Protokoll der Sitzung vom 22.10.2008

Dabei müssen wir sicherlich hellwach bleiben, um die Verteidigung von Freiheit und Demokratie immer wieder sicherzustellen. Und da darf man den Neonazis keine Handbreit Boden überlassen. Hier sehe ich die Verantwortung nicht nur der demokratischen Parteien, sondern all derer, denen, man kann es vielleicht so formulieren, alltägliche Menschlichkeit wichtig ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Michael Andrejewski, NPD: Mit Sozialkürzungen geht so was nicht.)

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal an die Ereignisse des 9. Oktober 1989 in Leipzig erinnern. Die

Menschen auf der Straße haben protestiert, weil sie Freiheit wollten. Sie haben durch ihren stillen, aber unbeugsamen Protest eine Diktatur zu Fall gebracht, allerdings, das wurde erwähnt, auch dadurch bedingt oder befördert, weil diese wirtschaftlich am Ende war. Damit hatten dann viele nicht gerechnet. Doch es gibt eine Erklärung. Um mit Perikles, einem athenischen Staatsmann, zu sprechen: „Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.“ Und für diesen Mut danken wir allen, die ihn aufbrachten.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Er ermöglichte endlich wieder Freiheit, Recht und Menschenwürde in ganz Deutschland. Dieser Mut löste im Übrigen auch in anderen Ländern Osteuropas Bewegungen und Aktionen aus, die dort ebenso Diktaturen zusammenbrechen ließen. Sie brachten den Eisernen Vorhang zum schmelzen. Dieser Mut führte bei den Menschen auch zu der Erkenntnis, dass es darauf ankam und ankommt, den Mut zu nutzen, um die Freiheit für das eigene Handeln aufzubringen und für die Demokratie einzustehen.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zum Abschluss dieser Rede auch in eigener Sache ein kurzes Wort gerichtet an Herrn Professor Methling: Ich bin, Herr Professor Methling, weit davon entfernt, jedem ehemaligen Mitglied der SED nicht auch zuzugestehen, dass es viele Leute gegeben hat, die Gutes wollten.

(Michael Andrejewski, NPD: Als Blockparteiler können Sie sich das gar nicht leisten.)

Wissen Sie, Sie könnten mir mal einen großen Gefallen tun, wenn Sie jetzt mal ruhig sind.

(Udo Pastörs, NPD: Den tun wir ihn Ihnen aber nicht. Wo kommen wir denn da hin?!)

Na ja, das habe ich mir bald gedacht.

Ja, ich bin seit 1971 Mitglied der CDU, also Mitglied damals der Ost-CDU.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Und zehn Jahre Mitglied des Rates des Kreises. – Michael Andrejewski, NPD: Das war auch nicht besser als SED. – Udo Pastörs, NPD: Blockpartei. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Ja, ja, ich wollte gleich darauf kommen.

(Udo Pastörs, NPD: Heute sind Sie wieder Blockparteimitglied. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Also ich wiederhole es, damit die Herrschaften es auch begreifen: Ich bin Mitglied der CDU seit 1971 und damit auch der Ost-CDU.

(Udo Pastörs, NPD: Rotfront!)

Ich will Ihnen sagen, wie das gelaufen ist.

(Michael Andrejewski, NPD: Teil der Nationalen Front.)

Mein Schwiegervater hat mir gesagt, als ich Student war, Junge, du willst ja wohl nicht in die SED, also dann mach eins, komm zu uns in die CDU und dann hast du Ruhe.

(Michael Andrejewski, NPD: Da wäre SPD auch besser gewesen. – Udo Pastörs, NPD: Opportuniski bis heute. Bravo!)

Das habe ich dann auch getan.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Haben wir nicht vergessen, Herr Seidel. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Diesen väterlichen Rat habe ich beachtet.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Herr Pastörs, Sie sind ein Dummschwätzer. Halten Sie jetzt mal den Rand! Sie waren doch gar nicht da, Sie wissen doch von nichts! Halten Sie doch bloß Ihren Rand. – Udo Pastörs, NPD: Sie haben doch gar keine Ahnung.)

Das Ergebnis war dann, dass ich 1971 im Metallgusswerk meine Arbeit begann und begrüßt wurde vom damaligen Personalchef und Parteisekretär: Mein lieber Herr Seidel – Herr sagte man damals, glaube ich, gar nicht, ist aber egal –,

(Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Sie können nicht Abteilungsleiter werden, damit werden Sie sich abfinden müssen, da haben Sie sich die falsche Partei gesucht.

(Udo Pastörs, NPD: Och, Verfolgter des SED- Regimes! Das setzt dem Fass die Krone auf. Das ist ja das Letzte! Mein Gott! – Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Raimund Borrmann, NPD)

Jawohl, nach einer entsprechenden Umstrukturierung seinerzeit war ich so naiv zu glauben, dass ich bei dem mir angebotenen Posten im Rat des Kreises für Umweltschutz und Wasserwirtschaft etwas mit meinem Ingenieur wissen anfangen könnte. Im Übrigen will ich auch den Herrschaften, die da die ganze Zeit rumkrähen, sagen, ich bin vom Rat des Kreises auf eigenen Wunsch wieder ausgeschieden, um das auch noch mal dazuzusagen.

(Udo Pastörs, NPD: Held! Held der Freiheit! – Michael Andrejewski, NPD: Sie sind Graf Stauffenberg. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Also, das ist so was von blöd, zu blöd.)

Also, wissen Sie, es tut mir leid, ich würde mir jetzt einen Ordnungsruf holen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Lassen wir es …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Also ich höre Ihnen aufmerksam zu.)

Das ist nett.

Ich bin auf eigenen Wunsch wieder ausgeschieden. Aber ich habe in dieser Zeit gespürt, Professor Methling – und das wissen Sie auch –, mit welcher Verachtung, mit welchem Hohn man den Mitgliedern der Blockparteien begegnet ist,

(Raimund Borrmann, NPD: Die haben das teilweise auch nicht anders verdient. Das war doch so.)

immer aus der Sicht heraus, mit unserer Führungsrolle lassen wir nicht spielen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das, ja.)

Und an unserem Führungsanspruch, da könnt ihr springen wie ihr wollt, daran seid ihr nie beteiligt. Das zeigte sich an verschiedenen Beratungen wo auch immer.

(Michael Andrejewski, NPD: Da macht man gar nicht mit, in so einem System.)

Und gar nicht mal nur mir gegenüber, auch gegen über denen, die zum Beispiel in der Ost-CDU als Lehrer waren,

(Michael Andrejewski, NPD: Wie das kommen konnte, ist mir auch ein Rätsel.)

wo ich viele kenne, die wirklich gelitten haben – ich will gar nicht behaupten, dass ich gelitten habe –, ist es eine Zumutung, heute auch wieder über diese Menschen zu spotten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Genauso ist es. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich habe Ihnen konkrete Namen genannt. – Udo Pastörs, NPD: Das war schwach. Mein Gott! – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Seidel.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Rühs für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, der 9. November ist einer der deutschen Schicksalstage. Das ist hier heute mehrfach so gesagt worden und es ist auch wahr. Unser Thema, mein Thema heute ist jedoch der 9. November 1989.

Kollege Methling, Sie führten zum Thema Wiedervereinigung etwas aus,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)