Protokoll der Sitzung vom 19.11.2008

Soweit eine Einigung nicht zustande kommt, kann die Arge nach einem Verwaltungsakt erlassen, dass die

Rechte und die Pflichten des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen niedergeschrieben werden.

Soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige das Vorgehen der Arge als rechtswidrig erachtet, kann er sich dagegen im Rechtsbehelfsverfahren zur Wehr setzen, sodass auch unter dieser Prämisse von einer zwangsweisen Aufnahme einer Beschäftigung nicht gesprochen werden kann.

(Stefan Köster, NPD: Das ist das wahre Paradies. – Udo Pastörs, NPD: Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Bei der Zuweisung eines Teilnehmers in eine Arbeitsgelegenheit werden Umfang der Tätigkeit und die Zeitdauer in einem Verwaltungsakt geregelt. Nur bei Vorliegen von entsprechenden Gründen kann der Teilnehmer aus der Arbeitsgelegenheit abberufen werden. Solche Gründe sind Vermittlung in eine reguläre Beschäftigung, was wir uns alle wünschen, schuldhaftes Verhalten, längere Krankheit, Probleme mit dem Träger der Arbeitsgelegenheit. Eine willkürliche Beendigung, so wie Sie es uns suggerieren wollen, der Tätigkeit im Rahmen der Arbeitsgelegenheit ist weder durch den Träger der Arbeitsgelegenheit noch durch die Arge möglich.

Das Kündigungsschutzgesetz findet nur auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen Anwendung. Bei der Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung handelt es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis. Ein Arbeitsvertrag zwischen dem Träger der Arbeitsgelegenheit und dem zugewiesenen Hilfeempfänger wird nicht geschlossen. Insoweit können Regelungen zum Kündigungsschutz in diesem Rahmen keine Anwendung finden. Und im Übrigen liegen nach Rücksprache mit der Regionaldirektion Nord keine Erkenntnisse darüber vor, dass es zu einer Häufung von vorzeitigen Maßnahmenbeendigungen oder zu Beschwerden darüber gekommen ist. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Das behaupten die immer.)

Vielen Dank, Herr Waldmüller.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Andrejewski für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Also, Herr Waldmüller, das ist natürlich der große Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Wenn ich mir nur Lehrbücher ansehen würde in irgendeinem abgeschlossenen Raum, dann würde ich sagen, das passt alles wunderbar zueinander – dies per Verwaltungsakt, da gibt es ein Gesetz und da kann ich Rechtsbehelf einlegen. Aber Sie scheinen offenbar keine Ahnung von der wirklichen Praxis zu haben und der tatsächlichen Lage von Hartz-IV-Empfängern, nicht?! Sie haben Ahnung aus Ihrem Lebensbereich, wie es mittelständischen Unternehmern gehen kann. Ich werfe Ihnen gar nicht vor, dass Sie da Schwierigkeiten haben, das kann jedem passieren auf dem freien Markt, da haben Sie Ahnung. Wenn ich Ihnen jetzt irgendeinen theoretischen Vortrag halten würde, wie toll die Marktwirtschaft ist und dass es immer einen Weg gibt, um sein Unternehmen über Wasser zu halten, würden Sie wahrscheinlich sagen: Sie haben keine Ahnung, Sie leben gar nicht in diesem Bereich.

Und so muss ich Ihnen sagen: Sie haben keine Ahnung von der Praxis von Hartz-IV-Empfängern. Sie können gerne mal im Sekretariat vom Petitionsausschuss nachfragen, da hatten wir einen solchen Fall. Ich habe auch von anderen gehört, das geht. Die können einfach sagen, die Maßnahme ist beendet, bleiben Sie zu Hause. Dagegen können Sie gar nichts machen. Und natürlich, Sie können gegen eine Verpflichtung klagen, die meisten wollen das ja gar nicht. Die meisten wollen ja so einen Ein-Euro-Job, wenn sie schon nichts anderes kriegen. Die freuen sich ja, wenn sie mal 8 Euro mehr pro Tag haben, 40 Euro pro Woche, 160 Euro im Monat, das ist ja toll. Nur, das Problem ist halt, sie können nicht sicher drauf bauen. Sie sind der totalen Willkür preisgegeben und die Rechtswege dauern ewig. Also, bleiben Sie bei Ihren Leisten, halten Sie Reden zum freien Unternehmertum und zum Mittelstand, aber nicht zu Hartz IV, da sind Sie der falsche Mann, Herr Waldmüller, muss ich Ihnen leider sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Im März 2007 gab es 260.900 Ein-Euro-Jobs, für die mehr als 1 Milliarde Euro aufgewandt wurde. Die wenigsten der Betroffenen schafften es, in reguläre Arbeitsverhältnisse zu gelangen. Theoretisch sollen diese Arbeiten ungeförderte Tätigkeit im ersten Arbeitsmarkt nicht verdrängen, aber entweder sind das sinnvolle Arbeiten, dann könnte das eine Firma genauso machen, der der entsprechende Auftrag also vorenthalten wird und die vielleicht pleite geht, oder es ist eine sinnlose Beschäftigungstherapie. Worauf es hinausläuft, es ist ein Heer von Billigkräften, die man rechtlos stellen will und aus denen man Profit ziehen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Raimund Borrmann, NPD: Genauso ist es.)

Angesichts solcher Zustände leiste ich mir mal eine kleine Ketzerei und frage, welches der bessere Staat war: die DDR oder die BRD?

Der kürzlich verstorbene sowjetische Dissident Alexander Solschenizyn hat geschildert, wie er wegen einer kritischen Bemerkung über Stalin in einem Brief in den Gulag geworfen wurde. Das hätte im Westen zumindest noch nicht passieren können, da kann man so etwas noch machen. Aber dann erkrankte er als entlassener Häftling und Verbannter, der bitterarm war, an Krebs und erhielt die teuerste und modernste Behandlung, die der Sowjetstaat zu bieten hatte. Also einem Staatsfeind haben die das gegeben. Das hätte im Westen auch nicht passieren können. Wer im Westen arm und nur durch eine kostspielige Behandlung zu retten ist, der kann sein Testament machen, wo er sowieso nix zu vererben hat. Für Hartz-IV-Empfänger und Ein-Euro-Jobber ist am Monatsende nicht mal die Praxisgebühr erschwinglich.

DDR und BRD waren Spiegelbilder. Was bei einem gut war, ist beim anderen schlecht und umgekehrt. Soziale Menschenrechte wurden in der DDR höher geachtet, das war ein rechtsstaatliches Element. Sie war nicht durchweg unrechtsstaatlich, aber die Bürgerrechte wurden missachtet. In der BRD gelten soziale Menschenrechte nichts, da ist sie ein Unrechtsstaat, aber Bürgerrechte werden noch in höherem Maße gewährt als in der DDR.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Wolfgang Waldmüller, CDU: Unverschämt!)

Es läge doch nahe, das Beste beider Welten zu verbinden, anstatt zu sagen, das eine ist toll und das andere

war des Teufels. Warum soll das nicht möglich sein, ein Sozialstaat wie in der DDR, aber ohne Stasi? Und warum soll es nicht möglich sein, Meinungsfreiheit ohne Hartz IV und Ein-Euro-Job-Ausbeutungsverhältnisse?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das strebt die NPD an, Sie wollen das Gegenteil. Durch Ihr Meinungsstrafrecht beseitigen Sie die Freiheit und durch Hartz IV und Ein-Euro-Job den Sozialstaat. Sie wollen das Schlechteste beider Welten verbinden. Deswegen kann dieser Korridor, der uns trennt, gar nicht breit genug sein. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Beate Schlupp, CDU: Sie haben doch überhaupt keine Ahnung!)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1966. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1966 bei Zustimmung der Fraktion der NPD und Ablehnung aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Landtages für Donnerstag, den 20. November 2008, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen. Schönen Feierabend!