Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

Es ist schon Feierabendstimmung.

Meine Damen und Herren, es würde ja leichter gehen, wenn wir sozusagen noch schnell versuchen, diesen Antrag über die Bühne zu bringen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Also im Dezember haben wir in Mecklenburg-Vorpommern die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen, dass auch in gestuften Studiengängen noch das Diplom vergeben werden kann und der Akkreditierungsrat hat am 8. Juni beschlossen, dieses oder Studiengänge, die dieses vorsehen, nicht mehr zu akkreditieren.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wir haben daraufhin ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das der Frage nachgehen sollte, ist das überhaupt ein zulässiger Beschluss. Das Ergebnis ist eindeutig und liegt Ihnen als ein Rechtsgutachten von Herrn Professor Dr. Classen vor. Es geht um zwei Dinge, das eine ist in der Sache: Wir garantieren in MecklenburgVorpommern alle inhaltlichen und strukturellen Voraussetzungen des Bologna-Prozesses. Wir weichen lediglich ab in der Bezeichnung des Abschlusses. Es ist schon einigermaßen grotesk, dass man zwar alle inhaltlichen und sachhaltigen Kriterien erfüllt und dann aber jemand glaubt, bei einer eher sekundären und symbo

lischen Frage, nämlich des Namens eines Studienabschlusses, entsprechende Dinge geltend zu machen.

Ich würde Ihnen die Paradoxie der Entscheidung des Akkreditierungsrates gerne mit einem Verweis in den internationalen Raum deutlich machen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wenn der Akkreditierungsrat in Deutschland Studiengänge nicht mehr akkreditieren will, die zwar alle inhaltlichen und sachhaltigen Kriterien erfüllen, aber nicht den Namen, und wir im europäischen Hochschulraum uns bewegen, dann müsste der Akkreditierungsrat ja allen Hochschulen empfehlen, fortan Studiengänge aus Europa, die ebenfalls das Diplom als Titel führen, nicht mehr anzuerkennen – aus Frankreich, aus Skandinavien, aus Österreich.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Also wenn es in Deutschland, wenn es deutsche Studiengänge sozusagen betrifft und hier es nicht mehr möglich sein soll, müsste das konsequent in einem europäischen Hochschulraum auch andere Länder betreffen, in denen bekanntermaßen weiterhin das Diplom auch in gestuften Studiengängen vergeben wird,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

und damit hätte sich der Bologna-Prozess selber stranguliert und exekutiert, darf man wohl schon sagen. Also dies zeigt die inhaltlich absurde Dimension auf.

Und zweitens, ich denke, das ist das Kernproblem, um das es uns geht, auch der Akkreditierungsrat hat in einer parlamentarischen Demokratie mit grundgesetzlicher Zuständigkeit der Länder für die Bildung den Beschluss, den Gesetzesbeschluss eines Landesparlamentes zu akzeptieren und hat nicht das Recht, sich darüber hinwegzusetzen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Insofern geht es hier auch ein Stück weit,

(Udo Pastörs, NPD: Ein Stück weit, ja.)

hier ist die Würde des Hauses immer so oft bemüht, es geht hier heute auch um die Frage, ob, ich sag es jetzt mal so, Mitwirkende im Bildungssystem oder Bürokraten bereit sind, auch die Funktionsweise einer parlamentarischen Demokratie zu akzeptieren. Und deswegen fordert dieser Antrag die Landesregierung auf, alle erforderlichen Mittel, dies schließt auch den Rechtsweg im Notfall ein, zu ergreifen, um unseren Hochschulen zu ihrem Recht zu verhelfen.

Ich bitte um Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Brodkorb.

Es ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Professor Methling für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich zunächst beim Kollegen Brodkorb bedanken für die Initiative, die er ergriffen hat, nachdem die Entscheidung des Akkreditierungsrates getroffen war, und ich will mich auch bedanken, dass er das weitere Gutachten von Professor Classen in Auftrag gegeben hat, das die Grundlage dafür war, dass wir heute gemeinsam hier auftreten können.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ich stehe zu dem, was wir beschlossen haben, nämlich, dass es möglich sein muss, auf fakultativer Grundlage eine alternative Verleihung des Diplomgrades vorzunehmen, anstelle des Masters, und nicht sozusagen beide zu verleihen.

(Udo Pastörs, NPD: Mogelpackung.)

Das ist ja die Grundlage dafür. Das haben wir beschlossen.

Und ich will aus meiner Erfahrung von ein paar Jahren als Hochschullehrer dann wenigstens hier anmerken dürfen, dass auch Diplomstudiengänge durchaus gestuft verlaufen. Auch wenn sie nicht ganz so formal wie Bachelor- und Masterstudiengänge ablaufen, so laufen sie auch gestuft – in Studienabschnitte, in Komplexe, in Blöcke untergliedert. Das Wichtigste müsste doch eigentlich sein der Inhalt des Studiums und die erworbene Kompetenz bei der Anerkennung von Abschlussgraden. Und ich glaube, da ist der Akkreditierungsrat und sind manche andere wohl auch auf einem Holzweg,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

wenn sie glauben, dass Inhalt nicht so wichtig ist und die Form wichtiger ist. Das deutsche Diplom ist, wie wir wissen, für viele ein Gütesiegel, übrigens nicht nur in technischen und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen, auch auf anderen Gebieten.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, in der Hauptsache.)

Die Verleihung des Abschlusses auf Antrag der Absolventen halte ich für eine sehr gute Lösung, für eine konstruktive Umsetzung des Bologna-Prozesses, und Mathias Brodkorb hat ja schon gesagt, dass in anderen Ländern durchaus auch so gehandelt wird. Warum das in Deutschland nicht möglich sein sollte und ein Akkreditierungsrat, der dafür nicht legitimiert ist, legitime Entscheidungen von Parlamenten in Zweifel zieht, das halten wir für sehr bedenklich. Aus unserer Sicht ist der Beschluss unseres Landtages keinesfalls verfassungswidrig, sondern man muss eher davon sprechen, dass es einen anmaßenden Beschluss des Akkreditierungsrates gibt, der aus unserer Sicht rechtswidrig ist, wie auch im Gutachten von Professor Classen dargelegt wird.

In einer parlamentarischen Demokratie entscheiden die Parlamente. Und auf dem Gebiet der Bildung entscheiden die Landesparlamente. Und insofern glaube ich, wird sich diese Rechtsauffassung auch durchsetzen. Professor Classen hat in seinem Gutachten sehr ausführlich, denke ich, sowohl die Widersprüche als auch den Vorrang des Parlamentsgesetzes dargelegt. Er hat auch die Gegenargumente von Professor Trute durchaus gewürdigt und die Schlussfolgerung daraus gezogen, die für uns wichtig ist.

Ich hoffe, dass wir mit unserem Beschluss deutlich machen können, dass wir uns nicht von dem Wege abbringen lassen und dass wir erforderlichenfalls auch

die möglichen Rechtsmittel einlegen, über die auch gesprochen worden ist. Dazu sollte auch gehören, das wird uns ja auch empfohlen, neben der Beschlussfassung in unserem Landtag andere Landesparlamente für unsere Position zu gewinnen. Das sollten wir auch noch tun und uns mit anderen in Verbindung setzen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Dr. Till Backhaus, SPD: Sehr gut, sehr gut!)

Das ist eine grundsätzliche Frage. Da geht es gar nicht „nur“ um das Diplom, sondern um die grundsätzliche Verfahrensweise, dass auch andere auf unserer Position dann beharren.

Ich hoffe, dass wir den vorliegenden Antrag mit großer Mehrheit beschließen. Den Kollegen der FDP, die gewünscht haben, dass wir morgen im Bildungsausschuss noch einmal zum Gutachten sprechen, will ich deutlich sagen, ich kann nicht viel Sinn darin erkennen. Mir war es zumindest möglich, diese 14 Seiten zu lesen und zu verstehen.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das ist eine FDP-Aufklärungsgruppe. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich hoffe, dass das bei Ihnen auch noch gelingt und dass wir keine entsprechende Bildungsausschusssitzung mehr durchführen müssen, sondern uns morgen anderen Dingen widmen können. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Professor Methling.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Specht für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat, dieser anmaßende, rechtswidrige und inhaltlich nicht nachvollziehbare Beschluss des Akkreditierungsrates macht es noch einmal nötig, dass wir zum Abschluss der heutigen Parlamentsdebatte noch einmal diesen Antrag einbringen und hoffentlich dann auch mehrheitlich beschließen. Ich möchte zunächst auch noch einmal den Dank an den Bildungsminister richten, der nach dem Beschluss des Akkreditierungsrates am 08.06. unverzüglich in der Presse klargestellt hat, dass er in seiner Funktion als Minister hinter der Beschlussfassung des Landtages steht und alles aufnehmen wird,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau.)

alles unternehmen wird, um die Beschlussfassung dieses Parlamentes dann auch beim Akkreditierungsrat durchzubekommen.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Da soll er sich aber jetzt mal richtig anstrengen. – Angelika Peters, SPD: Das erwarten wir jetzt.)

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch innerhalb des Bildungsministeriums zu Beginn der Beratungen über das Landeshochschulgesetz ja noch eine kontroverse Auffassung über diesen Punkt bestand,

(Dr. Till Backhaus, SPD: Da muss er ein bisschen was tun jetzt.)