Protokoll der Sitzung vom 25.09.2008

(Die Schriftführerin überzeugt sich davon, dass die Abstimmungsurne leer ist.)

Danke schön.

Damit eröffne ich die geheime Abstimmung zur Wahl des vom Land zu benennenden Mitglieds im Beirat nach Paragraf 39 Absatz 1 des Gesetzes über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Ich bitte den Schriftführer zu meiner Linken, die Namen der Abgeordneten aufzurufen.

(Die geheime Wahl wird durchgeführt.)

Haben alle Mitglieder des Hauses, die ihre Stimme abgeben wollen, die Möglichkeit gehabt, ihre Stimme abzugeben?

(Die Abgeordnete Martina Tegtmeier wird nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)

Haben alle Mitglieder des Hauses, die ihre Stimme ab geben wollen, die Möglichkeit gehabt, ihre Stimme abzugeben? – Das scheint der Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung und unterbreche die Sitzung für circa zehn Minuten zur Auszählung der Stimmen.

Unterbrechung: 12.23 Uhr

Wiederbeginn: 12.26 Uhr

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich gebe das Ergebnis der geheimen Abstimmung bekannt. Es wurden 60 Stimmen abgegeben, davon waren 60 Stimmen gültig. Es stimmten für den Kandidaten Jörn Mothes 45 Abgeordnete mit Ja, 11 Abgeordnete mit Nein, 4 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Ich stelle fest, dass Herr Jörn Mothes die Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Landtages auf sich vereinigen konnte und damit nach Paragraf 9 des Ausführungsgesetzes zum Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR gewählt ist.

Herr Jörn Mothes, ich frage Sie: Nehmen Sie die Wahl an?

Jörn Mothes: Ja, ich nehme die Wahl an.

Dann darf ich Ihnen die herzlichsten Glückwünsche des Hauses übermitteln und Ihnen für Ihre Arbeit viel Erfolg wünschen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir treten damit in die Mittagspause ein und setzen die Beratungen um 13.15 Uhr fort.

Unterbrechung: 12.27 Uhr

Wiederbeginn: 13.18 Uhr

Meine Damen und Herren Abgeordneten, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes – KAG M-V, Drucksache 5/1490.

Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes – KAG M-V (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 5/1490 –

In der 42. Sitzung des Landtages am 04.06.2008 ist die Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse abgelehnt worden. Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe heute in der Debatte zum Antrag der FDP-Fraktion zum Nichtraucherschutzgesetz gelernt, dass es offensichtlich eine neue parlamentarische Kategorie gibt, die Kategorie der einstweiligen Ablehnung.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das ist ja mal was Neues.)

Diese Kategorie bringt die Koalition offensichtlich immer dann in Anwendung, wenn es darum geht, Dinge, die ihr nicht passen oder nicht gefallen oder wo sie einfach unwillig ist, nicht zu bearbeiten.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ja, ja, Peter.)

Gestern, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, haben Sie es für einen Riesenerfolg genommen und dargestellt, wie wahnsinnig wichtig es sei, die Frage des Landesblindengeldes zur Anhörung in die Ausschüsse zu überweisen. Das ist aus meiner Sicht völlig richtig und völlig normal, denn es sollte gang und gäbe sein unter Demokraten, dass man ihre Gesetz entwürfe nicht einfach so abwiegelt, sondern diskutiert.

(Toralf Schnur, FDP: Das ist richtig. – Raimund Borrmann, NPD: In Sachsen ist das so.)

Solch einen Umgang, anders als die einstweilige Ablehnung, hätte ich mir auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zum KAG gewünscht, wie im Übrigen auch zu den vorangegangenen Anträgen meiner Fraktion zu dieser Problematik.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das würde auch den Versprechungen der demokratischen Fraktionen entsprechen.)

So ist es. So ist es.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Zur Erinnerung, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der vorliegende Gesetzentwurf meiner Fraktion beinhaltet eine Verlängerung der Festsetzungsfrist in Paragraf 12 Absatz 2 Kommunalabgabengesetz bis zum 31. Dezember 2010. Das ist Ihnen hoffentlich bekannt. Weder Ihnen noch mir dürften allerdings neue Erkenntnisse bekannt geworden sein,

(Heinz Müller, SPD: So ist es.)

die gegen den vorliegenden Antrag sprechen, Herr Müller.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Es gibt wirklich nichts Neues.)

Ich meine sogar, das Gegenteil ist der Fall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Innenausschuss hat sich in seiner 45. Sitzung am 11. September erstmalig mit einer Unterrichtung durch die Landesregierung zur Wirksamkeit des KAG-Runderlasses des Innenministeriums zum 4. Oktober 2007 befasst. In der Diskussion – ich komme darauf zurück – wurde hervorgehoben, dass die Fachdebatte zu dieser Unterrichtung nicht abgeschlossen ist, dem Innenausschuss darüber hinaus weitere wichtige Dokumente zur Beratung vorgelegt wurden beziehungsweise vom Innenministerium noch vorzulegen sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor dem Hintergrund dieser aktuellen Diskussion beantrage ich namens meiner Fraktion erneut die Überweisung in den Innenausschuss und eine sich daran anschließende Dritte Lesung dieses Gesetzentwurfes. Lassen Sie mich hierzu drei Anmerkungen machen:

Erstens haben wir ganz offensichtlich beim KAG eine tiefe Kluft zwischen Theorie und Praxis. Zur Verlängerung der Festsetzungsfrist im Zusammenhang mit der KAG-Novelle 2005 stellt der Einführungserlass des Innenministeriums vom 14. Juni 2005 auf Seite 21 unter anderem fest: Die Fristverlängerung „soll es den beitragserhebenden Körperschaften erlauben, flexibler auf die individuelle Situation … reagieren zu können“ und „die Beitragsfestsetzung stärker als bisher an den Zeitpunkt grundstücksbezogener Investitionen zu koppeln.“ Das betrifft Abwasserentsorgung und Wasserversorgung gleichermaßen. So weit die Theorie beziehungsweise die gute Absicht. Der Bericht des Innenministers vom 29. Mai 2007 zur tatsächlichen Situation der Beitrags erhebungspraxis stellt dann hingegen für den Bereich etwa der Wasserversorgung fest, dass vor dem Hintergrund der Ende 2008 ablaufenden Festsetzungsfristen eine forcierte Beitragsheranziehung zusätzlichen Protest Betroffener auslösen wird. Keine Feststellung meiner Fraktion, sondern eine Feststellung des Innenministeriums.

Zweitens, meine Damen und Herren, haben wir eine überdeutliche Diskrepanz zwischen KAG-Rechtsetzung und -Rechtsanwendung. Das Innenministerium stellt in seinem bereits erwähnten Bericht fest, und zwar zutreffend, wie ich meine, dass das KAG den Beitragssatzungsgebern genügend Spielräume zur Verfügung stellt, bis hin zur Abwendung von Härtefällen. Im Runderlass vom 4. Oktober 2007 werden die rechtlichen Spielräume bei der Satzungsgestaltung penibel aufgelistet, bis hin zur ausdrücklichen Satzungsempfehlung über Stundung, Niederschlagung und Erlass. Der Landtag hatte eine Evaluierung beziehungsweise Überprüfung der konkreten Rechtsanwendung gefordert. Die entspre

chende Unterrichtung der Landesregierung ist insgesamt ernüchternd. Für die konkrete kommunale Rechtsanwendung beziehungsweise Satzungsgebung ist der Runderlass nahezu folgenlos geblieben.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, klar.)

Auch das sollte in diesem Haus niemanden ernsthaft verwundern und deshalb sollten wir uns nicht weiter verweigern, uns mit dieser Frage auseinanderzusetzen.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Genau.)

Wer unter Verweis auf strafrechtliche Tatbestände einen enormen Handlungsbedarf anmahnt, um eine vollständige Beitragserhebung innerhalb der bestehenden Festsetzungsfrist sicherzustellen, wie dies der Innenminister tut, der braucht nicht fünf vor zwölf auf mögliche Spielräume künftig zu erlassender Satzungen zu verweisen.

Und wer drittens schließlich die Frage nach rechtssicheren Ausnahmetatbeständen, die der Landtag bei der Erhebung von Anschlussbeiträgen im Auge hatte, zur Beantwortung lieber dem OVG-Greifswald zuschiebt, der wird seiner Rolle als Landesgesetzgeber nicht gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Der Gesetzgeber nämlich ist verpflichtet zu beobachten, wie sich seine gesetzliche Abgabenkonzeption im Einzelnen in der Praxis auswirkt.