Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

Wissen Sie, wenn Sie mir von der LINKEN sagen: „Das ist eine Metamorphose“ – Herr Kollege Holter, ich weiß nicht, ob Sie es gewesen sind, oder war es der Kollege Koplin, ist auch egal –, dann muss ich mir, glaube ich, nicht von Ihrer Partei anhören, wie schnell man mal seine Meinung ändern kann.

(Beate Schlupp, CDU: Ja. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich habe Ihnen das letzte Mal schon gesagt, wie die Bürgerinnen und Bürger in der DDR damals von Ihnen ver

klapst wurden, als in Tschernobyl das Kraftwerk, auf deutsch gesagt, in die Luft geflogen wurde, und Sie haben es nicht für nötig gehalten, diese Schrottreaktoren hier damals oben in Lubmin nicht einzubauen, sondern Sie haben es einfach getan, haben keinen darüber informiert, haben das unter der Bewachung der Staatssicherheit gemacht. Also brauchen Sie uns jetzt hier nicht vorzuwerfen, dass wir umgedacht haben, und das im Übrigen in voller Öffentlichkeit und der vollen Verantwortung, dass wir zu jedem Zeitpunkt wussten, was wir tun.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Regine Lück, DIE LINKE: Das stimmt ja gar nicht, was Sie da erzählen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich war es immer unstrittig,

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

insofern ist das auch ein Stück weit unredlich, wenn man hier an der Stelle so tut, als wenn nicht die CDU auch immer gesagt hat, die Kernenergie ist eine Brückentechnologie. Das war schon lange Konsens. Deswegen brauchen Sie uns nicht immer vorzuhalten und zu sagen, Sie wollten eigentlich die nächsten 150 Jahre hier Atomkraftwerke in Deutschland weiterbauen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das haben Sie doch gerade gemacht mit dem Vorhalten.)

Der Beschluss ist schon vor 25 Jahren gefasst worden, dass das in Deutschland nicht mehr stattfinden wird.

(Michael Andrejewski, NPD: Trotzdem wurden die Laufzeiten verlängert.)

Insofern steht natürlich die Frage: Warum hat die Bundesregierung eigentlich gesagt, wir wollen den Atomkompromiss, den Rot-Grün damals schon beschlossen hat, aufkündigen? Da sage ich Ihnen, es gibt einen entscheidenden Unterschied zu dem heute. Damals hat man beschlossen, wir wollen aussteigen, aber den Weg, wie man das bis dahin schaffen kann, den ist man wirklich schuldig geblieben. Sie können sich die Konzepte – es gibt eigentlich wenig zu dem, was Rot-Grün beschlossen hat – angucken und legen Sie das neben das, was jetzt in Berlin beschlossen wurde. Und das ist für uns ein entscheidender Unterschied.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber die alten wurden doch verlängert.)

Für uns wird es keinen Ausstieg ohne Plan geben. Deswegen haben wir uns damit viel Zeit genommen, haben die Konzepte nebeneinandergelegt und haben gesagt, wie wollen wir das Zeitalter der regenerativen Energien erreichen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Zwischendurch haben Sie aber verlängert.)

Und da sind bemerkenswerte Wandlungen natürlich in der CDU passiert. Ich habe die beiden Konzepte – und ihr Präsidium hat auch was Erstaunliches beschlossen, das muss ich sagen, das SPD-Präsidium hat Ende Mai was Erstaunliches beschlossen – von der SPD nebeneinandergelegt, Herr Ministerpräsident. Und ich sage Ihnen, wir haben sogar zu nahezu 99 Prozent Übereinstimmung. Die Frage ist doch jetzt nur: Schaffen wir diesen gesamtgesellschaftlichen Konsens – und, Herr Holter, da gehören Sie im Übrigen mit dazu, die Grünen haben den Weg in die Richtung frei gemacht – auch in unserem Land?

Wenn man durch dieses Land Mecklenburg-Vorpommern fährt – wir haben große Weiten, wir haben viele Flächen –, dann ist natürlich die Frage, die der Kollege Nieszery mit seiner Fraktion auch schon beantwortet hat, die Frage der dezentralen Lösung, hier natürlich noch einmal ganz anders zu beantworten als in einem Land wie Nordrhein-Westfalen. Da sage ich Ihnen, ich komme aus einer Stadt, da haben wir das vor vielen Jahren schon gemacht

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

und da brauchten wir keine Aufforderung von außen. Der Kollege Methling wird sich daran noch erinnern. Das war im Übrigen damals auch schon im gesamtgesellschaftlichen Konsens. Ich kann Ihnen sagen, für dieses Kraftwerk, was in Neustrelitz steht, sind wir viel belacht worden. Auch die Landesforst hat uns da nicht immer unterstützt.

Das ist nicht Ihre Schuld, da müssen Sie nicht so böse gucken, Herr Kollege Backhaus.

(allgemeine Heiterkeit – Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Aber mittlerweile ist das wirklich so, dass sich diese Technologie dort an diesem Standort durchgesetzt hat, dass die Bürgerinnen und Bürger was davon haben, denn wir haben die niedrigsten Fernwärmepreise, die im Umkreis von 50 Kilometern überhaupt vorkommen. Insofern kann man sagen, diese Investitionsentscheidung in Neustrelitz ist richtig gewesen, und das sollte man auch auf das Land ausdehnen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Vorbildliches Konzept, muss ich zugeben.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf Sie noch einmal an das energiepolitische Zieldreieck erinnern: umweltgerecht, versorgungssicher, bezahlbar.

Und als hätte unser eigenes Energiekonzept, das „Energieland 2020“, auf das wir uns ja verständigt haben, Pate gestanden, ist das heute auch in den Beschlüssen der Bundesregierung so eins zu eins fast übernommen. Und dieses Konzept berücksichtigt erstmals diese drei von mir genannten Anstriche.

Jetzt diskutiert man natürlich immer über die Frage: Wie gestalte ich denn jetzt die Brücke bis in das Zeitalter der regenerativen Energien? Herr Holter hat zwar gesagt, wogegen er ist, wofür er ist, hat er allerdings nicht gesagt.

(Matthias Mantei, CDU: Richtig.)

Da sage ich Ihnen ganz deutlich: Auch da war ich überrascht, was ich in dem Beschluss des Präsidiums der SPD gelesen habe. Klar, da sitzen auch kluge Leute. Da sagt man sehr deutlich, wir müssen an Kraftwerksstandorten Gas- und auch Kohlekraftwerke neu bauen, um die Brücke in das Zeitalter der regenerativen Energien zu erreichen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das unterscheidet uns. Sie sind für Gas und nicht für Kohle.)

Und das muss natürlich der eine oder andere Genosse – Herr Holter, Sie vielleicht auch – hier im Land auch noch einmal nachlesen. Ich sage Ihnen, nach wie vor ist bei uns nie ein Konsens darüber gewesen, dass wir das Kohlekraftwerk an dem Standort Lubmin nicht wollten, sondern ich sage nach wie vor, dieses Kraftwerk hätte die Grundlast in Mecklenburg-Vorpommern fast alleine abfangen können.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gaskraftwerke aber auch.)

Wir haben 2 Milliarden Investitionssumme in diesem Land gehabt und meine Fraktion steht nach wie vor hinter dieser Investition, wenn sie denn gekommen wäre, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(allgemeine Unruhe – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wollen Sie denn wieder Kohlekraftwerke, Herr Kokert?)

Und auch das ist sicherlich …

Ja, Moment, wir waren uns doch darüber einig, wenn wir Atomkraftwerke schnell abschalten wollen, brauchen wir dazu eine Alternative.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Gaskraftwerke, ja.)

Gaskraftwerke sind eine Möglichkeit.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Kohlekraftwerke fallen definitiv aus.)

Herr Kollege Nieszery, da Sie sich sehr viel mit Energie beschäftigt haben, werden Sie auch wissen, dass Gaskraftwerke nur begrenzt dafür geeignet sind,

(Egbert Liskow, CDU: Lassen wir das alles Brandenburg machen.)

werden Sie sich das ja angesehen haben.

Im Übrigen glaube ich, dass die Investitionsentscheidung für Gaskraftwerke im Augenblick ohnehin schwierig ist, da wir derzeit mit sehr hohen Gaspreisen zu kämpfen haben. Das ist auch der Grund, warum wir derzeit noch keinen Investor haben, der sagt, in Lubmin kann ich mir vorstellen, ein Gaskraftwerk zu bauen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die kommen, wenn die Leitung steht. Die kommen hundertprozentig.)

Natürlich müssen wir auch darüber reden, wie wir die Windkraft hier weiter in diesem Land forcieren. Da sind wir wieder bei dem Punkt: Der gesamtgesellschaftliche Konsens ist notwendig, onshore genauso wie offshore. Ich glaube, darüber haben wir dann wirklich Konsens, dass die Lösung nicht sein kann, wir exportieren einfach von außen Strom.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Importieren.)

Entschuldigung, wir importieren einfach von außen un sicheren Atomstrom.

Angebote gibt es ja in unserer unmittelbaren Nachbarschaft genug. Aber ich glaube, darauf haben wir uns auch schon das letzte Mal verständigt, dass das in diesem Landtag keiner will, jedenfalls will ich Ihnen das nicht unterstellen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Richtig.)

Wenn man über Brückentechnologie spricht, dann müssen wir natürlich auch über Kernfusion in Greifswald sprechen. Da sage ich Ihnen ganz deutlich: Das, was die Grünen da angezettelt haben, ist eine Katastrophe für die Kernfusionsforschung in Greifswald,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Jawohl.)

denn das gemeinsam in diesen Zusammenhang zu stellen, ist einfach unredlich.