Protokoll der Sitzung vom 06.03.2008

(Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)

Dazu, dass das auch in den kommenden Jahren noch so sein wird, wird der Gesundheitsfonds ab 2009 einen ganz wichtigen Beitrag leisten. Die Alternativmodelle mögen hinsichtlich der Bürgerversicherung interessant sein, aber da, fi nde ich, ist die angedachte Finanzierung mit einer schrittweisen Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze doch etwas realitätsfern. Ich habe den Eindruck, dass da mehr versprochen als gehalten wird. Ich meine, wir sollten den Antrag ablehnen. Und noch einmal ganz klar: Für dieses Land Mecklenburg-Vorpommern ist die Einführung des Gesundheitsfonds ein Vorteil, kein Nachteil. Das ist eine gerechte Lösung und die Abschaffung wäre für uns sehr schädlich. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Macht Herr Lauterbach also Lobbyarbeit für Baden-Württemberg?)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Grabow von der Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin, zuerst muss ich mich entschuldigen bei Herrn Timm, weil ich ihm über den Zeh gefahren bin. Das war eben ein kleiner Arbeitsunfall.

(Zuruf von Heike Polzin, SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Der Gesundheitsfonds löst kein Problem der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern er schafft neue Probleme.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Recht hat er. – Irene Müller, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Die Finanzierungsprobleme werden durch die wachsende Gesundheitsbranche sogar noch verschärft. Vorsorge im Hinblick auf die Auswirkung der demografi schen Entwicklung mit der Gefahr massiv steigender Beitragssätze in den nächsten Jahren wird nicht getroffen. Stattdessen steigen die bürokratischen Aufwendungen erheblich, wenn die Beitragsgelder nicht bei den Krankenkassen verbleiben, sondern über das Bundesversicherungsamt nach erfolgter Umschichtung wieder an die gesetzlichen Krankenkassen zurückgezahlt werden.

Die individuellen Beitragssätze der Kassen werden ab dem Jahr 2009 durch einen staatlich festgesetzten, bundesweit einheitlichen Beitragssatz ersetzt. Der individuelle Beitragssatz wird damit als Wettbewerbsfaktor ausgeschaltet. Der Beitragssatz wird zur politischen Größe, die sich an der Kassenlage und dem Zeitpunkt innerhalb der Wahlperiode ausrichtet, nicht jedoch an gesundheitspolitischen Notwendigkeiten. Fehlentscheidungen wirken sich nicht nur auf eine einzelne Krankenkasse, sondern auf den gesamten Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auf 90 Prozent der Bevölkerung aus.

Mit der staatlichen Beitragssatzfestsetzung und der Zahlung von Zuweisungen an die Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds ergibt sich die große Gefahr eines Mentalitäts- und Strategiewechsels. Die Aktivitäten der Krankenkassen werden sich darauf ausrichten, möglichst viel Geld aus dem Gemeinschaftstopf zu erhalten. Sie werden nicht mehr versuchen, Versicherte durch ein überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis zu gewinnen. Verbunden mit der Konstruktion des Zusatzbeitrages werden Qualitätsaspekte gegenüber reiner Kostenüberlegung deutlich ins Hintertreffen geraten.

Soll der festgesetzte Beitragssatz für das Jahr 2009 für jede Krankenkasse ausreichen, ist nach einer Studie des Münchner Gesundheitsinstituts IFG mit einer Steigerung des Beitragssatzes um 0,7 Prozentpunkte von heute durchschnittlich 14,8 Prozent auf 15,5 Prozent zu rechnen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Weitere Berechnungen belegen, dass eindeutig ein Beitragssatz von 15 Prozent zu erwarten ist.

(Harry Glawe, CDU: Sie haben Ihre eigenen Aussagen zurückgezogen.)

Herr Glawe, steigen wird’s. Ich streite mich jetzt nicht mit Ihnen um Zahlen.

(Harry Glawe, CDU: Das bringt auch nichts. – Egbert Liskow, CDU: Was hat denn das damit zu tun?)

Das widerlegt das Ziel der Senkung der Lohnzusatzkosten, das durch die Gesundheitsreform erreicht werden soll. Der Gesundheitsfonds soll unter anderem aus diesen Gründen gar nicht erst geschaffen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Harry Glawe, CDU: Jaja.)

Die Krankenkassen müssen ihre Beitragsautonomie behalten. Der Weg in eine Einheitsversicherung unter Ausschaltung des Wettbewerbes darf nicht weiter beschritten werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Meine Fraktion unterstützt deshalb den vorliegenden Antrag in dem Teil, der einen Stopp des Gesundheitsfonds vorsieht. Die zweite Forderung nach einer solidarischen Bürgerversicherung lehnen wir in dieser Form jedoch ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Die Formulierung ist uns zu unkonkret und benennt zudem nicht die grundlegenden Schwächen des Finanzierungssystems der GKV. Entsprechend haben wir dazu einen Änderungsantrag vorgelegt, der diese Teile des

Antrages streicht. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Grabow.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Heydorn von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Grabow, was hat denn das Preis-Leistungs-Verhältnis bei den Krankenkassen mit Wettbewerb zu tun? Das ist doch irgendwie derartig danebengegriffen,

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

das hätten Sie einmal erklären müssen.

(Ralf Grabow, FDP: Ja, soll ich hinkommen?!)

Der Krankenkassenbeitrag determiniert sich über die Versicherten,

(Ralf Grabow, FDP: Ich komme gleich zurück.)

über die Versichertenstruktur. Eine Krankenkasse, die viele Risiken versichert, viele Morbide, viele Alte und dergleichen, kann keinen günstigen Beitrag haben. Die kann noch so gut wirtschaften, die ist im Wettbewerb immer im Nachteil.

Und, Herr Koplin, die von Ihrer Kollegin aufgestellte These,

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

dass der Gesundheitsfonds der Entwicklung einer solidarischen Bürgerversicherung im Wege steht,

(Michael Roolf, FDP: Ja, das ist so.)

ist einfach Unfug,

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist so. – Michael Roolf, FDP: Das ist aber so.)

weil der Gesundheitsfonds völlig neutral ist.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Nein, das ist er nicht. – Irene Müller, DIE LINKE: Nein, genau das ist er nicht.)

Der Gesundheitsfonds ist neutral

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist er nicht.)

und deswegen halten die Großkoalitionäre in Berlin an dem Fonds fest,

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

weil sie den Fonds sowohl in die eine Richtung entwickeln können als auch in die andere,

(Irene Müller, DIE LINKE: Aber das begreifen Sie ja auch nicht.)