dann, glaube ich, ist genau der Ansatz, die Bekämpfung der Ausländerkriminalität in den Mittelpunkt zu stellen, der falsche Ansatz.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Armin Jäger, CDU: Das hat sie doch gar nicht gesagt!)
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Das ist verschweigen, die Wahrheit verschwei- gen. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)
Ich habe vorhin von der gemeinsamen Erklärung von tausend Wissenschaftlern gesprochen. In dieser Erklärung heißt es: „Mit der Abschiebung straffälliger jugendlicher Ausländer ist bereits vor Jahren ein gefährlicher Weg beschritten worden. Jugendliche, die in Deutschland aufwachsen und hier straffällig werden, sind ein Problem dieser Gesellschaft, das nicht einfach abgeschoben werden kann.“
(Michael Andrejewski, NPD: Das ist ein importiertes Problem. – Stefan Köster, NPD: Das ist ein Problem Ihrer multikulturellen Wirklichkeit. – Michael Andrejewski, NPD: Das haben wir vom Multikultiland.)
„Der überproportional hohe und in den vergangenen Jahren stetig gestiegene Anteil ausländischer Jugendlicher in den Jugendstrafvollzugsanstalten ist auch ein Ergebnis gescheiterter Integration.“ Und dazu sollten wir uns gemeinsam bekennen und eine bessere Integration auf den Weg bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Michael Andrejewski, NPD: Zu Ihrem Versagen sollten Sie sich gemeinsam bekennen. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)
„Dies hat keineswegs zu einem Absinken der registrierten Straftaten in dieser Gruppe geführt. Einsperren und Abschieben sind keine Mittel zur Lösung gesellschaftlicher und sozialer Probleme.“
Ich habe hier auch leider ein paar Widersprüche gehört. Herr Nieszery sprach davon, die Statistik sagt, die Jugendstraftaten sind weniger geworden. Frau Ministerin hat gesagt, sie sind leicht angestiegen. Ja, was denn jetzt? Das eine oder das andere?
Dann möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir im Zusammenhang mit der Frage Warnschussarrest überhaupt nicht darüber gesprochen haben, inwieweit diese gesamte Frage rein rechtlich möglich ist und ob es da nicht verfassungsmäßige Bedenken gibt,
denn doppelt bestrafen ist ein bisschen schwierig. Auch darauf weisen die Experten in ihrer Erklärung hin.
Ich kann nur feststellen für mich, die Entwicklung der Jugendkriminalität ist in Mecklenburg-Vorpommern und darüber hinaus im gesamten Bundesgebiet seit Jahren rückläufi g, insbesondere im Bereich der Gewaltkriminalität. Natürlich ist jede Straftat eine Straftat zu viel. Wir sollten aber darauf achten, nicht unbewusst und gar bewusst bei der Bevölkerung den Eindruck zu erwecken, als nehme das Phänomen der Jugendkriminalität von Jahr zu Jahr zu. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, wir reden hier über unsere Kinder und Enkelkinder. Das ist unser Spiegelbild.
Und wenn man es heute vom Prinzip her so darstellt und Sie anhört, dann erscheint es im Grunde genommen so,
als wenn die Jugendlichen im Land Mecklenburg-Vorpommern und in Deutschland in erster Linie kriminell sind. Und ich glaube, das sind sie nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Nicht Jugendliche, aber die ausländischen Jugend- lichen sind in erster Linie kriminell! Leider ist das so. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)
Nach Prognosen von Kriminologen wird die Kriminalität im kommenden Jahrzehnt sogar um 30 Prozent zurückgehen.
Die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten sind vollkommen ausreichend. Ein schärferes Jugendstrafrecht wäre gemessen an der heutigen Strafbemessungspraxis völlig wirkungslos. Die Gerichte verhängen aber nur
selten die Höchststrafe. Von über 100.000 Angeklagten wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahre 2006 bundesweit nur 91 Angeklagte zur höchsten Strafkategorie von fünf bis zehn Jahren verurteilt. Von den Heranwachsenden verbüßten nur vier Täter die Höchststrafe. Und da sind doch rechtliche Möglichkeiten, die wir bislang noch nicht ausgeschöpft haben. Warum hinterfragen wir nicht, warum die möglichen Höchststrafen nicht ausgenutzt werden?
Auf den Warnschussarrest habe ich bereits hingewiesen. Ich für meinen Teil kann nur sagen, es ist nicht gut, dass wir uns hier im Landtag Mecklenburg-Vorpommern auf keine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung der Jugendkriminalität verständigen können.
Ich möchte darum bitten, dass wir auch in Zukunft an diesem Thema dranbleiben, und zwar unter dem Gesichtspunkt: Prävention stärken und nicht Strafverschärfung für Jugendliche.
Frau Borchardt, ich hätte mir gewünscht, Sie hätten es gelassen. Aber Sie hatten ja einen Redebeitrag, den Sie noch anbringen mussten, und bei der Gelegenheit haben Sie dann gleich versucht, mich zu diskriminieren. Das weise ich zurück. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich das Recht habe, auszusprechen, wovon ich überzeugt bin.
Ja. Und ich bin auch so unglaublich glücklich darüber, dass man das hier kann, ohne hinterher Repressalien zu erleiden.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Das hat Frau Borchardt nicht ganz so realisiert. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Auch ich darf das aussprechen.)
Und, Frau Borchardt, es ist mir als Allerletzte zu unterstellen, dass ich die Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern kriminalisieren wollte. Im Übrigen, bei Jugendlichen, wenn sie so im Alter von 15, 16 Jahren sind, denken wir nun mal: Menschenskinder, wie ticken die eigentlich? Die sind heute nicht schlimmer, als sie es vor hundert Jahren waren. Aber die Jugendlichen denken mittlerweile heute, dass wir nicht ganz richtig ticken. Das ist das Problem. Und ich glaube, wir sollten ihnen eine Chance geben, sich vernünftig zu entwickeln.