Man muss zur Wahrheit dazusagen, und das sage ich jetzt wertfrei, damals haben sich die ostdeutschen Länder dafür entschieden, dass es eben erst mal nur die Aufklärung in westdeutschen Heimen gibt. Es war natürlich nicht zu erwarten, dass es nicht diese Taten auch hier gab, denn die machen vor keiner Grenze halt. Deswegen darf man es, glaube ich, im Nachhinein den anderen nicht zum Vorwurf machen, sondern deswegen müssen wir jetzt alle Anstrengungen unternehmen,
die Ergebnisse der Aufarbeitung, die dort erfolgt ist, für uns möglichst zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass zum gleichen Zeitpunkt die gleichen Rechte eintreten. Ich will das ganz deutlich sagen: Die ganze Frage um
Entschädigung, die wir auch diskutieren, um Unterstützung ist eine ganz schwierige. Zu sagen, klar, die Leute müssen Entschädigungen bekommen, Unterstützung, ich glaube, das ist klar, das ist einfach. Aber wenn man dann ins Detail geht,
wie wollen wir das werten, dann wird es ganz, ganz schwierig. Die Gefahr, dass man hier Opfer unterschiedlich behandelt, die ist sehr, sehr groß und es wäre eine zweite Demütigung dieser Betroffenen. Deswegen möchte ich an dieser Stelle nur sensibilisieren. Es ist eine sehr schwere Diskussion, aber wir stellen uns gemeinsam dieser Diskussion und wir sind uns, denke ich, klar darüber, dass gerade die Betroffenen nicht ein zweites Mal erleben dürfen, dass sie wieder schlecht behandelt werden.
Die Jugend- und Familienministerkonferenz hat nun beschlossen, dass es vielmehr auch ermöglicht werden muss, zeitgleich vergleichbare rehabilitative und finanzielle Maßnahmen betroffener ehemaliger DDR-Heimkinder anzubieten. Dies entspricht auch den Forderungen des interfraktionellen Antrags an den Bundestag vom 8. Juni 2011: „Opfern von Unrecht und Misshandlungen in der Heimerziehung wirksam helfen“. Eine entsprechende Arbeitsgruppe des Bundesfamilienministeriums mit den ostdeutschen Ländern wird noch im Juli ihre Arbeit aufnehmen. Also Sie sehen, wir werden im Sommer weiter an dem Thema arbeiten, um schnell zu Ergebnissen zu kommen.
Der gemeinsame Antrag, der hier heute vorliegt, hat natürlich meine volle Unterstützung, die volle Unterstützung der Landesregierung. Und ich will das eindeutig sagen: Dieses Thema wird hier in der Landesregierung Hand in Hand gemeinsam getragen, bearbeitet von der Justizministerin, von unserer parlamentarischen Gleichstellungsbeauftragten und von mir, genau wie die demokratischen Fraktionen hier Hand in Hand zusammengearbeitet haben. Ich bin sicher, dass das Thema Kinderschutz auch in der nächsten Legislaturperiode ein Topthema sein wird für die Landesregierung und auch für den Landtag. So sollte es sein im Interesse der Betroffenen, denn dann haben sie was bewirkt, dadurch, dass sie darüber geredet haben, im Interesse der Kinder und Jugendlichen von heute. – Vielen Dank für diesen Antrag.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als die FDP-Fraktion im April des vergangenen Jahres ihren Antrag zur Aufklärung des Missbrauchs von Kindern im Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommerns hier in den Landtag einbrachte, standen wir alle unter den Eindrücken seinerzeit bekannt gewordener Missbrauchsfälle. Uns Liberalen ging es darum, die Aktualität als Anlass, aber auch als Verpflichtung für die Landespolitik zu begreifen, einen tief greifenden politischen Aufarbeitungsprozess zu starten. Die Überwei
sung und die anschließende fraktionsübergreifende Auseinandersetzung mit diesem schwierigen Thema in den Ausschüssen war genau der richtige Weg, um dem Anspruch einer zielführenden politischen Lösungsfindung gerecht werden zu können.
Ich möchte das gerne aufgreifen, was der Kollege Herr Dr. Jäger hier auch noch einmal vorgetragen hat. Schon als der Antrag als Tagesordnungspunkt auf der Tagesordnung erschienen ist, haben wir uns gemeinsam – Dr. Jäger, Heinz Müller für die SPD und Frau Borchardt für die LINKEN – zusammengesetzt, wie werden wir mit dem Antrag umgehen. Und ich bin allen Kolleginnen und Kollegen aus diesem Grund auch namens meiner Fraktion sehr dankbar, dass dieses sensible Thema nicht für parteipolitische Zwecke instrumentalisiert wurde.
Ich kann Dr. Jäger nur zustimmen, in einer sehr bewegenden Anhörung wurde uns allen vor Augen geführt, welche Schicksale sich hinter den Medienberichterstattungen verbergen, welches unvorstellbare Leid Menschen von Vertrauenspersonen erfahren haben, die schamlos das Urvertrauen der Schwächsten in unserer Gesellschaft missbraucht haben. Schockiert von diesen Schicksalen haben alle Fraktionen eigene politische Forderungen hintangestellt, um eine gemeinsame Lösung aller demokratischen Fraktionen hier im Landtag zu ermöglichen.
Auch meine Fraktion, die FDP-Fraktion, hat bereits bei der Einbringung unseres Antrages in den Landtag im April vergangenen Jahres einen Ausblick auf liberale politische Konsequenzen gegeben. Im Verlauf der Ausschussberatungen konnten wir Liberalen unsere Position weiter verfeinern und eine umfängliche Position zur Einbringung und Entwicklung eines interfraktionellen Antrages mit in die Diskussion einstellen.
Auch wenn sich heute nur ein Teil unserer Vorstellungen, der liberalen Vorstellungen, in dem vorliegenden Antrag widerspiegelt, so sehen wir in diesem Antrag einen ersten wichtigen, notwendigen und richtigen Schritt im Sinne der betroffenen Opfer und ihrer Familien. Nicht nur die Aufklärung von Geschehenem hat den Landtag in den Ausschussberatungen beschäftigt, auch die Prävention sowie strukturelle Fragen wurden intensiv erörtert. Wir sollten daher den heutigen Antrag zum Anlass nehmen, getroffene Maßnahmen und beabsichtigte Ziele regelmäßig zu evaluieren.
Wir dürfen uns auf diesem ersten Erfolg – genau das ist nämlich heute der vorliegende Antrag, ein erster Erfolg – nicht ausruhen. Auch in Zukunft sind wir als Landesparlament gefordert, uns diesem Thema zu stellen und unsere politischen Handlungsmöglichkeiten zu hinterfragen. Grundlage dafür sollte für uns alle die konstruktive Zusammenarbeit in den Ausschussberatungen zu diesem Thema sein. Als Liberale werden wir uns weiterhin auch dieser Aufgabe stellen und aus diesem Grund werden wir diesem interfraktionellen Antrag selbstverständlich zustimmen, meine Damen und Herren. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich möchte mich bei allen Mitgliedern der demokratischen Fraktionen, aber vor allen Dingen auch den Mitgliedern des Europa- und Rechtsausschusses bedanken, und zwar in zweierlei Hinsicht: Zum einen dafür, dass Sie sich so intensiv und zielorientiert mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs beschäftigt haben, und zum anderen danke ich auch, dass der vorliegende Antrag im Konsens aller demokratischen Fraktionen entstanden und auf die Tagesordnung gesetzt worden ist.
Gestatten Sie mir, auch einem Kollegen noch ganz speziell zu danken, der gar nicht so in den Vordergrund getreten ist, der aber im Hintergrund sehr stark für die Umsetzung dieses Antrages geworben hat. Das ist mein Kollege Rudi Borchert. Also schönen Dank, Rudi, dass auch du dich engagiert hast,
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist meines Erachtens ein sehr gutes Signal, dass die letzte reguläre Landtagssitzung der 5. Wahlperiode mit einem gemeinsamen Antrag aller Demokraten zu einem Thema, das vor allem dem Schutz und dem Wohle der Kinder dienen soll, beendet wird. Vielen Dank hierfür.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sexualisierte Gewalt, das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon gesagt, gegen Kinder und Jugendliche ist wohl eine der schlimmsten und abscheulichsten Taten überhaupt. Sie hat weitreichende und massive Konsequenzen für die Opfer. Neben den physischen leiden sie häufig ihr Leben lang unter den psychischen Folgen. Ihnen alle erdenkliche Hilfe und Unterstützung zu bieten, ist deshalb Pflicht der gesamten Gesellschaft. Parallel dazu ist es aber auch wichtig, alles Notwendige zu tun, um derartige Taten zu verhindern und Maßnahmen zu ergreifen, dass Täter keine Möglichkeit haben, zu Wiederholungstätern zu werden.
Ausgehend von den Meldungen der Medien über Jahre zurückliegende sexuelle Übergriffe in Einrichtungen der katholischen Kirche und in Heimen zu DDR-Zeiten wurden vonseiten des Parlaments und des Europa- und Rechtsausschusses zahlreiche Stellungnahmen eingeholt und ausgewertet sowie eine Anhörung, in der Expertinnen und Experten sowie Betroffene zu Wort kamen, durchgeführt. In Auswertung der Ergebnisse, vor allem der Anhörung, liegt Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, nun der umfassende und meines Erachtens auch die Komplexität des Themas beachtende Antrag vor. Der Antrag spiegelt die jahrelange Herangehensweise von Parlament und auch Landesregierung wider: Im Mittelpunkt steht das Opfer.
Herr Kollege Jäger ist dankenswerterweise in seiner Einbringungsrede genauer auf den Inhalt des Antrages eingegangen, sodass ich in dieser Vielfältigkeit das nicht wiederholen möchte. Ich möchte mich im Folgenden auf
den meine Arbeit betreffenden Bereich der Unterstützungsstrukturen für Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt beschränken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die bereits erwähnte Anhörung hat ergeben, dass Mecklenburg-Vorpommern im Bereich Opferschutz und Opferunterstützungseinrichtungen für von häuslicher und sexualisierter Gewalt Betroffene gut aufgestellt ist. Wir verfügen für die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Kinder neben zahlreichen anderen Beratungsstellen über fünf spezialisierte Kinder- und Jugendberatungsstellen sowie fünf Fachberatungsstellen für Opfer von sexualisierter Gewalt, die in enger Zusammenarbeit mit den Beratern und Beraterinnen der psychosozialen Prozessbegleitung, den Jugendämtern und anderen Institutionen eine wirklich gute Arbeit leisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte an dieser Stelle vor allen Dingen auch den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in diesen Beratungseinrichtungen ganz herzlich für ihre umsichtige, engagierte, oft bis an den Rand der persönlichen Leistungsfähigkeit gehende Arbeit danken. Sie leisten diese Arbeit, und darauf möchte ich hinweisen, schon sehr lange und nicht erst, seit das Thema von Gewalt in katholischen Einrichtungen oder in DDRHeimen auf die Tagesordnung gesetzt wird,
und Sie können mir glauben, dass ich auch ohne diese Anhörung, sondern aufgrund meiner ganz engen Kontakte zu diesen Beraterinnen und Beratern schon lange wusste, welches Leid und welche Folgen sexualisierte Gewalt für Kinder und für Frauen ein ganzes Leben lang bedeutet. Und das war auch mein Antrieb, mit dafür zu sorgen, dass wir hier in Mecklenburg-Vorpommern gerade hinsichtlich der Unterstützungs- und Beratungsstrukturen gut aufgebaut sind.
Der jüngste von mir überreichte Evaluierungsbericht – ich stimme übrigens zu, wir sollten diese Einrichtungen oder auch das, was wir machen, weiter evaluieren,
wir haben damit jetzt einen Anfang gemacht –, also der jüngste überreichte Evaluationsbericht der Landesregierung über das bestehende Beratungs- und Hilfesystem bestätigt, dass unsere Herangehensweise richtig und gut war. Es ist weder über- noch unterdimensioniert.
Die Beratungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt leisten nicht nur eine hervorragende Unterstützungsarbeit für Betroffene, sondern, und das ist ebenso wichtig, eine gezielte Aufklärungsarbeit und Präventionsmaßnahmen in der Öffentlichkeit und auch für vereinzelte Berufsgruppen, wie Erzieherpersonal, Lehrkräfte, Personal in Jugendämtern, Polizeikräfte und Ärzteschaft. Sie bieten fachspezifische Fort- und Weiterbildungen für diese Berufsgruppen an und erfüllen somit ein breites Spektrum an notwendigen Maßnahmen, um Opfer zu unterstützen, aber auch, das hatte ich vorhin gesagt, um neue Taten zu verhindern.
Neben den Opferunterstützungseinrichtungen, da gebe ich Frau Ministerin Schwesig recht, sind aber auch die Täterberatungsstellen überaus wichtig, denn gezielte Täterarbeit bedeutet letztendlich praktizierten Opferschutz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, all diese Maßnahmen dienen dazu, Betroffene möglichst umfangreich
zu unterstützen und neue Taten zu verhindern, denn gerade Opfer sexualisierter Gewalt sind stark traumatisiert. In den meisten Fällen, da haben wir auch schon häufig drüber gesprochen, ist es nicht der Fremde im Park, der der Täter ist, sondern die überwiegenden Fälle sexualisierter Gewalt finden zu Hause im engen Familien- und Bekanntenkreis statt, einem Ort, der eigentlich Schutz und Sicherheit bieten sollte. Für die Opfer, häufig Kinder, stellt sich jedoch der eigentliche Ort des Schutzes und der Sicherheit schlicht als Hölle dar. Gerade in Fällen sexualisierter Gewalt, das haben die ganzen Jahre mir gezeigt, ist es nicht selten, dass die Betroffenen sich erst Jahre später melden. Und dass die Opfer von sexualisierter Gewalt in DDR-Heimen sich erst nach so langer Zeit gemeldet haben, entspricht eben auch diesen Erfahrungen.
Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Angst, Scham, Verzweiflung, der fehlende Glaube an Gerechtigkeit, das sollte uns auch zu denken geben, oder ganz einfach verdrängen, um überleben zu können, sind nur einige Stichworte. Deshalb ist es besonders wichtig, dass mit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit den Betroffenen die Scheu genommen wird, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das heißt, die Öffentlichkeitsarbeit muss trotz der bereits auf diesem Gebiet geleisteten Arbeit konsequent weitergeführt oder, ich finde, sogar noch verstärkt werden.
Die Landesregierung, Kommunen, Vereine und Verbände müssen gemeinsam mit Partnern, wie Ärztinnen und Ärzten, Pädagogen, Jugendeinrichtungen, alle Möglichkeiten nutzen, um die Menschen über die bestehenden Angebote zu informieren. Und ich habe vor Kurzem noch ein Faltblatt – Anlass waren auch die Berichterstattungen – mit Informationen über die bestehenden Einrichtungen einschließlich Erreichbarkeit herausgegeben. Und ich hoffe einfach, dass das auch noch ein Stück weit helfen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fachberatungsstellen für Opfer sexualisierter Gewalt stehen allen Opfern offen, unabhängig vom Geschlecht – das ist auch ganz wichtig, auch Jungen können sich dort hinwenden –, vom Alter, wann oder wo oder von wem die Tat erfolgt ist. Das heißt, auch Opfer von DDR-Heimen können sich zur Beratung an diese Opferberatungsstellen wenden, und deshalb war es mir so wichtig, auch gleich den Kontakt zur Beauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit herzustellen, weil dort sich viele Opfer zunächst mal melden. Die brauchen für die Rehabilitation die Hilfe der Stasiunterlagenbeauftragten,