Protokoll der Sitzung vom 13.06.2007

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Drucksache des Sozialausschusses 5/45 gibt ausreichend Auskunft darüber, welche Aktivitäten die Landesregierung insgesamt unterstützt. Deshalb sollen an dieser Stelle auch nur einige Beispiele von mir genannt werden. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen, dass es für mich völlig müßig und – ich denke, auch für die Bevölkerung – völlig unwichtig ist, ob wir uns hier wortgewaltig darüber unterhalten, wer wann welche Aktivitäten im Sozialbereich oder im Frauen- und Gleichstellungsbereich gestartet hat. Für meinen Bereich, also den Bereich der Frauen und Gleichstellung, kann ich deutlich sagen, dass wir gerade in den vergangenen zwei Legislaturperioden mit unserem Koalitionspartner wichtige Maßnahmen gestartet haben, die wir jetzt natürlich fortsetzen. Hier werde ich mich massiv dafür einsetzen, dass wir die Programme und Maßnahmen, die wir dort aufgelegt haben, auch in Zukunft weiter umsetzen können.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das ist gut so.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Auseinandersetzung gerade mit Fremdenfeindlichkeit und mit Rassismus wird ein Aufgabenschwerpunkt in den neu einzurichtenden Regionalzentren für Demokratie und Toleranz sein. Die lokalen Aktionspläne, die aus Mitteln des Bundesprogrammes „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ gefördert werden, beinhalten diese Schwerpunktsetzung ebenfalls und ich denke, auch das gehört mit zum Jahr der Chancengleichheit.

Durch das am 1. August 2006 in Kraft getretene Landesbehindertengleichstellungsgesetz werden die Positionen von Menschen mit Behinderungen in Mecklenburg-Vorpommern gestärkt. Die Umsetzung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes wird die Landesregierung gemeinsam mit den Verbänden der Menschen mit Behinderungen, dem Integrationsförderrat und den Kommunen weiter vorantreiben. Schaffung und Erhaltung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für schwer behinderte Menschen wird im Jahr 2007, dem Europäischen Jahr der Chancengleichheit, für alle ein Schwerpunkt der Arbeit sein. Für den Personenkreis der besonders betroffenen schwer behinderten Menschen soll hierzu der Aufbau von Integrationsfi rmen und geschützten Betriebsabteilungen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe weiter gefördert werden.

Das Landesprogramm „Älter werden in MecklenburgVorpommern“ hat eine Laufzeit bis 2012, jetzt bezogen auf die älteren Menschen. Die darin enthaltenden Maßnahmen sollen nachhaltig sein und mittel- bis langfristig die gewünschte Wirkung entfalten. Dazu gehört auch, dass im Bereich Arbeit der Anteil älterer Menschen in Beschäftigungsverhältnissen erhöht werden soll. Dazu sollen Anreize zur Beschäftigung älterer Menschen geschaffen werden. Auch das Thema „Alter und Sport“ ist schwerpunktmäßig im Landesprogramm enthalten und dem lebenslangen Lernen wird eine besondere Bedeutung beigemessen.

Um die Gleichstellung von Frauen und Männern umzusetzen, muss den Unterschieden zwischen Lebensverhältnissen und Situationen sowie den Bedürfnissen von Frauen und Männern in allen politischen Bereichen und bei allen Aktionen der Landesregierung MecklenburgVorpommern Rechnung getragen werden. Deshalb verfolgen alle Ressorts in ihren Zuständigkeitsbereichen gleichstellungspolitische Ziele und berücksichtigen auch die Instrumentierung von Gender Mainstreaming. Auch dazu wurden in den vergangenen Jahren bereits entsprechende Konzepte erarbeitet. Das sind die Gleichstellungskonzeptionen, der Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder und die Konzeption zur Bekämpfung von Frauenhandel und Zwangsprostitution. Mit der Umsetzung dieser Programme wird kontinuierlich an der Umsetzung der Chancengleichheit von Frauen und Männern auf allen Politikfeldern gearbeitet – in der Wirtschaftspolitik, in der Arbeitsmarktpolitik, in der Bildungspolitik, im Gesundheitsbereich und so weiter.

Dabei ist natürlich der europäische Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter, beschlossen vom Europäischen Rat im Mai 2006, eine wichtige Grundlage. Es geht im Wesentlichen um Maßnahmen mit folgender Zielsetzung, zum einen um den Abbau geschlechtsspezifi scher Dis

krepanzen auf dem Arbeitsmarkt. Solche Stichworte wie gleiches Entgelt für gleiche Arbeit, höhere Erwerbstätigkeit von Frauen, Teilhabe von Frauen an allen politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen sollen auf eigentliche Probleme mit aufmerksam machen.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Da gibt es noch viel zu tun.)

Und es geht zum Zweiten um Maßnahmen zur Förderung der verbesserten Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Privatleben, also auch Familie, und zwar bezogen auf beide Geschlechter. Um hier wirklich die Interessen im Sinne einer effektiven Chancengleichheitspolitik umzusetzen, habe ich einen Länderbeirat einberufen, in dem neben dem Landesfrauenrat die Agentur für Arbeit, der DGB Nord, die Vereinigung der Unternehmensverbände sowie die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten mitarbeiten. Anliegen ist es, als gleichstellungsrelevante strategische Ziele sowohl die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Privatleben als auch geschlechtsspezifi sche, horizontale und vertikale Segregation am Arbeitsmarkt zu verankern. Die Thematisierung der Gleichstellung und die mit diesem Jahr zu erwartenden neuen und innovativen Impulse werden sich für den Politikbereich positiv auswirken.

Ich habe, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier nur einige wesentliche Maßnahmen und Aktivitäten anreißen können. Deshalb begrüße ich den Beschluss, dass im Europabericht 2007/08 ausführlich über alle diese Maßnahmen berichtet wird und alle Zielgruppen spezifi scher und zielübergreifender Projekte, die der Zielstellung des Jahres der Chancengleichheit dienen, nach Maßgabe des Haushaltes zu fördern sind. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe natürlich auch, dass, wenn das Jahr der Chancengleichheit vorbei ist, wir uns mit gleicher Intensität und mit gleichem Interesse diesem Politikfeld widmen und das nicht einmalige Aktionen hier werden. Ich glaube, sonst machen wir das, was wir in den letzten Jahren erfolgreich angefangen haben, wieder kaputt. Ein Jahr der Chancengleichheit ist sicherlich dazu gedacht, um besonders in der Öffentlichkeit auf das Problemfeld aufmerksam zu machen, aber politisches Handeln setzt wirklich Kontinuität voraus, und ich glaube, da sind wir auch mit dieser Landesregierung auf einem guten Wege. Voraussetzungen haben wir in der Vergangenheit dafür geschaffen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Dann wollen wir es mal hoffen.)

Danke schön, Frau Dr. Seemann.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Der Europa- und Rechtsausschuss empfi ehlt, den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/154 entsprechend seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/583 anzunehmen. Wer diesem Vorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 5/583 bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, CDU, Linkspartei.PDS und FDP, einer Stimmenthaltung aus der Fraktion der Linkspartei.PDS und Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrages der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern „Für die Freiheit der Forschung und Lehre an der Universität Rostock – Gegen die Schließung des Studienganges Rechtswissenschaften“, auf Drucksache 5/380, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Bildungsausschusses auf Drucksache 5/608, in Verbindung mit der Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Beendigung des Rechtsstreites der Universität Rostock gegen das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern in Sachen Zielvorgabe für die Universität Rostock durch gerichtlichen Vergleich, auf der Drucksache 5/422, hierzu Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Entschließung zu der Unterrichtung durch die Landesregierung –, Drucksache 5/422 –, Beendigung des Rechtsstreites der Universität Rostock gegen das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern in Sachen Zielvorgabe für die Universität Rostock durch gerichtlichen Vergleich, Drucksache 5/614.

(Beifall Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS, und Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Sehr gut, Herr Präsident.)

Antrag der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern: „Für die Freiheit der Forschung und Lehre an der Universität Rostock – Gegen die Schließung des Studienganges Rechtswissenschaften“ – Drucksache 5/380 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur – Drucksache 5/608 –

Unterrichtung durch die Landesregierung: Beendigung des Rechtsstreites der Universität Rostock gegen das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern in Sachen Zielvorgabe für die Universität Rostock durch gerichtlichen Vergleich – Drucksache 5/422 –

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Entschließung zu der Unterrichtung durch die Landesregierung – Drucksache 5/422 – Beendigung des Rechtsstreites der Universität Rostock gegen das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern in Sachen Zielvorgabe für die Universität Rostock durch gerichtlichen Vergleich – Drucksache 5/614 –

Das Wort zur Begründung hat die Ausschussvorsitzende und Abgeordnete Frau Lochner-Borst. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Volksinitiative „Für die Freiheit der Forschung und Lehre an der Universität Rostock – Gegen die Schließung des Studienganges Rechtswissenschaften“ wurde im Bildungsausschuss, dem dieser Antrag federführend überwiesen war, umfassend beraten. Gemäß dem Gesetz zur Ausführung von Initiativen aus dem Volk, Volksbegehren und Volksentscheid in Mecklenburg-Vorpom

mern haben die Vertreter der Volksinitiative und weitere Personen in einer nicht öffentlichen Anhörung die Möglichkeit genutzt, den Inhalt der Volksinitiative darzulegen. Um die Empfehlungen des Bildungsausschusses an den Landtag vorwegzunehmen: Dieser hat mehrheitlich entschieden, den Antrag der Volksinitiative abzulehnen.

Ich möchte Ihnen aber, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, diesen Entscheidungsvorschlag transparent und nachvollziehbar machen. Lassen Sie mich also zurückblicken auf den Prozess der Entwicklung der Hochschullandschaft in Mecklenburg-Vorpommern.

Der parlamentarische Entscheidungsprozess hat mit der Einbringung des Gesetzentwurfes „Gesetz zur Erneuerung der Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ am 29. November 1990 begonnen. Der Landtag hat sich seitdem kontinuierlich mit der Entwicklung der Hochschullandschaft befasst. Dabei denke ich sowohl an das Gesetz über die Hochschulen des Landes MecklenburgVorpommern, das 1994 beschlossen wurde, als auch an das aus dem Jahr 2002 sowie an die Änderungen aus den Jahren 2003 und 2006. Die letztgenannte Änderung, die zweite Änderung des Landeshochschulgesetzes aus dem Jahr 2006, bildet die unmittelbare Grundlage für den Antrag der Volksinitiative. Mit dem Änderungsgesetz wurde begründet, dass die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit der staatlichen Hochschulen vor tief greifenden Veränderungen stünden, nämlich die Wettbewerbssituation im europäischen Hochschulraum zwinge zur Profi lierung und Konzentration. Deshalb sei eine strukturelle Neuausrichtung der Hochschulen notwendig, um die Qualitätsentwicklung sicherzustellen.

Es ging also vor dem Hintergrund sinkender Studierendenzahlen für die Zukunft und der Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung des Landes um die Konzentration der Angebote, um die wissenschaftlichen Einheiten konkurrenzfähiger zu gestalten, so die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses zur Änderung des Landeshochschulgesetzes in der letzten Legislaturperiode. Dabei standen dem Bildungsministerium sechs Partner gegenüber, mit denen man sozusagen unter einen Hut kommen musste. Dem Ministerium standen keine gesetzlichen Möglichkeiten zur Verfügung, um Umstrukturierungen durchsetzen zu können. Aus der Notwendigkeit des Tun-Müssens heraus hat der Bildungsausschuss auf der Grundlage des Gesetzentwurfes zur Zweiten Änderung des Landeshochschulgesetzes damals mehrheitlich beschlossen, Einfl ussmöglichkeiten des Parlaments insbesondere dadurch zu stärken, dass die Zustimmungspfl icht sich nicht nur auf die Zielvereinbarung, sondern auch auf die Zielvorgaben erstreckt, und einen engen zeitlichen Rahmen für das nach dem Landeshochschulgesetz vorgesehene Verfahren zur Erstellung der Hochschulentwicklungspläne, der Eckwerte und der Zielvereinbarungen einschließlich einer klaren Defi nition der Planungszeiträume festzulegen. Auf dieser Grundlage fanden Verhandlungen statt.

Der Landtag konnte im Mai vorigen Jahres den Zielvereinbarungen mit der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, der Hochschule für Musik und Theater Rostock, der Hochschule Neubrandenburg, der Fachhochschule Stralsund und der Hochschule Wismar zustimmen. Hier war es zu einer Verständigung zwischen den genannten Hochschulen und dem Ministerium in Bezug auf die Entwicklungstendenzen gekommen. Die Gremien der Hochschulen hatten sich positioniert und den Vereinbarungen zugestimmt.

Man kann darüber denken, wie man will, letztendlich haben aber die Gremien, die die Hochschulautonomie lebendig zeigen, zugestimmt. Darüber hinaus hat der Landtag aber auch der Zielvorgabe für die Universität Rostock mehrheitlich zugestimmt. Die Ursachen hierfür waren vielfältig. Fakt ist aber, dass die Zielvorgaben nicht als etwas Statisches angesehen wurden, sondern die Verhandlungen zwischen dem Bildungsministerium und der Universität, wobei auf beiden Seiten die Ansprechpartner inzwischen gewechselt hatten, fortgeführt wurden. Es ist ein Mediationsverfahren durchgeführt worden, dessen Ergebnis ein Vergleich war, der sowohl vom Bildungsministerium als auch vom Senat der Universität Rostock mit großer Mehrheit gebilligt wurde.

In der Anhörung stellten die Vertreter der Volksinitiative dar, dass durch die Zielvorgabe unter anderem verbindlich vorgeschrieben sei, welche Studienrichtungen die Universität Rostock in Zukunft zur Ausbildung anbieten dürfe, und damit die Landesregierung durch einseitige Verfügungen bestimmt habe, welche Fächer an der Universität gelehrt und ausgebildet und welche Studiengänge geschlossen würden. Dies werde vonseiten der Volksinitiative als ein Machtdiktat anstelle der im Landeshochschulgesetz geforderten Hochschulautonomie gesehen.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ich glaube, das hat die CDU vor einem dreiviertel Jahr auch schon so gesehen.)

Die Forderung, dass es der Universität Rostock überlassen bleiben müsse, welche Studiengänge und Forschungsschwerpunkte sie mit den vom Land zur Verfügung gestellten fi nanziellen Mitteln anbieten wolle, ist zwar nachvollziehbar, setzt aber Verhandlungsbereitschaft und Kompromissfähigkeit auf beiden Seiten voraus.

Herr Methling, ich spreche hier als Ausschussvorsitzende und nicht als hochschulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja, ja.)

An dieser Stelle sei nochmals wiederholt, dass der Senat der Universität Rostock mit überwältigender Mehrheit dem Vergleich zugestimmt hat. Ich bitte Sie also, dem Votum des Bildungsausschusses zu folgen und den Inhalt des Antrages der Volksinitiative abzulehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Im Ältestenrat wurde eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Brodkorb. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen heute zum Abschluss einer langen Diskussion und einer komplizierten Entscheidungskette, die sicherlich für alle Beteiligten schwierig war und große Herausforderungen bedeutet hat. Insofern, glaube ich, gibt es einige hier im Haus, die durchaus nicht traurig sind, dass das Ganze, was so lange gewährt hat, einen

Abschluss fi ndet, auch wenn sicherlich nicht alle Beteiligten mit dem Ergebnis zufrieden sein werden.

Die Vertreter der Volksinitiative hatten die Gelegenheit, im Bildungsausschuss noch einmal ihre Argumente vorzutragen, die aus ihrer Sicht gegen die Aufgabe der Ausbildung von Juristen mit dem Ersten Staatsexamen an der Universität Rostock sprechen. Ich möchte noch einmal für die Fraktion der SPD die wichtigsten Argumente benennen und kurz dazu Stellung nehmen:

Es wurde erstens vorgebracht, dass die Beschlüsse, die jetzt herbeigeführt wurden, und die Ergebnisse grundgesetzwidrig wären, dass es sich um unzulässige Eingriffe in die Freiheit von Forschung und Lehre handeln würde.

Meine Damen und Herren, ich möchte meine persönliche Meinung dazu gar nicht weit ausbreiten. Letztlich reduzieren sich die Argumente auf die These, dass ein Professor in Deutschland, ein Juraprofessor, das Grundrecht darauf hat, in einem bestimmten Studiengang unterrichten zu dürfen. Ich bezweifl e stark, dass es ein solches Grundrecht gibt. Ich möchte es aber dahingestellt sein lassen, denn diese Fragen sind weder vom Ausschuss noch vom Parlament zu beantworten, sondern dafür gibt es in einer Demokratie mit Gewaltenteilung die Verfassungsgerichtsbarkeit und nicht das Parlament. Wir sind nicht befugt und, glaube ich, auch nicht kompetent, derartig schwierige Fragen von Verfassungsrang zu beurteilen und darüber zu befi nden. Deswegen sind diese Ausführungen, die im Ausschuss getätigt wurden, informativ gewesen, aber für die Entscheidung des Parlaments im Moment, glaube ich, nicht maßgeblich. Ich persönlich konnte die Ausführungen am Ende auch nicht ganz nachvollziehen. Ich bezweifl e wie gesagt, dass dieses Grundrecht eines deutschen Juraprofessors, in einem bestimmten Studiengang zu lehren, tatsächlich besteht.

Zweitens. Es wurde aufgeführt oder vorgebracht, dass, wenn denn schon aufgrund der fi nanziellen und demografi schen Entwicklung des Landes Hochschulstrukturen reduziert werden müssten, man doch bei den preiswerten Fächern gerade nicht streichen dürfte, sondern offenbar eher bei den kostenintensiven Fächern. Und Jura sei ein Fach, wo man keine teuren Geräte braucht, wo man keine teuren Forschungsmaterialien benötigt und wo man entsprechend preiswert unterrichten kann.

Meine Damen und Herren, gerade solche Argumente sollten nicht darüber entscheiden, wie eine moderne Hochschullandschaft gestaltet wird.

(Beifall Reinhard Dankert, SPD, Heike Polzin, SPD, und Jörg Vierkant, CDU)

Denn wenn man dieses Argument zu Ende denkt, müsste man die Medizin schließen, müsste man die Naturwissenschaften abschaffen, müsste man die Ingenieurwissenschaften abschaffen, und wir würden ausbilden Juristen, Betriebswirte, Germanisten – Philosophen wahrscheinlich nicht, da machen zu wenig einen Abschluss –,

(Heiterkeit bei Heike Polzin, SPD)

aber nur in Fächern, wo es kaum Kosten gibt. Wir haben uns in der letzten Legislaturperiode gerade darum bemüht – und man mag darüber streiten, ob das gelungen ist –, eine Hochschulstruktur hinzubekommen, die sowohl wissenschaftliche Pluralität abbildet als auch den Anforderungen einer modernen Gesellschaft gerecht wird. Das bedeutet, dass man eine ausgewogene Fächervielfalt braucht und es uns nicht weiterhilft, wenn man preis

wertere Fächer und teurere Studiengänge sozusagen in Konkurrenz zueinander treten lässt und nicht die Frage stellt, welche Rolle diese Fächer jeweils für die Gesellschaft und den Wissenschaftsdiskurs spielen. Insofern ist das, glaube ich, kein Argument, dass einen bei einer seriösen Entscheidung wirklich beeinfl ussen kann.