Im Ernst, die verbindliche Erteilung von drei Wochenstunden Sport in allen allgemeinbildenden öffentlichen Schulen wäre ein Beitrag für eine Hebung der Volksgesundheit und würde zur Entlastung der Krankenkassen und damit der Solidargemeinschaft beitragen. Viele Kinder und Jugendliche mögen jetzt noch ein wenig fl uchen, werden uns aber, wenn sie älter sind, womöglich dafür dankbar sein.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Antrag zu drei Schulsportstunden mit vier Spiegelstrichen, man kommt zu dem Ergebnis, die NPD-Fraktion hier im Landtag hat jetzt auch den Sport entdeckt.
Da werden drei Punkte aufgeführt, die für viele in diesem Bereich engagierte Bürgerinnen und Bürger, Politikerinnen und Politiker durchaus gemeinsames Anliegen sind, wofür bereits lange gestritten wird, parteiübergreifend, was in vielen Papieren zu fi nden ist. In der Einbringungsrede ist auf einige solcher Expertisen und Gutachten beziehungsweise Forderungen eingegangen worden.
Mit dem vierten Spiegelstrich wird versucht, eigene Punkte den allgemein bekannten hinzuzufügen. Das allerdings geht gehörig schief. Da wird die Landesregierung aufgefordert, eine Verzahnung des Aktionsbündnisses von Schulsport Mecklenburg-Vorpommern mit dem Landtag herbeizuführen. Gewaltenteilung, meine Herren von der NPD, scheint für Sie ein Fremdwort zu sein.
Unter a) heißt es, dass der Vertreter des Aktionsbündnisses automatisch eingeladen werde, wenn es um die Entwicklung des Schulsportes geht. Nun, ich muss Sie hier auf die Geschäftsordnung unseres Hauses ver
weisen, und zwar auf den Paragrafen 12 „Aufgaben“, auf den Paragrafen 17 „Nichtöffentliche und öffentliche Sitzungen“, auf den Paragrafen 20 „Verhandlungsgegenstände“ und auf den Paragrafen 22 „Anhörungsverfahren“. Es gibt nämlich bei uns im Parlament keinen Automatismus, der Tagungsordnungspunkte automatisch aufsetzt. Das setzt stets eine Vorlage oder einen Antrag voraus und damit greift auch Punkt a) Ihres Antrages überhaupt nicht.
Unter b) heißt es, dass der Landtag mit dem Fachbereich Sportwissenschaft pro Semester einen Erfahrungsaustausch durchführen soll. Da könnten dann die NPDAbgeordneten endlich mal aktiv werden. Die Regelung läuft deshalb ebenso ins Leere wie die Frage der ständigen automatisierten Tagesordnungspunkte.
Und unter c) wird die Landesregierung aufgefordert, eine Verzahnung des Aktionsbündnisses Schulsport Mecklenburg-Vorpommern mit dem Landtag dergestalt herbeizuführen, dass Schulleitungen die Empfehlung zu geben haben. Erstens ist das ein rein exekutives Handeln und zweitens ist im Kern dieses heute schon möglich und läuft daher ins Leere, weil viele Schulleitungen genau dieses schon praktizieren.
Und zuletzt, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen aus einem Schreiben des Präsidenten des Landessportbundes vom 22.04. zitieren in Bezug auf den hier heute zur Diskussion stehenden Antrag. Da heißt es:
bezüglich des Antrages der NPD-Fraktion teile ich Ihnen folgenden Standpunkt des Landessportbundes Mecklenburg-Vorpommern mit: Der Landessportbund setzt sich schon seit einiger Zeit sowohl für eine dritte Sportstunde in allen Klassenstufen als auch eine Erteilung des Unterrichts durch ausgebildete Sportlehrer ein. Zu diesem Thema sind wir im Gespräch sowohl mit den vier demokratischen Fraktionen des Landtages als auch mit dem Bildungsminister Herrn Henry Tesch. Ich möchte Ihnen aber auch mitteilen, dass wir nicht die Absicht haben, dieses oder andere den Sport des Landes betreffende Probleme mit Mitgliedern der NPD-Fraktion zu diskutieren.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
Meine Damen und Herren, dem können sich die vier Fraktionen des Hauses, SPD, CDU, Fraktion DIE LINKE und FDP, anschließen.
Herr Bluhm, Sie haben vielleicht auf einige formelle Sachen hingewiesen, worüber man sich streiten kann.
Dafür danke ich Ihnen, weil die „Ostsee-Zeitung“ am 18. April informierte: „Kinderärzte funken ,ESS-O-ESS‘“. Warum müssen die Kinderärzte nun schon funken? Finden sie bei den Herrschenden auf anderen Wegen mittlerweile überhaupt kein Gehör mehr?
Rund 22 Prozent der 11- bis 17-Jährigen in Deutschland weisen Symptome einer Essstörung auf, so der Chefarzt der Gartzer Kinderklinik.
Mit Bewegung in Kindertagesstätten soll mittlerweile dem Übergewicht vorgebeugt werden. Kindern, so heißt es, solle hier gezeigt werden, wie wichtig ausreichende Bewegung und gesunde Ernährung seien.
Warum hören Sie dann damit in den Schulen auf? „Der Schulsport geht an Krücken“, stellt die Weltnetzseite Sportunterricht.de fest. Und ich zitiere: „Kinder in schlechter körperlicher Verfassung/Wissenschaftler schlagen Alarm“. Ich zitiere noch mal daraus: „Kranke Kinder, dicke Kinder, aggressive Kinder, unkonzentrierte Kinder – was hat das mit Sport, oder besser zu wenig Schulsport zu tun? Eine ganze Menge, meinen Dr. Elisabeth Sahre, Professor Dr. Dietrich Kurz und Bernd Trenner. Sie appellieren an Eltern und Schulen, die Bedeutung des Fachs Sport endlich zu erkennen“ – und ich appelliere an Sie, Sie scheinen es nämlich auch nicht zu erkennen – „als Förderer von Gesundheit, Selbstbewusstsein und Intelligenz.“
Der „Spiegel“ führte aus: „Wer sich nicht bewegt, bleibt dumm, wird dumm.“ Ich habe den Eindruck, weil Sie Ihren Wahn der multikulturellen Gesellschaft hier verwirklichen wollen,
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Endlich haben Sie die Kurve wieder gekriegt. Ich habe das schon vermisst.)
Bildungspolitische Bilanz der CDU, FDP und Schill in Hamburg: Die SPD kritisiert, die CDU, FDP und die Schillaner wollten die dritte Sportstunde einführen. Mangels entsprechender Lehrkräfte konnte dies nicht umgesetzt werden. Dieses haben Sie sich auch zuzurechnen und der Deutsche Sportlehrerverband e.V. Landesverband Mecklenburg-Vorpommern. 2003, da waren die Roten noch an der Macht. Und hier sind wir wieder sehr zuversichtlich, denn die Regierungsparteien unseres Landes
haben sich in ihrem Koalitionsvertrag unmissverständlich zur Einführung der dritten Sportstunde bekannt. Note 6 für die Rot-Roten.
Wie geht’s denn weiter? Der Deutsche Olympische Sportbund fordert ebenfalls die Einführung der dritten Sportstunde. Die Regierungskoalition – und das ist halt Ihre Wischiwaschisprache, Sie wollen sich nie festlegen, es könnte ja daran festgehalten werden – führt aus im Artikel 165 des Regierungskoalitionsvertrags: „Das schließt die Prüfung der Einführung einer dritten Sportstunde im Rahmen des Ganztagsschulprogramms ein.“
Daraufhin hat unsere Fraktion in meiner Person eine Kleine Anfrage gestellt. Dazu führt das Bildungsministerium aus: „Die Landesregierung teilt den Wunsch des ,Aktionsbündnisses Schulsport Mecklenburg-Vorpommern‘ zur Einführung einer dritten Sportstunde.“ Wie geht es aber weiter? „Diese Prüfung hat ergeben, dass im Rahmen des ganztägigen Bildungsangebotes der Ganztagsschulen Zeitbudgets vorhanden sind, die für ein drittes Sportangebot genutzt werden können. Seit einigen Jahren gibt es dafür bereits in einigen Ganztagsschulen praktische Erfahrungen. Diese nutzen für die personelle Absicherung den gewährten Zusatzbedarf für Ganztagsschulen. Es besteht auch die Möglichkeit, den Schülerinnen und Schülern auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung der Schule mit dem örtlichen Sportverein ein drittes Sportangebot zu unterbreiten.“ Warum wird dies nicht gemacht?
Sie zeigen hier ganz deutlich, meine Damen und Herren, dass Sie nicht zum Wohle der Schüler handeln wollen. Das werden wir schön deutlich machen. Wir werden es den Menschen draußen mitteilen. Ich danke Ihnen für die hervorragende Rede.