Protokoll der Sitzung vom 23.04.2008

(Udo Pastörs, NPD: Bis die letzte kleine Kneipe kaputt ist.)

Alles, was Sie jetzt gesagt haben, hätten Sie damals sagen können. Wir hätten damals darüber diskutieren können. Das ist richtig.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Wir haben damals abgestimmt und wir werden heute abstimmen.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

So ist das in der Demokratie, das ist ja auch richtig.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Das war der Punkt, bei dem es darum geht, wie ist das in den Kneipen.

Jetzt kommen wir zu den Schulen. Bei den Schulen bin ich ganz anderer Meinung. Bei den Schulen, da können wir nicht sagen, wir sind eine Gesellschaft, die frei ist, da können wir ein bisschen Alkohol trinken, da kann man ein bisschen rauchen, das stört uns nicht weiter, solange Mitschüler nicht beeinträchtigt werden, sondern in den Schulen haben wir einen Erziehungsauftrag. Wir haben einen Erziehungsauftrag. Ich verlange von den Lehrerinnen und Lehrern, dass sie sich nicht hinter das Trafohäuschen stellen und den Schülern etwas vorrauchen, ich erwarte, dass dort Folgendes klargemacht wird: Rauchen ist schädlich und Raucher sind abhängig davon. Es kann doch niemand einfach zuschauen. Wir können doch nicht sagen: Freiheit für alle Schüler! Geht in die Raucherecke! Das geht nicht, denn wir haben hier einen bestimmten pädagogischen Auftrag.

(Zurufe von Toralf Schnur, FDP, und Udo Pastörs, NPD)

Darf ich Ihnen noch ein bisschen sachlichen Hintergrund geben? Es gibt eine europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen von 2007, die belegt, dass in Bundesländern, in denen seit längerer Zeit ein Rauchverbot an Schulen besteht, die Raucherquoten für Jungen und Mädchen deutlich heruntergegangen sind. Sie belegt auch, dass das Einstiegsalter, in dem man anfängt zu rauchen, viel höher ist. Hier gibt es echte Fortschritte.

Es gibt in Berlin ein Beispiel: Das Abgeordnetenhaus in Berlin hat bereits Mitte 2004 ein generelles Rauchverbot für alle Schulen in Berlin beschlossen.

(Unruhe bei Harry Glawe, CDU, und Toralf Schnur, FDP)

Hören Sie ruhig zu! Ich denke, das Thema Rauchen interessiert Sie?

(Toralf Schnur, FDP: Völlig richtig. Da bin ich Ihrer Meinung.)

Im zweiten Jahr nach dem generellen Rauchverbot haben sich Schulen mit einer Rekordzahl von 7.121 Schülerinnen und Schülern an einem Schüler-Nichtraucher-Wettbewerb beteiligt: „Be Smart – Don’t Start“.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, der Titel.)

Das ist eine sehr tolle Sache, denn sie haben durchgehalten. Sie haben sich verpfl ichtet, ein halbes Jahr nicht zu rauchen. Durchgehalten haben 200 Klassen. Das ist ein toller Erfolg für die Volksgesundheit.

Es gibt, das möchte ich hier auch noch einmal sagen, eine Präventionskampagne zum Weltnichtrauchertag. Ich fi nde, dass es gar nicht so falsch wäre, wenn wir hier als Landtag solche Maßnahmen unterstützen und dafür werben würden. Ich habe volles Verständnis für Raucherinnen und Raucher, die diesem Hohen Hause angehören, die es bisher nicht geschafft haben, mit dem Rauchen aufzuhören. Da bin ich völlig undogmatisch.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Aber solange es um Kinder geht, solange es darum geht, dafür zu sorgen, dass wir in dieser Gesellschaft nicht so viele Tote und Kranke aufgrund des Rauchens haben, kann dieses Hohe Haus durchaus einen Beitrag bei der Erziehung bei den Schulen leisten. Deshalb fi nde ich das, was Sie bei den Schulen vorhaben, völlig verfehlt. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Linke von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Das Rauchen hat uns ja hier schon des Öfteren beschäftigt. Am 11. Juli des vergangenen Jahres wurde hier das Nichtraucherschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern verabschiedet und bereits heute liegt ein Antrag der FDP-Fraktion vor, um dieses Gesetz dahin gehend zu novellieren, dass der Nichtraucherschutz für inhabergeführte Gaststätten mit nur einem Raum sowie in Schulen und Jugendfreizeitzentren zurückgenommen wird.

Im Nichtraucherschutzgesetz des Landes wurden Rauchverbote, Ausnahmeregelungen und ein Katalog von Ordnungswidrigkeiten eingeführt, die nicht wirklich einen Schutz von Nichtrauchern vor dem gesundheitsschädigenden Einfl uss des Tabakrauches darstellen, aber in einem gesunden Widerspruch zum selbsternannten Ziel des Bürokratieabbaus stehen. Die Frage des Rauchens beziehungsweise des Nichtrauchens in Gaststätten beschäftigte uns – meine Vorredner haben es gesagt – bereits vor Verabschiedung des Gesetzes sehr intensiv. Nach Auffassung des DGB Nord konterkariert die Einrichtung von Raucherbereichen in gastronomischen Einrichtungen den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Der Vizepräsident der Nichtraucherinitiative Deutschlands verweist in einem Interview des vergangenen Jahres auf einen anderen Aspekt, der beim Nichtraucherschutz gerade in gastronomischen Einrichtungen zu bedenken ist. Ich darf ihn noch einmal zitieren, denn er sagte: „Es müsste ein getrenntes Belüftungssystem vorhanden sein, das nicht mit der Lüftung der üblichen Räume in Verbindung steht. Außerdem muss in dem Raucherraum ein Unterdruck durch das Belüftungssystem geschaffen werden. Es wären erhebliche bauliche Veränderungen notwendig, die sehr teuer sind, so dass sich nur exklusive Gaststätten den Luxus leisten könnten, Räume mit entsprechenden Belüftungssystemen anzubieten. Das würde dann für andere, kleinere und nicht so fi nanzkräftige Gaststätten einen Wettbewerbsnachteil bedeuten.“ Alles ziemlich kompliziert, wenn man sich überlegt, man bräuchte eigentlich nur auf die Zigarette zu verzichten.

(Toralf Schnur, FDP: Das sind Wettbewerbsnachteile.)

Die mit dem Gesetz gefundene Reglung sehe ich nach wie vor als kritisch an. Die Regelung ist restriktiv und nicht wirklich schützend. Ich bin überzeugt, sie wird einer richterlichen Prüfung nicht standhalten, denn sie ist inkonsequent und schafft ungleiche Bedingungen für die Betreiber von Gaststätten. Insofern darf ich heute noch

einmal aus der Stellungnahme der DEHOGA zitieren. Ich habe sie etwas anders in Erinnerung als der Herr Minister. Deshalb das Zitat noch einmal: „Wenn schon ein Rauchverbot, dann ohne Ausnahme“. Dieser Standpunkt wurde und wird auch von meiner Fraktion geteilt, war den Koalitionären jedoch keine Beachtung wert.

Schauen wir auf die aktuelle Rechtsprechung. Der Herr Fraktionsvorsitzende hat 13.00 Uhr erwähnt, ich habe sogar eine dpa-Meldung von 12.43 Uhr,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wir sind beeindruckt. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

in Schleswig-Holstein wurde dazu verhandelt, in der Vergangenheit in Sachsen und in Rheinland-Pfalz. Wir können die Tickermeldungen ja mal austauschen.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Harry Glawe, CDU: Sind Sie mit der FDP vernetzt?)

Ja, na klar, Herr Glawe. Sie kennen doch unsere in diesem Punkt übereinstimmenden Auffassungen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Lange Rede, kurzer Sinn: Schauen wir also auf die aktuelle Rechtsprechung der letzten Monate, so wird wahrscheinlich auch die Norm in unserem Gesetz keinen Bestand haben. Neben dieser tatsächlich per Gesetz geschaffenen Ungleichbehandlung mangelt es dem Gesetz meines Erachtens an aktivierenden, aufklärenden und präventiven Elementen eines Nichtraucherschutzes. Ja, es mangelt tatsächlich an Schutzbestimmungen. Es erschließt sich mir deshalb überhaupt nicht, verehrte Kollegen von der FDP, und hier ist jetzt die Trennlinie, warum Sie angesichts dessen fordern, dass der Nichtraucherschutz an Schulen und Jugendclubs wieder ausgehebelt werden sollte.

Lesenswert ist in diesem Zusammenhang die Pressemitteilung der Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung, die gestern veröffentlicht wurde. Lesenswert und beachtenswert sind auch die Debatten in den Landtagsprotokollen, die wir zu diesem Thema bereits in der Vergangenheit geführt haben, die auch nichts an Aktualität eingebüßt haben. Wir wissen alle – und wir haben es im Zusammenhang mit dem Rauchverbot gerade an Schulen immer wieder hier erörtert –, nach dem Jugendschutzgesetz sind Erwachsene, also auch Lehrerinnen und Lehrer, verpfl ichtet, dafür Sorge zu tragen, dass Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht rauchen. Für wen also sollen Raucherinseln an den Schulen eingeführt werden? An den Regionalschulen befi nden sich gar keine Schüler, in der Regel jedenfalls nicht, die das 18. Lebensjahr erreicht haben.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Wenn die jetzigen 12. und 13. Klassen die Schulen verlassen, gibt es an unseren Gesamtschulen und Gymnasien kaum noch 18-jährige Schüler. Werden Raucherinseln auf Schulhöfen von Berufsschulen wieder eingeführt, dann müssten die Lehrerinnen und Lehrer bei ihren Hofaufsichten natürlich darauf achten, dass das Jugendschutzgesetz eingehalten wird und keine Schüler unter 18 Jahren auf dem Schulhof rauchen. Die Forderung Ihrer Fraktion würde zu einer gesonderten Behandlung von unter beziehungsweise über 18-jährigen Schülerinnen und Schülern führen. Stellen Sie sich das einfach mal praktisch vor!

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Schauen Sie sich so einen Schulhof an! Kennen Sie die Berufsschulen? Dort sind mehrere hundert Schüler. Möchten Sie dort die Aufsicht und Alterskontrolle auf dem Schulhof übernehmen?

(Toralf Schnur, FDP: Mann, Mann, Mann! – Zurufe von Ralf Grabow, FDP, und Hans Kreher, FDP)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich möchte es nicht. Und was ich nicht möchte, das möchte ich, ehrlich gesagt, auch nicht den Lehrerinnen und Lehrern zumuten. Stattdessen sollten wir das Gesetz an dieser Stelle nicht ändern, sondern uns hier mehr auf die gesundheitsbewusste Schule konzentrieren und dabei Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrerinnen und Lehrer anregen, im Interesse einer gesunden Lebensweise einen Wettbewerb um die drogenfreie Schule zu führen. Ich denke, Aufklärung, Prävention und das nichtrauchende Vorbild der Älteren sollten im Mittelpunkt unsrer Aktionen an den Schulen stehen und nicht die Rückkehr zur Zigarette. Anstelle eines tatsächlich weitergehenden Nichtraucherschutzgesetzes, das der Gesundheit jedes Einzelnen dienlich ist und durch konsequente Umsetzung mit dazu beiträgt, dass Mecklenburg-Vorpommern tatsächlich zum Gesundheitsland Nummer eins in Deutschland wird, fordert die FDP stattdessen eine weitere Aufweichung. Dem können wir nicht zustimmen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Dr. Linke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Rühs von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Nichtraucherschutzgesetz ist noch nicht einmal ein Jahr alt. Im Gaststättenbereich gilt das Rauchverbot erst knapp vier Monate und die Bußgeldvorschriften werden überhaupt erst in einigen Monaten zur Anwendung gelangen, doch die FDP will das Gesetz bereits wieder ändern. Das ist verlässliche Politik, das schafft Vertrauen und Planungssicherheit. Heute so, und morgen so, jeden Tag eine andere Vorschrift für unsere Unternehmer.

(Toralf Schnur, FDP: Ja, deswegen entscheidet das Bundesverfassungsgericht auch immer so, wie es entscheidet.)

Der Dumme ist derjenige, der sich sofort an die neue Rechtslage hält. Für die anderen kommt halt die FDP, die es nachträglich passend macht, wie es beliebt.

Doch was wollen nun die freien Liberalen? Betreiber von Einraumgaststätten sollen zukünftig selber entscheiden, ob sie ihren Gästen das Rauchen erlauben oder untersagen.