Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

Die Konferenz, meine Damen und Herren, ist ein jährlicher Treffpunkt und sie ist eine Diskussionsplattform für Parlamentarier aus allen Ostseeanrainerstaaten einschließlich – und das ist gar nicht so üblich – der Parlamentarier aus Russland. Sie hat sich bewährt, diese

Parlamentarierkonferenz, als Motor für parlamentarische Entscheidungen, für Entscheidungen, die auf der Tagesordnung sind. Und ich kann Ihnen berichten, dass durch die Initiativen der Ostseeparlamentarierkonferenz in manchen Landesparlamenten die Parlamentarier schneller zu Potte gekommen sind als die Regierungen. Erinnern möchte ich nur an die langen Diskussionen, die wir hier im Lande haben, die es in allen Ostseeanrainerstaaten gibt, um die Schiffssicherheit und insbesondere die geforderte Lotsenannahmepfl icht in der Kadetrinne. Da waren wir relativ schnell und haben uns darauf geeinigt, dass es notwendig ist, diese Lotsenpfl icht einzuführen.

Es gibt auch Rückwirkungen, meine Damen und Herren, aus der Ostseeparlamentarierkonferenz auf die Qualität der politischen Diskussionen und Entscheidungen in den verschiedenen Landesparlamenten. So haben wir in der letzten Legislatur zwei verschiedene, zwei unterschiedliche Anhörungen mit Experten etwa zur Schiffssicherheit oder zu den Ursachen der Eutrophierung in der Ostsee durchgeführt. Mit diesen Anhörungen, mit den Expertengesprächen konnten wir Beschlüsse für die Konferenz vorbereiten, wir konnten auch Erfahrungen sammeln, wie man in anderen Ländern mit der Problematik umgeht, und wir haben uns selbst Wissen angeeignet, um entscheiden zu können, beispielsweise auch, um Gesetzesänderungen im Lande einzubringen. Das führte nicht zuletzt auch dazu, dass dem Parlament von unterschiedlicher Seite ernsthafte und lösungsorientierte Arbeit attestiert wurde.

Die Gespräche – und das möchte ich hier ausdrücklich betonen –, die dort zwischen den Parlamentariern geführt werden, sind gleichberechtigt. Sie werden als Erfahrungsaustausche akzeptiert und die Parlamentarier, egal aus welchem Land sie kommen, ob sie deutsch sprechen, ob sie russisch sprechen, ob sie schwedisch sprechen, ob sie estnisch sprechen, sie alle haben gesagt, diese Erfahrungsaustausche sind notwendig, denn es gibt unterschiedliche Lösungsansätze und unterschiedliche Problemsichten. Und im Namen der Mitglieder des Landtages möchte ich die Unterstellungen aus der NPDFraktion zurückweisen,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

dass die Parlamentarier aus den älteren EU-Ländern die Parlamentarier aus den neu hinzugekommenen EULändern belehren. Das ist eine Unterstellung. Sie haben überhaupt gar keine Ahnung, Herr Lüssow, was auf internationalen Parlamentariertreffen besprochen wird und wie dort die Umgangsformen sind.

(Michael Andrejewski, NPD: Sie belehren ganz Europa. – Zurufe von Sylvia Bretschneider, SPD, und Reinhard Dankert, SPD)

Sie, Herr Lüssow, Sie fordern von uns, wir sollen uns nicht einmischen in das, was in anderen Ländern passiert. Sie haben hier auch einige Beispiele genannt. Ich möchte daran erinnern, dass wir heute Morgen einen Antrag auf der Tagesordnung von Ihnen hatten, den wir gemeinsam abgelehnt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Hans Kreher, FDP – Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Und wenn dieser Antrag keine Einmischung ist in das Recht des estnischen Volkes, der Einwohnerinnen und

Einwohner von Estland, mit dieser Problematik selbstständig umzugehen und selbst Entscheidungen zu treffen, dann weiß ich nicht, was Einmischung ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich möchte Sie im Namen der vier einreichenden Fraktionen bitten, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Linkspartei.PDS und Renate Holznagel, CDU)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP auf Drucksache 5/494. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP auf Drucksache 5/494 bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP sowie Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Partnerschaften im Ostseeraum, Drucksache 5/484.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Partnerschaften im Ostseeraum – Drucksache 5/484 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Detlef Müller für die Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu DDR-Zeiten gab es unter anderem, wie ich fi nde, ein sehr wahres Sprichwort, es hieß nämlich, Beziehungen schaden nur dem, der keine hat. Und ich glaube, dass dieses Sprichwort auch heute genauso aktuell ist wie damals.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das kann man wohl sagen. – Minister Lorenz Caffi er: Heute heißt es Netzwerke. – Heiterkeit auf der Ministerbank)

Sehr richtig, heute heißt es Netzwerke. Sehr richtig.

Insofern sind diese Netzwerke natürlich ganz besonders wichtig für die Zusammenarbeit in den Regionen im Ostseeraum. Und weil das so ist, hat unser Land seit 1990 den Ostseeraum stets als Schwerpunkt zum Ausbau von Beziehungen nach außen angesehen und aktiv die Zusammenarbeit mit Regionen und Kommunen aus diesem Raum gesucht. Die Bedeutung der Kooperation in diesem Raum spiegelt sich auch wider in unserer Landesverfassung. In Artikel 11 enthält sie das Staatsziel, insbesondere im Ostseeraum die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu fördern.

Darum fi nde ich es sehr bemerkenswert und ich kann es nur begrüßen und unterstützen, dass die Koalitionsfraktionen sich verständigt haben zu prüfen, ob es möglich ist, eine Repräsentanz in Sankt Petersburg gemeinsam mit Hamburg und Schleswig-Holstein aufzubauen. Mit

unserem heutigen Antrag wollen wir die Landesregierung auffordern, mit der Prüfung zu beginnen und den Landtag bis zum 31. Dezember des Jahres 2007 zu unterrichten. Dabei ist es mir klar – auch das hat Frau Präsidentin Bretschneider in ihrer Rede eben angedeutet –, dass solche Dinge häufi g damit zusammenhängen, dass man relativ dicke Bretter bohren muss. Aber dennoch hoffe ich und wünsche mir sehr, dass es gelingen wird, die Voraussetzungen zu schaffen zur Einrichtung einer solchen gemeinsamen Repräsentanz in Sankt Petersburg. Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, hätten wir die Chance, bei einem so wichtigen Handelspartner wie Russland vor Ort Flagge zu zeigen und die Interessen unseres Landes in der Region offensiv zu vertreten, also ordentliche Beziehungen aufzubauen, denn Sie wissen ja, Beziehungen schaden nur dem, der keine hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erste hat das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS die Abgeordnete Frau Borchardt. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist auf den ersten Blick nicht zu kritisieren. Was soll man dagegen sagen, dass im Rahmen der Ostseekooperation die Beteiligung an einer gemeinsamen Repräsentanz mit Hamburg und Schleswig-Holstein in Sankt Petersburg geprüft und das Parlament entsprechend unterrichtet werden soll. Auf der anderen Seite muss ich mich schon sehr wundern, dass die Regierungsfraktionen es scheinbar als notwendig empfi nden, der Landesregierung einen derartigen Prüfauftrag zu erteilen.

(Heiterkeit bei Volker Schlotmann, SPD)

Haben die Koalitionsfraktionen denn so wenig Vertrauen in die Arbeit der eigenen Landesregierung, dass man diese mit derartigen Parteiaufträgen beschäftigt, Prüfaufträgen beschäftigt – Entschuldigung –,...

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS, FDP und NPD)

Aber das ist auch einer, ne?

… die in Wirklichkeit Selbstverständlichkeiten sind beziehungsweise sein müssen?

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das ist ja ganz hervorragend. Aber Sie wissen scheinbar alle, was Parteiaufträge sind, ne?

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU, Linkspartei.PDS, FDP und NPD – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, na klar.)

Im Übrigen darf ich daran erinnern, dass das, was Sie hier fordern, in Mecklenburg-Vorpommern sogar Verfassungsrang hat. Ich zitiere in diesem Zusammenhang Artikel 11 unserer Landesverfassung: „Das Land Mecklenburg-Vorpommern wirkt im Rahmen seiner Zuständigkeiten an dem Ziel mit, die europäische Integration zu verwirklichen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, insbesondere im Ostseeraum, zu fördern.“ So

weit der Verfassungstext. Die Zusammenarbeit im Ostseeraum bildet entsprechend dem Auftrag in Artikel 11 demnach einen Schwerpunkt der auswärtigen Aktivitäten der Landesregierung. Aber damit nicht genug. Auch im Koalitionsvertrag haben Sie sich bereits genau dies unter Punkt 345 vereinbart.

(Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Hört, hört!)

Ich zitiere: „Gemeinsam mit Hamburg und SchleswigHolstein wird die Einrichtung einer Repräsentanz in St. Petersburg geprüft.“

Ich halte also fest, die Förderung der Zusammenarbeit im Ostseeraum ist Verfassungsauftrag und beinhaltet damit bereits einen permanenten Prüfauftrag. Der Koalitionsvertrag sieht ihn explizit und nahezu wortgleich vor. Und nun kommen Sie, meine Damen und Herren von der SPD und CDU, noch einmal mit einem Antrag. Man kann da nicht nur einmal sagen: Doppelt hält besser.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja, das ist nötig.)

Aber gut, ich will Ihnen mal zugutehalten, dass Sie auf Nummer sicher gehen wollen. Offensichtlich zeigen die Erfahrungen aus der Vergangenheit, dass in der Großen Koalition selbst jede Kleinigkeit penibel abgesprochen werden muss.

Meine Damen und Herren, das im Oktober 2005 durch die Freie und Hansestadt Hamburg und das Land Schleswig-Holstein eröffnete Hanse-Offi ce in Sankt Petersburg ermöglicht beiden Ländern eine gemeinsame Vertretung und damit auch eine gemeinsame Interessenwahrung in Sankt Petersburg und im gesamten Leningrader Gebiet. Unbestritten ist, dass Sankt Petersburg und Umland zu den Wachstumsregionen in Europa zählen. Damit nimmt die Bedeutung Russlands als Handelspartner für Mecklenburg-Vorpommern stetig zu. Schon heute ist Russland neben Dänemark einer unserer bedeutendsten Außenhandelspartner. Insofern erscheint eine Repräsentanz Mecklenburg-Vorpommerns in Sankt Petersburg sinnvoll, kann eine Niederlassung doch zum Beispiel die Entwicklung von Kooperationsprojekten unterstützen, enge Kontakte zwischen den Vertretern aus Politik, Kultur und Wirtschaft herstellen, INTERREG-III-Programme beobachten und wir uns selbstverständlich vernetzen.

Was eine gemeinsame Repräsentanz betrifft, muss man aber auch wissen, dass Hamburg als Träger des Büros Schleswig-Holstein die Mitnutzung eingeräumt hat. Hamburg ist sozusagen federführend. Zwischen beiden Ländern wurde zunächst eine Erprobungsphase vereinbart, in der die Zusammenarbeit entwickelt werden soll. Ich gehe daher davon aus, dass die Landesregierung, bevor sie die Vereinbarung mit den Ländern trifft, die Erfahrung aus dieser Zusammenarbeit evaluiert. Wir alle wissen, dass trotz aller guten Vorsätze die Länder untereinander auch in einem Konkurrenzverhältnis stehen. Wir müssen uns dessen bewusst sein. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf Erfahrungen in der Zusammenarbeit unseres Informationsbüros mit dem Hanse-Offi ce in Brüssel.

Meine Damen und Herren, letztlich möchte ich aber auch darauf hinweisen, dass wir nicht nur den Blick auf Sankt Petersburg richten dürfen. Schleswig-Holstein etwa unterhält ein Büro in Danzig, Tallinn, Riga, Vilnius, Malmö und Kaliningrad zum Beispiel auch in einer Bürogemeinschaft. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung

daher auch überprüft, ob die bilateralen Beziehungen zu den Staaten Skandinaviens, des Baltikums und zu Polen durch eine Einrichtung eines gemeinsamen Büros und in Kooperation mit anderen Ländern intensiviert werden könnten.

Was mich bedenklich stimmt, ist der Zeitpunkt der Vorlage der Unterrichtung. Wenn wir davon ausgehen, dass wir in die Haushaltsdebatte gehen für den Doppelhaushalt 2008/2009, ist es fraglich, ob die fi nanziellen Auswirkungen dann noch zum Tragen kommen. Hier bitte ich, vielleicht noch mal darüber nachzudenken, die Unterrichtung ein bisschen vorzuziehen. – Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)