Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Weil wir das längst machen. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Richtig, das sehe ich genauso.

Die Energiewende ist keine Angelegenheit für Mecklenburg-Vorpommern selbst. Ja, es ist unsere Herausforderung. Wir haben sie in der Vergangenheit sehr unterschiedlich angepackt, darüber habe ich gesprochen, aber es ist in der Tat eine nationale, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und wenn ich dann höre, übrigens egal von welchen Parteien jetzt, das geht querbeet durch die Parteien, ihr könnt da ja Strom, also Windenergie und andere alternative Energien produzieren, so viel, wie ihr wollt, aber wir machen unseren Teil selbst, wir brauchen euren alternativen regenerativen Strom nicht, dann steht das dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe entgegen.

Ich bin der Überzeugung, dass auch die Investitionen, die notwendig sind für diese Energiewende, sowohl in die Netze, sowohl in die Forschung als auch in den Ausbau von Kapazitäten, die dann als Brücktechnologie bezeichnet werden, nicht von der Wirtschaft alleine und schon gar nicht beim Land Mecklenburg-Vorpommern hängen bleiben dürfen. Hier ist jetzt in der Tat angesagt, dass die Kosten umgewälzt und nach einem sicherlich zu berechnenden Schlüssel dann auch gleichmäßig auf die deutschen Länder verteilt werden. Ansonsten sind wir tatsächlich diejenigen, die nicht nur die Energiewende wollen, sondern auch noch kräftig zuzahlen als das Land Mecklenburg-Vorpommern.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da sind wir beieinander.)

Ja, ich will auch ausdrücklich unsere Position hier sagen.

Deswegen erwarte ich von der Landesregierung, dass sie bei den Verhandlungen zu den entsprechenden Gesetzen auf Bundesebene ganz klar hier Position bezieht und deutlich sagt, das kann nicht nur eine Angelegenheit Mecklenburg-Vorpommerns oder von mir aus auch der norddeutschen Länder sein, sondern alle Länder und der Bund sind hier gefragt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das macht der Ministerpräsident in jeder Sitzung.)

Drittens will ich sagen, dass bei Brückentechnologien – die Frage taucht sofort auf, wenn 7.000 Megawatt der Atomkraftwerke vom Netz genommen werden – natürlich die Frage auftaucht: Was sind denn Brückentechnologien?

(Vincent Kokert, CDU: Richtig.)

Eins, glaube ich, und da haben wir uns ja eine Position erarbeitet, Steinkohle oder Kohlekraftwerke generell können es ja wohl nicht sein.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gaskraftwerke. – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Torsten Renz, CDU)

Dann setzen wir auf Gaskraftwerke. Alte Position, Herr Nieszery, alte Position von Rot-Rot, die wir damals schon im Zusammenhang mit dem Energiestandort Lubmin entwickelt haben.

Ich meine eine klare Position aus Mecklenburg-Vorpommern: Kohle kann nicht die Brückentechnologie bezahlen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich möchte Herrn Sellering fragen, ob er bereit ist – so, wie das jetzt auch in Hamburg über eine entsprechende Initiative dort der Menschen läuft –, sich auch dafür einzusetzen, dass die Netze, über die ja gesprochen wurde, wieder in öffentliches Eigentum zurücküberführt werden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gucken Sie sich doch mal die WEMAG an!)

Ich meine damit, das hat etwas mit Kosten zu tun.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Ja, das haben wir ja unterstützt.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Nein, dann müssen wir noch weiter gehen, ob denn auch andere Netze tatsächlich in öffentliches Eigentum überführt werden. Die WEMAG ist ein gutes Beispiel, denn das haben wir ausdrücklich unterstützt. Das ist eine sehr kreative und intelligente Lösung, ohne dass die Kommunen belastet werden.

(Udo Pastörs, NPD: Aber mit verkauften Netzen, die jetzt die Öffentlichkeit bezahlen muss. Eine Schrottinfrastruktur haben wir gekauft.)

Ja, ja.

Es ist die Frage an die Regierung und auch an Herrn Schlotmann, welche Maßnahmen nicht nur über den Bund, sondern auch in Mecklenburg-Vorpommern eingeleitet werden, damit Energieeffizienz und damit Einsparungen erzielt werden können. Natürlich müssen wir

CO2 reduzieren. Und mit Brückentechnologie wird ja wieder etwas verbrannt und mehr CO2 dann ausgestoßen. Das heißt, Sie müssen in Effizienz dazu beitragen, dass möglichst wenig CO2 zusätzlich in die Luft gepustet wird. Und dazu erwarte ich Maßnahmen der Landesregierung ergänzend zu dem, was der Bund ganz konkret macht.

Und ein weiterer Punkt ist, wenn es denn um den Boden geht, dann gibt es hier eine Position – und da werden wir ja heute noch dazu sprechen oder morgen – zu der guten fachlichen Praxis, wenn es denn um den Anbau von Energiepflanzen geht. Ich will einen letzten Satz sagen. Wir dürfen uns nicht den Boden kaputt machen lassen

(Udo Pastörs, NPD: Ha, ha! Das ist doch voll im Gange.)

und es darf keine Verteuerung der Lebensmittel geben. Ich bin der Überzeugung, dass die Energiewende vor unseren Augen, vor den Augen der Menschen ablaufen wird. Und es ist richtig, die Menschen mit einzubeziehen und sie an dieser Frage zu beteiligen. Die entscheidende Frage ist, sie dürfen nicht die Zeche bezahlen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Vielen Dank, Herr Holter.

Ich will an der Stelle noch mal darauf hinweisen, wenn die rote Lampe leuchtet, ist die Redezeit vorbei. Das waren sechs Sätze und nicht einer, Herr Holter.

(Udo Pastörs, NPD: Dann machen wir drei und dann ist das das Mittel. Dann ist alles wieder okay.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Kokert für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass man heute in der gesamten Debatte mehr auf das Verbindende abgestellt hat, als auf das, was uns trennt. Ich glaube, wenn man diesen immer wieder geforderten gesamtgesellschaftlichen Konsens wirklich hinbekommen kann, ist das auch der richtige Weg.

Auch wenn Sie das vielleicht nicht von mir erwartet hätten, aber ich muss schon sagen, ich war sehr überrascht von dem Beschluss, den die Grünen auf ihrem Bundesparteitag gefasst haben. Das ist genau der Schritt in die richtige Richtung. Wir werden es mit den ganzen Argumenten, die wir und auch der Kollege Holter hier heute vorgetragen haben, das will ich ihm sogar mal anrechnen, nur schaffen, wenn wir einen gesamtgesellschaftlichen Konsens hinbekommen. Herr Holter, ich habe Ihnen in der letzten Diskussion schon Folgendes gesagt: Wenn uns dieses Ziel zukünftig eint, dass, wenn wir den Netzausbau wirklich beschleunigen wollen, Sie auch mit Ihren Luftballons bei denjenigen stehen, die ein Netz ausbauen wollen, dann sind wir sofort dabei und sagen, die CDU ist dazu bereit, und wir werden das dann auch mit ganzer Kraft weiter voranbringen.

Die CDU im Übrigen, da haben wir überhaupt nichts an unserer Haltung geändert, stand immer für das energiepolitische Zieldreieck: umweltgerecht, versorgungssicher und bezahlbare Energie. Das können Sie nach

lesen schon im „Energieland 2020“. Und natürlich, das gehört in eine Diskussion in der Aktuellen Stunde, natürlich will ich mich nicht davor drücken zu sagen, wie sind wir eigentlich und wie haben wir uns zu dem Thema Atomausstieg verhalten. Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist, als Sie das erste Mal die Bilder aus Fukushima gesehen haben, die spulten sich ja dann eine ganze Woche ab. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, ich persönlich nicht, dass in einem Hochtechnologieland, in einer Demokratie wie Fukushima und Japan so etwas möglich ist.

(Michael Andrejewski, NPD: Das wäre bei uns genauso gewesen.)

Ich habe zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt, dass der Betreiber oder die Behörden zu irgendeinem Zeitpunkt das Problem dort in den Griff bekommen hatten oder es im Griff hatten. Insofern wäre es unredlich gewesen, in Deutschland einfach so zu tun, übrigens andere europäische Länder tun das, ich beurteile das ausdrücklich, es wäre unredlich gewesen, in Deutschland so zu tun, als wenn dieser Erkenntnisgewinn, den wir in Japan dadurch hatten, einfach so vom Tisch gewischt wird und wir weitermachen wie bisher.

(Udo Pastörs, NPD: Was für eine Theorie!)

Insofern hat die CDU dort umgedacht. Das will ich ganz klar einräumen, denn bei uns gilt der Maßstab: „Im Zweifel für die Menschen.“

(Udo Pastörs, NPD: Das hätten Sie doch schon vor 20 Jahren machen müssen.)

Und das hat uns angetrieben. Das hat die Bundeskanzlerin dann auch im Kabinett lang und breit besprochen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Weil der öffentliche Druck zu groß war.)

Wir haben viele schwierige Diskussionen auch in unserer Partei zu diesem Thema geführt, das können Sie mir glauben. Ich bin seit zwei Jahren Mitglied im Bundesausschuss für Energie der CDU Deutschlands. Und das war nicht nur schön, was wir uns da in den letzten Wochen und Monaten gesagt haben zu dem Thema. Aber ich denke, man hat jetzt einen Konsens erreicht. Wir haben unsere Linie da neu bestimmt und das muss man akzeptieren, denn alles andere, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre viel schlimmer gewesen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Insofern stehen wir hinter den Beschlüssen, die jetzt in Berlin und auch von unserer Partei gefasst wurden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das finde ich gut, Herr Kokert. – Wolfgang Griese, DIE LINKE: Das ist eine Metamorphose.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren …

Wissen Sie, wenn Sie mir von der LINKEN sagen: „Das ist eine Metamorphose“ – Herr Kollege Holter, ich weiß nicht, ob Sie es gewesen sind, oder war es der Kollege Koplin, ist auch egal –, dann muss ich mir, glaube ich, nicht von Ihrer Partei anhören, wie schnell man mal seine Meinung ändern kann.