Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

Ich rufe damit auf den Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS – Grundsätze für eine notwendige Reform der Erbschafts

besteuerung, auf der Drucksache 5/345. Hierzu wurde zunächst ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/390 verteilt. Dieser Änderungsantrag wurde zwischenzeitlich von den Antragstellern zurückgezogen. Auf der Drucksache 5/391 liegt Ihnen nunmehr ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und SPD vor, der den zurückgezogenen Änderungsantrag auf Drucksache 5/390 ersetzt.

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS: Grundsätze für eine notwendige Reform der Erbschaftsbesteuerung – Drucksache 5/345 –

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und SPD – Drucksache 5/391 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der Linkspartei.PDS hat die Abgeordnete Frau Gramkow. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Erbschaftssteuer, eine sogenannte Ländersteuer, sie hat sowohl fi skalische, also fi nanzielle, als auch umverteilende Funktionen. Aktuell jedoch ist die Erbschaftssteuer in dieser Hinsicht fast bedeutungslos geworden. So wurden im Jahr 2005 in Deutschland sage und schreibe 200 Milliarden Euro vererbt, aber darauf nur 4 Milliarden Euro Steuern gezahlt. Dies ist gerade mal ein Anteil am Gesamtaufkommen von 0,8 Prozent. Und die Ursache, sie liegt dafür auf der Hand und kommt nicht von der Linkspartei.PDS, sondern inzwischen sogar vom Verfassungsgericht, die Ursache ist die aktuelle Ausgestaltung der Erbschaftsbesteuerung. Schon aufgrund dieser Tatsache ergibt sich für uns das Erfordernis, einer grundlegenden Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer das Wort zu reden.

Darüber hinaus sehen wir, dass bei der gegenwärtigen Besteuerung von Erbschaften eine Reihe von Ungerechtigkeiten da sind, die es zu beheben gilt. Schauen wir uns die Bewertung der unterschiedlichen Vermögensarten an, so sind immer noch Grundbesitz und Betriebsvermögen privilegiert. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 1995 das massive Missverhältnis bei der Bewertung von Grundvermögen einerseits und Geldvermögen andererseits kritisiert. Dieses Problem wurde aber bis heute nicht gelöst. Bis heute gibt es kein Verfahren der realitätsnahen Bewertung, wie das Verfassungsgericht feststellte.

Der Bundesfi nanzhof hat die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes kritisiert und diese Frage dem Verfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 7. November 2006 sozusagen der derzeitigen Erbschaftssteuer den Teppich unter den Füßen weggezogen und wesentliche Bewertungsregeln für verfassungswidrig erklärt.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

So wurde festgestellt, dass die bisherige Erhebung der Erbschaftssteuer an Werte anknüpft, deren Ermittlung bei wesentlichen Gruppen von Vermögensgegenständen, insbesondere beim Betriebsvermögen, bei Grundvermögen und bei Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes nicht genügt. Und

das Bundesverfassungsgericht hat deshalb uns alle verpfl ichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2008 eine Neuregelung zu treffen.

Die Länder, und damit auch das Land Mecklenburg-Vorpommern, werden bei dieser Entscheidung im Bundesrat beteiligt sein und so ist es nur recht, über Grundsätze zu dieser Reform der Erbschaftssteuer nachzudenken oder auch zu entscheiden. Hier kann jedenfalls die Landesregierung ihren Einfl uss geltend machen und sich für Regelungen zugunsten von mehr Steuergerechtigkeit und zugunsten von Mehreinnahmen für die Länderhaushalte einsetzen.

(Egbert Liskow, CDU: Es ist doch schon alles versteuert.)

Dazu gehört einerseits die realitätsnahe Bewertung aller Vermögensarten, um eine Gleichbehandlung zu erreichen, und dazu gehört andererseits, angemessene Freibeträge zu sichern, um unzumutbare Belastungen zu verhindern.

Die Linkspartei.PDS hat in ihrem Steuerkonzept dazu Vorschläge unterbreitet, wie zum Beispiel, den bisherigen Freibetrag für Betriebsvermögen von 256.000 Euro auf 1 Million Euro zu erhöhen. Damit könnten Belastungen für kleinere Betriebe vermieden werden.

(Udo Pastörs, NPD: Zu wenig.)

Und selbstverständlich müssen auch das selbst genutzte Eigentum, also „Omas Häuschen“, und kleinere Vermögen außerhalb der Erbschaftssteuer bleiben.

Darüber hinaus sollte ein Beitrag zur Vereinfachung des Steuerrechts geleistet werden. Ich frage mich: Wozu brauchen wir im Erbschaftssteuerrecht sieben Tarifstufen? Hier könnte ich mir eine deutliche Reduzierung vorstellen. Aber auch die Steuerklassen, die sich hier nach dem Verwandtschaftsverhältnis richten, könnten doch eigentlich zusammengefasst werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Punkt 4 unseres Antrages fordern wir, die Steuersätze zu verändern. Damit meinen wir einerseits, in den unteren Stufen des steuerpfl ichtigen Erwerbs eine Entlastung vorzunehmen, und zwar da die Steuersätze zu senken, und andererseits muss der Höchststeuersatz im Vergleich zur bisherigen Regelung einfach früher greifen.

Und, Herr Liskow, wenn Sie vorhin gesagt haben, ist doch alles besteuert,

(Egbert Liskow, CDU: Ja.)

dann will ich mal sagen, wie es aktuell ist, und ich weiß wirklich nicht, ob wir das alle so wissen: Erst ab einem Erbe mit einem Volumen abzüglich der Freibeträge von über 25,5 Millionen Euro wird der Höchststeuersatz angesetzt, und zwar für die Summe über 25,5 Millionen Euro. Da beträgt er dann in Stufe 1 30 Prozent.

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Hier sind wir der Meinung, das kann doch auf keinen Fall so bleiben und hier sollte sich endlich etwas bewegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Rudolf Borchert, SPD – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja.)

Und, meine Damen und Herren, die Bundesregierung, und ich werde das gleich sicherlich von den Kollegen der

FDP hören, sagt, wenn Betriebe vererbt werden, drohe der Ruin durch die Erbschaftssteuer.

(Ralf Grabow, FDP: Genau.)

Das gefährdet Arbeitsplätze.

(Ralf Grabow, FDP, und Michael Roolf, FDP: Genau.)

Es ist jedoch kein einziger Fall bekannt, meine Damen und Herren, bei dem ein Betrieb wegen der Erbschaftssteuer nicht fortgeführt werden konnte. Selbst Finanzminister Steinbrück hat dies als Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner Bundestagsfraktion bestätigt. Er hat allerdings, das will ich zugeben, auch einen Einwand gemacht. Er hat nämlich geschrieben, man müsse die Erben trotzdem entlasten, weil sonst ihre Psyche belastet werde.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Oh!)

So Herr Steinbrück.

(Rudolf Borchert, SPD: Das ist das Problem. Das ist wirklich das Problem. – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das können wir aushalten. – Heiterkeit bei Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, in Frankreich, in Holland, in Japan und selbst in den USA muss für einen Betrieb im Wert von 4 Millionen Euro zwischen 15 bis 35 Prozent Erbschaftssteuer gezahlt werden.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Für die ist das ein Vergnügen, die machen das gerne.)

In Deutschland sind es knapp 4 Prozent.

(Rudolf Borchert, SPD: Das kann auch gestundet werden.)

Und wenn das so ist, dann müssten zumindest die Psychiater in den anderen Ländern Hochkonjunktur haben.

Nun gibt es Pläne, wonach die Erbschaftssteuer bei Fortführung des Betriebes jedes Jahr um zehn Prozent sinken soll. Summa summarum wäre das Erbe praktisch nach zehn Jahren steuerfrei. Voraussetzung soll der Erhalt von Arbeitsplätzen sein. Der Wirtschaft und vielen Politikerinnen und Politikern ist dies selbst nicht genug. Es geht also nicht um einen Joberhalt, sondern um blanke Steuergeschenke für die Firmenerben, wegen der Psychologie.

(Beifall Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)

Deshalb sind aus unserer Sicht solche Pläne, wie sie insbesondere vor dem Hintergrund der Unternehmenssteuerreform laufen, völlig unangebracht.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung sollte sich insbesondere schon deshalb in die Debatte um die Neuregelung der Erbschaftsbesteuerung einbringen, weil es sich um eine eigene Finanzierungsquelle auch unseres Landes handelt. In diesem Zusammenhang verweise ich auf Berechnungen des DIW. Die haben nachgewiesen, dass bei Änderung der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen – und nur darum geht es – und bei Veränderung von Freibeträgen und Tarifen die Erbschaftssteuer insgesamt bis zu 10 Milliarden Euro einbringen könnte. Das ist mehr als das Doppelte des bisherigen Aufkommens. Und ich verweise auch darauf, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern über die Erbschaftssteuer bisher etwa 6 Millionen Euro jährlich einnimmt. Die Län

der erzielen gegenwärtig mehr Einnahmen über die KfzSteuer als durch die Erbschaftssteuer. Diese sollte doch wieder von einer Bagatellsteuer zu einer Zukunftssteuer für die Länder werden.

Deshalb, meine Damen und Herren, haben wir es tatsächlich gewagt, einen Antrag zu stellen, der Grundsätze enthält, die so weich formuliert sind, dass sie eigentlich hilfreich sein müssten, um mehr Steuer- und Verteilungsgerechtigkeit für unser Land, für die Bürgerinnen und Bürger zu realisieren. Wir halten diesen Antrag für eine Chance, die Sie nutzen sollten, und hoffen insbesondere, dass Sie Ihrer Finanzministerin beim Kampf um die Reform der Erbschaftssteuer den Rücken stärken. Deshalb bitte ich um Zustimmung.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Sehr gut. Sehr gut hast du das gemacht, sehr gut.)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Guck mal, wie Frau Keler lächelt! Das ist in Ordnung. – Heiterkeit bei Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS, und Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erste hat ums Wort gebeten die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Keler. Bitte schön, Frau Ministerin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Zu Recht ist in diesen Tagen viel von Nachhaltigkeit und Chancengerechtigkeit die Rede. Wir denken an die kommenden Generationen und bemühen uns, die drängenden gesellschaftlichen Probleme nicht auf unsere Kinder und Kindeskinder abzuwälzen.