Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

Ja, ja, nee, nee, nee!

(Raimund Borrmann, NPD: Außergewöhnliches Verfahren.)

Wir möchten gern innerhalb der Koalition eine Regelung im Lande treffen, die einige durchaus vorhandene Probleme außerhalb des Tariftreuebereiches behandeln, über die der Kollege Schulte sehr eingehend gesprochen hat, die regelungsbedürftig sind. Also wenn Sie das Ohr an der kommunalen Praxis haben, werden Sie hören, wie schwierig das in manchen Vergaben ist, das sogenannte wirtschaftlichste Angebot herauszufiltern. Der Mitarbeiter hat überhaupt keine Probleme, den Billigsten zu nehmen, da schilt ihn gar keiner. Nimmt er aber das wirtschaftlichste Angebot, dann kriegt er richtig Ärger, und wenn er keinen guten Chef hat, dann deckt er das nicht ab. Das tun unsere kommunalen Chefs, sage ich mal von hier.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Kein Problem. Richtig.)

Aber es ist nicht so einfach.

Wir haben, wenn Sie das genau gelesen haben, in dem CDU-Entwurf einen Paragrafen 10, der schon neu ist. Der ist deswegen reingekommen, weil wir festgestellt haben, dass Sie furchtbar viel in Ausschreibungsbedingungen reinschreiben können. Aber wenn der Zuschlag erteilt ist – und da rede ich als einer, der bis vor Kurzem noch derartige Vergabeverfahren betreut hat –, dann haben Sie ein Problem, weil nach deutschem Recht ist mit dem Zuschlag der Vertrag wirksam und dann brauchen Sie eine Regelung, wie Sie wieder rauskommen. Und das können Sie nur machen, wenn Sie das vorher in die Ausschreibungsbedingungen geschrieben haben, wenn Sie nämlich jemand zum Beispiel bei bestimmten Kriterien getäuscht hat. Deswegen steht da drin vorsätzlich, fahrlässig oder umschrieben die arglistige Täuschung. Das macht Sinn. Glauben Sie mir, das ist für die Praktiker ein ganz wichtiges Ding. Das gibt es derzeit noch nicht. Und das ist richtig, was Herr Schulte gesagt hat, die Länder müssen die Möglichkeit haben, so steht es im GWB, deswegen ist es so gefasst, ihre Regelungen zu treffen.

Aber – und da unterscheiden wir uns, das sage ich auch ganz deutlich – ich berufe mich jetzt nicht auf die drei rechtlichen Beurteilungen aus drei Ministerien unseres Landes, denn da kann man sagen, es sitzt jeweils an der Spitze ein Minister, der der CDU angehört, und möglicherweise möchten die Mitarbeiter das anders beurteilen. Ich trau das niemandem in unseren Ministerien zu, aber da scheint es solche Überlegungen zu geben. Aber ich berufe mich jetzt auf die Länder Rheinland-Pfalz, Berlin und Bremen. Da gab es einen Gesetzentwurf, in dem stand, dass der Bundesgesetzgeber handeln müsse, weil nach der EuGH-Entscheidung für die Regelungen, insbesondere für Tariftreueregelungen, derzeit kein Raum ist, weil diese Entscheidung so ist. Das haben die drei Länder, die nun alle nicht von der CDU regiert sind, eingebracht. Ich kann dem nur beipflichten. Meine Exegese des Urteils ist – und die galt womöglich dem von Ihnen zitierten Sachverständigen, Herrn Professor Däubler, der gesagt hat, es geht nicht –, deswegen müssen wir erreichen, dass der EuGH noch einmal entscheidet. Und wenn er dann anders entscheidet, dann können wir wieder Tariftreuegesetze machen.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Meine Damen und Herren, das ist für mich nicht machbar. Ich darf nicht aus meiner Sicht etwas, was sich erkennbar als rechtswidrig für mich darstellt, erst mal machen und hoffen, dass ein Gericht dann ganz anders urteilt als früher. Das ist kein Verfahren, das ich mag, und das werden wir auch nicht mitmachen. Was wir mitmachen werden, das sage ich an diesem Pult auch zu, was der Gutachter dann entscheidet, das wird für uns die Grundlage des weiteren Vorgehens sein. Das haben wir so zugesagt und da gibt es auch kein Wenn und Aber. Deswegen liegen zwei ausformulierte Gesetzentwürfe vor. Das heißt, der Gutachter kann erstmalig – und insofern hat Kollege Schulte recht, über seinen Gesetzentwurf hat noch nie einer ein Gutachten geschrieben – diese Gelegenheit …

(Zurufe von Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ja, ist ja vollkommen richtig, das ist auch für mich der tragende Grund. Über diesen Gesetzentwurf wird erstmalig ein von uns im Einvernehmen dann zu bestellender

Gutachter entscheiden und das ist so, wie es immer ist, wenn man sich auf einen Schiedsrichter einigt.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Haben Sie sich schon geeinigt?)

Das dürfen die Fußballer nicht und dann halten wir, weil wir Politiker sind, das auch ein. Wenn der Schiedsrichter so entscheidet, dann haben wir das zu akzeptieren.

(Raimund Borrmann, NPD: Wozu haben wir denn noch den Landtag? Dann soll doch der Schiedsrichter gleich alles entscheiden.)

Ja, sehen Sie, nun gebe ich Ihnen mal einen kleinen Hinweis aus der Gesetzgebungslehre. Das haben Sie in Ihrem Marxismusstudium nicht gelernt.

(Raimund Borrmann, NPD: Dann brauchen Sie bloß noch das Händchen zu heben.)

Lassen Sie mich ausreden! Kein Lehrer kann seinem Schüler was erklären, wenn der dauernd plappert. Ruhe jetzt!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Raimund Borrmann, NPD: Ruhe, Herr Lehrer! Ruhe, Herr Lehrer!)

Altersmäßig könnte ich ja Ihr Lehrer sein, aber ich möchte es nicht sein, weil solche unerzogenen Kinder mag man nicht.

(Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, Michael Andrejewski, NPD, und Raimund Borrmann, NPD)

Aber ich sage Ihnen, das ist so. Wenn wir wissen, was rechtlich zulässig ist, dann werden wir einen Gesetzentwurf in diesen Landtag einbringen,

(Raimund Borrmann, NPD: Wenn ihr das nicht wisst, wozu seid ihr dann hier?)

und dann erst wird der Landtag die Gelegenheit haben, so oder so zu entscheiden.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Und da warten wir auf Ihre sachdienlichen Hinweise. Mir war nur wichtig, dass wir uns als Demokraten von den Nichtdemokraten nicht einen Streit aufdiktieren lassen, der in der Sache so nicht besteht. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zurufe von Raimund Borrmann, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Danke schön, Herr Dr. Jäger.

Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Holter. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

(Udo Pastörs, NPD: The show must go on.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Herr Jäger, ich bin Ihnen dankbar für die Rede, weil nicht nur Ihre Positionierung gegenüber der NPD, die ich unterstütze, eindeutig war, sondern auch Ihre Aussagen zu dem Umgang mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes sehr erhellend waren. Und in der Tat werden solche Gerichtsurteile – das wissen Sie als Jurist

auch – sicherlich unterschiedlich ausgelegt. Das führt auch dazu, dass man sich streitet,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ist so.)

positiv gemeint auseinandersetzt, um etwas auf den Weg zu bringen.

(Raimund Borrmann, NPD: Sind wir hier in der Legislative oder wo?)

Wir – und da stimme ich jetzt ausdrücklich der SPD zu und Herrn Schulte – legen dieses Gesetz so aus, dass ein Tariftreuegesetz auch mit den Standards, die wir hier immer diskutieren, möglich ist, und das im Interesse der Unternehmen genauso wie im Interesse der dort Beschäftigten. Das will ich voranstellen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Für mich ist aber die Frage, ob unsere Debatte, die wir heute hier führen, eine Antwort sucht darauf, welche Auslegung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes möglich ist, oder ob wir vielmehr über die Möglichkeit eines Tariftreuegesetzes in Mecklenburg-Vorpommern diskutieren, denn ich habe den Eindruck, wir diskutieren mehr über das Ob als über das Wie der Entstehung eines Tariftreuegesetzes.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Das habe ich aus der Debatte mitgenommen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Korrekt.)

(Dr. Armin Jäger, CDU: Erst wollen wir wissen, ob, und dann können wir wissen, wie.)

Richtig. Und deswegen haben wir, Herr Jäger – das ist gut, dass Sie das mit dem Zwischenruf noch einmal bestätigen –, eine unterschiedliche Herangehensweise.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das sind eben die Unterschiede in der Politik.)

Während wir, also die SPD – Entschuldigung, dass ich Sie jetzt vereinnahme – und DIE LINKE, der Überzeugung sind, dass ein Tariftreuegesetz möglich ist, auch auf der Grundlage des Urteils des Europäischen Gerichtshofes, zweifeln Sie dieses an und wollen das klären.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Es gibt keinen Sachverständigen, der das bestätigt.)

Und deswegen stellen sich, Herr Roolf, genau, wie Sie das gesagt haben, nämlich drei Fragen, die mit dem Antrag nicht beantwortet sind, erstens zum Termin, zweitens zu den Kosten und drittens, wer es nun eigentlich machen soll.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Können Sie sich denn auf den Gutachter einigen?