Es geht ja nicht nur darum, dass Herr Neumann hier in irgendeiner Weise in Kritik geraten ist. Das ist doch gar nicht die Frage.
Sie regen auf Bundesebene an, dass es eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft geben soll und geben muss. Die Frage ist doch folgende: Wie hat denn der Staat in der letzten Zeit die gesetzlich verankerte Pflicht auch weiterhin kontrolliert? Da gibt es scheinbar allein bei der Kontrollpflicht schon ganz große Lücken. Darüber muss man doch nachdenken, auch zum Beispiel im Zusammenhang mit der Ausstattung der Datenschutzbeauftragten mit Personal.
Ich habe nicht darüber geredet, hier im Land, Herr Caffier. Ich weiß nicht, warum Sie darüber lachen. Wenn man mehr kontrolliert, wenn man gesetzlich mehr Rechte festlegt, dann muss man dafür Sorge tragen, dass der Staat in die Lage versetzt wird, hier auch Kontrollmaßnahmen durchzuführen. Ich gehe davon aus, dass es auf Bundesebene scheinbar Differenzen in Bezug auf die Personalausstattung gibt.
Als Letztes möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir ja den Bericht des Datenschutzbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern in den nächsten Wochen überwiesen bekommen werden. Ich bin jetzt schon darauf gespannt, wie wir uns hier im Parlament mit diesem Bericht zur Frage der Stärkung des Datenschutzes in der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere hier im Land Mecklenburg-Vorpommern auseinandersetzen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1528 zur Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung durch die Fraktionen der FDP und NPD sowie Ablehnung der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE abgelehnt.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1528. Während der Debatte ist beantragt worden, über die einzelnen Ziffern des Antrages gesondert abzustimmen.
Wer der Ziffer 1 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1528 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Ziffer 1 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1528 bei Zustim
Wer der Ziffer 2 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1528 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist die Ziffer 2 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1528 bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und NPD, Ablehnung der Fraktionen der SPD und CDU sowie Enthaltung der Fraktion der FDP abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 36: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Kulturelle Infrastruktur und demografischer Wandel, auf Drucksache 5/1573.
Antrag der Fraktion DIE LINKE: Kulturelle Infrastruktur und demografischer Wandel – Drucksache 5/1573 –
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass die Landesregierung den Abgeordneten eine Unterrichtung vorlegt, aus der hervorgeht, wie die kulturelle Infrastruktur und die kulturellen Angebote unter den Bedingungen des demografischen Wandels entwickelt werden können.
Erstens. Man muss Landespolitik für die Entwicklung von Kunst und Kultur als mit verantwortlich ansehen.
Umgekehrt: Wer sagt, für so etwas sind wir nicht verantwortlich, wer sagt, wir gestalten nicht, sondern reagieren auf Entwicklungen, wer sagt, wir bleiben in Ressortzuständigkeiten, der kann selbstverständlich mit unserem Antrag nichts anfangen.
In Kulturvereinen, sehr geehrte Damen und Herren, und unter anderen Engagierten in der Kulturpraxis werden Fragen des demografischen Wandels schon seit Langem diskutiert. Ich erinnere mich an einen anderen Tagesordnungspunkt heute, das war, glaube ich, zur Gesundheitswirtschaft und zum Gesundheitswesen, also der vorvorletzte Antrag, der hier Behandlung gefunden hat. Mehrere Rednerinnen und Redner haben auf die Thematik des demografischen Wandels Bezug genommen. Diese Phänomene des demografischen Wandels
spielen natürlich nicht nur in der Wirtschaft eine Rolle, nicht nur in der Frage der Bildung, sondern selbstverständlich auch in der Frage der Kultur. Insofern ist die kulturpolitische Ebene selbstverständlich angesprochen.
Sehr geehrte Damen und Herren, der Schlussbericht der Enquetekommission des Bundestages „Kultur in Deutschland“ stellt fest, dass es bisher erst wenig Befassung mit der Frage gebe – ich darf daraus kurz zitieren –,
„welche Auswirkungen der demografische Wandel auf die Kulturlandschaften und die Kulturproduktion haben wird und wie Kulturpolitik darauf reagieren sollte“, ist bislang unterbelichtet.
Die Fraktion DIE LINKE, sehr geehrte Damen und Herren, ist der Auffassung, dass für die Kulturpolitik in unserem Land Handlungsbedarf herangereift ist. Hier stimmen wir der Enquetekommission zu, die den Ländern und Kommunen „empfiehlt“ – ich zitiere –, „die kulturelle Leerstelle innerhalb der Demografiedebatte zu füllen und sich mit den kulturellen Auswirkungen des demografischen Wandels auseinanderzusetzen“.
Uns allen dürfte bewusst sein, dass sich die Folgen des demografischen Wandels auch in Mecklenburg-Vorpommern nach 1990 schneller und dramatischer vollziehen als noch vor Jahren angenommen. Ihnen werden die Zahlen unser Bundesland betreffend bekannt sein, insofern nur zwei Einzelbeispiele. Ich schaue Herrn Dankert an. Rostock hat Ende 1990 noch 248.000 Einwohner gehabt und es wird davon ausgegangen, dass es 2010 nur noch 192.000 Einwohner sein werden, so zumindest die Experten. Wir wollen nicht herumspekulieren, aber es ist doch deutlich, dass es deutlich weniger Einwohnerinnen und Einwohner gibt.
Auch im Landkreis Uecker-Randow hat von 1990 bis 2006 die Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner – sogar um 20 Prozent – abgenommen.
Uns als Landespolitikerinnen und Landespolitiker fällt die Verantwortung zu, auch zukünftig schrumpfende oder alternde Regionen und Gemeinden in ihrer Lebensqualität zu erhalten und Lösungen zu finden, die von jenen getragen werden, die in diesen Regionen trotz eines vorhandenen oder weiterhin zu erwartenden Bevölkerungsrückgangs leben.
Zu den Bereichen Soziales, Gesundheit, Bildung oder Wirtschaft, die bereits heftig diskutiert werden – ich bezog mich bereits darauf –, muss unbedingt der Kulturbereich treten. Konkret geht es uns mit unserem Antrag um die Entwicklung der kulturellen Infrastruktur, also die Sicherung der Rahmenbedingungen für die Museen, Bibliotheken, die Theater,
Orchester, Musikschulen, die Kinos und Kulturhäuser, die Festivals und Spektakel, die regionalen Akteurinnen und Akteure und die Ausstellungen, die es gibt, ob in Galerien oder an anderer Stelle, die Tierparks und Zoos, die Kinder- und Jugendklubs, die bildende Kunst, die schreibende Zunft, die Bildungseinrichtungen, die Schlösser, Guts- und Herrenhäuser, die Freie Szene und die Neuen Medien, des Denkmalschutzes, die Archäologie, die Musikpflege und Archive, die Kinder- und Jugendkunstschulen … und jetzt breche ich einmal die ganze Aufzählung ab, sie würde noch länger ausfallen. Aber es macht deutlich, welche Vielfalt wir im Land haben, die es zu bewahren und zu sichern gilt und die auch weiterentwickelt werden müsste.
Der demografische Wandel, also die Fragen der Bevölkerungsstrukturen, Bevölkerungsbewegungen, -entwicklungen und -verteilung, wird häufig auch so im Enquetebericht umschrieben mit einer Kurzformel „älter, bunter,
weniger“. Diese drei Trends – Alterung der Gesellschaft, die externe und interne Migration sowie die sinkende Bevölkerungszahl – führen zu veränderten Rahmenbedingungen für die Produktion und Konsumption von Kunst und Kultur. Das wiederum hat Auswirkungen auf Entscheidungen von Kultureinrichtungen, Kulturpolitik und Kulturförderinnen und -förderer, insbesondere aber auch auf die strategische Ausrichtung der kulturellen Infrastruktur. Betonen will ich, dass es sich beim Kulturbereich nicht um einen klassischen Markt handelt, auf dem bei demografisch bedingten Überkapazitäten „Marktbereinigungen“ stattfinden und Einrichtungen eben mal so geschlossen werden, wenn sie sich finanziell nicht mehr tragen können.
Wesentlich für die Fraktion DIE LINKE – und ich bin überzeugt, nicht nur für sie – ist die Teilhabe aller Generationen am gesellschaftlichen Leben und die Verständigung über die Generationsgrenzen hinweg. Die Fähigkeit und die Fertigkeit, sich mittels Kunst und Kultur auszudrücken, sind für den Menschen konstitutiv. Ohne Kunst und Kultur verarmen die Menschen, da ihnen eine wesentliche Möglichkeit ihres persönlichen Ausdrucks fehlt. Der Bestand einer Demokratie ist ohne Kultur nicht denkbar.
Mit der Veränderung der Altersstruktur wandeln sich auch kulturelle Interessen und Bedürfnisse. Jüngere Menschen und insbesondere Migrantinnen und Migranten könnten es in Zukunft immer schwerer haben, ihre kulturellen Interessen und Bedürfnisse durchzusetzen. Kommunale Sparbeschlüsse, vor allem zulasten der freien künstlerischen Szenen, sind erste Belege dafür. Hinzu kommen zunehmend sozialräumliche Polarisierungstendenzen, also eine soziale Spaltung und Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsgruppen. In Bezug auf die soziale Integration, auch insbesondere von Migrantinnen und Migranten, die besonders von Armut und Ausgrenzung betroffen sind, kommt gerade der Kultur eine Schlüsselrolle zu.
Wie bei den Jüngeren ist bei der alternden Generation eine differenzierte Betrachtung erforderlich, denn sie haben im Zuge der gesellschaftlichen Pluralisierung individuelle Werte und Interessen entwickelt, die im Alter nicht revidiert werden. Sie haben sehr vielfältige kulturelle Interessen und Bedürfnisse. Die gestiegene Mobilität hat zudem den Aktionsraum von Kulturinteressierten deutlich erweitert. Solche dynamischen Variablen sind ebenso zu berücksichtigen wie der besonders hohe Frauenanteil bei den älteren KulturnutzerInnen, wohingegen es im ländlichen Raum, besonders in Vorpommern, zu einem besonders hohen Anteil junger Männer kommt.
Unbedingt in Analyse und Handlungsempfehlungen einzubeziehen ist der regional unterschiedlich hohe Anteil von Migrantinnen und Migranten. Die Integrationsaufgabe, vor der die Gesellschaft steht, ist auch kulturell zu bewältigen. Nicht übersehen werden darf die dahinter stehende kulturelle Vielfalt, denn sie reicht von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern über EU-Bürgerinnen und EU-Bürger bis hin zu Asylsuchenden.
Sehr geehrte Damen und Herren, anders als Einrichtungen der sogenannten Hochkultur haben sogenannte kulturelle Breitenangebote räumlich sehr begrenzte Einzugsbereiche. Diese erstrecken sich beispielsweise bei Stadtbibliotheken oder einigen Musikschulen auf das Stadtgebiet, bei einer Jugendeinrichtung womöglich auf eine Kleinstadt oder den Stadtteil. Ein quantitativer Rückgang von Bevölkerung im direkten Umfeld hat insofern
Konsequenzen für die Auslastung solcher Einrichtungen, wenn diese nicht entweder ihren Einzugsbereich erweitern oder mehr Bevölkerung im Einzugsbereich mobilisieren können. Daraus und aus weiteren …
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich bin ja gespannt, ob das bei den nächsten Punkten auch so ist.)
Daraus und aus weiteren Faktoren ergeben sich zwangsläufig Konsequenzen für die kulturelle Infrastruktur. Werden selbst Events noch ausreichend Zuschauerzahlen erreichen? Wie werden sich Engagementstrukturen vieler kultureller Einrichtungen entwickeln? Auch die Frage der Erreichbarkeit von Einrichtungen hat einen entscheidenden Einfluss auf die Auslastung. Also sind zum Beispiel Fragen der Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr und/oder eines ausreichenden Angebots von Parkplätzen berührt.
Sie merken, es ist eine ganze Vielfalt an Dingen zu betrachten, die hier eine Rolle spielen. Sie haben sich seinerzeit dagegen ausgesprochen, eine ganzheitliche Kulturentwicklungskonzeption auf den Weg zu bringen. Es gibt aber Dinge, um die wir uns beim besten Willen nicht herummogeln können und dürfen, weil sie objektive Tatsachen darstellen, und eine solche ist die demografische Entwicklung. Wenn wir die Kultur in unserem Land, die Kultur- und Kunsteinrichtungen in unserem Land sichern und unterhalten wollen, wenn wir mit Augenmaß und sehr viel Vernunft an die Planung herangehen wollen und gemeinschaftlich um gute Lösungen streiten wollen, dann müssen wir uns mit diesen Fragen beschäftigen.
Insofern werbe ich für die Zustimmung zu unserem Antrag und bitte Sie, sich entsprechend zu verhalten, auch wenn Sie an dieser oder jener Stelle Bedenken haben mögen. Es ist nicht zu unserem Schaden, vor allen Dingen ist es zum Vorteil der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. – Schönen Dank.