Herr Lenz, Respekt, dass Sie versucht haben, der PDS was zu erklären, was die gar nicht verstehen wollen.
Das war sehr, sehr ambitioniert von Ihnen, es war okay. Denen geht es ja gar nicht darum, worüber wir hier eigentlich sprechen.
Denen geht es darum, was hier zum Schluss draufsteht: „Erschließung von steuerlichen Mehreinnahmen konsequent... nutzen“. Darum geht es Ihnen.
Und wenn dann Frau Gramkow ganz charmant von Steuergerechtigkeit spricht, Frau Gramkow, dann ist die charmante Ausstrahlung mit Sicherheit richtig, aber unter Steuergerechtigkeit defi nieren Sie auch deutlich etwas anderes als der Großteil des Parlaments hier.
Es geht in der Tat darum, dass wir dafür sorgen müssen, dass wir einheitliche Bemessungsgrundlagen für das Zuvererbende und Zuverschenkende gemeinsam erarbeiten wollen.
Aber man muss eines ganz klar zur Kenntnis nehmen, und das muss man sich auch mal vor Augen führen, nämlich dass 5 Prozent der Steuerzahler in diesem Land bereits heute 50 Prozent des gesamten Steueraufkommens bezahlen. 5 Prozent zahlen 50 Prozent des gesamten Steueraufkommens! Und das, wo wir auch beieinander sind – womöglich nicht ganz bei der PDS, aber ich gucke hier mal geradeaus –,
(Unruhe bei Abgeordneten der CDU und Linkspartei.PDS – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)
ist, dass wir erreichen müssen, dass die Starken das leisten sollen, was sie leisten können, nämlich mehr, und dass die Schwachen nicht überfordert werden. Aber alles in einen Topf zu schmeißen – Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Betriebssteuer –, all die Dinge zusammenzuschmeißen und zu sagen, wir gehen jetzt mal an einige ran und melken da noch mal ein bisschen mehr. – Die Kuh läuft Ihnen irgendwann weg, Herr Methling.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. – Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Der Antrag lautet klar „Erbschaftsbesteuerung“.)
Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, ist der Antrag der Linkspartei.PDS in sich völlig verwirrt, würde ich mal sagen. Ich hoffe nicht, dass das unparlamentarisch ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das ist der Antrag von Frau Gramkow.)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS greift ein aktuelles Thema auf, das ganz offensichtlich auch heute Nachmittag noch ein reges Interesse hier fi ndet, denn es ist ja wirklich so, dass spätestens seit 30. Januar dieses Jahres, seit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Erbschaftssteuerrecht veröffentlicht ist, die aktuelle politische Diskussion täglich sehr intensiv läuft. Und insofern ist es auch gut, dass wir das hier heute im Landtag machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Erbschaftssteuer ist eine Ländersteuer. Das haben wir schon gehört. Das heißt also praktisch, dass die alleinige Ertragshoheit bei uns liegt, durch unsere Finanzämter erhoben wird, aber die Gesetzgebungskompetenz liegt beim Bund. Und das ist manchmal nicht so ganz einfach. Das heißt, man braucht hier einen erheblichen Abstimmungsbedarf zwischen dem, der es bekommt, und dem, der es letztendlich gesetzlich regeln muss. Wir als Länder haben insgesamt in 2006 knappe 4 Milliarden Euro über die Erbschaftssteuer einnehmen können, speziell bei uns im Land circa 6 Millionen Euro. Und – das sagte die Ministerin schon, das wird oftmals übersehen – für uns ist natürlich sehr wichtig, was außerdem über den Länderfi nanzausgleich reinkommt. Das sind auch noch mal fast 90 Millionen Euro, sodass wir immerhin hier mit rund 90 Millionen Euro für unseren Landeshaushalt über eine ganz beträchtliche Einnahme reden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Erbschaftssteuer hat eine interessante Geschichte. Sie ist wahrscheinlich überhaupt eine der ältesten Steuerarten. Es ging los in der fränkischen Zeit mit dem Erbschaftszehnt, im Mittelalter mit der Verwandtenabgabe, im 9. Jahrhundert bereits die sogenannte Besitzwechselabgabe, das Koalitionsgeld im 17./18. Jahrhundert und 1873 war es Preußen mit einem ersten technisch sauberen, zur damaligen Zeit modernen Erbschaftssteuergesetz. Es ging weiter mit dem Reichsgesetz von 1906 und dem Reichsbewertungsgesetz vom Oktober 1934. Und – ich komme an einen Punkt, da gibt es eine große Kontinuität – nach 1945 oder ab 1945 wurde die Steuer, die zwischenzeitlich, wie gesagt, eine Reichssteuer war, für ganz Deutschland wieder den Ländern übertragen, und das auch per Grundgesetz. So ist es auch heute noch, ab 1949 grundgesetzlich verankert und das im Grundkonsens, meine Damen und Herren der FDP, im Grundkonsens aller Demokraten, und zwar mit folgenden Zielsetzungen:
Erstens war damals den Müttern und Vätern des Grundgesetzes klar, ererbtes Vermögen wird als Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit betrachtet. Und was damals so war, das sollte auch heute noch gelten.
Zweites Grundprinzip: Erben von großen Vermögen sollen einen Beitrag zur Finanzierung von öffentlichen Aufgaben leisten.
Diese beiden Grundprinzipien führten praktisch 1949 im Grundkonsens aller Demokraten dazu, dass das Erbschaftssteuerrecht grundsätzlich verankert wurde, in dem Fall konkret als Ländersteuer. Und mein Appell ist, dass wir an diesem Grundkonsens festhalten sollten. Dafür gibt es wirklich gute Gründe. Ich werde auf den einen oder anderen Punkt anschließend auch noch eingehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, vordringliche Aufgabe ist es natürlich zurzeit, die Vorgaben des jüngsten Urteils zum Erbschaftssteuerrecht durch das Bundesverfassungsgericht umzusetzen. Hier wurde schon viel erklärt, aber dem Wesen nach kann man es eigentlich in einem Satz machen, was uns hier das Verfassungsgericht ins Stammbuch geschrieben hat: Es geht im Wesentlichen um die Schaffung einer einheitlichen, auf den tatsächlichen Verkehrswert abstellende Bewertungsgrundlage aller Vermögensarten, die Gleichbehandlung aller Vermögensarten. Das ist letztendlich das, was uns das Bundesverfassungsgericht ins Stammbuch geschrieben hat.
Fehlende Transparenz und vor allen Dingen natürlich auch Ungerechtigkeiten, ungerechte Vergünstigungen von bestimmten Vermögensarten sind praktisch der Hauptkritikpunkt. Und es geht hier nicht nur um Ungerechtigkeit, es geht letztendlich auch um Einnahmeverluste aufgrund dieser Ungerechtigkeiten.
„Schlupfl öcher“ ist das hinlängliche Wort, was sich vor allen Dingen auf Betriebsvermögen bezieht, auf Immobilien und natürlich auch auf Landwirtschaftsbetriebe. Denn wie ist das zu erklären, wie kann das sein, dass im Gegensatz zu privatem Geldvermögen Immobilien eben nicht nach dem Verkehrswert bewertet werden, sondern teilweise nach Bewertungen aus den 30er Jahren? Dass diese Immobilien inzwischen einen anderen Wert haben, das müsste längst bekannt sein. Das hat nun wirklich nichts mit Neiddebatte zu tun, das hat einfach nur was mit Gerechtigkeit zu tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es kommt in den nächsten Monaten, wie ich fi nde, parteiübergreifend aus Länderinteresse darauf an, dass wir uns schnellstmöglich verständigen bezüglich der neuen Bewertungsgrundlagen. Das ist der erste Schritt. Darauf aufbauend, wenn das klar ist, müssen selbstverständlich auch die Steuersätze und die Freibeträge – das sind die beiden weiteren Steuerungselemente – angepasst werden. Das kann auch nicht so bleiben, wie es ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gericht hat uns einen Termin gesetzt, spätestens zum 31.12.2008. Und ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Wir müssen es schaffen – als Gesetzgeber ist da der Bund gefragt, aber auch wir als Länder in unserem ureigensten Interesse –, dass wir diesen Termin halten. Ein Wegfall der Erbschaftssteuer, so, wie es bei der privaten Vermögenssteuer passierte, das wäre eine wirkliche Katastrophe für unser Land und das darf auf keinen Fall passieren. Insofern mein Appell: Alle sollten daran mitwirken, diesen Grundkonsens der demokratischen Parteien auch über
Meine sehr geehrten Damen und Herren, an dieser Stelle aus meiner Sicht noch mal die Erwartungen meinerseits an eine verfassungskonforme Umsetzung dieses Urteils einer Erbschaftssteuerreform unter den Maßgaben des Gerichtsurteils:
Das Erste – auch wenn es eine Selbstverständlichkeit ist, möchte ich es doch noch einmal nennen – ist die fristgerechte Umsetzung der aufgrund des Verfassungsgerichtsurteils notwendig gewordenen Änderungen. Das ist gesetzt, das ist klar.
Zweitens geht es um die Sicherstellung der Schonung kleiner Erbschaften. Das wurde hier schon genannt. Da kommt immer der Begriff „Omas Häuschen“. Jeder weiß, was damit gemeint ist, dass also die notwendigen Veränderungen der Bewertungsgrundsätze durch angemessene Freibeträge so gestaltet werden müssen, dass diese Erbschaften praktisch auch weiterhin freigestellt sind.
Drittens, die Herstellung eines einfachen und transparenten Erbschaftssteuersystems. Ob das nun mit der Reduzierung der Steuersätze wirklich hinzukriegen ist, wage ich infrage zu stellen.
Viertens, die Vermeidung von Liquiditätsengpässen bei der Weitergabe von Unternehmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen.