Protokoll der Sitzung vom 04.06.2008

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der SPDFraktion Herr Volker Schlotmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Landtag! Ich denke, ein Grundsatz muss gelten bei dem Thema politische Bildung, und zwar, dass sich politische Bildung in ihrer gesamten Bandbreite tatsächlich den Herausforderungen und Veränderungen ihrer Zeit, in der sie stattfindet, zu stellen hat und sie darauf reagieren muss.

(Udo Pastörs, NPD: Auf die Idee wäre ich nie gekommen.)

Ich denke, es können mir so gut wie alle zustimmen, wenn ich sage, dass politische Bildung uns wirklich alle angeht, und zwar ohne Ausnahme.

Meine Damen und Herren, wir haben in der letzten Legislaturperiode den Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung verändert. Nach unserer Auffassung als Parlamentarier war und ist die Landeszentrale für politische Bildung mit die wichtigste Instanz für dieses Thema hier im Land. Wir haben sie neu strukturiert und finanziell besser ausgestattet. Für uns ist nicht mehr der Erziehungsgedanke das tragende Element der Landeszentrale, sondern wir betrachten sie weit mehr als Dienstleister für politische Bildung von Bürgern und Trägern, die sich letztendlich in der Regel ehrenamtlich engagieren. Auch das ist ein wesentlicher Teil von politischer Bildung.

Politische Bildung ist aber vor allem unsere Aufgabe, die Aufgabe der vier demokratischen Fraktionen hier in diesem Hause, und zwar als Politiker, als Abgeordnete, als Mitglied unserer Gesellschaft. Probleme wie der Rechtsextremismus werden nicht dadurch erledigt, dass wir Einrichtungen geschaffen haben, Einrichtungen haben oder Einrichtungen nutzen, dass wir Programme schaffen, sondern wir alle sind tagtäglich immer wieder gefor

dert, uns dieser Herausforderung und dieser Auseinandersetzung zu stellen.

(Udo Pastörs, NPD: Dann tun Sie das doch mal!)

Dabei hat die Landeszentrale eine zentrale Koordinierungsfunktion für uns übernommen und ist letztendlich zuständig für die Förderung der politischen Weiterbildung im Land. Sie soll sich hin zu Dienstleistern für die Förderung politischer Bildung in Mecklenburg-Vorpommern entwickeln. Nach unserer Auffassung bestehen ihre Aufgaben im Wesentlichen in der Umsetzung des Sonderprogramms „Pro Zivilcourage“, in der Herausgabe von eigenen Publikationen, in Angeboten für die Fortbildung für Mittlerinnen und Mittler der politischen Bildung, im Qualitätsmanagement, der Evaluierung der Träger und Projektarbeit sowie in der Präsentation der Angebote der politischen Bildung.

Ich möchte daran erinnern, die Landeszentrale hat ebenfalls die Dokumentationsstelle Schwerin am Demmlerplatz übernommen und betreibt sie jetzt als Dokumentationszentrum des Landes für die Opfer der Diktaturen in Deutschland.

(Udo Pastörs, NPD: Da kommen in Zukunft auch noch die Opfer der Demokratie hinzu.)

Wir haben auch das Kuratorium, das war kein einfacher Prozess, mit weiteren Kompetenzen ausgestattet. Das Kuratorium legt die inhaltlichen Schwerpunkte der Landeszentrale selber fest und verfügt über ein höheres Haushaltsvolumen als jemals zuvor. In ihm – auch das möchte ich in Erinnerung rufen – sind sechs Mitglieder dieses Parlamentes, aber auch sechs Personen aus dem wissenschaftlichen und dem öffentlichen Leben vertreten. Dieses Kuratorium wird geführt von Professor Dr. Buchstein, dem wir viele gute Vorschläge zu verdanken haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Meine Damen und Herren, ich erlaube mir, an dieser Stelle einen Vorschlag zu unterbreiten, und zwar aus den Erfahrungen, die wir seit Beginn dieser Legislaturperiode zum Teil schmerzhaft haben gemeinsam machen dürfen.

(Udo Pastörs, NPD: Hoffentlich hat es wehgetan.)

Ich denke, so, wie die demokratischen Parteien beim Kampf gegen Rechts im Landtag hier zusammenarbeiten, könnten nach meiner Vorstellung – ich weiß, es ist ein gewisses abenteuerliches Moment in dieser Aussage – auch die kommunalpolitischen Vereinigungen zum Beispiel unserer Parteien bei diesem Thema zusammenarbeiten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das wäre gut. – Stefan Köster, NPD: Die alle durch Steuergelder bezahlt werden.)

Aber auch die politischen Stiftungen, die wir als Parteien haben, könnten zum Beispiel unter Koordinierung des Kuratoriums der Landeszentrale sozusagen als neutrales Koordinierungsinstrument zusammenarbeiten bei der Weiterbildung und Unterstützung angehender Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sowohl für ihr Engagement in ihren Kommunen – Kollege Jäger hat es auch angesprochen – als auch im Kampf gegen Rechtsextremismus, die wirklich ernsteste Bedrohung unserer Demokratie hier.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Wir haben natürlich das Problem – auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu –, dass immer die gleichen Leute geschult werden.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die Angebote, die häufig gemacht werden, treffen ja nicht bei den Leuten sofort auf Gegenliebe, die wir eigentlich erreichen wollen,

(Udo Pastörs, NPD: Wunderbar!)

sondern es ist häufig so, …

(Udo Pastörs, NPD: Wenn ich Sie anschaue, dann fällt mir das auch schwer.)

Wissen Sie, Sie zeigen mal wieder, dass Sie nicht zuhören können, dass Sie gar nicht ernsthaft hier bereit sind, irgendetwas zu machen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Udo Pastörs, NPD: Schauen Sie doch mal, wie Sie aussehen und was Sie sagen!)

Sie wollen hier rumstänkern, Sie wollen diesen Staat unterminieren. Aber wissen Sie, der Umgang mit Ihnen bringt langsam so eine gewisse Gelassenheit mit sich, weil man weiß, was dahintersteckt, nämlich gar nichts.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Ja, ja.)

Ich denke, wir sollten ernsthaft in uns gehen und mal darüber nachdenken,

(Udo Pastörs, NPD: Ganz ernsthaft.)

wie wir die politische Bildung und die Inhalte, die damit verbunden sind, wieder zu den Menschen vor Ort bekommen.

(Udo Pastörs, NPD: Ach, haben Sie die verloren?)

Dazu gehören zum Beispiel: Ich denke an Kurzveranstaltungen am Abend, die auch für Werktätige interessant und erreichbar sind.

(Udo Pastörs, NPD: Die Demokratie- spritze von Herrn Schlotmann.)

Häufig erlebt man, dass diese Kritik immer wieder kommt. Und wir sollten uns auch nicht scheuen, brisante Themen aufzugreifen und zu diskutieren, auch wo man sich untereinander nicht immer grün ist. Auch das gehört dazu, Demokratie zu zeigen. Denn wie soll jemand Demokratie mitbekommen, wenn er nicht sieht, was eigentlich Positives in einem Streit enthalten sein kann? Ich meine Streit, nicht die Auseinandersetzung mit den Herrschaften da.

(Raimund Borrmann, NPD: Nein, nein, um Gottes willen, das wäre ja mal ein echter Streit.)

Hier ist angesprochen worden – ich glaube, Kollege Methling hat es gesagt – der Bildungsbus. Ich halte diese Einrichtung, die seit Kurzem unterwegs ist, für einen grundsätzlichen Fortschritt, für ein lobenswertes Projekt, weil mobil und tatsächlich vor Ort. Aber auch Kritik möchte ich äußern.

(Udo Pastörs, NPD: Oh!)

Die Beschriftung dieses Busses – Politik und Weiterbildung lebt manchmal auch von Symbolen und von dem, was man äußerlich erkennt und wahrnimmt – besteht vor allem aus rückwärtsgewandten Themen, umfasst fast ausschließlich oder sogar ausschließlich nur das Thema DDR.

Meine Damen und Herren, Politik und politische Bildung hat sehr viel mit Vergangenheitsbearbeitung zu tun.

(Udo Pastörs, NPD: Und mit Gegenwart, auch viel mit Gegenwart, Herr Schlotmann.)

„Vergangenheitsbewältigung“ ist immer ein Begriff, der für mich nie passt. Aber ich denke, auch der Blick nach vorne, in die Zukunft gehört dazu.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Gerade viele unserer jungen Leute, und das, glaube ich, parteiunabhängig, wollen auch über Themen informiert werden, wollen über Themen diskutieren wie zum Beispiel Globalisierung, nicht als Globalisierungsgegner oder so, sondern sich ernsthaft kritisch mit den Auswirkungen von Globalisierung auseinandersetzen. Ich denke, auch das gehört auf einen solchen Bus, auch das gehört zu den Themen, die wir behandeln müssen.

Und eins wird immer gern übersehen: Jörn Mothes – es sei mir an dieser Stelle erlaubt zu sagen, den ich seit vielen Jahren sehr, sehr schätze – hat einmal einen Satz gesagt, den ich unterschreiben kann: „Die DDR ist zwar Geschichte, aber gerade im Geschichtsunterricht hat sie ihren Platz noch nicht gefunden.“

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

So weit, so richtig, zu unterstreichen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da gibt es viele Lücken.)

Aber, meine Damen und Herren, manchmal ist Politik auch ein bisschen selbstgefällig. Wir sollten vielleicht darüber nicht vergessen, dazu gehört auch die Geschichte der Bundesrepublik.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)