Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

Ich komme zum Ende.

(Jörg Heydorn, SPD: Ausmachen!)

Wer dieses alles begrüßt, soll frei nach Wowereit sagen:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Setzen Sie sich hin, Herr Müller!)

Wir haben eine Aidsepidemie und das ist auch gut so.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ja unverschämt.)

Und er sollte sich besser jede Kampagne sparen. Wir lehnen den Antrag ab. – Tschüss!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1109 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1109 bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der FDP, aber Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/1057 mit den eben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/1057 mit den soeben beschlossenen Änderungen bei Zustimmung der Frak

tion der SPD, der CDU, der Fraktion DIE LINKE, der FDP und Ablehnung der Fraktion der NPD angenommen.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Sicherung der Zukunft der Theater und Orchester des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/1052(neu).

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Sicherung der Zukunft der Theater und Orchester des Landes Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/1052(neu) –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Koplin von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Beginnen möchte ich mit vier Grundsätzen:

Erstens. Gesellschaftliche Änderungen wie die Globalisierung, der demografi sche Wandel, die interkulturelle Gesellschaft sowie die Ausbreitung der elektronischen Medien stellen den Kulturbereich vor neue Herausforderungen. Erhöhte Anforderungen sind dabei an das Gewährleisten der kulturellen Daseinsvorsorge gestellt. Und das bedeutet, dass ein fl ächendeckendes Kulturangebot in den verschiedenen künstlerischen Sparten zu erschwinglichen Preisen mit niedrigen Zugangsschwellen breiten Teilen der Bevölkerung kontinuierlich und verlässlich zur Verfügung gestellt werden muss, auch im Bereich der Theater und Orchester.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Das heißt, kulturelle Daseinsvorsorge darf sich nicht darin erschöpfen, ein Angebot bloß bereitzuhalten. Die Politik – und damit wir – ist gefordert, unter Beteiligung der Einwohnerinnen und Einwohner Entscheidungen über den Umfang des kulturellen Theater- und Orchesterangebots zu treffen und nach diesen Entscheidungen für eine adäquate Mittelausstattung Sorge zu tragen.

Zweitens. Unter dieser Prämisse ist es Aufgabe, die angespannte Situation der Theater und Orchester zu entspannen. Dazu beitragen werden jedoch nicht weitere Fusionen und eine Weiterführung der Praxis von Haustarifverträgen, von der ja bekanntlich selbst fusionierte Theater nicht verschont werden.

Drittens gilt es, neue Krisenherde zu verhindern. Selten jedoch fi nden die kulturpolitischen Auseinandersetzungen statt, ohne dass das Theater Schaden nimmt oder sich schließlich doch in erheblichem Umfang auf weitere Kürzungen einstellen muss.

(allgemeine Unruhe – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist sehr unkulturvoll hier.)

Ja, die Kultur im Hause lässt zu wünschen übrig.

Meine Damen und Herren, ich bitte doch um ein bisschen Aufmerksamkeit.

Danke schön, Frau Präsidentin.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist wie im Theater hier.)

Viertens. Theater – genau das ist das Thema – ist ein Ort der Auseinandersetzung, des Dialogs, der Produktion, des Genusses, der Leidenschaft, der Spannung und der

Entspannung. Wo ein Theater geschlossen wird, stirbt ein Stück unserer Identität.

Sehr geehrte Damen und Herren, Theater sind ein historisches Erbe, dessen hohe Qualität und dessen Quantität es in Mecklenburg-Vorpommern zu erhalten und fortzuentwickeln gilt als Orte des Fragens nach dem Sinn des Lebens, nach Werten und Orientierungen für das Zusammenleben, als Orte des Thematisierens von individuellen, gesellschaftlichen und politischen Konfl ikten und Entwicklungen in Vergangenheit und Gegenwart und damit als Zukunftswerkstätten. Lebensqualität, Kreativität und Innovation sind für die Zukunft einer modernen Gesellschaft unverzichtbar. Bestimmt werden sie maßgeblich durch Theater wie Kultur insgesamt. Verlässliche Rahmenbedingungen, wozu ganz vorn die mehrjährige Planungssicherheit gehört, sind wichtig, um die wesentlichen Strukturelemente des Theaterbetriebes zu erhalten, nämlich Ensemble und Repertoire.

Wenn ich von Planungssicherheit über mehrere Jahre spreche, dann unter Einbeziehung der Kostensteigerungen. Die seit Jahren eingeforderte, aber immer wieder verwehrte Dynamisierung der Fördermittel ist ein handfestes Problem. Der Kulturetat des Landes bewegt sich seit 1990 auf einem unveränderten sehr niedrigen Niveau. Die Fördermittel für Theater und Orchester sind seit 14 Jahren eingefroren und werden ausschließlich von den Kommunen getragen, und das bei inzwischen steigenden Staatseinnahmen. Die fehlende Dynamisierung der Fördermittel wird angesichts der Preisentwicklungen – allein bei Energiekosten innerhalb kurzer Zeit um circa 30 Prozent – und Tarife weiterhin bei den Theatern und Orchestern zu Kürzungen, zu Personalabbau und zu Gehaltsverzicht bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen. Das aber ist den Theatern und der Kultur dieses Landes nicht mehr zuzumuten.

Gleichwohl war die Landespolitik in den vergangenen Jahren nicht untätig. Auf Beschluss des Landtages im Mai 2003 wurde die Ständige Theaterintendanten- und Orchesterkonferenz des Landes Mecklenburg-Vorpommern eingerichtet, in der auch die im Landtag vertretenen Fraktionen mitarbeiteten. Sie sollte die kulturpolitische Diskussion führen, um in Mecklenburg-Vorpommern die reiche und vielfältige Theater- und Orchesterlandschaft zu erhalten.

In diesem Zusammenhang muss auf die im Dezember 2000 veröffentlichte „Expertise Theater und Orchester in Mecklenburg-Vorpommern“ verwiesen werden. Auf wesentliche Aussagen dieser Expertise will ich verweisen. Es sei „nicht damit zu rechnen, dass die Ausgabenentwicklung“ – gemeint sind die der einzelnen Einrichtungen – „durch eine Steigerung der eigenen Einnahmen abgefangen werden kann.“ Zitatende. Vom Land seien, Zitat, „klare inhaltliche Schwerpunkte zu setzen und Positionen zu beziehen, anstatt Entscheidungen in die Kommunen zu verlagern, die ohne ein Gegensteuern des Landes die Theater und Orchester in MV gleichmäßig an den Rand der Handlungs- und künstlerischen Leistungsfähigkeit bringen müssen.“ Zitatende.

Diese Aussagen sind nach wie vor hochaktuell und stellen nach wie vor einen einzulösenden Auftrag dar. Es zeichnet sich deutlich ab, dass das gemeinsame Konzept verschiedener Ministerien vom 15. August 2005 keines der Probleme wirklich löste. Sicher, im Ergebnis der Arbeit der Theaterintendanten- und Orchesterkonferenz gab es mehrheitlich Zustimmung zu diesem Konzept, zum Teil sehr widerstrebend. Es legte Wichtungsfaktoren für die

Förderung bis 2009 fest. Dabei sollte bei der Theaterfi nanzierung ein Leistungsprinzip eingeführt werden. Die Bezuschussung wird unter anderem abhängig gemacht von den Zuschauerzahlen und der Rentabilität. Ziel der Umstrukturierung sollte sein: Stärkung der Mehrspartentheater, Beförderung von Kooperationen und Fusionen, Belohnung hoher Besucherzahlen und geringer Kosten. Wer Besucherzahlen erhöhen kann, bei den Ausgaben spart und trotzdem mehr einnimmt, darf mit höheren Zuschüssen rechnen. So das damalige Konzept.

Wer sich daraufhin die reale Situation ansieht, wird unschwer die Diskrepanz zwischen Absicht und Erreichtem feststellen. Nach wie vor leiden die Theater unter der Deckelung der Zuwendungen des Landes beziehungsweise den Vorwegabzügen über das FAG, den zum Teil schrumpfenden Zuwendungen durch die Kommunen und den explodierenden Kosten.

Ich gehe davon aus, dass uns allen der Stellenwert der Theater und Orchester, im Übrigen auch gegen rechtsextremistische Einfl üsse, bewusst ist. Denn die produzierenden Theater unterstützen zum Beispiel Kinder- und Jugendarbeit durch Jugendtheater, Jugendchor, Amateurtheater, Theater mit und für Menschen mit Behinderungen und anderem mehr, was Verantwortungsbewusstsein für Humanität und Respekt vor anderen Kulturen stärkt. Und bei allem droht …

(Udo Pastörs, NPD: Theater spielen gegen Rechts. – Peter Ritter, DIE LINKE: Zum Beispiel, Herr Pastörs.)

Warum nicht, Herr Pastörs? Warum nicht?

Und bei allem droht aufgrund der fi nanziellen Strangulierung eine erzwungene Reduzierung des kulturellen Angebots.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich verweise nur auf die Schlagzeilen um das Rostocker Theater, auch um das Theater Schwerin,

(Irene Müller, DIE LINKE: Genau.)

aber ebenso auf Überlegungen in den Kreisen beziehungsweise weiteren Kommunen, ihren Theateretat zu reduzieren, wie zum Beispiel im Müritzkreis, beziehungsweise weiter zu reduzieren oder überhaupt Finanzen für Theater weiterhin vorzuhalten.

(Egbert Liskow, CDU: Das ist ja auch gar nicht so einfach.)

Das ist nicht einfach, das will ich wohl sagen. Aber es ist auch eine Verantwortung, der wir hier an dieser Stelle begegnen müssen. Wir dürfen die Kommunen nicht alleine lassen, aber konstatieren müssen wir das schon.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Es ist fatal zu glauben, die Kultur und insbesondere die Kunst seien etwas Zweitrangiges, etwas, dem man sich auch noch später widmen kann, nachdem man die ökonomischen Probleme in den Griff bekommen hat. Wenn ein Theater geschlossen ist, wird es nicht wieder geöffnet, das haben Beispiele in Städten anderer Bundesländer bewiesen. Wenn sich kein Theater mehr ein künstlerisches Risiko erlauben zu können glaubt, weil die eventuelle Ablehnung des Publikums sofortige Subventionskürzungen nach sich ziehen würde, wenn die Kultur es nicht mehr schafft, gewisse Räume zu besetzen, werden demokratie- und kulturfeindliche Gruppen diese besetzen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Und da bin ich wieder beim gegenwärtigen Theaterfi nanzierungskonzept und bei der Tatsache, dass es nur noch zwei Jahre Gültigkeit hat.