Protokoll der Sitzung vom 19.11.2008

(Peter Ritter, DIE LINKE: Du hast ja ein Ziel vor den Augen.)

Man muss sich ja fragen, warum ist bei jedem maßgeblichen Politiker das Thema Bildung heute so in der Diskussion und auf der Agenda. Ich glaube, alle hier im Haus und auch alle anderen haben erkannt, dass Bildung die wichtigste Ressource des 21. Jahrhunderts ist, die allerwichtigste.

(Michael Roolf, FDP: Guck an!)

Es ist dabei auch egal, ob ein Land Bodenschätze hat oder Öl oder so etwas, das ist dabei ganz egal, denn man braucht auch gut ausgebildete Leute, die das Erz fördern oder das Öl verarbeiten können.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das ist in jeder Gesellschaft so, und deshalb, denke ich, haben alle erkannt, dass nur eine gut ausgebildete Gesellschaft sich den Zukunftschancen in der Welt widmen wird.

Und wir verbinden Ziele. Was für Ziele verbinden wir mit der Bildungspolitik? Ich denke, ein Ziel – und da sind wir uns auch wieder alle einig – ist, dass jedem Bürger in unserem Land der nötige Abschluss zuteil wird, den er braucht, um an dem breiten gesellschaftlichen Leben, das wir vorhalten, auch teilzunehmen. Und wir sind in der aktuellen Schulgesetzdebatte hier in Mecklenburg

Vorpommern und verbinden da auch ganz deutliche Ziele mit unserer Schulgesetznovelle. Ganz zuerst – auch mein Kollege Brodkorb hat es schon gesagt – steht dort die Senkung der Schulabbrecherquote. Mit fast zehn Prozent ist das ein sehr ehrgeiziges und auch ein sehr wichtiges Ziel, wenn wir heute sehen, wir können uns das im Land angucken, was für einen Fachkräftebedarf wir haben, was es für einen Fachkräftemangel bei Köchen, auch schon bei uns im Wahlkreis, Herr Ritter, gibt. Fliesenleger werden gesucht, Mechatroniker werden gesucht und zeitweise finden viele Firmen schon keine gut ausgebildeten Lehrlinge mehr.

(Michael Roolf, FDP: Ja, warum denn nicht?)

Hier müssen wir ansetzen. Und wir haben vor, eine deutliche Erhöhung der Abiturquote durchzusetzen. Auch das ist dringend erforderlich. Wir brauchen mehr Studenten an den Hochschulen, um auch einen gewissen Ingenieurmangel zu beseitigen, der nach wie vor besteht, wenn man sich Liebherr oder Nordex in Rostock anguckt, wie händeringend dort schon Ingenieure gesucht werden.

Und, auch das kam heute zur Sprache, wir wollen mehr Gerechtigkeit bei der Finanzierung. Das ist sicherlich ein Punkt – und deshalb habe ich die anderen zuerst angesprochen –, auf den sich die Diskussion in den letzten Wochen und Monaten sehr fokussiert hat. Aber ich sage auch deutlich, das ist nur ein Punkt. Der Umstieg von der klassenbezogenen auf die schülerbezogene Mittelzuweisung ist hier mit Sicherheit der richtige Weg. Und ich will nicht verhehlen, dass es auch bei uns da Diskussionen – gerade auch im Bereich der freien Schulen – gibt und weiterhin geben wird, aber wir sehr optimistisch sind, dass wir zusammen mit dem Ministerium, auch zusammen mit unserem Koalitionspartner zu sehr guten Lösungen kommen werden, und wir bemüht sind und die Weichen gestellt haben, das möglichst zum nächsten Schuljahr in Kraft zu setzen. Das haben wir gestern auch noch mal mit dem Ministerpräsidenten bei uns in der Fraktion besprochen. Diesem Ziel haben wir uns gestellt, und das werden wir auch versuchen, in den nächsten Wochen zu erfüllen.

Ein ganz anderer wichtiger Aspekt bei der Sache ist die Erhöhung der Selbstständigkeit der Schule vor Ort, was Personal, was Budget betrifft.

(Michael Roolf, FDP: Ach guck an!)

Dort gab es das erfolgreiche – Herr Bluhm, das sage ich dann auch –, das durchaus erfolgreiche Modellprojekt, das unbestritten aus der Regierungszeit von RotRot stammt. Wir haben dieses Modellprojekt aufgegriffen und wollen es – zwar nicht ganz in der üppigen Form,

(Rudolf Borchert, SPD: Nicht ganz so üppig.)

weil das leider nicht an allen Schulen möglich ist, noch nicht finanzierbar ist – möglichst an allen Schulen umsetzen.

Das Ganze muss aus meiner Sicht eingebettet sein in eine bundesweite Initiative. Wir haben den Minister dazu gehört. Auch ich bin der Meinung, wir brauchen zentrale Prüfungen, wir brauchen einheitliche Standards. Ich verhehle auch nicht, dass es dazu in der CDU vielleicht zurzeit noch keine Mehrheit bundesweit gibt, kann aber sagen,

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Sie schaffen das schon.)

die Kanzlerin steht, zumindest, was dieses Thema betrifft, fest hinter uns. Es gibt auch erste Anzeichen. Ich nenne hier das Süd-Abitur und ich kann mir da durchaus vorstellen, dass wir in der Entwicklung zu einer Art Deutschland-Abitur kommen und das dann auch auf andere Abschlüsse wie mittlere Reife und Berufsreife umstellen.

Ich will zum Schluss auch hier auf die Kollegen vom Format, wie es der Minister mit „PDF“ gesagt hat, zukommen. Ich wünsche mir wirklich sehr, dass in der weiteren Diskussion mehr Substanzielles, auch mehr an Inhaltlichem jetzt in die Diskussion mit eingeführt wird.

(Udo Pastörs, NPD: So, wie Sie das eben gemacht haben, ha!)

Da will ich dem Minister recht geben, das war bisher noch nicht so der Fall. Wir diskutieren mit viel, sehr viel Substanz, manchmal vielleicht auch ein bisschen mehr Substanz als unserem Minister lieb ist, aber das hält er aus. Wir sind da in sehr fruchtbaren Debatten und sind da auch schon zu sehr guten Ergebnissen gekommen. Ich glaube, dass wir das gut können.

Und, Herr Bluhm, weil wir uns letztes Mal schon darüber unterhalten haben, weil Sie jedes Mal mit diesem Bankenrettungsschirm kommen,

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja.)

ich will auch heute noch einmal explizit sagen, dass Bürgschaften und Kredite dem Bildungssystem in unserem Land und im bundesweiten Vergleich nicht weiterhelfen. Wenn, dann brauchen wir da echtes und richtiges Geld. Das ist da sehr wichtig.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Aber man muss es politisch wollen.)

Ich glaube, da ist Geld das eine. Wir brauchen Geld, sicherlich auch mehr Geld,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

wir brauchen aber auch eine andere Motivation, wir brauchen eine Motivation der Lehrer.

(Michael Roolf, FDP: Ach ja?)

Wir brauchen Motivation der Schüler und wir brauchen mehr Engagement,

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

Engagement sicherlich von uns Politikern jetzt in der Schulgesetznovelle, Engagement aber auch der Eltern und aller Beteiligten vor Ort.

Und ich will zum Schluss, weil ich gestern Abend mit denen auch zusammen war, mal ein Projekt loben, was dieses Jahr durch das Bildungsministerium in Angriff genommen wird. Das ist das Projekt „Demokratie auf Achse“, die jeden Vormittag an Schulen sind und dort sehr lebhaft, praxisnah den Schülern Demokratie leibhaft und wahrhaft vor Augen führen

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und wo, wie ich finde, sehr gute Ergebnisse erzielt wurden. Das ist dann für mich auch ein Projekt, wofür ich heute zum Schluss werbe und was wir verstetigen müssen. Ich glaube, wenn wir jetzt in der Auswertung der Anhörung und in der weiteren Diskussion zu unserem Schulgesetz kommen, dass wir zu einem sehr guten und

innovativen Ansatz kommen können und würde mich sehr freuen, wenn alle sich sachlich und diszipliniert an der Diskussion beteiligen. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Reinhardt.

Ich schließe die Aussprache.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Nachgang zur 54. Sitzung des Landtages am 23. Oktober 2008 erteile ich dem Abgeordneten Dr. Körner gemäß Paragraf 97 Absatz 2 der Geschäftsordnung einen Ordnungsruf für Äußerungen im Rahmen seines Redebeitrages zu Tagesordnungspunkt 37.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen auf Drucksache 5/2003 ein Antrag zum Thema „Nein zum BKA-Gesetz“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? – Bitte schön, Herr Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich zitiere den Bildungsminister aus der eben geführten Debatte: „keine Veränderung ohne Widerstand.“ Das Gleiche trifft auf das BKA-Gesetz zu, welches vom Bundestag vor einer Woche gegen den Willen der Opposition beschlossen worden ist.

Mit dem vorliegenden Dringlichkeitsantrag meiner Fraktion soll die Landesregierung aufgefordert werden, dem BKA-Gesetz im Bundesrat nicht zuzustimmen.

(Udo Pastörs, NPD: Sie hätten dem Stasi-Gesetz mal nicht zustimmen sollen!)

Die Dringlichkeit dieses Anliegens ergibt sich im Wesentlichen aus folgenden Erwägungen: Allen Mitgliedern des Landtages, Herr Pastörs, dürfte bekannt sein, dass nach dem höchst umstrittenen Gesetz das Bundeskriminalamt weitreichende Kompetenzen von Geheimdienst und Polizei erhalten wird.

(Udo Pastörs, NPD: Das kennen Sie aus SED-Zeiten.)

Das Gesetz wurde vom Deutschen Bundestag vor genau einer Woche verabschiedet – falls Sie es nicht wissen, Herr Pastörs – und der Bundesrat wird sich auf seiner Sitzung am 28. November und damit vor unserer nächsten Landtagssitzung mit diesem Thema beschäftigen. Im Vorfeld dieser Bundesratssitzung finden heute und morgen die Beratungen der Innenminister der Länder statt und ich glaube, es kann nicht sein, dass der Innenminister unseres Landes ohne ein Votum des Landtages zu dieser Thematik zur IMK fährt.

Die Landesregierung selbst hat sich vorbehalten, sich erst am 25. November zu entscheiden, also lediglich drei Tage vor der Bundesratssitzung. Dieses Verfahren würde sowohl der Landesregierung als auch dem Landtag jegliche Möglichkeit nehmen, sich der Bedeutung des Gesetzes entsprechend angemessen öffentlich zu posi