Protokoll der Sitzung vom 19.09.2007

(Marc Reinhardt, CDU: Wir reden über den Landeshaushalt.)

So senkte sie ab 2008 die Unternehmenssteuern deutlich herab. Dies wiederum führt zu nachhaltigen Steuerausfällen für die öffentlichen Haushalte von jährlich insgesamt über 10 Milliarden Euro. Auch Mecklenburg-Vorpommern wird dadurch an Steuereinnahmen verlieren.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Richtig.)

Insofern ist dieses natürlich auch Landeshaushalt. Da müssen Sie mich nicht belehren. Ich kenne schon den Zusammenhang zwischen Bundeshaushalt und Landeshaushalt.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Richtig.)

Dieser Verlust soll nun durch eine Rücklage im Haushalt aufgefangen werden.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: 50 Millionen pro Jahr.)

Eine Rücklage kann aber nur gebildet werden, wenn genügend Geld vorhanden ist. Und hier, meine Damen und Herren, schließt sich der Kreis. Die höhere Mehrwertsteuer fi nanziert quasi die aus der Unternehmenssteuer resultierenden massiven Steuerausfälle.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

SPD und CDU/CSU setzen munter die Umverteilung von unten nach oben fort. Die Bundesregierung holt sich mit der höheren Mehrwertsteuer die Milliarden, die sie den Konzernen und Banken hinterherwirft, von den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch von den kleinen und mittleren Unternehmen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Richtig.)

Letztere beklagen zu Recht, dass ihre Auftragslage deutlich unter der Mehrwertsteuererhöhung leidet und an ihnen die Konjunktur zum großen Teil vorbeigeht. Solch

eine Steuerpolitik löst die Probleme, die den Menschen auf den Nägeln brennen, eben nicht, im Gegenteil. Deshalb fällt unsere fi nanzpolitische Einschätzung dieses Doppelhaushaltes trotz seiner guten Eckdaten nur sehr zwiespältig aus.

Es ist gut, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass viele Ansätze und Schwerpunkte aus der Zeit unserer Regierungsverantwortung von der jetzigen Landesregierung übernommen, fortgeführt, ja, zum Teil sogar ausgebaut werden. Sie waren offenbar richtig und entsprechen den Erfordernissen im Land. Ich will an dieser Stelle gern auf die wichtigsten Dinge verweisen. Die Große Koalition setzt nach wie vor auf die Existenzgründerförderung, auch wenn sie nicht mehr „Einfach anfangen“ heißen darf,

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, DIE LINKE: Ja, richtig.)

und auf das Mikrodarlehen, das es jetzt bis 20.000 Euro geben wird. Übrigens haben wir das auch gewollt als Linkspartei. Sie hält fest am Zukunftsfonds, ebenso am bewährten Initiativfonds, den Sie, wenn ich mich recht erinnere, liebe Kollegen von der CDU, früher gern scharf kritisiert haben. Na ja, es war eben nicht Ihre Idee. Aber Sie können sie gerne fortführen. Weitergeführt werden die vorschulische Bildung und die Gesundheitserziehung in den Kitas, das Landespfl egewohngeld und das Landesblindengeld, deren Abschaffung sich die Landesregierung bisher offensichtlich nicht getraut hat. Aber ich habe den Eindruck, dass dieses weiterhin geplant ist, wenn ich in die Mittelfristige Finanzplanung schaue.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Richtig. – Irene Müller, DIE LINKE: Sehr richtig. – Jörg Heydorn, SPD: Von Abschaffen steht da nichts drin.)

Die seit Jahren stabile Sport- und Kulturförderung wird nicht angetastet

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

und auch nicht das Programm der Jugend- und Schulsozialarbeit. Selbst das Bildungsfreistellungsgesetz wird nicht abgeschafft, obwohl es der CDU immer ein Dorn im Auge war.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und auch der Aktionsplan Klimaschutz und die Förderung der Kleinkläranlagen bleiben auf der Tagesordnung.

Grundsätzlich sind wir sehr dafür, dies alles fortzuführen, aus unserer Sicht richtigerweise. Das ist das eine, was wir vorzutragen haben. Aber auf der anderen Seite nehmen Sie politische Weichenstellungen vor, die dem Land schaden und aus unserer Sicht völlig falsche Richtungen angehen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

meine lieben Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition.

(Egbert Liskow, CDU: Das haben andere auch acht Jahre lang gesagt.)

Das sind Fehlentscheidungen, die ich hier klar benennen will: …

Auf die Kommentare von der Opposition aus den vergangenen Jahren würde ich auch ganz gern eingehen, die Sie damals vorgebracht haben, aber dafür fehlt die Zeit.

Das sind Fehlentscheidungen, die ich hier klar benennen will: Von aktiver Arbeitsmarktpolitik kann keine Rede mehr sein. Was bleibt, ist einseitig auf den sogenannten ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet. Im Klartext heißt das, die Landesregierung reagiert auf die zunehmende Verfestigung von Langzeitarbeitslosigkeit, indem sie einfach untätig bleibt,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

untätig, obwohl zahlreiche Projekte mit der De-factoAbschaffung der gemeinwohlorientierten Arbeitsförderprojekte vor dem Aus stehen. Bei allen unseren Vor-OrtBesuchen – sicher wird es Ihnen genauso gehen – wird uns das immer wieder vorgetragen. Stattdessen lobt die Landesregierung, dass es mehr sozialversicherungspfl ichtige Beschäftigung im Land gibt, blendet aber völlig aus, dass ebenso die Zahl der Menschen zunimmt, die von ihrem Lohn allein nicht leben können und deshalb ergänzendes Arbeitslosengeld II benötigen, um halbwegs über die Runden zu kommen.

Von der Bundesregierung sind wohl keine wirksamen Programme zu erwarten, die den Menschen statt EinEuro-Jobs und unwürdigem Kombilohn endlich sozialversicherungspfl ichtige und existenzsichernde Arbeit ermöglichen. Das aber brauchen wir im Bereich der öffentlich geförderten Beschäftigung, um etwas Nachhaltiges aufzubauen. Und das muss natürlich auch fi nanziert werden. Wir haben bewiesen, dass so etwas machbar ist.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Über die Initiative Jugend- und Schulsozialarbeit sind hochwertige und auf Kontinuität ausgerichtete Arbeitsplätze entstanden. Aber statt die Initiative auszubauen, weil der Bedarf steigt, beabsichtigt die Landesregierung, die Mittel so aufzuteilen, dass es zulasten der Jugendsozialarbeit geht. Das ist angesichts der realen Situation nicht hinnehmbar. Vielmehr müssen wir etwa 3 Millionen Euro mehr in die Hand nehmen, um ganz richtig mehr Schulsozialarbeit zu ermöglichen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Wir dürfen aber auf der anderen Seite im Bereich der Jugendsozialarbeit keine Lücken zulassen.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Richtig, das geht zulasten der Fläche.)

Im Übrigen halten wir an unserer Forderung fest, dass langfristig an jeder Schule mindestens ein Schulsozialarbeiter oder eine Schulsozialarbeiterin beschäftigt sein sollte.

(Heike Polzin, SPD: Das steht auch im Koa-Vertrag, Herr Methling. – Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Ja, da würden wir Sie gern unterstützen, falls es Ihnen an Zustimmung mangelt.

(Heike Polzin, SPD: Wir haben aber immerhin schon mal abgekoppelt vom Rückgang der Geburten.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, fast alltäglich hören wir vollmundige Ankündigungen der Landesregierung in Sachen Familienpolitik und Kinderfreundlichkeit –

(Heike Polzin, SPD: Also in der Richtung haben wir ja wohl was zusammen vorbereitet. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Daran kann ich mich sehr gut erinnern.)

bislang, nach unserer Einschätzung, eine reine Mogelpackung und leeres Geschwätz. Statt Chancengleichheit verfährt die Landesregierung nach dem Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“. Ja, die Absenkung der Elternbeiträge ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dies darf aber nicht damit bezahlt werden, indem bei der vorschulischen Bildung gekürzt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Hier bei den Kindern zu sparen ist ein Irrweg. Ganz nebenbei bemerkt: Die 7 Millionen Euro für die vorschulische Bildung sind gesetzlich verankert. Wenn Sie daran rütteln, ohne das Gesetz zu verändern, begehen Sie Rechtsbruch.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Damit nicht genug. Auch die vom Bund zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel zum Ausbau der Krippen sollen zur Absenkung der Elternbeiträge verwendet werden. De facto packt diese Landesregierung, obwohl sie es ständig anders proklamiert und suggeriert, kein Geld zusätzlich ins System. Sie mogeln sich an den Problemen vorbei und bleiben auch an dieser Stelle untätig. Dabei wäre genug Geld vorhanden, um einen Schritt nach vorn zu gehen. Grenzen Sie Kinder, deren Eltern arbeitslos sind, nicht länger aus, sichern Sie ihren Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz im Kindergarten!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und ich wiederhole, Herr Sozialminister, wir wollen Sie beim Wort nehmen im Landtag, bei dem, was Sie täglich im Lande sagen.