlung und Erledigung von Eingaben von den bestehenden politischen Mehrheitsverhältnissen im Landtag abgrenzen, dann unterstellen Sie, und da gibt es eigentlich wenig Interpretationsspielraum, dass beispielsweise ich als Mitglied des Ausschusses manche Anliegen von Petenten nicht objektiv beurteilen würde oder, ganz konkret, wenn ich eine Petitionsakte aufschlage, würde ich zuerst prüfen, ob von der Petition ein CDU-geführtes Ministerium betroffen ist und, wenn dies der Fall sei, das Anliegen nicht mit der gebotenen Objektivität beurteile.

(Michael Andrejewski, NPD: Wer weiß, wer weiß.)

Dies ist für mich gelinde gesagt ein Schlag ins Gesicht und ich weise eine derartige Unterstellung auf das Schärfste zurück.

Auf Sie gehe ich gar nicht ein, denn, wie gesagt, was Sie da konstruieren, das interessiert mich so viel – wie sagt Ihr Fraktionsvorsitzender? –, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt.

(Wolfgang Griese, DIE LINKE: Oder wie die letzte Wasserstandsmeldung.)

Alle Mitglieder des Petitionsausschusses, ich sage das einmal deutlich, alle Mitglieder haben bisher erkennen lassen, dass ihr vorrangiges Ziel die Lösung eines Problems für den entsprechenden Petenten ist, und dies völlig unabhängig davon, welcher Minister welcher Fraktion angehört.

Und bezüglich der Minderheitenrechte möchte ich Folgendes anmerken: Egal ob ein Ausschussmitglied einer Minderheit oder einer Mehrheit im Parlament angehört, hat es beispielsweise das Recht, von jeder Akte, die das Sekretariat erreicht, eine Kopie anfertigen zu lassen. Oder wenn nur ein Mitglied des Ausschusses zu einer Petition eine Beratung mit oder ohne Regierungsvertreter beantragt, wird dem stattgegeben. Jedes Mitglied des Ausschusses hat das Recht, Fragen – ob mündlich oder schriftlich – an die Landesregierung zu richten. Jedes Mitglied des Petitionsausschusses, ob nun in der Mehrheit oder in der Minderheit, hat auch das Recht, Akten vor Ort in einer beliebigen Verwaltung des Landes einzusehen.

Auch Minderheitenanträgen auf Ortsbesichtigungen wird regelmäßig zugestimmt, wenn Aufwand und Nutzen in einem irgendwie zu rechtfertigendem Verhältnis stehen. Ich denke mal, da wird sich in der Vergangenheit wohl auch kaum ein Beispiel finden lassen, wo das nicht der Fall war.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Viele.)

Na, dann bin ich ja gespannt auf die Beispiele.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Viele.)

Wie gesagt, was die Onlinepetition angeht, hat Herr Baunach auch genügend ausgeführt, das will ich hier nicht wiederholen. Von daher kann ich mich seinen abschließenden Ausführungen nur anschließen: Wir lehnen den Gesetzentwurf ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Frau Abgeordnete Schlupp.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Schnur. Bitte, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion um das Petitionsrecht und den Vorschlag der LINKEN ist aus meiner Sicht durchaus in eine interessante Richtung gegangen. Insbesondere berührt mich die Frage der Mehrheitsentscheidung in den Ausschüssen. Und da will ich Ihnen entgegnen, Frau Schlupp, natürlich hat das irgendwie einen bösen Beigeschmack, wenn man so eine Unterstellung womöglich vornimmt,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)