Protokoll der Sitzung vom 22.10.2008

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Kommen wir dann zur Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses auf der Drucksache 5/1904, um uns dieser Beschlussempfehlung ein Stückchen inhaltlich zu nähern. Die erste Schwierigkeit, die wir damit haben, ist, zu glauben, dass das, was wir als ursprüngliche Beschlussempfehlung vorgelegt bekommen haben, nicht der ausdrückliche Wille von CDU- und SPD-Fraktion hier im Parlament ist. Das, was Sie hier formuliert haben, ist das, was Sie gewollt haben. Und wenn Sie heute einen Rückzieher machen und heute versuchten zu heilen, dann ist das eher eine Darlegung dafür, dass Sie im ersten Augenblick nicht zu Ende gedacht haben, sondern dass Sie einfach entschieden haben, ohne das gründlich abzuwägen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Des Weiteren haben wir in dieser Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses einige sehr spannende Passagen, die uns auch erinnern sollten, wie wir denn in letzter Zeit damit umgegangen sind. Ich komme zurück auf den 24. April 2008. Da haben wir eine Landtagssitzung gehabt und da haben wir zum Thema rechtsstaatliches Verfahren diskutiert, und zwar einen Antrag der FDP, wo es darum ging, das rechtsstaatliche Verfahren einzuhalten. Was sind wir beschimpft worden, wie man in diesem Hohen Haus so etwas überhaupt fordern kann!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Hans Kreher, FDP: So war es.)

Herr Minister Seidel, den kann ich zitieren: „Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, es wird Sie sicherlich nicht sehr verwundern, dass ich die Zielrichtung Ihres Antrages unterstütze, aber es bedarf dazu schlichtweg keines Landtagsbeschlusses.“

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Und Herr Dr. Gottfried Timm aus der SPD-Fraktion sagt zum selben Vorgang eines rechtsstaatlichen Verfahrens: „Bislang hat keine der demokratischen Fraktionen in diesem Hohen Haus diese Verfassungsordnung infrage gestellt. Ausgerechnet Sie als liberale Partei sehen das Rechtsstaatsprinzip infrage gestellt.“ Wozu, lieber Herr Seidel, wozu, lieber Herr Timm, brauchen wir dann in der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses im Punkt 5 und im Punkt 6 ein derartiges Bekenntnis zu einem rechtsstaatlichen Verfahren, wenn es überhaupt nicht notwendig ist?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Helmut Holter, DIE LINKE: Herr Roolf, da haben Sie recht. – Zurufe von Peter Ritter, DIE LINKE, und Raimund Borrmann, NPD)

Aber lassen Sie dann diesen Widerspruch einfach auch im Herzen von Sozialdemokraten und Christdemokraten weiterschlummern, lassen Sie uns zur Volksinitiative gehen und lassen Sie uns anschauen, was haben wir mit ihr gemacht. Ich meine, das, was wir mit ihr gemacht haben hier im Parlament, ist ein unwürdiges Verfahren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Helmut Holter, DIE LINKE: Sehen Sie.)

Wir haben – und da beziehe ich mich auf die Anhörung mit der Volksinitiative – eben nicht, wie es im Punkt 1 der Beschlussempfehlung steht, eine ausführliche Anhörung dieser Volksinitiative gehabt. Das ist einer der entscheidenden Punkte, weshalb wir dieser Entschließung nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Gino Leonhard, FDP: Ganz genau.)

Lassen Sie uns noch einmal ans Ziel unserer Diskussion und unserer Argumentation zu diesem gesamten Thema Lubmin schauen. Was muss denn eigentlich geschehen? Es muss eine umfassende Prüfung aller Argumente durch die Genehmigungsbehörde erfolgen,

(Hans Kreher, FDP: Richtig.)

das heißt, bis alle Argumente geprüft sind durch die Genehmigungsbehörde. Und die hat im Speziellen darauf zu achten, dass bei einer Genehmigung die Technik zum Einsatz kommen muss, die gerade im Hinblick auf den Schadstoffausstoß dem neuesten weltweiten Umweltstandard entspricht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Gino Leonhard, FDP: Ganz genau.)

Und die hat ein Zweites zu machen, dass beim Betrieb des Steinkohlekraftwerks keine quecksilberhaltige Steinkohle zur Verwendung kommt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Gino Leonhard, FDP: Genau.)

Aber das, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die Aufgabe, die Prüfung der Argumente durch die Genehmigungsbehörde. Und da sind wir dann wieder bei dem, was wir hier als Parlament machen. Wir können eine zehnte, elfte, zwölfte, dreizehnte Anhörung machen, wir können uns was weiß ich für Leute einladen, entscheidend ist aber, dass die Argumente bei der Genehmigungsbehörde gesammelt werden, dass die Genehmigungsbehörde alle unterschiedlichen Argumente prüft, dass sie schaut, ob das alles in unseren

rechtlichen Vorgaben passiert. Ich glaube, keine Genehmigungsbehörde wird irgendeinem Mitglied dieses Parlamentes untersagen, zu irgendeiner Anhörung zu diesem Inhalt anwesend zu sein, das heißt, dort gehört die fachliche Diskussion hin. Wir werden von dort einen Abwägungsprozess bekommen und wir werden von dort eine Entscheidung bekommen. Diese Entscheidung ist das, was wir dann zu akzeptieren haben und was wir zu tolerieren haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Und wenn ich dann noch einmal auf die Instrumentalisierung – entschuldigen Sie, liebe Kollegen von der LINKEN, da komme ich einfach nicht drumherum – von Volksinitiativen komme: Ich habe es am 24. April schon mal gesagt, es würde für die Volksinitiative besser sein, wenn die Fraktion DIE LINKE sich ein Stück weit aus diesem Engagement in der Volksinitiative zurückhält.

Und eines, meine Damen und Herren von den LINKEN, muss ich Ihnen auch vorwerfen. Wenn Sie in dem Landesraumentwicklungsprogramm von 2004 – und das lasse ich einfach mal im Raum stehen, ob Sie es wirklich nicht erkannt haben, ob da ein Steinkohlekraftwerk gebaut werden kann, oder ob Sie es nicht erkennen wollten –, wenn Sie darin diesen Fehler gesehen haben, dann frage ich Sie, warum Sie nicht allen Ernstes dieses Landesraumentwicklungsprogramm in Gänze hier einmal zur Diskussion stellen, um nachzuprüfen, ob da noch weitere solcher Unkonkretheiten und Unkorrektheiten drin sind, wie Sie sie hier in diesem Fall vermuten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Zusammenfassend muss man sagen, zu den ersten beiden Anträgen habe ich gesprochen, das Verfahren, die Vorgehensweise, wie wir hier mit der Volksinitiative umgegangen sind, ist dem Parlament nicht würdig. Es ist schade, dass wir in dieser Art und Weise uns heute hier der Öffentlichkeit und gegenüber der Volksinitiative präsentieren. Wir werden der geänderten Beschlussempfehlung, die jetzt hier vorliegt, nicht unsere Zustimmung geben. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Roolf.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Lietz. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicher beschäftigen wir uns heute zum wiederholten Mal mit der Thematik um das geplante Steinkohlekraftwerk in Lubmin. Ich begrüße das außerordentlich, gibt es mir doch zumindest heute wieder Gelegenheit, noch einmal den Versuch zu unternehmen, die oftmals unsachlich und vor allen Dingen sehr emotional geführte Debatte auf eine rationale Ebene zu heben.

Ich sage das auch gerade mit dem Hinweis auf den heutigen Morgen und ich stehe noch unter dem Eindruck der Zettel, die mir dort überreicht wurden. Wenn ich diesen Zettel sehe, und zwar zum wiederholten Male, und das am heutigen Tage, wo wir am 28.10.2008 den Anhörungstermin haben, und ich sehe zum Steinkohlekraftwerk Lubmin wieder schwarz qualmende Kühltürme, dann fällt mir beim besten Willen dazu nichts mehr ein, denn das habe ich in den Antragsunterlagen nicht gelesen. Und ich frage die Kollegen von Rügen, ob ein solches Bild im Sinne des Tourismus auf der Insel Rügen ist,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das muss ich auch sagen.)

die schwarzen Wolken, die Ihnen da vom Festland gegenüber wehen. Und ich frage mich ganz ernst, ob es nicht vielleicht doch Interessen auf einer anderen Seite des Tourismus gibt, die das sehr gut finden,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, um was kaputt zu machen. Genau das.)

wie wir unseren eigenen Tourismus hiermit schädigen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Meine Damen und Herren, ich sage das im vollen Ernst, da ich, und da brauche ich mich nur zu wiederholen, seit 1989 in dieser Gemeinde Lubmin die regionale, die örtliche Entwicklung mit begleitet habe.

Meine Damen und Herren, Herr Schulte hat sehr ausführlich – ich möchte mich an dieser Stelle nicht wiederholen – noch einmal für den federführenden Wirtschaftsausschuss gesprochen, nämlich zur Darstellung der einzelnen Behandlungen in den verschiedenen Sitzungen. Ich möchte vielleicht nur noch einmal die Darstellung der Volksinitiative im Zusammenhang mit dem Hinweis auf den Paragrafen 9 Absatz 3 im Volksabstimmungsgesetz zeigen, wo es dort – Herr Präsident, ich zitiere – heißt:

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

„In dem mit der Volksinitiative befaßten Ausschuß des Landtages steht einem Vertreter des Antragstellers das Recht zu, die Volksinitiative zu erläutern. Näheres, insbesondere den zeitlichen Ablauf, bestimmt der jeweilige Ausschuß. Er kann“ – er kann! – „auch weitere Personen in die Anhörung einbeziehen.“

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Eben, und das wurde auch in allen anderen Fällen gemacht.)

Und, meine Damen und Herren, das konkrete Anhörungsverfahren wurde auf der Sitzung des Wirtschaftsausschusses vor Ort in Rostock-Warnemünde besprochen. Dabei haben sich auch die anwesenden Mitglieder der Fraktion DIE LINKE, Frau Lück und Frau Schwebs, einverstanden mit dem gewählten Verfahren erklärt, meine Damen und Herren.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, weil Sie sie erpresst haben.)

Meine Damen und Herren, allein der Umfang der Beratungen zeigt, wie ernst es allen Beteiligten bei der Behandlung dieses sensiblen Themas war und ist. Dies muss an diesem Punkt insbesondere denjenigen immer wieder gesagt werden, die nicht müde werden, das entsprechende Gegenteil immer wieder im politischen Raum zu behaupten. Gezielte Falschinformationen, Panikmache in der Öffentlichkeit und Unsachlichkeiten bis hin zu persönlichen Diffamierungen – und dazu zähle ich auch eindeutig die Frage, die Herr Liskow in der Anhörung gestellt hat –, das kann nicht Gegenstand der heutigen Debatte sein, meine Damen und Herren. Leider gehört dieses zur Tagesordnung zu diesem Thema.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Was haben Sie jetzt gemeint, Herr Lietz?)

Ich meine Ihre Äußerungen, Herr Professor Methling, zur Fragestellung. Ich war dabei, als Herr Liskow die Frage

im Ausschuss gestellt hat. Er hat nur eine Frage zu den Teilnehmerzahlen gestellt.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Was war daran diffamierend?)

Sie haben sie gerade ausgewertet in Ihrer Rede, und das gehört sich nicht.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das gehört sich nicht, nein. Was haben wir denn hier für Zitate gehört, vorher. Das ist ja unglaublich. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die haben alle Rechte, wir haben keine. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, es ist ein demokratisches Grundrecht, das in Artikel 59 unserer Verfassung verankert ist. Volksinitiativen an sich sind ein hohes Gut und Ausdruck demokratischer Willensbildung und Meinungsäußerung.