Protokoll der Sitzung vom 04.06.2008

Antrag der Fraktion der NPD: Verfassung schützen – Arbeitnehmerinteressen wahren – Drucksache 5/1479 –

Das Wort zur Begründung hat der Fraktionsvorsitzende der NPD-Fraktion Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der letzten Plenarsitzung merkte der Fraktionsvorsitzende der SPD richtigerweise an, dass man bei der AUB in keinem Fall von einer Konkurrenzgewerkschaft zur IG Metall sprechen könne, es sei allenfalls eine Scheingewerkschaft. Herr Schlotmann – der leider wieder mal nicht anwesend ist –, ich hoffe dennoch, die SPD hat bemerkt, dass wir in unserem Antrag mittlerweile auch richtigerweise von einer Scheingewerkschaft sprechen. Nach unserem Verständnis vom Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, wobei auch anzumerken ist, dass gerade Sie von der Christdemokratischen Union dieses Grundgesetz wie eine Monstranz vor sich hertragen, ist die Tarifautonomie der Tarifpartner ein wichtiges Gut.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist die Gegnerfreiheit der Tarifpartner eine Voraussetzung für die Tarifautonomie. Wenn also das Großkapital sich sozusagen selbst eine Scheingewerkschaft gründet und praktisch mit sich selbst Tarifverträge abschließt, wird die Tarifautonomie faktisch abgeschafft und die Interessen der Arbeitnehmer werden ausgehebelt. Nur ganz so einfach kann man ja eigentlich keine Gewerkschaft gründen. Das könnte man zumindest meinen. Aber da gibt es ja windige Geschäftspartner, die man mithilfe der Medien zunächst als große Wohltäter präsentieren kann, damit dann die ahnungslosen Arbeitnehmer auf diese hereinfallen.

Der feine Herr Schelsky, der übrigens immer noch in Untersuchungshaft sitzt, soll von dem Großkonzern Siemens bis zu 50 Millionen Euro erhalten haben, meine Damen und Herren. Bei einer solchen Summe kann man sich natürlich als Wohltäter aufspielen. Der örtliche Fußballklub kann dann reichlich unterstützt werden, das Vereinsheim wird ausgebaut und auch sonstige Wohltätigkeiten fallen wie vom Himmel. Vorzeigedemokraten wie der FDP-Landtagsabgeordnete Herr Ratjen können dann auch erklären, dass Herr Schelsky ja viel Gutes getan habe und es sei doch letztlich egal, woher das Geld kam. Da irren Sie sich, meine Damen und Herren von der Partei der Besserverdiener. Es ist eben nicht egal, woher die Finanzmittel für Wohltaten und für die Gründung einer Scheingewerkschaft stammen.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Aber in Sachen Schmiergeld und Korruptionsgeld hat ja gerade Ihre Partei schon viele Erfahrungen gemacht. Hier sei nur Ihr großer Ehrenvorsitzender und Parteifreund Graf Lambsdorff zurück in Ihre Erinnerung gerufen. Nein, meine Herrschaften, Korruption und Einflussnahme mit Schmiergeld sind in unseren Augen eben keine Kavaliersdelikte. Wir möchten schon gerne genauer wissen, in welchem Umfang Herr Schelsky mit Schmiergeld Wahlkämpfe von CDU- und FDP-Politikern in diesem Lande finanziert hat. Der Bundestagsabgeordnete Adam, CDU, soll seine Wahlkämpfe ja in wesentlichen Teilen von Herrn Schelsky finanziert bekommen haben. Besteht da wirklich kein Zusammenhang mit seinem Sitz im Verteidigungsausschuss im Deutschen Bundestag?

Dies muss natürlich im Interesse einer wehrhaften Demokratie selbstverständlich gründlich geklärt werden. Wenn nun aber gerade in Pommern

(Dr. Armin Jäger, CDU: Vorpommern heißt das! – Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

mit finanziellen Mitteln eines Großkonzerns von dem Wohltäter Schelsky eine angeblich unabhängige Gewerkschaft mit dem wohlklingenden Namen „Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger“ gegründet wird und keine Geringere als Frau Merkel bei einer Zusammenkunft dieser Scheingewerkschaft ein Grußwort hält und erklärt haben soll, dass sie sich solche Vereinigungen noch mehr wünscht, so zeigt dies, wohin die Verfassungsfeinde vom Großkapital unser Land entwickeln wollen, meine Herrschaften. Hier sollen in Wirklichkeit die Interessen der Arbeitnehmerschaft verraten werden. Hier sollte ein Tarifpartner geschaffen werden, durch welchen die Löhne weiter nach unten gesenkt werden sollten. Dieser Entwicklung muss entschieden entgegengetreten werden. Wir sind gespannt, wie sich die Abgeordneten der Sozialdemokratie hier verhalten werden. Von den Postkommunisten erwarten wir ja schon gar nicht mehr,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Mir kommen die Tränen! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

dass sie sich für die Interessen der Arbeitnehmer wirklich und ehrlich einsetzen. Die Politik muss wachsam sein, wenn das Großkapital die Axt an zentrale Punkte unserer Ordnung legen will, meine Herrschaften.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Sie heucheln hier den Verfassungsfreund.)

Der Zusammenschluss von Arbeitnehmern in Gewerkschaften als Gegenpol zu den Vertretern des Kapitals ist Grundvoraussetzung für eine funktionierende Tarifautonomie. Und hören Sie auf mit dem Geschwätz, die NPD hätte ja kein Recht, sich für die Arbeitnehmerinteressen einzusetzen,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Hat sie ja auch nicht. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

da sie ja im Dritten Reich die Gewerkschaften verboten hätte!

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Wir haben hier nicht die Geschichte aufzuarbeiten,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Doch! Sehr wohl haben wir Geschichte aufzuarbeiten.)

sondern wir haben uns um den Schutz der Interessen der deutschen Arbeitnehmerschaft heute und insbesondere im Licht des Grundgesetzes zu kümmern, meine Herrschaften.

(Harry Glawe, CDU: Das Sie ja ablehnen. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Mit Ihren Totschlagargumenten können Sie allenfalls noch Senioren treffen

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Total!)

oder Kaffeeklatschrunden der Postkommunisten beeindrucken, vielleicht auch noch den Verband der ehemaligen Fahnenträger des Reichsbanners der SPD.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Da freut er sich noch, so einen Quatsch zu erzählen.)

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir uns sehr wohl für die Tarifautonomie einsetzen und dazu gehören auch starke Gewerkschaften. Und ich sage dies auch, obwohl wir mit vielem von dem, was die Gewerkschaften heute treiben, nicht einverstanden sind.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Also lassen Sie es sein, mit Verleumdungen und Unterstellungen zu arbeiten!

Zurück zu unserem Antrag: Wir hoffen doch, dass der Anschlag auf die Tarifautonomie und somit der Anschlag auf das Grundgesetz rigoros aufgeklärt wird und die Hauptakteure nicht nur benannt, sondern auch zur Rechenschaft gezogen werden. Alle Verstrickungen von Politikern dieses Landes in die Affäre sind zu erhellen. Die Bürger unseres Landes haben einen Anspruch, zu erfahren, in welchem Umfang Interessenvertreter der Kapitalisten, also Herr Schelsky, Wahlkämpfe von Herrn Adam, Frau Schlupp oder anderen Vertretern dieses Hohen Hauses finanziert oder mitfinanziert haben. Die Bürger haben einen Anspruch zu erfahren, welche Interessen die Abgeordneten denn tatsächlich vertreten. Auch würden wir erwarten, dass hier der Verfassungsschutz zur Aufklärung der Sachverhalte herangezogen wird. Aber diese Erwartung werden Sie wohl kaum erfüllen, da für Sie der Inlandsgeheimdienst ja hauptsächlich zur Bekämpfung der nationalen Opposition eingesetzt wird.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Zu Recht.)

Lassen Sie den schwarzen Sumpf rückhaltlos aufklären und trockenlegen, meine Herrschaften!

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Passen Sie bloß auf, dass Sie nicht selbst überwacht werden!)

Es würde der Politikverdrossenheit und der Wahlverweigerung weiterer Schichten in unserem Land wirksam entgegentreten. Aber ich habe den Eindruck, das interessiert Sie alles nicht, solange die Pfründe und Zuwendungen gesichert sind.

(Zuruf von Udo Timm, CDU)

Bei den Finanzhilfen von Herrn Schelsky handelt es sich aber wahrscheinlich nur um die Spitze eines Eisbergs. Nur allein diese Spitze offenbart schon die wirklichen Zustände in unserem Land. Diese Spitze des Eisberges offenbart, was Realität in unserem Land ist. Es ist an der Zeit, dass den Machenschaften des Großkapitals wirksam Einhalt geboten wird. Klären Sie den Skandal um Schelsky und Co umfassend auf!

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Hören Sie auf, die Geldflüsse zu verschleiern und zu verdunkeln, meine Herrschaften!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Raimund Borrmann, NPD: Und was war mit Schalck-Golodkowski?)

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dankert von der SPD.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst einmal gleich eines klarstellen: Der Vorgang Schelsky, ich nenne ihn jetzt einmal so, ist klar und deutlich zu verurteilen. Ich glaube, da sind wir uns einig.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Udo Pastörs, NPD: Das reicht aber nicht.)

Scheingewerkschaften ebenfalls, denn solche Art Spendenaffären schaden der Demokratie.

Aber nähern wir uns einmal Ihrem Antrag. Selbst wenn man die Überschrift „NPD“ abdeckt, würde man die Überschrift „Verfassung schützen – Arbeitnehmerinteressen wahren“ erst einmal gut finden. Aber spätestens im Text fällt dann auf, wes Geistes Kind dieser Antrag ist. Und Ihre Rede eben war ja eigentlich bedeutend. Ich glaube, ich brauche darauf nicht näher einzugehen.

(Udo Pastörs, NPD: Na dann lassen Sie es doch!)

Aber versuchen wir einmal, uns trotzdem Ihrem Antrag sachlich zu nähern.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Die IG Metall hat meines Wissens bereits juristische Schritte gegen die AUB eingeleitet.

(Udo Pastörs, NPD: Reicht nicht. – Dr. Armin Jäger, CDU: Woher wollen Sie das wissen?)

Das überlassen Sie mal der IG Metall!

(Udo Pastörs, NPD: Reicht uns nicht. Wir wollen eine Debatte.)