Protokoll der Sitzung vom 06.03.2008

(Irene Müller, DIE LINKE: Aber das begreifen Sie ja auch nicht.)

das heißt, in Richtung solidarischer Bürgerversicherung.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Den reden Sie sich aber richtig schön, ne?)

Sie brauchen die PKV, wenn Sie entsprechende politische Mehrheiten haben, nur …

Hören Sie einfach zu, dann wissen Sie danach mehr.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich habe schon zugehört.)

Sie brauchen, wenn Sie die entsprechenden politischen Mehrheiten haben, nur die PKV in den Gesundheitsfonds einzubeziehen oder Sie beziehen andere Einkunftsarten mit ein,

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

dann haben Sie Ihre solidarische Bürgerversicherung, quasi über den Gesundheitsfonds. Und wenn man in die andere Richtung will, also in die Richtung, die die CDU vorhatte, nämlich in die Richtung der Kopfpauschale, dann benutzt man den Fonds zur Auskehrung der Kopfpauschale

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

oder Gesundheitsprämie, Herr Reinhardt. Wie Sie das nennen wollen, ist mir egal. Aber jetzt dem Fonds zu unterstellen, er steht der Entwicklung hin zu einer solidarischen Bürgerversicherung im Wege, das ist einfach absurd. Das stimmt so nicht.

(Ralf Grabow, FDP: In zwölf Monaten sprechen wir uns wieder!)

Der zweite Punkt: Der Gesundheitsfonds hat doch mit der Festsetzung der Beiträge, die die Kassen zurzeit vornehmen, überhaupt nichts zu tun. Der Mitgliedsbeitrag unserer AOK in Mecklenburg-Vorpommern ist so hoch, weil sie auf der einen Seite Schulden reduzieren müssen und weil sie auf der anderen Seite schlechte Risiken versichern. Das gilt im Übrigen auch für alle anderen großen Kassen, die hohe Beiträge haben. Gucken Sie sich an, wer die niedrigen Beiträge hat, kleine Kassen, schlanke Kassen.

(Michael Roolf, FDP: Gut wirtschaften, effektiv arbeiten, kleinere Strukturen haben, keine schlechten Strukturen haben und erfolgreich arbeiten. Das ist so.)

Mit Wirtschaften hat das nichts zu tun. Die haben keine Filialstruktur und dergleichen und sie versichern geringe Risiken. Das macht letztendlich den Beitrag aus.

Wenn man sich den Gesundheitsfonds anguckt, dann gibt es schon Disfunktionalitäten, also die Tatsachen, dass perspektivisch 95 Prozent der Gesundheitskosten über den Fonds fi nanziert werden sollen, der Zusatzbeitrag aber auf 1 Prozent gekappt ist. Da stellt sich schon die Frage: Woher kommt der Rest des Geldes? Das sind Dinge, die wird man hier noch beantworten müssen. Das will ich Ihnen gerne zugestehen.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Oder auch die Tatsache, dass es natürlich Kassen gibt, zu denen Versicherte gehören, die in der Regel weniger verdienen, als das in anderen Regionen der Fall ist. Das heißt, in Baden-Württemberg oder Bayern haben Sie letztendlich andere Einkommen, als das bei uns in Mecklenburg-Vorpommern der Fall ist, und somit fällt das eine Prozent auch höher aus. Aber alles in allem kann ich mich doch nur dem anschließen, was der Minister gesagt hat. Wenn wir uns angucken, was das für die AOK in Mecklenburg-Vorpommern bedeutet, die die Kasse ist, die die meisten Versicherten hat,

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

da geht der Beitrag nach unten und die AOK in Mecklenburg-Vorpommern wird über die Tatsache, dass der Morbi-RSA in den Fonds mit einbezogen wird, …

(Torsten Koplin, DIE LINKE: 50 bis 80 Krankheitsbilder. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Das steht noch nicht ganz fest. Zwischen 50 und 80. Aber das Entscheidende wird sein, Herr Koplin, um welche Krankheiten es dabei geht, also was letztendlich in den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich aufgenommen wird. Das wird das Entscheidende sein. Und das hat sicherlich noch bestimmte Auswirkungen. Aber im Augenblick haben wir überhaupt keinen MorbiRSA und ich glaube, wir haben vier Faktoren, die zum Ausgleich kommen. Das Thema Alter, glaube ich, ist ein Punkt dabei. Aber alles andere bleibt unberücksichtigt.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das sieht der Vorstand der BARMER aber anders.)

Wir als Land Mecklenburg-Vorpommern werden zum überwiegenden Teil über den Gesundheitsfonds gewinnen, das heißt, es wird mehr Geld nach MecklenburgVorpommern hineinkommen und es wird dazu führen, dass hier die Belastung der Versicherten eher zurückgeht. Auch die paritätische Finanzierung wird doch nicht aufgehoben. In dem Gesundheitsfonds wird doch in vollem Umfang paritätisch einfi nanziert. Und wenn man sagt, okay, der Zusatzbeitrag ist eine Sache, die bleibt dann am Arbeitnehmer hängen, dann ist das richtig.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja, nur. – Vizepräsident Hans Kreher übernimt den Vorsitz.)

Aber es gibt auf der anderen Seite Kassen, die Prämien rückvergüten. Davon kriegt der Arbeitgeber doch auch nichts ab. Also wenn Sie an der Stelle A sagen, müssen Sie auch B sagen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das muss man nicht.)

Insgesamt ist Ihr Antrag derartig unausgegoren und auch sachlich falsch, dass wir den nur ablehnen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Was halten Sie von Herrn Lauterbach?)

Von Herrn Lauterbach? Herr Lauterbach ist ein schlauer Mann, der nicht immer alles von sich gibt, was er sagt.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Der Unsinn redet, ja?)

Der nicht immer alles von sich gibt, was er sagt,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aha!)

oder nicht alles, was er weiß.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist aber ein schlauer Mann, du! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Herr Heydorn.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem von Rot-Schwarz für 2009 beschlossenen Gesundheitsfonds wird eines erneut sehr deutlich: Die politische Klasse verfügt im Gesundheitswesen über keinerlei langfristige Konzepte. Die Versicherten sollen – so ist allgemein der Wunsch – erkennen, ob ihre Kran

kenkasse wirtschaftlich arbeitet. Kann aber jeder Kasse, in der mehrheitlich Geringverdiener, Ältere und Kranke versichert sind, wirklich Unwirtschaftlichkeit vorgeworfen werden? Sicher betrug bei der AOK, um ein Beispiel zu nennen, der Mittelzufl uss in 2007 15 Milliarden Euro. Die Annahme, dass mit dem Gesundheitsfonds nun diese durch die Versichertenstruktur bedingten Wettbewerbsnachteile zurückgehen oder gar verschwinden, ist doch nur Träumerei. In Wahrheit sind Auswirkungen des Gesundheitsfonds unter anderem die teilweise Verlagerung der Beitragsrisiken auf die Arbeitnehmer, denn wenn die eigene Kasse mit dem Geld nicht auskommt, werden Zusatzbeiträge fällig.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Dieses nennen Sie, meine Damen und Herren von der CDU, wahrscheinlich auch noch sozial.

Mit der Einrichtung des Fonds werden die Beitragsprobleme der Krankenkassen nicht gelöst. Es ist ein Beitrag zu noch mehr Bürokratie statt zu einer strukturellen Vereinfachung der gesetzlichen Krankenversicherung.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Es steht jetzt schon fest, dass die Versicherten letztendlich mehr an Beiträgen entrichten müssen, ohne jedoch in den Genuss einer Verbesserung ihrer Versicherung zu kommen. Der Anstieg des Krankenversicherungsbeitrages bis 2009 auf 15,3 oder 15,4 Prozent – es wird ja noch fl eißig gewürfelt – wird auch von den verschiedensten Sachverständigen angenommen. Die hiesige AOK hat ja, wie hier schon gesagt, vorsorglich den Beitragssatz auf 15,8 Prozent erhöht. Eines haben Sie mit dem Gesundheitsfonds in jedem Fall bewirkt, und zwar einen gravierenden Vertrauensbruch

(Harry Glawe, CDU: Ja.)

und einen gravierenden Vertrauensverlust gegenüber den Krankenkassen.

Bereits Ihre Praxisgebühr hat sich zum Bürokratietiger erwiesen. Tausende in Mecklenburg-Vorpommern sind zwischenzeitlich dazu übergegangen, sie gar nicht mehr zu zahlen. „Deutsche fürchten Kollaps des Gesundheitssystems“, so schrieb „Die Welt“ am 22. November vergangenen Jahres. Vor allem macht sich die Angst vor einer Zweiklassenmedizin breit. Wir benötigen in Deutschland dringend einen grundlegenden Strukturwandel im Gesundheitswesen.

Welche Maßnahmen sind nun zwingend notwendig? Deutschland benötigt ein Gesundheitssystem, welches möglichst frei von betriebswirtschaftlichen Zwängen ist. Statt den mehr als 200 Krankenkassen halten wir eine Gesundheitskasse für vollkommen ausreichend. Zudem ist es unerlässlich, dass unabhängig vom Einkommen und vom berufl ichen Status eine Versicherungspfl icht für alle in einer gesetzlichen Gesundheitskasse besteht,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

wo gleiche medizinische Leistungen bei jedem Versicherten gleich bezahlt werden. Allein diese wenigen Maßnahmen würden unserem Gemeinwesen unheimlich nützen und die Volksversicherung des Begründers staatlicher Sozialpolitik der Neuzeit, dem Reichskanzler Bismarck, erhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Reinhard Dankert, SPD: Sie haben noch vergessen, nur für Deutsche!)