Protokoll der Sitzung vom 17.03.2011

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

nur will ich Ihnen an der Stelle die Fakten auch einmal vorführen.

Es ist ja nicht selten im Petitionsausschuss – und ich glaube, ich war ab und zu auch mal anwesend –, dass man das Gefühl hatte, als wenn die Regierung auf der einen Seite abstimmt und die Opposition auf der anderen Seite.

(Tino Müller, NPD: Genauso ist es.)

Und wenn man diesen Eindruck denn mitnimmt, Frau Schlupp – und man könnte sich tatsächlich statistisch das mal angucken,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

ich weiß nicht, Frau Borchardt, ob Sie diese Aufgabe gemacht haben –, dann könnte ich mir vorstellen, dass es einen gewissen Zusammenhang nicht nur zu konstruieren gilt, sondern vielmehr, dass er womöglich auch nachweisbar ist.

Ich will Ihnen das auch an ein paar Beispielen deutlich machen: Wir hatten etliche Petitionen, wo man eigentlich das Gefühl hatte, dass der gesamte Petitionsausschuss eher betroffen war über das Verhalten von Verwaltungen, übrigens regelmäßig, Frau Schlupp, gerade im Bereich von Hartz-IV-Fragen und sozialen Fragen, wo wir uns alle, und zwar übergreifend, die Frage gestellt haben, ob so etwas in unserem Land überhaupt sein kann.

Aber, und dann muss man die Konsequenz sehen, wenn es dann um die eigentliche Entscheidung ging in diesen Fragen, dann kamen wir doch sehr häufig zu dem Ergebnis, dass die Regierung auf der einen Seite die Fehler der Verwaltung eher als nicht so dramatisch ansah, während die Opposition, ich sage es mal vielleicht auch etwas einfacher, die Dramatik an der Stelle bestätigte und regelmäßig zu dem Urteil kam, dass dort eine Änderung vorzunehmen sei.

Aber lassen Sie mich an der Stelle denn doch noch die Frage des Minderheitenschutzes im Zusammenhang mit

dem Antrag auf Ortsbesichtigung berühren. Es ist aus meiner Sicht eine zwingende Notwendigkeit, dass, wenn ein Mitglied in einem Petitionsausschuss aufgrund eines vorliegenden Falles den Antrag stellt, eine Ortsbesichtigung durchzuführen, dass er dort nicht gebunden ist an eine Mehrheitsentscheidung. Ich will das auch begründen. Die Aussage, Frau Schlupp, dass Aufwand und Nutzen in einem bestimmten Verhältnis stehen müssen, halte ich für absolut falsch, weil das Problem ist, dass man bei Petitionen und Anliegen von Menschen schlicht und einfach diese Abwägung so nicht treffen kann.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Wie will man in Geld bewerten, wenn jemand – ich sage mal ein Beispiel – ein persönliches Problem mit seinem Nachbarn hat, wir als Petitionsausschuss dieses Anliegen vorgetragen bekommen und dann vor der Situation stehen, im Petitionsausschuss auch nur eine Abwägung machen zu wollen über Aufwand und Nutzen des Fahrens zu diesem Ort? Ich wüsste nicht mal, wie wir das beurteilen wollen. Und da, muss ich dann ganz offen gestehen, ist es aus meiner Sicht natürlich vollkommen weltfremd, wenn wir das mit einem Vergleich oder einer Abwägung versuchen wollen zu erklären. Deshalb, Frau Schlupp, will ich Ihnen da ganz offen widersprechen, da kann Aufwand und Nutzen nicht der Grund sein. Ein Minderheitenschutz an der Stelle sollte dort durchaus eingebaut werden, das will ich dann auch offen erklären.

Aber, Herr Baunach, dann komme ich noch zu Ihnen zum Schluss, denn auch wir werden der Überweisung des Gesetzentwurfes zustimmen. Ich fand die Frage hochinteressant mit dem Bürgerbeauftragten. Das will ich an der Stelle auch mal sagen.

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

Also wenn man mir erklärt, es gibt in zwei Bundesländern noch einen Bürgerbeauftragten, dann stelle ich fest, na ja, wir haben ja noch ein drittes Bundesland, wo es einen gibt, und das ist Mecklenburg-Vorpommern meines Wissens nach, wobei man ja an der Stelle durchaus auch ein bisschen fragen darf, ob wir tatsächlich noch einen haben,

(Michael Roolf, FDP: Ein Direktkandidat der CDU.)

insbesondere dann,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

wenn wir einen Direktkandidaten für eine Partei haben und diese Situation jetzt steht. Da muss man doch fragen, wie viel Bürgerbeauftragter ist noch der Bürgerbeauftragte.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Aber das lassen Sie uns mal an anderer Stelle klären. – Herzlichen Dank.

(Heinz Müller, SPD: Ja, ja.)

Danke schön, Herr Abgeordneter Schnur.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einwendungen waren schon sehr interessant. Und ehrlich gesagt, ich habe damit gerech

net, dass die Koalitionsfraktionen unseren Gesetzentwurf nicht einmal in den Ausschuss überweisen,

(Michael Roolf, FDP: Skandal!)

um mal gemeinsam darüber zu diskutieren.

(Regine Lück, DIE LINKE: Wer weiß, ob sie ihn gelesen haben.)

Das finde ich schon mehr als … Es geht ja hier nicht um irgendetwas politisch …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Demokratische Kultur, Frau Borchardt.)

Es ist sehr politisch, Frau Schlupp, keine Frage,

(Zuruf von Jörg Vierkant, CDU)

aber es geht ja hier insbesondere um die Stärkung des Petitionswesens, und zwar damit auch der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern gegenüber diesem Landtag.

Und wir beschweren uns auf der einen Seite, dass die Bürgerinnen und Bürger politikverdrossen sind und was weiß ich nicht alles, aber auf der anderen Seite nutzen wir nicht mal die Möglichkeiten, die wir hätten in unserem Gesetzgebungsprozess, um ihnen mehr Demokratie zu geben.

Und ich finde es schon ganz interessant, wenn man sich mal die Onlinepetitionen im Bundestag und auch in Bremen anguckt, wie bewusst die Bürgerinnen und Bürger von diesem Recht Gebrauch machen, und zwar sich Gedanken machen, wie diese Gesellschaft verändert werden kann, wie sie selbst in einem Gesetzgebungsprozess ihre Hinweise geben, in welche Richtung es verändert werden kann, und, und, und.

Und da frage ich mich: Warum wollen wir das nicht gemeinsam nutzen? Warum wollen wir sie nicht bestärken, sich an einem Diskussionsprozess zu beteiligen, von mir aus auch zum demografischen Bericht, den wir heute Morgen ja ausführlich diskutiert haben? Das ist doch was, was wir wollen, dass die Leute sich selbst auch Gedanken machen, sich einbringen, sich austauschen und in einem kulturvollen Miteinander Lösungen und Ansätze gemeinsam suchen.

Ich will etwas dazu sagen, Herr Baunach: Wir haben die Fahrt nach Österreich gemacht, der Bundestag hat voriges Jahr hier seine Beratung durchgeführt, es gab zahlreiche Anregungen zur Veränderung des Petitionsrechtes. Und wir haben uns im Ausschuss dazu vereinbart, dass die Arbeitsgruppen der einzelnen Fraktionen mal darüber nachdenken, welche Änderungen wir denn machen könnten. Es tut mir leid, es kam nichts. Nun kann man ja sagen, es kam nichts, weil kein Veränderungsbedarf da ist, aber alleine schon die Veränderung der Geschäftsordnung und die Veränderung im Gesetz hätten es ja auch möglich gemacht.

Ja, wir haben uns nicht zum Bürgerbeauftragten verhalten. Es gibt keinen Antrag der Fraktion DIE LINKE, die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern – denn das hätten wir ja machen müssen – zu verändern und den Bürgerbeauftragten zu streichen. Das haben wir auch ganz bewusst gemacht. Nach wie vor stehen ich und meine Fraktion zum Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, und zwar deshalb, weil es ein ganz niedrigschwelliges Angebot ist.

Ich habe auch damit Probleme, dass Herr Schubert als Direktkandidat jetzt sagt, er darf sich nicht politisch äußern, aber das ist nun mal so.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das haben wir beim Datenschutzbeauftragten in Stralsund auch.)

Das stelle ich jetzt ja auch beiseite, da brauchen Sie ja nicht gleich anzuspringen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Aber können tue ich das.)

Aber an sich ist der Bürgerbeauftragte nach wie vor notwendig und wir sollten dieses Angebot auch weiter nutzen und eher darüber nachdenken, wie wir als Petitionsausschuss im Interesse von Petenten und zur ganz schnellen Klärung auch Petitionen mehr an ihn abgeben, und zwar nicht, damit wir weniger zu tun haben oder umgekehrt, sondern damit den Petenten in erster Linie geholfen wird.

Es ist überhaupt kein Misstrauen gegenüber der Landesregierung oder ein Misstrauen gegenüber den Abgeordneten im Ausschuss. Ich weiß insbesondere, Frau Schlupp, Sie engagieren sich sehr, auch Frau Peters, und wir könnten auch alle anderen nennen. Aber das ist nun mal auch deshalb, weil es ein Mehrheitsausschuss ist. Natürlich ist immer eine politische Färbung drin. Das ist im Ansatz ja auch richtig, aber genau deshalb, weil es so ist, sollten wir doch darüber nachdenken, ob die Minderheitenrechte gestärkt werden sollten, und zwar klar gestärkt werden sollten, und zwar nicht unter dem Gesichtspunkt, dass wir uns im Ausschuss streiten, ob es denn nun machbar oder nicht machbar ist, sondern klar darüber diskutieren, wollen wir es oder wollen wir es nicht.

(Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

Und wenn wir es wollen, dann schreiben wir es bitte schön ins Gesetz.

Und das mit dem Minderheitenvotum muss man sich ja mal ganz genau angucken. Wenn Sie da mal wirklich hingeguckt haben, da steht: er muss schriftlich und es begründen. Und nun machen wir uns doch nichts vor, das wird doch jeder Abgeordnete nur in dem Einzelfall machen, wo er ganz besonderen Wert darauf legt, weil es für ihn politisch ganz, ganz wichtig ist, dass die Bürgerinnen und Bürger draußen erfahren, in dieser Sache habe ich eine völlig andere Auffassung und die begründe ich auch.

Das wird nicht in jeder Petition so sein. Es wird immer Petitionen – und die haben wir – geben, wo wir politisch unterschiedlicher Auffassung sind. Nichtraucherschutzgesetz, da sind wir beide sozusagen, wie war das, Ihnen geht es nicht weit genug oder so, aber ist egal.

(Toralf Schnur, FDP: Ich brauche gar keins.)