Dann folgt ein wörtliches Zitat: „,Dass der Minister nicht einen Satz über diese Studie und den Umgang mit ihr verloren hat, ist eine Beleidigung für mich und für das Parlament‘“.
Herr Roolf, ich wollte Sie nicht beleidigen und ich wollte das Parlament nicht beleidigen. Ich bin mir absolut sicher, dass ich es auch nicht getan habe.
Wie kam es denn dazu? Der „Nordkurier“ schreibt ein bisschen weiter oben: „Wenige Tage nach der Landtagssitzung kam nämlich ein Papier zu den Liberalen, das sich mit der optimierten Entwicklung von Schulentwicklungs- und Nahverkehrsplanungen im ländlichen Raum beschäftigt.“ Jetzt ist die Frage zu stellen: Was ist da dran? Hier geht es um eine Studie. Mich wundert es, dass Sie sich das kopiert haben.
Nein, dass Sie sich das kopiert haben, wundert mich. Sie haben es ja im Original, das ist doch viel schöner, Herr Roolf.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wo hat er das denn her?! – Detlef Müller, SPD: Aus der Straßenbahn. In der Straßenbahn ge- funden. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie fahren doch Auto!)
Diese Studie hat eine Vorgeschichte. Da gab es, bevor ich Ende 2006 ins Amt kam, schon einmal Überlegungen, eine solche Studie zu machen. Es gab Vorarbeiten dazu. Im Dezember 2006 wurde diese Vorstudie dann in Auftrag gegeben. Am 11. Juni 2007 fand eine Sitzung des Landesplanungsbeirates statt. Zu dieser Sitzung waren alle Fraktionen eingeladen. An dieser Sitzung haben auch alle Fraktionen mit einem Vertreter teilgenommen, auch die FDP. Und in dieser Sitzung wurde genau diese Studie vorgestellt. Sie wurde meines Wissens nachher auch genau in dieser Fassung verteilt. Ab Juli 2007, also ein paar Wochen darauf, stand sie auf der Website meines Ministeriums.
(Udo Pastörs, NPD: Die war ja versteckt. – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Man muss zwar ganz schön suchen, aber man kann sie fi nden.)
Ich habe noch einmal gesagt, Frau Reese war für die FDP-Fraktion dort, Sie müssen einmal mit ihr reden. Sie
Ja, vielleicht ist es in der FDP-Fraktion so – bei mir ist es nicht so –, dass Dinge nicht auffi ndbar sind, die dort einmal eingegangen sind. Kurz und gut, die Aufregung wäre nicht nötig gewesen, wenn man miteinander gesprochen hätte. Sie haben wieder einmal mit Kanonen auf Spatzen geschossen, und wie üblich daneben.
Meine Damen und Herren, worum geht es jetzt eigentlich in der Sache bei dieser Studie? Die Studie trägt den Titel „Entwicklung von Instrumenten zur Optimierung von Schulentwicklungs- und Nahverkehrsplanungen (inte- grierte Planungen) in den zukünftigen Großkreisen des Landes Mecklenburg-Vorpommern“. Aber es geht dort um ein bisschen mehr. Es gibt verschiedene neue Entwicklungen, die es den Landkreisen schwierig machen, mit dem ÖPNV in Zukunft umzugehen, ihn zu planen. Das eine, was in dem Titel dieser Studie angesprochen wurde, ist die Bildung von Großkreisen, so steht es hier drin, aber dann kommt die Kreisgebietsreform. Wenn sich der Kreiszuschnitt ändert, dann hat das Auswirkungen auf den ÖPNV der Landkreise.
Das Zweite, was hier reinspielt, sind die zurückgehenden Schülerzahlen, also die demografi sche Entwicklung. Das führt dazu, dass Schulstandorte geschlossen werden, auch geschlossen werden müssen, dass möglicherweise neue Schuleinzugsbereiche geschnitten werden und möglicherweise auch die Freiheit der freien Schulwahl gegeben wird. Das hat veränderte Schulwege zur Folge. Die Schulwege können länger werden, sie können bei freier Schulwahl im Einzelfall auch kürzer werden, das ist nicht auszuschließen, aber es verändert sich auf jeden Fall etwas und man wird mit diesen Veränderungen umgehen müssen.
Es gab dazu schon Vorarbeiten. Der Regionale Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte in Neubrandenburg hatte 2005 den Zuschlag für ein Modellvorhaben der Bundesregierung erhalten, das zeigen sollte, welche Folgen der demografi sche Wandel auf ausgesuchte Politikbereiche haben wird und wie darauf reagiert werden kann. Für die Handlungsfelder Schule und ÖPNV – die gab es da – wurden sehr umfassend und kleinräumig Daten zusammengetragen und zugleich fand ein intensiver Austausch mit den Fachleuten vor Ort statt. Diese Chance, dass hier schon etwas gemacht wurde und Material vorhanden war, wurde aufgegriffen und das in der Region Mecklenburgische Seenplatte im Bundesauftrag tätige Gutachterkonsortium wurde mit der Anfertigung dieser Vorstudie beauftragt. Vorstudie deshalb, weil mit geringem Aufwand, das Material war schon im Wesentlichen da, getestet werden sollte, ob zu der Fragestellung oder zu den Fragestellungen, die ich vorher angesprochen habe, überhaupt Antworten gefunden werden können und wie gegebenenfalls eine folgende Hauptstudie strukturiert werden müsste.
Das war der Inhalt dieser Studie. Es sieht jetzt alles ein bisschen anders aus, weil die Kreisbildung sich möglicherweise anders darstellt. Wir wissen es einfach nicht und haben somit eine Grundlage weniger.
Die Gutachter haben für die Modellregion Mecklenburgische Seenplatte drei Szenarien bezogen auf die einzelnen Schulbereiche beziehungsweise Schularten durchgerechnet:
Szenario 1 ging dabei vom Status quo aus, das heißt, für 2020 wurde die vorhandene Anzahl von Schulstandorten zugrunde gelegt.
Die Abstimmungen zu potenziellen Schulstandorten, die geschlossen werden könnten, erfolgten mit den Fachleuten vor Ort. Es wurde versucht, realistische Schließungsszenarien mithilfe der Kreisschulplaner zu ermitteln und zugrunde zu legen, nicht der Landesschulplaner, sondern der Kreisschulplaner vor Ort. Die Schüler der rechnerisch geschlossenen Schulen wurden dann in diesen Szenarien auf die räumlich nächsterreichbaren Schulen der gleichen Schulart verteilt. Anzahl und Wohnort der Schüler im Jahr 2020 wurden vorab durch eine kleinräumige Schülervorausberechnung ermittelt.
Sie sehen daran, dass es sich hier nur um das Herantasten in Form von Modellrechnungen handelt. Man versucht, überhaupt einmal die Problematik, die sich auftut, modellmäßig in den Griff zu bekommen. Von Planung ist das weit, weit entfernt. Es müssten ja erst die Grundlagen geschaffen werden, um hier überhaupt an eine Planung zu denken. Die Grundlagen sind nicht da, deshalb ist die Studie ja so in Auftrag gegeben worden.
Die Gutachter kommen schon zu der Auffassung, dass möglichst frühzeitig die Schulplanung und die Verkehrsplanung, die ÖPNV-Planung, miteinander reden sollten. Das ist klar, das ist auch wichtig, das geschieht ja auch. Aber wenn es jetzt um eine kleinteilige Lösung in den Landkreisen geht, dann sage ich Ihnen, Herr Roolf, eine Arbeitsgruppe auf Ministerebene ist sowieso nicht üblich und Arbeitsgruppen auf Ministerebene der Landesregierung wären auch sicher das falsche Instrument. Das Bildungsministerium ist bei dem, was wir tun, immer dabei. Die waren auch in der Sitzung des Landesplanungsbeirats dabei. Selbstverständlich wird dort zusammengearbeitet. Zusammenarbeit und Kooperation fi nden statt, nur in der Form, wie Sie sich das vorstellen, wäre das sicher unangemessen und wahrscheinlich auch nicht unbedingt hilfreich für das Ergebnis, wie wir es brauchen und erwarten. Meine Damen und Herren, das ist der Sachstand.
Ich muss Ihnen schon sagen, Herr Roolf, angesichts dieser Vorstudie und dieses Noch-nicht-Wissens bin ich persönlich gar nicht auf die Idee gekommen, das Thema hier in der Sitzung am 29. Februar – wo es ja um die von Ihnen aufgeworfenen Fragen ging, es war ja Ihr Antrag – noch zusätzlich einzubringen. Aber, Herr Roolf, ich muss jetzt den Ball zurückspielen. Sie hätten ja damals genauso wie heute die Möglichkeit gehabt, in Ihren Antrag das reinzuschreiben, was Sie heute als Antrag auf den Tisch gelegt haben. Sie haben es damals nicht getan. Sie sind wohl auch nicht auf die Idee gekommen, das zu machen. Ich halte es für nicht sehr Erfolg versprechend, jetzt etwas, was untersucht werden soll, vorweg, bevor es untersucht ist, hier zugrunde zu legen und auszudiskutieren, denn es fehlt die Grundlage.
Selbstverständlich wird eine Studie oder werden auch Zwischenergebnisse dieser Studie, wenn sie denn überhaupt weitergeführt wird, das ist ja noch nicht einmal entschieden, auch dem Landtag zur Verfügung gestellt, in welcher Form auch immer. Bisher war es üblich, das im Landesplanungsbeirat zu machen, wir können es aber auch hier im Plenum tun. Über die Form müssen wir wirk
lich nicht streiten. Wichtig ist, dass Sie umfassend informiert sind, dass Sie mit dabei sind und dass Sie von der Landesregierung auch zeitnah unterrichtet werden. Das ist erfolgt, das wird auch weiterhin erfolgen.
Herr Minister, können Sie in etwa einen Zeitpunkt nennen, wann erste Ergebnisse der jetzt laufenden Untersuchungen vorliegen werden?
Ich kann Ihnen auf jeden Fall sagen, dieses Jahr ist mit Sicherheit nichts mehr zu erwarten. Ob es uns nächstes Jahr gelingt, das weiß ich nicht. Es ist hier viel, viel Arbeit zu leisten, und zwar viel Arbeit im Detail. Es wird wieder Änderungen geben, denn dann kommt die Kreisgebietsreform
und man muss es wieder neu zur Hand nehmen. Hier geht es vor allem darum, jetzt die Methodik zu entwickeln, wie man sich diesen Problemen stellen kann, sodass man anschließend, wenn man eine solche Methodik hat, besser reagieren kann mit dem ÖPNV auf die Schülerentwicklungen, als das bisher der Fall war.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Schülerbeförderung im Land ist ja nicht nur eine normale Beförderungsleistung, sie ist vielmehr eine wesentliche Grundlage für die Funktionalität des Schulnetzes, also auch unmittelbar für die Effekte der Schulentwicklungsplanung. In der Kurzfassung der Studie, der Minister hat eben darauf hingewiesen, wird nicht nur auf diesen Zusammenhang hingewiesen, es wird auch explizit darauf verwiesen, dass unter Beachtung der demografi schen Entwicklung erheblicher und vor allem akuter Handlungsbedarf besteht.
Nun liegt die Schülerbeförderung gemäß Paragraf 113 Schulgesetz in der Verantwortung der Landkreise. Durch die Reduzierung der Schulstandorte werden die Anforderungen an eine effektive und fi nanziell noch tragbare Organisation und Durchführung der Schülerbeförderung naturgemäß damit immer höher. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Schulwegzeiten ist inzwischen eine logistische Herausforderung ersten Ranges, die meistens in den Landkreisen gut gemeistert wird. Ausnahmen bestätigen die Regel und sorgen für Diskussionen bei betroffenen Eltern zu Recht.
Der Problemaufriss und die Lösungsszenarien in der Vorstudie enthalten aber auch eine Reihe von vorgeschlagenen Grausamkeiten. Dazu gehören zum Beispiel Zuzahlungen der Eltern bis hin zur Übernahme der Gesamtkosten der Schülerbeförderung oder die Notwendigkeit einer weiteren Konzentration von Schulstandorten. Das ist einerseits natürlich ein verkehrspolitisches Problem, aber zum Zweiten und aus meiner Sicht ein viel größeres bildungspolitisches.
Die Größe der auf uns zukommenden Probleme wird daran deutlich, dass die Autoren der Vorstudie zu den drei Szenarien, zu denen der Minister hier bereits gesprochen hat, konstatieren, ich darf zitieren: „Allerdings fallen die Unterschiede zwischen den Szenarien vergleichsweise gering aus, insbesondere da die höheren ÖPNV-Kosten in den Szenarien 2 und 3 erhebliche Mitteleinsparungen im System Schule anscheinend aufzehren, zumal wenn 2008 die vorgesehene Lehrerzuweisung nach der Anzahl der Schüler berücksichtigt wird.“ Ende des Zitats.
Allerdings, meine Damen und Herren, es sind zwei völlig verschiedene Finanztöpfe, um die es hier geht. Und damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir bei der geplanten Novelle des Schulgesetzes. Der Bildungsminister hat mehrfach angekündigt, die Schuleinzugsbereiche abschaffen zu wollen und nur noch eine örtlich zuständige Schule festzulegen. Es wäre vor der Umsetzung dieser Maßnahmen sehr zu empfehlen, sich mit den Wirkungen auf die Schülerbeförderung und auf den bildungspolitischen Ansatz der Chancengleichheit zu befassen. Und genau deswegen habe ich dem Minister die Frage gestellt, wann denn überhaupt mit belastbaren Ergebnissen dieser Untersuchung zu rechnen ist. Und wenn er sagt, also wahrscheinlich nicht 2008, eher 2009, –
vielleicht, vielleicht – dann bin ich wirklich sehr skeptisch, ob Regelungen des Schulgesetzes diesen Bereich berühren sollten, dürfen,