Der Sozialausschuss, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, hat den Gesetzentwurf der Landesregierung in seiner 95. Sitzung am 1. Juni 2011 gleichfalls beraten und abschließend in seiner 99. Sitzung am 15. Juni 2011 im Rahmen seiner Zuständigkeit dem Wirtschaftsausschuss mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE empfohlen, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/4308 unverändert anzunehmen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, an der nicht öffentlichen Anhörung in der 100. Sitzung am 8. Juni 2011 nahmen Vertreter des Städte- und Gemeindetages Mecklenburg-Vorpommern e. V. und des Landkreistages teil. In diesem Rahmen wurde mit den betroffenen Vertretern und Mitarbeitern des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus als auch des Ministeriums für Soziales und Gesundheit der vorliegende Gesetzentwurf näher erörtert und erläutert.
Der Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern hat unter anderem dabei herausgestellt, dass die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes für Kinder mit Sozialhilfebezug nach SGB XII, Kinder im Wohngeldbezug und beim Kinderzuschuss jeweils eine neue Aufgabe für die Kommunen sei. Deshalb müsse das Land die mit der Aufgabenübertragung verbundenen Kosten übernehmen. Die kommunale Ebene könne keine Kofinanzierung leisten und insbesondere nicht die Weiterfinanzierung nach dem Jahre 2013 übernehmen. Eine grundsätzliche Verständigung zu diesen Fragen, auch im Hinblick auf die Schulsozialarbeit, sei unerlässlich. Positiv werde der Verzicht auf eine zunächst vorgesehene investive Bindung der Zuweisungen nach Artikel 1 Paragraf 10 gewertet. In Artikel 1 Paragraf 11 Buchstabe a Absatz 2 solle jedoch klarstellend ergänzt werden, dass Verwaltungskosten zu den erstattungsfähigen Aufwendungen gehören.
Der Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern e. V. hat im Rahmen der Anhörung betont, dass der Gesetzentwurf das Ergebnis einer guten Zusammenarbeit mit dem Ministerium sei. Unterschiedliche Auffassungen gebe es aber unter anderem noch hinsichtlich der Frage der Schulsozialarbeiter. Dort sei für das Land eine bundesweit einmalige Sonderregelung vorgesehen, nach der
die Bundesmittel entsprechend der bisherigen anteiligen Finanzierung durch Land und Kommunen zu verwenden seien.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Übrigen gestatten Sie mir, auf den Ihnen schriftlich vorliegenden Bericht über das Ergebnis der Anhörung Bezug zu nehmen. Im Nachgang zu der nicht öffentlichen Anhörung in der 100. Sitzung am 8. Juni 2011 hat das Wirtschaftsministerium noch einmal klargestellt, dass die Mittel des Bildungs- und Teilhabepaketes an das Land als Anteile an den Kosten der Unterkunft und Heizung ausgereicht werden und deshalb nicht exakt in Euro und Cent anzugeben seien. Im Land gebe es, so das Wirtschaftsministerium, ungefähr 108.000 Berechtigte für diese Leistung.
Der Ausschuss hat sich darauf verständigt, als redaktionelle Berichtigung in Artikel 1 Nummer 5 in Paragraf 11a Absatz 1 des Landesausführungsgesetzes SGB II vor den Wörtern „Die kommunalen Träger“ die Absatzbezeichnung „(2)“ durch die Absatzbezeichnung „(1)“ zu ersetzen.
Im Ergebnis seiner abschließenden Beratung in der 102. Sitzung am 22. Juni 2011 hat der Wirtschaftsausschuss dem so geänderten Gesetzentwurf mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und NPD bei Enthaltung seitens der Fraktion der FDP seine Zustimmung erteilt.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Übrigen noch mal von mir der Verweis auf die Ihnen schriftlich vorliegende Beschlussempfehlung und den Bericht des Wirtschaftsausschusses auf Drucksache 5/4449. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Herr Seidel. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, das Thema „Bildung und Teilhabe“ ist ein Thema, was uns über die Zeit sehr stark beschäftigt hat und, ich glaube, es ist auch ein sehr wichtiges gesellschaftliches Thema, wie wir ja wissen, was zu Recht auch sehr intensiv zwischen uns diskutiert werden muss.
Wir legen Ihnen heute den Gesetzentwurf zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes in Mecklenburg-Vorpommern vor, in dem also die notwendigen Änderungen unseres Landesgesetzes diesbezüglich realisiert werden. Lassen Sie mich vielleicht doch noch mal in den Mittelpunkt stellen, um welche Punkte es am Ende in dem Paket überhaupt geht. Ich will es noch mal deutlich sagen: Es geht um Mittagsversorgung, es geht um Lernförderung, es geht um Tagesausflüge, Lernbedarfe, Schülerbeförderung, also, wenn man so will, es geht wirklich um die Teilhabe am sozialen, kulturellen Leben in der Gemeinschaft.
Die Leistungen für Kinder und Jugendliche werden gewährt sowohl für die Familien, die Hartz-IV-Leistungen, sowohl Arbeitslosengeld II als auch – ich bitte um
Entschuldigung –, die Leistungen erhalten nach dem Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, aber eben auch Sozialhilfe, Kinderzuschlag oder Wohngeld. Man hatte sich ja darauf geeinigt, den Kreis entsprechend zu erweitern. Wichtig ist, noch mal darauf hinzuweisen, dass das Bildungspaket selbst für Kinder und Jugendliche bis zu 25 Jahren gilt. Das heißt, damit ist der Umfang hier deutlich erweitert worden. Für die Leistungen zum Mitmachen bei Kultur und Sport liegt allerdings die Altersobergrenze bei 18 Jahren.
Und in der Tat – ich will es noch mal bestätigen, Herr Schulte hatte das ausgeführt –, wir stellen fest, dass es in Mecklenburg-Vorpommern fast 75.000 SGB-II-Empfänger gibt, also Kinder in Familien, die das SGB II, nach SGB II Leistungen erhalten, und es gibt 33.800 Kinder, die in Familien leben, die Wohngeld empfangen. Also das ist der Kreis, wie gesagt, die Zahl 108.000.
Meine Damen und Herren, das Gesamtvolumen dieses Bildungspaketes beinhaltet insgesamt in den Jahren 2011 bis 2013 1,6 Milliarden Euro. Ab 2014 sind es dann 1,2 Milliarden Euro. Da, können Sie dann schon ersehen, gibt es also eine Differenz von 400 Millionen Euro, die ausgegeben werden sollen für Mittagessen und für Schulsozialarbeiter. Das heißt, hier ist nicht klar, wenn diese Summe dann ab 2014 fehlt, wie diese Leistungen weiterfinanziert werden.
Nun will ich da gleich verweisen auf den Antrag, den die Fraktion DIE LINKE hier heute vorlegt. Die macht es sich wie immer als Opposition natürlich recht einfach
Nein, Sie wissen das und insofern werden Sie ja dann sicherlich auch mit der Ablehnung dieses Antrages leben müssen.
Meine Damen und Herren, von dem Gesamtvolumen des Bildungs- und Teilhabepaketes entfallen auf Mecklenburg-Vorpommern 45 Millionen. Die Kosten, das war ja ein sehr streitiges Thema, für das Bildungs- und Teilhabepaket werden vom Bund über eine erhöhte Beteiligungsquote bei den Bundesleistungen KdU, also Kosten der Unterkunft, getragen. Darüber hinaus wird der Bund in einem Stufenverfahren ab 2014 die Aufwendungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bis zu 100 Prozent übernehmen.
Ich denke, man muss noch mal unterstreichen, dass dies wirklich einer der größten Erfolge in den Verhandlungen überhaupt nur war, weil alle Länder wissen, dass in diesem Bereich eine hohe Unsicherheit besteht, was dies denn am Ende kostenseitig wirklich bedeuten wird. Und da der Bund jetzt diese Leistungen übernimmt, kann man zumindest bei den Kommunen gewissermaßen aufatmen. Man geht davon aus – nach heutigen Ermittlungen – dass 2012 bis 2015 dies eine Nettoentlastung von round about 12 Milliarden Euro darstellt. Ich glaube, das unterstreicht noch mal, wie wichtig diese Entscheidung letztlich war.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Bildungs- und Teilhabepaketes für die Kinder in der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist bereits bundesgesetzlich geregelt. Das hätte man eigentlich gar nicht mehr machen müssen, haben wir auch nicht.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Bildungs- und Teilhabepaketes für Kinder in Familien mit Kindergeldzuschlags- und Wohngeldempfängern, das ist die Aufgabe, die die Länder hier erledigen müssten, und wir haben sie zugewiesen den Landkreisen und kreisfreien Städten. Die Landkreise können ihrerseits, das war auch schon immer früher geübte Praxis, die Gemeinden des kreisangehörigen Raumes heranziehen. Das kennt man dort auch.
Die Trägerschaft und Umsetzung des Bildungspaketes liegen damit letztlich, das muss man klar sagen, vollständig in der Verantwortung der Kommunen. Es kam natürlich dann sofort auch wieder die Frage der Konnexität. Mit der Einfügung einer Auffangklausel in Paragraf 11 Absatz 9 wird dem verfassungsrechtlichen Konnexitätsgrundsatz Rechnung getragen. Da ist dann geregelt, für den Fall, dass die einzusetzenden Bundesmittel in den Jahren 2011/2012 wider Erwarten nicht den kommunalen Mehraufwand ausgleichen, verpflichtet sich das Land zur Verständigung mit den kommunalen Trägern mit dem Ziel des Ausgleichs etwaiger Differenzbeträge.
Meine Damen und Herren, für die Weiterleitung der Mittel für das Bildungs- und Teilhabepaket an die Kommunen ist landesgesetzlich ein bedarfsgerechter Verteilungsschlüssel zu definieren, was bekanntermaßen auch immer sehr schwierig ist. Die prozentualen Anteile der Kommunen an den kommunalen Aufwendungen für die KdU bei uns im Lande weichen erheblich, wenn man mal den Vergleich macht, voneinander ab. 2011 soll dies jetzt nach dem jeweiligen prozentualen Anteil an der Summe der Hilfebedürftigen und ab 2012 anhand der tatsächlichen Aufwendungen des Vorjahres erfolgen. Das ist übrigens auch eine lange Forderung in anderen Bereichen, die jetzt realisiert wird.
Der Vollständigkeit halber will ich aber darauf hinweisen, dass das Flüchtlingsaufnahmegesetz geändert wird,
sodass den Landkreisen und den kreisfreien Städten auch die Aufwendungen für die Leistungen für Bildung und Teilhabe erstattet werden.
Der Gesetzentwurf ist mit seinen Neuregelungen in den Ausschussberatungen bestätigt worden. Dafür bin ich Ihnen dankbar. Ich denke, dass dies auch, und vielleicht lassen Sie mich das auch sagen, geschuldet ist einer sehr intensiven Arbeit der Landesregierung. Wir haben ja eine IMAG – das ist eine komplizierte Materie, muss ich immer wieder sagen –, die hier auch sehr verantwortungsbewusst gearbeitet hat.
Zur Gesamtschau kann man also sagen – ich will es mal so formulieren –: Natürlich wäre es besser, wenn die Gelder, um die es hier geht, direkt den jeweiligen Einrichtungen zur Verfügung stehen würden. Das haben wir auch mal als Haltung des Landes von vornherein hier so dargestellt. Dem steht entgegen, was der Bund bezeichnet mit dem sogenannten individuellen Leistungsanspruch. Das heißt, das Bundesverfassungsgericht hat gefordert, dass jedem Kind diese Leistung nachrechenbar, so formuliere ich das jetzt mal als Nichtjurist, jedem Kind diese Leistung zur Verfügung stehen muss. Das nennt man dann diesen individuellen Rechtsanspruch.
Zum Stand der Umsetzung will ich sagen, wir haben da noch keine ganz verlässlichen Zahlen, aber es zeigt sich, dass per 15.06. 33.000 einzelne Leistungen abgefordert sind. Wir gehen davon aus, dass wir eine etwas höhere Inanspruchnahme haben, wie es gegenwärtig über die Presse läuft, also so an die 30 Prozent wiegt diese Inanspruchnahme bei uns in Mecklenburg-Vorpommern. Es zeigt sich allerdings auch, dass die Masse der Anträge sich im Bereich des Mittagessens bewegt. Das muss man zur Kenntnis nehmen.
Ich glaube auch, und die Diskussion ist ja gegenwärtig im Gange, dass man überlegen muss, wie kann man die Information noch weiter verbessern. Ich weiß aber aus direkter Information sozusagen, dass nun wirklich in allen Kitas überall die Möglichkeit ausgehängt wird, wie man das machen muss, wie man an diese Gelder herankommt. Und mit Verlaub gesagt, ich finde es manchmal schon etwas problematisch, was hier passiert. Ich bin wirklich dafür, nehmen Sie mir das ab, dass man kein Kind am Wegesrand stehen lässt, dass man sich auch sehr müht, hier wirklich die Kinder zu erfassen, denn um die geht es ja vorrangig bei der ganzen Geschichte. Aber wir müssen uns, finde ich auch, eine Frage mal langsam stellen: Was ist denn in den letzten 20, 30 Jahren am Ende versäumt worden im Hinblick auf Eltern?
Ja, wir können das auch gerne noch ein bisschen präzisieren, Frau Linke, das ist aber unwichtig jetzt.