Protokoll der Sitzung vom 30.01.2008

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Borrmann. Bitte, Herr Borrmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Bürger des Landes! Liebe Scharlatane!

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das kann ja wohl nicht wahr sein!)

Die NPD …

Herr Abgeordneter Borrmann, für die erneute Missachtung des Parlamentes in der Anrede, obwohl Sie gerade, wenige Redner davor, einen Ordnungsruf für die letzte Sitzung erhalten haben, in der Sie auch keine dem Hause entsprechende Anrede des Parlaments verwendet hatten, erteile ich Ihnen wiederum einen Ordnungsruf.

Die NPD lehnt den seinerzeit von der Linkspartei.PDS eingebrachten Antrag „Grüne Gentechnik“ sowie den im Agrarausschuss von den Koalitionsfraktionen der SPD und CDU eingebrachten und beschlossenen Änderungsantrag mit aller Entschiedenheit ab. Ich möchte die Ablehnung der Drucksachen 5/77 und 5/1185 begründen.

Erstens. Die Koexistenz zwischen konventionellem Anbau und Gentechnikpfl anzung ist nicht möglich, wie Erfahrungen gezeigt haben.

Zweitens. Die Vermischung von Gentechniksaatgut mit konventionellem Saatgut ist auch außerhalb des Anbaus gegeben.

Drittens. Die Gefahren, die von gentechnisch veränderten Pfl anzen für Ökologie, Tierzucht und menschliche Ernährung ausgehen, sind bis heute nicht ausreichend in langfristigen Studien untersucht worden.

Viertens. Die Zulassung von Gentechnikpfl anzung stellt eine Abkehr vom Vorsorgeprinzip dar. Die Gefährdung wird so lange bestritten, wie sie nicht nachgewiesen wurde. Die Umkehrung der Beweislast wäre so, als würde eine Bekämpfung der Vogelgrippe des Virenstamms H5N1 so lange unterbleiben, bis sich nachweislich eine Epidemie dieser Viren unter den Menschen ausbreitet.

Fünftens. Die Anwendung der grünen Gentechnik ist eine notwendige Folge der verfehlten industrialisierten Landwirtschaft mit Monokulturen, einer Verarmung der Ökosysteme und exponentiell anwachsenden Schädlingspopulation. Grüne Gentechnik ist Voraussetzung für die Fortsetzung der im Sozialismus geschaffenen verfehlten Agrarstrukturen, Strukturen, die heute oft noch von den ehemaligen Genossen verwaltet werden, weshalb sie auch von der LINKEN scheinheilig geduldet statt kompromisslos bekämpft werden.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sechstens. Grüne Gentechnik führt zu einer Feudalisierung unserer Landwirtschaft. Das Saatgut bleibt nicht mehr Eigentum der Bauern, sondern ist nur noch in dessen Besitz. Die Konsequenz: Die Nutzer von Gensaatgut werden in ein Treue- und Vasallenverhältnis der Gentechnikkonzerne gepresst, sind diesem auskunfts- und rechenschaftspfl ichtig. Vermarktung und Absatz werden von der Gentechnikindustrie ebenfalls kontrolliert.

Siebtens. Grüne Gentechnik zerstört dauerhaft die Basis für den ökologischen Landbau. Dieser ökologische Landbau mit einer arbeitsintensiven Technologie ist die einzige Perspektive für unsere von Abwanderung, Arbeitslosigkeit und Verelendung geprägte Region, das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.

Achtens. Die Wahlfreiheit zwischen grüner Gentechnik und konventioneller Landwirtschaft mag dem Artikel 1 des Grundgesetzes, mag der Unantastbarkeit der Würde des Menschen entsprechen, aber ebenso, wie die Würde des Menschen, seine Ehre und vordergründige freie Ent

scheidungsfreiheit ein Gebot der Politik sind, sind dies auch Gesundheit und Glück der Völker. Das Heil unseres deutschen Volkes liegt uns mehr am Herzen als die zweifelhaften Versprechen der profi tgeilen Genkonzerne und ihrer Investoren, Versprechen von der Entscheidungsfreiheit in Würde und sorglosem Wohlstand.

Neuntens. Wir setzen uns – übrigens neuerdings auch der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy – für eine endgültige Abkehr von der grünen Gentechnik ein, damit wir auch morgen noch gesund und munter ausrufen dürfen:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben doch bestimmt mit ihm telefoniert, Herr Borrmann.)

Bewahrt eure Gesundheit, Bürger des Landes! Weg mit dem Gendreck!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Dr. von Storch. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion stimmt der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu. Das Wesentliche ist gesagt. Ich kann mich eigentlich kurzfassen als sechster Redner. Wir schließen uns der grundsätzlichen Auffassung an, dass es Wahlfreiheit geben muss. Wir sind der Auffassung, dass das Bundesrecht zwar grundsätzlich die EU-Richtlinie befolgt, aber dass da doch noch – und das hat der Minister zum Ausdruck gebracht – Nacharbeit nötig ist.

Wir sind immer dafür eingetreten, dass Lebens- und Futtermittel eindeutig gekennzeichnet werden müssen. Wir müssen uns schließlich vor Augen führen, wenn alle von uns hier aufgezählten Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturschutzgebiete vom Anbau gentechnisch veränderter Organismen ausgenommen werden sollten, würde dies in Mecklenburg-Vorpommern einer Fläche von 295.907 Hektar entsprechen. Jeder von Ihnen kann sich ausrechnen, was das bedeutet.

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Und wir sind deshalb der Meinung, dass es richtig ist, wie das der Ausschuss festgelegt hat.

Meine Damen und Herren, schließlich möchte ich Sie auf Folgendes hinweisen. Herr Professor Tack hat ja gesagt, wir werden uns auch in Zukunft mit der grünen Gentechnik beschäftigen. Ich füge hinzu, ich glaube, dass wir hier Wichtigeres zu tun haben. Fest steht, meine Damen und Herren, wenn, wie der Minister gesagt hat, in der Welt inzwischen mehr als 100 Millionen Hektar Ackerland mit gentechnisch veränderten Pfl anzen bebaut werden und wir im Rinder- und Schweinefutter über 90 Prozent gentechnisch veränderter Futtermittel haben, dann ist das eine Tendenz, die wir mit Sicherheit nicht rückgängig machen. Und wir müssen uns überlegen, wir werden diese Entwicklung nicht aufhalten, wir müssen ihrer Herr werden, um die Gefahren schädlicher Auswirkungen auszuschließen.

Und, meine Damen und Herren, vergessen wir nicht …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich will mal wissen, wie Sie das machen wollen. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Forschung ist angesagt, Herr Kollege.

(Udo Pastörs, NPD: Wie wollen Sie das tun? – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Vergessen wir nicht, meine Damen und Herren, …

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Raimund Borrmann, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Hören Sie doch mal ausnahmsweise zu!

Vergessen wir nicht, dass angesichts der Tatsache, dass die Weltbevölkerung anwächst und es in der Dritten Welt unendlich viel Hunger gibt, die grüne Gentechnik von ganz besonderer Bedeutung ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Dem müssen wir Rechnung tragen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Udo Pastörs, NPD: Jawohl.)

Dafür haben auch wir in Europa Verantwortung, es gibt dazu keine Alternative.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und NPD – Stefan Köster, NPD: Bedeutung für die Konzerne.)

Wir müssen sie fördern, ob Sie das wahrhaben wollen oder nicht, und dann werden Sie in Zukunft eines Besseren belehrt,

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

offenbar geht es nicht anders.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Es gibt immer noch Alternativen, Herr von Storch.)

Wir sind jedenfalls der Auffassung, dass wir die Forschung erheblich verbreitern müssen,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

um die Menschen von ihren gegenwärtigen Sorgen und Ängsten vor der Gentechnik zu befreien. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Raimund Borrmann, NPD: Wollen Sie die in die Psychiatrie stecken oder was? – Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Agrarausschuss empfi ehlt, den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/77 in der Fassung seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/1185 anzunehmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist die Beschlussempfehlung des Agrarausschusses bei Zustimmung durch die Fraktionen der SPD, CDU, FDP und vier Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen durch zwei Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE und die Abgeordneten der NPD sowie vier Stimmenthaltungen der Fraktion DIE LINKE angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrages der Finanzministerin, Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2005 – Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht des Landes –, auf der Drucksache 5/125.