Protokoll der Sitzung vom 05.04.2011

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Die hohe Steuerkraft der großen kreisangehörigen Städte bedeutet nach den derzeitig gültigen Regeln eine überdurchschnittlich hohe Kreisumlage. Das gilt es in diesem Zusammenhang dann auch zu verhindern.

Als der Landtag das Landkreisneuordnungsgesetz beschlossen hat, haben Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete, als Maxime für die jetzt anstehende FAGÄnderung im Paragrafen 43 Absatz 2 Nummer 2 festgelegt, die vier großen kreisangehörigen Städte nicht überdurchschnittlich zur Finanzierung der Landkreise heranzuziehen. Aus diesem Grund soll die Steuerkraft der großen kreisangehörigen Städte bei der Berechnung der Kreisumlage nur zu 85 Prozent berücksichtigt werden. Auch mit dieser reduzierten Berechnungsgrundlage sind die Pro-Kopf-Zahlungen der großen kreisangehörigen Städte mit denen anderer kreisangehöriger Gemeinden vergleichbar. Es entsteht eben kein kommunaler Vor- oder Nachteil auf der jeweiligen kommunalen Ebene.

(Egbert Liskow, CDU: Guck mal an! – Peter Ritter, DIE LINKE: Das war jetzt ein Zwischenruf bei der CDU.)

Meine Damen und Herren, ich habe bereits vorhin betont, der Gesetzentwurf enthält fast ausschließlich die notwendige Anpassung des FAG an die Kreisgebietsreform. Die Landesregierung hat ganz bewusst davon abgesehen, andere wichtige Grundsätze des FAG zu ändern. Die kommunale Ebene hat mit der Umsetzung der Kreisstrukturreform große Aufgaben vor sich. In dieser Situation wäre es grundsätzlich falsch, auch noch das FAG jetzt wieder völlig auf den Kopf zu stellen.

Die jetzt vorgeschlagenen Änderungen, lieber Kollege Ritter, sind eben also nicht mutlos.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ja.)

Keine zwei Jahre nach der FAG-Novelle 2010 wieder alles zu ändern,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hat aber ganz schön lange gedauert.)

wäre verantwortungslos. Und als Kommunalminister, als Landesregierung werden wir keine Verantwortungslosigkeit gegenüber unseren Kommunen zulassen beziehungsweise uns vorwerfen lassen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sage ich doch. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und zu dem von Ihnen geforderten Zukunftsvertrag kann ich Ihnen nur sagen, schauen Sie ins FAG, dort ist der Gleichmäßigkeitsgrundsatz verankert, und der bietet Gewähr dafür,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dass finanzielle Lasten gerecht auf alle Schultern verteilt werden. Das Landesverfassungsgericht hat dieses bestätigt. Der Anspruch der Kommunen auf eine angemessene Finanzausstattung besteht nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Landes. Keine Ebene darf unzumutbar finanziell belastet werden. Aber ein Rundumsorglospaket wird es weder für das Land noch für die Kommunen geben. Und noch einmal, das Land stattet die Kreise und Gemeinden im Rahmen seiner Möglichkeiten ausreichend finanziell aus.

Der Gesetzentwurf – und damit komme ich zum nächsten Punkt – enthält auch keine Veränderungen der kommunalen Beteiligungsquote. Grund dafür sind die noch nicht vollständig vorliegenden kommunalen Daten von 2007 und 2008. Ich kann Ihnen aber versichern, die Überprüfung der Finanzverteilungsverhältnisse wird umgehend erfolgen, wenn diese Daten vorliegen. Ergibt sich daraus ein Änderungsbedarf, wird dieser nach Beratung mit dem FAG-Beirat im Gesetzgebungsverfahren und Haushalt 2012/2013 berücksichtigt. Die Kommunen bekommen jeden Euro, der ihnen zusteht.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, das FAG ist eines der wichtigsten Gesetze für die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern. Es ermöglicht jetzt und auch in Zukunft einen fairen und vor allen Dingen transparenten Finanzausgleich zwischen Land und Kommunen. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf ermöglicht eine Anpassung der FAG-Regelung an die Kreisgebietsreform und die Doppik. Er stellt sicher, dass die großen kreisangehörigen Städte Wismar, Stralsund, Greifswald und Neubrandenburg auch in Zukunft ihre wichtige Rolle als Zentren des Landes wahrnehmen können und ihr gerecht werden. Und er schafft gleichzeitig die Grundlage für eine solide Finanzausstattung der neuen Landkreise und natürlich auch der kreisfreien Städte und kreisangehörigen Gemeinden.

Ich bin überzeugt, dass die Beratungen in den Ausschüssen ebenso konstruktiv verlaufen werden wie beim FAG 2010. Als Kommunalminister sage ich, unsere Kreise und Gemeinden haben einen Anspruch auf eine faire und solide und zügige, aber vor allem sachliche Beratung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wären Sie mal damit eher gekommen!)

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident! Herr Innenminister! Ich frage mich, warum wir uns heute hier versammelt haben.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Weil wir das Gesetz überweisen wollen.)

Und wenn ich mir so das Gesetzgebungsgebaren der Landesregierung anschaue, dann scheint Ihnen ja alles entglitten zu sein, auch Ihr Gesetzgebungsfahrplan.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Denn diese Sondersitzung wäre doch nicht notwendig gewesen, wenn Sie Ihre Arbeit gemacht hätten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es, jawohl.)

Und wenn das, was Sie hier eben begründet haben, dass dieses FAG, die Novelle des FAG nur in Verbindung mit dem Kreisstrukturreformgesetz steht, frage ich mich, warum wir das nicht in einer regulären Landtagssitzung hier abgehandelt haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig, sehr richtig.)

Das haben Sie nicht beantwortet. Das heißt, Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Wenn wir als Opposition oder auch eine andere Oppositionsfraktion mal eine Sondersitzung einberufen möchten oder verlangen, dann kommt gleich, was kostet das alles und das ist Zeitverschwendung. Okay, Sie haben das heute hier nun veranlasst.

Sie haben, Herr Innenminister Caffier, zu Recht deutlich gemacht, dass dieser Gesetzentwurf verbunden ist mit dem Kreisstrukturgesetz vom 7. Juli 2010 – Sommer 2010!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Und wie schon durch Zwischenrufe deutlich geworden ist, ist es sehr wohl in der Enquetekommission und auch im Innenausschuss immer wieder beredet worden. Und Sie haben über ein Gutachten geredet, auch dieses Gutachten ist bereits vor anderthalb Jahren in Auftrag gegeben worden. Ich frage mich, warum keine Ergebnisse auf dem Tisch liegen, rechtzeitig auf dem Tisch gelegen haben, um in einem normalen Verfahren eine solche Veränderung eines solchen Gesetzes tatsächlich hier zu beraten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Nun wird die parlamentarische Beratung in dieser Sondersitzung eröffnet. Und da fragt man sich doch, ob nicht Endzeitstimmung bei Ihnen ausgebrochen ist, weil …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Endzeitstimmung?)

Ja, in der Tat, Frau Polzin, das ist so. Das muss man sich doch mal fragen. Man muss sich doch mal fragen, warum denn Sie Ihre Schularbeiten nicht gemacht haben und nicht rechtzeitig diese Änderung, die ja nur mit dem Kreisstrukturreformgesetz zu tun hat, auf den Tisch gepackt haben. Alle anderen Dinge, da hat Herr Caffier argumentiert, dass das gar nicht möglich war.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Und da kann ich Ihnen nur sagen, konzeptionelles und geschlossenes Regierungshandeln sieht anders aus.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, da machen Sie sich mal keine Sorgen, Herr Holter!)

Es gibt ein zweites Problem. Und da gibt es einen tiefen Widerspruch zwischen der realen Wirklichkeit in Mecklenburg-Vorpommern, Herr Kommunalminister, und dem, was Sie hier gesagt haben. Entweder haben Sie tatsächlich den kommunalpolitischen Kompass verloren oder Sie segeln durch das Land nach alten Seekarten.

(Harry Glawe, CDU: Hat er Ihnen keinen gegeben?)

Hier wird auch sehr deutlich,

(Harry Glawe, CDU: Haben Sie keinen bekommen? Der wurde doch verteilt.)

hier wird auch sehr deutlich,

(Harry Glawe, CDU: Haben Sie keinen gekriegt?)

dass das, was der Innenminister hier ausgeführt hat, mit der Realität und mit der Finanzsituation der Kommunen aber auch nun rein gar nichts zu tun hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Nun haben ja Herr Glawe und Herr Nieszery in den vergangenen Landtagssitzungen,