Herr Glawe hat bemerkt, dass wir mit der Begründung unseres Antrages deutlich gemacht haben, dass wir den Gesundheitsfonds und den Mechanismus erkannt haben. Und, Herr Glawe, weil wir ihn erkannt haben, lehnen wir den Gesundheitsfonds eben ab. Das ist der Grund.
Das will ich im Einzelnen begründen: Es ist ja so, dass der Gesundheitsfonds – Herr Heydorn, insofern hat das etwas mit dem Wettbewerb zu tun – Bestandteil des Wettbewerbsstärkungsgesetzes ist. Nun halte ich also Wettbewerb und Gesundheitswesen für eine wahrlich zweifelhafte Angelegenheit.
Wettbewerb um Qualität ja, aber ein Wettbewerb um Gesunde und Reiche ist abzulehnen. Nun nehme ich Sie hier einmal beim Wort und sage, okay, dieser Gesundheitsfonds ist dazu da, den Wettbewerb zu stärken.
Das muss man sich einmal ganz genau angucken. Ich abstrahiere ein bisschen: Auf der einen Seite hat man die Krankenkassen im Wettbewerb, die Krankenkassen untereinander haben ja auch noch einmal den Wettbewerb, und auf der anderen Seite die Anbieter, also die Anbieterseite. Die Krankenkassen in ihrem Wettbewerb haben zwei Steuerungsinstrumente. Das eine Steuerungsinstrument sind die Leistungen, die sie anbieten. Die sind zu 95 Prozent vorgegeben. Insofern kann man von Steuerung und Wettbewerbsinstrument nur sehr, sehr eingeschränkt etwas sagen. Das, was sie als
Wettbewerbsmoment haben, was ihnen noch bleibt, sind die Krankenkassenbeiträge. Diese variieren im Moment etwa – ja, Herr Kuhn – so zwischen 12,8 und 15 Prozent. Aber es gibt doch einen nennenswerten Unterschied. Nun kommt in diesen Wettbewerb der Staat rein und sagt, wir legen jetzt einen einheitlichen Beitragssatz fest. Also an der Stelle ist auch nichts mit Wettbewerb. Was bleibt denn noch an Wettbewerb, wenn Sie das mit dem Wettbewerbsstärkungsgesetz ernst nehmen?
Im Gegenteil, es legt sich wie Mehltau auf den Wettbewerb, wenn man ihn denn überhaupt akzeptiert im System.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie wollen den Wettbewerb?! – Michael Roolf, FDP: Wollen Sie denn den Wettbewerb? Sie wollen doch gar keinen Wettbewerb.)
Nein, nein, nein, nein, keineswegs. Aber es ist natürlich so, wenn es ein Wettbewerb um Gesunde und Reiche ist, dann ist er natürlich kontraproduktiv und das ist nicht gut für die Menschen. Der Gesundheitsfonds ist übrigens insgesamt nicht gut für die Menschen, und zwar deshalb, weil die Parität ausgehebelt ist und ausgehebelt bleibt. Wir haben ja keine Parität mehr. Es ist ein Irrglaube, zu meinen, es gäbe eine Parität,
nur weil die Grundpauschale, also der Grundbeitrag, paritätisch eingezahlt werden müsste. Berücksichtigt werden muss, dass die Parität mehrfach ausgehebelt wird:
Viertens wird sie ausgehebelt durch die Zuzahlung im Krankenhaus, denn das bleibt ja alles bestehen.
Den Vorschlag, den haben wir im Punkt 2 geliefert, und zwar die solidarische Gesundheitsversicherung. Ich lese mit Interesse Publikationen der Adenauer-Stiftung.
Diese hat zum Gesundheitswesen unter der Überschrift „Was ist uns die Gesundheit wert?“ im Dezember 2006 unmittelbar nach Bekanntwerden der Absicht, einen Gesundheitsfonds einzurichten, ein sehr interessantes Podium durchgeführt. Die Ergebnisse dieses Podiums sind in einem Buch zusammengefasst worden.
Nennenswerte honorige Personen haben im Zusammenhang mit dem Gesundheitsfonds zum Beispiel auf folgende Probleme hingewiesen: Wird mit dem Gesundheitsfonds, das war die Frage, mit gesundheitspolitischem Unsinn aufgeräumt, also mit der Unter- und Fehlversorgung oder mit Fehlallokationen? Da gibt es, nachlesbar in dem Buch – der ehemalige Ministerpräsident der CDU Herr Vogel ist Mitherausgeber – das Beispiel, dass Rheumakranke Sportangebote von Krankenkassen bekommen, damit die Krankheit hinausgezögert werden kann. Das ist de facto ein heilendes Moment und gleichzeitig ist es präventiv.
Das kostet der Krankenkasse circa 300 Euro im Jahr. Die Krankenkassen weigern sich teilweise, das wird darin sehr glaubhaft beschrieben, diese Möglichkeit anzubieten, weil sie aus ihrer Sicht Gefahr laufen, sich diese Patientinnen und Patienten an Land zu ziehen. Die bringen dann wieder Arzneimittelkosten von 20.000 bis zu 30.000 Euro mit. Insofern haben sie kein Interesse daran. Das ist eine Fehlsteuerung im System. Das ist etwas, was nicht gut ist, was mit dem Gesundheitsfonds nicht verändert wird. Insofern ist es nicht in Ordnung.
Nun wurde gesagt – ich glaube, Herr Glawe war es –, es ist eine tolle Sache mit den Rückzahlungen. Ich möchte darauf hinweisen, die Rückzahlungen sind gut für diejenigen, die Geld bekommen. Na klar, wer freut sich nicht über eine Rückzahlung. Aber die Rückzahlung hat eine böse Schattenseite, die darin besteht, dass sie entsolidarisiert. Denn Nutznießer der Rückzahlungen sind die Gesunden, die bekommen eine Rückzahlung. Und diejenigen, die Leistungen in Anspruch nehmen, …
Wie läuft es denn? Wie läuft es denn, Herr Schnur? Oder sehe ich da etwas falsch? Sie können mich gerne berichtigen. Aber so läuft es. So läuft es.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, das ist so. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Irgendwer muss die Wahrheit gesagt haben.)
Es kann ja sein, dass ich etwas falsch sehe. Gehen Sie mal zu Ihrer Krankenkasse und reden Sie mal mit denen!
Noch ein letztes Argument. Dieser Gesundheitsfonds, Frau Dr. Linke hat darauf hingewiesen, wird einen irrwitzigen Zahlungsverkehr verursachen. Den möchte ich noch ganz kurz darstellen: Die Versicherten nehmen Geld in die Hand oder lassen anweisen – wie auch immer – …