Protokoll der Sitzung vom 24.09.2008

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Im Gegenteil, als die Landtagssitzung vor der Sommerpause vorbei war, kam der berühmte Montag mit der Presseerklärung von Frau Keler, wo ihr Pressesprecher Herr Bliemel darstellte, dass die Zuwendungen und Zuschüsse für Blinde und Sehbehinderte um diese besagten 8 Millionen Euro, also 39 Prozent, gekürzt werden.

(Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Na, das ist vielleicht eine Art und Weise, mit uns zu arbeiten, sich hinzustellen und zu sagen, wir werden jetzt mit den Leuten reden und sie anhören.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Raimund Borrmann, NPD: Typisch Sellering!)

Sie werden es garantiert noch tun müssen, das ist in Ordnung, aber viel zu spät. Wieso haben Sie – und das habe ich Sie mehrmals gefragt – niemals geprüft, wofür das Geld genommen wird? Denn, Frau Keler, und diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen, Sie sind eine Frau der Zahlen und wissen ganz genau – Sie haben auch zusammengesessen als Finanzminister der Länder –, wenn ein Land nach dem anderen das Landesblindengeld im ganz Speziellen senkt, wird natürlich der Durchschnitt immer niedriger.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Richtig. – Raimund Borrmann, NPD: Genau.)

Genau da wollen Sie hin.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Herr Sellering hat ja teilweise gesagt, dass er es nicht mehr ertragen kann, wenn die Gesundheitsminister zusammensitzen und Mecklenburg-Vorpommern Schelte dafür bekommt, dass es noch so ein hohes Landesblindengeld hat und damit den Durchschnitt durcheinanderbringt.

(Udo Pastörs, NPD: Pfui! – Raimund Borrmann, NPD: Ja, so ist es. – Minister Erwin Sellering: Das ist einfach nicht wahr, Frau Müller. Sie dürfen doch hier nicht lügen. Das geht doch nicht. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Wir haben hier …

Das sind Ihre eigenen Worte.

Frau Müller, einen Moment bitte.

Herr Minister, hier oben von der Regierungsbank haben Sie keine Zwischenrufe zu machen. Wenn Sie sich äußern wollen, melden Sie sich bei mir als amtierendem Präsidenten oder reden Sie als Abgeordneter.

(Minister Erwin Sellering: Entschuldigung.)

Das war jetzt übrigens der Originalton von Frau Präsidentin Renate Reimann bei der Demonstration. Ich weiß gar nicht, wieso das jetzt als Lüge dargestellt wird.

Wir haben immer gesagt, das Landesblindengeld ist ein Nachteilsausgleich. Sie tun hier einfach so, als ob in der Zwischenzeit 40 Prozent der Blinden und Sehbehinderten plötzlich nicht mehr blind oder sehbehindert sind, als ob 40 Prozent der Kosten in der Zwischenzeit nicht mehr da sind, als ob Blindenhilfsmittel um 40 Prozent billiger geworden sind, als ob begleitende Hilfen und alle anderen Dinge, die wir nun mal anders brauchen als diejenigen, die sehen können, um 40 Prozent billiger geworden sind. Ja, sagen Sie mal, wo leben Sie eigentlich?

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Raimund Borrmann, NPD: Im Oberstübchen, im Paradies, im Sellering-Paradies. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit der Argumentation, Herr Sellering, wir haben nie gesagt, dass das Landesblindengeld kostendeckend ist. Das hat nie jemand von uns behauptet. Das Landesblindengeld ist noch nie kostendeckend gewesen. Das kann es gar nicht sein, denn jeder von uns blinden Menschen lebt in einer anderen persönlichen Situation, hat ganz andere Ansprüche an das Leben, braucht dadurch auch ganz andere Dinge, um die blindenbedingten Nachteile zu kompensieren, und muss das Geld dementsprechend anders nutzen.

Wir haben nie gesagt, dass es kostendeckend sein soll. Aber im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht im Artikel 3, dass Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligt sein dürfen. Im Bundesgleichstellungsgesetz steht: Menschen mit Behinderungen ist gleichberechtigt die gesellschaftliche Teilhabe zu gewähren. In unserem eigenen Landesbehindertengleichstellungsgesetz steht – da haben Sie übrigens abgeschrieben, als Sie den Paragrafen 14a mit dem Härtefonds eingefügt haben – gleichberechtigte Lebensweise, gleichberechtigte Chancen. Ja wie, wenn Sie das Geld kürzen, was wir nutzen, um gleichberechtigt zum Beispiel teilzunehmen an Veranstaltungen? Das funktioniert doch nicht.

Und diese Rechnung mit der Blindenhilfe funktioniert auch nicht. Denn die Dinge, die damit gewährleistet sind beziehungsweise bezahlt werden können, sind längst nicht die, die Sie alle, meine Damen und Herren, wie Sie hier im Parlament sitzen, täglich kaufen, ohne sich darüber Gedanken machen zu müssen, komme ich damit überhaupt zurecht oder nicht.

(Raimund Borrmann, NPD: Sehr richtig.)

Ich sage hier ganz deutlich, diese Regierung spart, koste es, was es wolle. Sie spart als Allererstes an Blinden und Schwerbehinderten,

(Raimund Borrmann, NPD: Bloß nicht an sich selbst. – Heike Polzin, SPD: Das stimmt doch gar nicht. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

sie spart und lässt dadurch Blinde nicht mehr am Leben teilhaben.

(Raimund Borrmann, NPD: Genau.)

Sie greift den Blinden in die Tasche. Und darüber brauchen Sie sich jetzt überhaupt nicht zu erregen, meine Damen und Herren in der jetzigen Koalition. Das ist Originaltext von Herrn Riemann – zugegeben, der ist nicht mehr hier – und Herrn Glawe in der 21. Sitzung aus der 3. Legislaturperiode,

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Richtig. – Harry Glawe, CDU: Was habe ich denn da wieder gemacht?)

als Sie, Herr Glawe, als die Dynamisierung weggenommen wurde,

(Harry Glawe, CDU: Ich habe schon lange auf das Stichwort gewartet, Frau Müller.)

hier geschrien haben „Skandal nach allen Regeln der Kunst“.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Angelika Gramkow, DIE LINKE: Richtig. – Dr. Armin Jäger, CDU: Waren Sie da? – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Nun frage ich Sie ganz besorgt, welche Tänze …

Na, hier war ich doch.

(Harry Glawe, CDU: Sie haben ja nicht gekämpft damals. Es war ja nichts los mit Ihnen.)

Ach so?!

(allgemeine Unruhe – Udo Pastörs, NPD: Das ist aber billig! – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Nun möchte ich Sie einmal ganz ehrlich fragen, Herr Glawe: Was machen Sie denn heute? „Skandal“ können Sie ja nicht mehr schreien bei der 40-prozentigen Kürzung.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ja unterste Schublade!)

Wenn damals das Rausnehmen der Dynamisierung auf eine gewisse Zeit schon ein Skandal war, was ist es denn heute?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Angelika Gramkow, DIE LINKE: Richtig. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Machen Sie dann heute Veitstänze oder wie wollen Sie sich heute darstellen?

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Und wenn Herr Sellering auch darstellen wollte, das waren keine politischen Entscheidungen, Frau Polzin hat es auch gesagt, dann frage ich Sie, Frau Polzin: Was war es denn dann? War es eine Theateraufführung

(Raimund Borrmann, NPD, und Udo Pastörs, NPD: Jawoll!)

mit irgendeinem Akt?

(Udo Pastörs, NPD: Endlich mal aus vollem Munde. Das trifft des Pudels Kern.)

Oder was hätten Sie denn gern?

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)