Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

(Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Was wir hier erleben, ist in der Tat unglaublich. Da verfügen die Fraktionen von SPD und CDU nicht nur über enorme Mittel zur Fraktionsarbeit, nein, sie stellen auch die Landesregierung. Und jetzt wollen sie ernsthaft beschließen, dass der Landtag zwei Gesetzentwürfe der beiden Koalitionsparteien von einem unabhängigen

Gutachter über die Landesregierung prüfen lassen soll. Hierbei soll es darum gehen, die beiden Gesetzentwürfe auf ihre verfassungsrechtlichen Anforderungen hin überprüfen zu lassen. Sicherlich kann man da wieder einige Zehntausend Euro Steuermittel versenken, meine Damen und Herren.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Was machen Sie eigentlich mit Ihren Fraktionsmitteln? Haben Sie denn keine Juristen, welche bereit sind, Ihre Gesetzentwürfe zu prüfen? Und wenn sich CDU und SPD streiten, dann kann das nicht auf Kosten der Landeskasse gehen, meine Herren.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Warum haben Sie im Ministerium und in Ihren Fraktionen denn nicht den entsprechenden Sachverstand? Klar, die SPD-Fraktion finanziert lieber Bücher gegen die NPD und gibt diese dann ganz ungeniert kostenlos ab.

(Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Da kann das Geld für die ordentliche Fraktionsarbeit schon mal etwas knapp werden, meine Herren von der SPD. Aber Sie haben doch eine Rücklage, wie ich gesehen habe,

(Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, Volker Schlotmann, SPD, und Raimund Borrmann, NPD)

von fast einer halben Million Euro in Ihrer bescheidenen Fraktionskasse angesammelt, Herr Schlotmann. Da können Sie doch locker ein Gutachten in Auftrag geben.

(Volker Schlotmann, SPD: Sie reden einen Unsinn!)

Dann wissen Sie, inwieweit Ihr Gesetzentwurf

(Volker Schlotmann, SPD: Wissen Sie, was das für Gelder sind, wo die herkommen?)

den europarechtlichen Anforderungen und den verfassungsrechtlichen Ansprüchen gerecht wird. Diese Kosten auf den Landeshaushalt zu verlagern ist dreist und unanständig und mit der Würde des Landtages sicherlich nicht in Einklang zu bringen. Sie ziehen hier eine Komödie ab, Herr Jäger von der CDU. Sie selbst sind doch Jurist und bis vor Kurzem ging ich auch davon aus, dass Sie von der Materie ein wenig Sachverstand besitzen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Sie sorgen mit solchem Spektakel dafür, dass sich immer mehr Bürger nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern angewidert von der Politik abwenden. Dieser von Ihnen vorgelegte Antrag offenbart, dass Sie sich nicht einmal mehr sicher sind,

(Raimund Borrmann, NPD: So ist es, Selbstzweifel.)

dass Ihre eigenen Gesetzentwürfe der Verfassung entsprechen. Gleichzeitig besitzen Sie die Unverschämtheit, ein Verbot meiner Partei zu fordern.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, dazu steh ich. Ja. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Sagen Sie doch mal der interessierten Öffentlichkeit, wie viele Gesetzentwürfe von Ihnen bereits vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wurden.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Bitte nennen Sie einen, nennen Sie einen!)

Haben Sie doch den Mut und bringen Sie Ihre Gesetzentwürfe ganz ordentlich ein, dann kann in den von Ihnen so hochgelobten Fachausschüssen die parlamentarische Arbeit vorangehen und ein Tariftreuegesetz von der Mehrheit verabschiedet werden. Ja, davor haben Sie natürlich Angst, weil Sie Ihre Koalition, Ihre Posten und Ministersessel nicht gefährdet sehen wollen. Darum wollen Sie mittels dieses Instruments die Entscheidung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagen, meine Herrschaften.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Aber wenn sich zwei Koalitionspartner eben nicht mehr einig sind und einen Schiedsrichter suchen, dann sollte dafür nicht die Landeskasse herhalten, während aus den eigenen Fraktionskassen horrende Rückstellungen gebildet werden und politischer Kampf gegen eine unliebsame Opposition finanziert wird. Was Sie hier machen wollen, Herr Schlotmann, ist eine Provokation der Steuerzahler in unserem Bundesland.

(Volker Schlotmann, SPD: Für die Sie ja reden.)

Ist Ihnen das überhaupt bewusst? Einen ordentlichen demokratischen Parlamentsbrauch kann diese Vorgehensweise jedenfalls nicht für sich in Anspruch nehmen.

(Volker Schlotmann, SPD: Woher wollen Sie denn das wissen?)

Sollte diese Vorgehensweise auch noch Schule machen, dann kann man vielen Kritikern nur recht geben, welche den Landtag als sinnlose Schwatzbude bezeichnen,

(Volker Schlotmann, SPD: So wie Sie, so, wie Sie das machen. Das ist doch Ihr Ziel.)

denn dann kann man ja Gesetzentwürfe gleich von Experten extern fertigen lassen. Ich fürchte, das machen Sie sogar schon.

(Volker Schlotmann, SPD: Scheinheilig nenne ich so was.)

Dies ist keine Sternstunde für den Parlamentarismus.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zurufe von Volker Schlotmann, SPD, und Raimund Borrmann, NPD)

Dies ist eine Jammerstunde und schuld daran sind Sie von den Sozis und von den Schwarzen in diesem Hause, meine Herrschaften. Der Demokratie haben Sie mit diesem, ich muss schon sagen, Schmierentheater keinen Dienst erwiesen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Volker Schlotmann, SPD: Begeisterung pur bei der NPD.)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Dr. Jäger. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich bin sehr froh darüber, dass ich vorsorglich Redebedarf angemeldet habe, denn das, was Herr Pastörs hier gesagt hat, kann in dem Raum nicht stehen bleiben. Und ich hoffe, ich rede jetzt so, dass mir die Demokraten im Hause auch zustimmen können.

(Helmut Holter, DIE LINKE: In dem Fall immer.)

Wir haben eine schwierige Situation, Herr Holter hat sie umschrieben. Es gibt eine politische und eine rechtliche Ebene.

(Raimund Borrmann, NPD: Und eine finanzielle.)

Der Kollege hat die rechtliche Ebene dargestellt und da gibt es unterschiedliche Auffassungen. Er hat fairerweise aus dem Bremer Gutachten, das uns, glaube ich, allen vorliegt und das wir hoffentlich auch alle so gelesen haben wie Sie, zitiert, dass ein Professor, ein deutscher Rechtsprofessor sagt, nach dem Motto: „Mach’s noch einmal“, ich rate davon ab. Ich rate deswegen davon ab, weil wenn das eine Kommune macht nach einer rechtlichen Beanstandung – dazu haben wir Verfahren in diesem Lande und die landen dann bei den Strafgerichten –, dann wird ein Bürgermeister wegen Untreue angeklagt, wenn er gegen eine Anweisung aus der Rechtsaufsicht, gegen aus der Sicht der Rechtsaufsicht gültiges Recht verstößt. Das ist nun mal so.

(Udo Pastörs, NPD: Zu Recht.)

Ja, natürlich zu Recht, selbstverständlich. Dem Vorwurf möchte ich mich als Parlamentarier nicht aussetzen.

Wo Juristen agieren, legen sie Recht aus, in diesem Falle ein Urteil. Es kam für einige überraschend, ich glaube, sogar für eine ganze Anzahl, diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes. Vor dieser Entscheidung gibt es eine Vereinbarung, die vor dieser Entscheidung abgeschlossen wurde. Zu der stehe ich, das habe ich an diesem Pult mehrfach wiederholt. Und wer mich kennt, weiß, wenn ich das sage, dann werde ich das auch so einhalten.

(Volker Schlotmann, SPD: Ich auch. Ich stehe auch dazu.)

Ja, genau. Volker Schlotmann hat das neulich noch etwas drastischer gesagt, nachdem ihn jemand aus meiner Fraktion offenbar gereizt hat, was ja auch mal vorkommt.

(Volker Schlotmann, SPD: Kommt vor.)

Wir haben zwei Entwürfe vorliegen, das ist richtig, Herr Holter, wie Sie treffend festgestellt haben. Respekt, Sie haben gemerkt, dass das gar keine Entwürfe sind, die eingebracht worden sind. Na klar, das ist auch nicht das gewöhnliche Verfahren.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist wohl wahr.)

Ja, ja, nee, nee, nee!