Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

Dann kann es nur konsequent sein, wenn man als FDPFraktion den parlamentarischen Weg zu Ende geht. Die letzte Möglichkeit, die wir als FDP-Fraktion haben, ist, hier und heute die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses in einem Entschließungsantrag Ihnen vorzuschlagen.

Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten. Wir haben die Möglichkeit, indem wir jetzt hier darüber zu diskutieren haben, ob die Form die richtige ist, ob wir – ich sage das mal ganz eigenkritisch – zu blöd sind, ob ich zu blöd bin, einen Antrag zu stellen.

(Jochen Schulte, SPD: Ich hätte es nicht besser formulieren können.)

Sie hätten es nicht besser sagen können. Deswegen nehme ich Ihnen diese Geschichte auch vorweg.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wir korrigieren Sie selten gern.)

Das ist nicht der Ansatz. Der entscheidende Ansatz ist: Ist es nicht unsere Pflicht, eine Aufklärung zu diesen Vorgängen vorzufinden, und ist es nicht unsere Pflicht umzuschwenken und umzulenken, aus den Fehlern, die gemacht worden sind? Und das möchte ich an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen: Ich unterstelle keinem,

(Ute Schildt, SPD: Sie unterstellen Fehler.)

ausnahmslos keinem, dass er Rechtsbruch gemacht hat und dass er in wirklicher Absicht etwas gegen die Interessen gemacht hat.

(Michael Andrejewski, NPD: Man soll nichts ausschließen.)

Aber aus den Fehlern, die gemacht worden sind – und die sind in vielen Bereichen sehr deutlich zu sehen –, müssen wir lernen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie haben ja heute Kreide gegessen.)

Und wir müssen diese Fehler umsetzen und müssen zu Veränderungen kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Der Wirtschaftsausschuss ist gescheitert. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss hat folgende Vorteile: Er hat die Vorteile, verschärftes Fragen- und Kontrollrecht zu haben, er hat die Vorteile eines Akteneinsichtsrechtes und er hat den ganz entscheidenden Vorteil, ein PUA lädt vor, ein Wirtschaftsausschuss lädt ein, meine Damen und Herren.

Der Entschließungsantrag – ich habe es Ihnen eben gesagt – sollte für uns heute nicht der Beginn einer formalen Debatte sein, sondern einer inhaltlichen Debatte. Wir haben auch diesen Weg gewählt – ich sehe den Kollegen Waldmüller nicht, aber doch, er ist da –, um Ihnen als Koalitionsfraktionen noch mal die Zeit zum Nachdenken zu geben.

Lassen Sie uns die drei Fälle, die wir hier mit Ihnen in diesem PUA gemeinsam durchleuchten und darauf die richtigen Antworten finden wollen, lassen Sie uns diese drei Untersuchungsgegenstände einmal genau anschauen. Da haben wir das CD- und DVD-Werk in Dassow. Hier handelt es sich um einen sogenannten Industriestandort.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Wir haben den SnowFunPark in Wittenburg, ein touristisches Objekt, und wir haben den Park in Nieklitz, den würde ich einfach mal dem Umweltaspekt zusortieren.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Nachhaltigkeit.)

Diese Breite der Fälle dokumentiert, dass wir in der Breite ein Problem mit unserer Förderpolitik hier im Lande haben. Das dokumentiert aber auch etwas ganz anderes. Und das ist an dieser Stelle, denke ich, auch wichtig, dass all diese Fälle in der Gesamtverantwortung der Landesregierungen gewesen sind und jetzt auch wieder sind. Die vorhergehende Landesregierung und die aktuelle Landesregierung sind in der Verantwortung, gerade in dieser Komplexität dem Controlling nachzukommen und hier an dieser Stelle sicherzustellen, dass die Verwendung von Steuergeldern ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Und jeder Minister in seinem Ressort, ob er heute noch aktueller Minister dort ist oder früher mal aktueller Minister gewesen ist, hat auch diese Verantwortung in seinem Ministerium zu tragen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Darauf ist er vereidigt.)

Welche Fragen stellen sich jetzt konkret aus den hier aufgeführten Projekten?

Lassen Sie mich einsteigen mit dem CD- und DVD-Werk in Dassow. In Dassow hat es in etwa eine Investition in

Höhe von 170 Millionen Euro gegeben. Diese 170 Millionen Euro Investition haben zu circa 1.200 Arbeitsplätzen geführt und sie haben für eine kurze Zeit zu einer Belebung der Region beigetragen, in der dieses Werk entstanden ist. Sie sind aber auch eine sehr risikoreiche Investition gewesen, gerade – und das ist an dieser Stelle auch ganz wichtig – weil wir unsere Erfahrungen mit CDWerken in dieser Region gehabt haben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Insolvenz der Firma ICP am Standort Dassow. Und da beginnen die Fragen und da beginnen die Dinge, die wir im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu klären haben, und zwar:

Hat die Landesregierung das Unternehmenskonzept des Investors zu jeder Zeit nachhaltig geprüft?

Hat die Landesregierung immer den neuesten Informationsstand über die Geeignetheit des Investors gehabt?

(Ute Schildt, SPD: Wollen Sie jetzt alle Fragen vorlesen?)

Inwieweit wusste die Landesregierung von den vorhergehenden Insolvenzen eines der Gesellschafter?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich denke, Sie wollten uns bitten, Fragen zu formulieren.)

Inwieweit wusste die Landesregierung von der Gewerbeuntersagung des Unternehmers in United Kingdom und in den USA?

Inwieweit wusste die Landesregierung von der Strafverfolgung eines Gesellschafters?

Inwieweit wusste die Landesregierung, was mit diesem Investor gewesen ist?

Inwieweit ist die Landesregierung vorgewarnt worden, womöglich durch Briefe von Bürgermeistern, mit welchem Investor man es dort zu tun hat?

Inwieweit hat es eine Koordinierung der Landesregierung gegeben zwischen den Ressorts, zum Beispiel dem Finanzressort und dem Wirtschaftsressort?

Ich höre es hier grummeln, warum liest er jetzt die Fragen vor.

(Ute Schildt, SPD: Wir haben die Antworten schon. – Jochen Schulte, SPD: Einschließlich der Antworten des Ministeriums. Die haben Sie doch.)

Wenn wir die Antworten auf diese Fragen hätten – und das wird dann nachher spannend in der Diskussion –, dann bräuchten wir keinen PUA. Aber all diese Fragen sind unbeantwortet und offen.

(Volker Schlotmann, SPD: Jedenfalls nicht so beantwortet, wie Sie das gerne hätten.)

Lassen Sie uns doch mal über die Folgen der Insolvenz in Dassow sprechen. Lassen Sie uns über die Folgen für die Menschen, für die Mitarbeiter, für die Familien, lassen Sie uns über die Folgen für die Region und lassen Sie uns über die Folgen für das Land Mecklenburg-Vorpommern sprechen.

(Volker Schlotmann, SPD: Es würde mich interessieren, ob Sie das wirklich glauben.)

Die Folgen für die Familien, für die Menschen: 1.200 Menschen ist eine Hoffnung zerschlagen worden, dass man an dem Standort Arbeitsplätze dauerhaft entstehen lassen kann. Es ist eine Luftblase entstanden. Es ist eine

tiefe Enttäuschung darüber da, dass solche Projekte in dieser Art und Weise an diesem Standort durchgeführt worden sind. Die Folgen für die Region sind geprägt eben genau durch diese Enttäuschung. Die Folgen für die Region sind geprägt dadurch, dass wir nach einer kurzen Zeit des Aufschwungs in der Region heute an einem Scherbenhaufen stehen, gerade für kleine und mittelständische Unternehmen. Und es wird spannend sein,

(Udo Pastörs, NPD: Es ist alles spannend.)

meine Damen und Herren, ob die angemeldeten Summen, die bei Gericht vorliegen, die sogenannten angemeldeten Summen zur Tabelle des Insolvenzverfahrens in Dassow, 100 Millionen Euro Schaden ausweisen, 120, 150 Millionen. Aber das sind ja alles Folgen, die wir hier nicht mehr auszuhalten haben. Die haben diejenigen auszuhalten, die da Geld verloren haben. Die haben diejenigen auszuhalten, die jetzt in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen. Wir werden diese Zahlen in den nächsten Tagen bekommen und Sie werden die Antwort zu geben haben, was wir getan haben, um diese Folgen so gering wie möglich zu halten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Wir haben aber auch Auswirkungen auf die Gemeindestrukturen. Schauen Sie sich die Gemeinde Dassow an! Die Gemeinde Dassow – das ist heute in der „OstseeZeitung“ ganz kurz zu lesen – ist in große wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen. Steuererhöhungen in Größenordnungen stehen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort an, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, die womöglich ihr kleines Häuschen haben und jetzt auch noch mehr Grundsteuer und mehr Beiträge bezahlen müssen, damit der Finanzhaushalt der Gemeinde einigermaßen klargestellt wird. Und – das kann man nicht oft genug sagen – es ist Vertrauen verloren gegangen, Vertrauen, dass wir eine ordnungsgemäße Investition an diesem Standort je realistisch durchgeführt haben. Die Folgen für das Land gibt es nicht. Wenn Sie unserem Antrag hier heute nicht zustimmen, gibt es keine Folgen, denn alles ist gut.

(Gino Leonhard, FDP: Richtig, ja.)

Und wir gehen nach dem alten sozialdemokratischen Motto der Landtagswahl 2006: „Weiter so!“

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Lassen Sie uns kurz den Bereich Nieklitz anschauen. In Nieklitz haben wir viel zu lange die Augen verschlossen bei der Diskrepanz zwischen den geplanten Besucherzahlen von 200.000 und denen, die in den letzten Jahren immer realisiert worden sind: 15.000, 16.000, 14.000 Besucher. Nie ist die Frage gestellt worden, wie können wir dauerhaft an diesem Standort, in dieses Projekt immer wieder Geld reintun, wenn genau zu sehen ist, dass 200.000 Besucher niemals diesen Ort erreichen werden und diese Investition an diesem Standort nie wirklich lebensfähig gewesen ist. Es ist auch hier die Frage: Hat die Landesregierung die Kraft für ein ordentliches Controlling am Standort Nieklitz gehabt? Das ist eine Frage, die wir auch dann im PUA zu klären haben.

Und jetzt lassen Sie uns zum SnowFunPark in Wittenburg kommen. Als Unternehmer würde ich sagen: Geschäftsgrundlage. Man kann es auch anders formulieren: Eine klare Erkenntnis ist gewesen – und das ist immer, glaube ich, die Maxime gewesen –, dass es in Norddeutschland nur eine marktfähige Skihalle mit staatlicher Förderung