Also soll alles beim Alten bleiben? Wir sagen Nein. Wir sind dafür, bei uns im Land im Landeshaushalt eine Bil
dungsquote als neue fi nanzwirtschaftliche Eckzahl in den Haushaltsplan aufzunehmen. Die Bildungsquote defi niert den Anteil der Bildungsausgaben an den bereinigten Gesamtausgaben. Sachsen-Anhalt hat mit dem vorgelegten Haushalt zum ersten Mal dieses Kriterium ausgewiesen. Ich weiß auch – wie bei der Investitionsquote –, dass eine Quote noch nichts sagt über Qualität.
(Beifall Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, genau. – Ministerin Sigrid Keler: Ich benutze den Begriff selten.)
Aber angesichts der demografi schen Entwicklung und der zurückgehenden Zuweisungen, von denen Sie alle gesprochen haben, ist es doch aber umso wichtiger und politisch notwendig, die richtigen Weichen zu stellen. Das heißt, neben den Investitionen in Beton besonders in die Köpfe zu investieren. Nicht erst die OECD-Studie und der Bericht schreiben uns das ins Stammbuch. Lassen wir uns doch daran messen! Weisen wir in unserem Haushalt die Bildungsquote aus und bestimmen gemeinsam ein Maß, unter das wir, egal wie die Haushaltslage sich entwickelt, nicht gehen werden! Ich bin für Vorfahrt für Investitionen in die Köpfe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kommunen sind berechtigterweise angesprochen worden. Ich fi nde es sehr gut, dass wir die Mindestfi nanzgarantie für die Kommunen in den nächsten beiden Jahren wieder überschreiten. Ich muss mich der Notwendigkeit ergeben, auch den Druck auf die Konsolidierung der Haushalte als Notwendigkeit anzusehen. Aber ich möchte auf etwas hinweisen, das zu einem zusätzlichen Dilemma wird: Die Investitionsschwäche der Kommunen nimmt immer mehr zu und das führt dazu, dass die vielen schönen Förderprogramme, die wir im Doppelhaushalt wieder aufgeschrieben haben, an einem Fakt nicht vorbeikommen, dass die meisten Kommunen unseres Landes die notwendigen Eigenmittel nicht mehr aufbringen können, um diese Förderprogramme abzuholen. Diesem Problem, meine Damen und Herren, sollten wir uns stellen, und zwar sowohl in den Städten als auch in den Kreisen.
Die Entscheidungen zum Personalkonzept des Landes waren und sind richtig. Seit 2004 haben wir es konsequent umgesetzt. Es hat einen Beitrag zur Konsolidierung geleistet. Aber wir sollten nicht vergessen, und ich erinnere daran, auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung haben einen zusätzlichen Beitrag geleistet.
Wir haben das Urlaubsgeld abgeschafft und wir haben einen Tarifvertrag zur Arbeitszeitreduzierung ohne Lohnausgleich umgesetzt. Die verbesserte Situation des Haushaltes muss nun aber auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ankommen. Die Ost-West-Angleichung – gleicher Lohn für gleiche Arbeit – wird umgesetzt, die lineare Angleichung für die Angestellten auch. Ich fordere Sie auf, die lineare Angleichung der Gehälter zeitgleich für die Beamtinnen und Beamten im Mai 2008 umzusetzen. Auch sie haben es verdient.
Und ich frage uns alle, ob es nicht gerecht wäre, vor dem Ablauf des Tarifvertrages zu vollem Lohn und Gehalt und voller Arbeitszeit in der Landesverwaltung zurückzukehren.
In der Debatte um das Personalkonzept, Herr Roolf, und da bin ich bei Ihnen, haben wir immer darauf hingewiesen, dass uns die Sozialverträglichkeit und der Einstellungskorridor wichtig sind. Heute zeigt sich, dass dies nicht ausreicht. Wir brauchen ein Aus-, Fort- und Weiterbildungskonzept des Landes, das den Fachkräftebedarf des Landesdienstes langfristig sichert.
Über die Erweiterung des Einstellungskorridors als Perspektive für junge Frauen und Männer müssen wir neu nachdenken. DIE LINKE wird deshalb die Landesregierung auffordern, dem Parlament ein entsprechendes Konzept vorzulegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor zwei Jahren, als meine Fraktion von der Landtour durch alle Kreise und kreisfreien Städte zurückkam, hatte ich darauf aufmerksam gemacht, dass wir mit einem Problem konfrontiert sind, das heißt: Viele Kinder essen nicht mehr in den Schulen und in den Kindertagesstätten. Seitdem ist das ein Gesprächsthema. Der Landwirtschaftsminister macht sich Gedanken über Qualitätskriterien zum Schulessen. Der Sozialminister sieht das Problem, würde es gerne lösen, hat aber kein Geld.
Vor fünf Jahren, im September 2002, haben wir von der LINKEN mit den Erzieherinnen vor den Kindertagesstätten und in den Elternversammlungen für das kostenfreie Vorschuljahr Gutscheine verteilt.
Trotz schwieriger Haushaltslage und Steuereinbrüchen, Herr Borchert und Frau Keler, und alle anderen auch, trotz schwieriger Haushaltslage hat damals das Land gesetzlich festgeschrieben, 7 Millionen Euro für diese Aufgabe auszugeben. Es sind inzwischen 25 Millionen Euro in die vorschulische Bildung und Erziehung gefl ossen.
Sie gehen heute einen richtigen Schritt in diese Richtung – wobei ich über die Finanzierung gerne noch diskutieren würde – und ich kann heute meinen Gutschein einlösen.
Das zeigt, dass überparteiliche Arbeit letztendlich zum Erfolg führt. In diesem Gutschein ist auch das, was heute an diesem Tag notwendig ist: rot-schwarze Gummibären.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Nicht nur für diese Rede eine Eins. – Die Abgeordnete Angelika Gramkow überreicht dem Abgeordneten Harry Glawe eine kleine Schultüte. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die schmecken, die schwarzen. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sauer sind die.)
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/800 sowie die Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 5/799 zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss, an den Europa- und Rechtsausschuss, an den Wirtschaftsausschuss, an den Agrarausschuss, an den Bildungsausschuss, an den Verkehrsausschuss sowie an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD und CDU, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der FDP sowie Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.
Weiterhin schlägt der Ältestenrat vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/801 zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss, an den Agrarausschuss sowie an den Verkehrsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU, der Fraktion DIE LINKE und der FDP bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Heilberufsgesetzes, auf der Drucksache 5/788.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Heilberufsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (Erste Lesung) – Drucksache 5/788 –
Das Wort zur Einbringung hat der Sozialminister Herr Sellering. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Heilberufsgesetz, das man wegen seines Inhalts auch als Heilberufskammergesetz bezeichnen kann,
stammt im Wesentlichen aus dem Jahr 1993. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf passen wir dieses Gesetz an die neue Gesetzeslage, die Rechtsprechung an. Und wir berücksichtigen darüber hinaus Anregungen
der Kammern, und zwar der Ärzte-, Tierärzte-, Zahnärzte- und Apothekerkammer, aber auch Hinweise des Berufsgerichts für Heilberufe beim Verwaltungsgericht in Greifswald.
Wichtigstes Anliegen des Gesetzes ist es, die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifi kationen vom 7. September 2006 umzusetzen. Die Richtlinie regelt neu die Anerkennung von Berufsqualifi kationen, die in den Mitgliedsstaaten der EU erworben wurden. Sie zielt darauf ab, die Hindernisse für den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten zu beseitigen. Sie gilt für alle Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates, die als Selbstständige oder als abhängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedsstaat ausüben wollen als in dem Staat, in dem sie ihre Berufsqualifi kation erworben haben. Darüber hinaus werden der Informationsaustausch und die Verwaltungszusammenarbeit der zuständigen Behörden geregelt, vor allem die Unterrichtungspfl icht über disziplinarische und strafrechtliche Sanktionen.
Ein weiterer Punkt betrifft die Herausgabe von Heilberufsausweisen. Im Zusammenhang mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte verpfl ichtet Paragraf 291a Absatz 5a des Fünften Sozialgesetzbuches die Länder dazu, die zuständigen Stellen zur Herausgabe des Heilberufs- und der Berufsausweise zu benennen. Diese Ausweise dienen vor allem dazu, Zugriff auf die Patientendaten zu nehmen, die auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert sind. Die Herausgabe dieser Ausweise wird durch das vorliegende Gesetz geregelt und die Zuständigkeit dafür den Heilberufskammern übertragen. Für die übrigen Gesundheitsberufe wird derzeit an einer länderübergreifenden Lösung gearbeitet, die verhindern soll, dass jedes Land eigene Herausgabestrukturen aufbauen muss.
Eine weitere wichtige Regelung des Gesetzes betrifft die Übertragung der Aufgabe der Aufbewahrung von Patientenakten in besonderen Fällen auf die Kammern. In der Vergangenheit hat es Fälle gegeben, in denen Ärzte die von ihnen angelegten Patientenakten nicht ordnungsgemäß an einen Nachfolger übergeben haben oder dies beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen nicht konnten. Es gab keine spezielle gesetzliche Regelung und deshalb haben die kommunalen Gesundheitsämter über die Generalklausel des Polizei- und Ordnungsrechtes die Aufbewahrung dieser Akten übernommen. Das wird nun geändert und positiv geregelt. Für die Verwahrung und Verwaltung der von niedergelassenen Ärzten angelegten Patientenakten werden jetzt die Kammern zuständig gemacht. Ich halte das für richtig, die Kammern und nicht die staatlichen Stellen zuständig zu machen. Dafür spricht ja, dass die selbst verwalteten Kammern für ihre Mitglieder bereits heute ein vielfältiges Aufgabenspektrum wahrnehmen. Die neue Aufgabe stellt dazu eine sinnvolle Ergänzung dar.
Ich sehe übrigens, obwohl wir hier in einem nicht unsensiblen Bereich sind, keine datenschutzrechtlichen Probleme. Die Aufgabenübertragung auf die Kammern wird auch durch den Datenschutzbeauftragten für sachgerecht gehalten.
Meine Damen und Herren, das Gesetz schafft außerdem die Möglichkeit, die Teilrechtsfähigkeit der Versorgungswerke herzustellen, wie dies in anderen Ländern bereits geschehen ist. Ziel ist es, eine klare Trennung des Vermögens der Versorgungseinrichtung von dem der Kam
mer zu erreichen und zu verhindern, dass in schwierigen Fällen eine Durchgriffshaftung des Vermögens des Versorgungswerkes für Verbindlichkeiten der Kammer entstehen kann. Das Gesetz ist so formuliert, dass es den Kammern überlassen ist, selbst zu entscheiden. Sie können eine Teilrechtsfähigkeit ihrer Versorgungswerke einrichten oder sie können auch den jetzigen Rechtsstatus behalten.
Schließlich soll, wie von den Kammern schon seit Längerem gefordert, ein Rügerecht der Kammern bei weniger gravierenden berufsrechtlichen Verstößen ihrer Mitglieder eingeführt werden. Dadurch sollen aufwendige berufsgerichtliche Verfahren vermieden werden. Das dient auch der Entlastung der Gerichte.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir haben eine ganze Palette einzelner Änderungen, die insgesamt zu einer besseren Handhabung des Gesetzes führen werden. – Vielen Dank.