Hier sind eine unnötige Doppelarbeit und ein Verschleiß von personellen und sachlichen Ressourcen zu befürchten und schon prophezeit. Dringend geklärt werden müsste auch, wer die Verantwortung trägt, wenn es zu Ermittlungspannen kommt. Auch dazu ist keine klare Aussage getroffen.
Da all die vorgenannten Punkte in dem Vermittlungsvorschlag keinen Niederschlag finden, kann das BKAGesetz auch nach dem heutigen Vermittlungsausschuss vonseiten der FDP-Fraktion nur abgelehnt werden. Heute hier an dieser Stelle werden wir uns dem Antrag der Linksfraktion anschließen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Düsseldorf ist der Libanese al-Haijib wegen vielfachen versuchten Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Ohne BKA-Gesetz, Herr Kokert. Stellen Sie sich das mal vor! Ganz ohne BKA-Gesetz.)
Er hat im Juli 2006 auf dem Kölner Hauptbahnhof zwei Kofferbomben in Regionalzügen deponiert, die aber nicht explodierten. Nur wegen fehlender chemischer Kenntnisse der Täter ist die Bundesrepublik Deutschland von einem Anschlag verschont geblieben,
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf war der Schlusspunkt unter einen bekannt gewordenen versuchten Terroranschlag in Deutschland. Wie viele solcher Vorhaben aber bleiben unbekannt? Es herrscht allgemeine Einigkeit, dass der nächste Terroranschlag keine Frage des Ob, sondern des Wann ist. Für die Verhinderung dieser Taten muss alles Notwendige getan werden.
Und, Herr Kollege Ritter, ich mutmaße, gäbe es einen Terroranschlag in Deutschland – was der liebe Gott verhüten möge –, wären Sie und die LINKEN die Ersten, die auf der Großen Koalition in Berlin rumprügeln würden, warum wir nichts dafür getan haben, dass dieser Terroranschlag verhindert wird.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Man kann keine hundertprozentige Sicherheit geben.)
Meine Damen und Herren, durch das Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt, kurz BKA-Gesetz, schafft der Bundesgesetzgeber die rechtliche Grundlage für eine wirkungsvolle Bekämpfung terroristischer Anschläge. Das Bundeskriminalamt erhält neue Befugnisse, um im Vorfeld solcher Anschläge tätig werden zu können. Bisher war die Behörde auf Strafverfolgungsmaßnahmen beschränkt. Gefahrenabwehr oblag allein den Polizeien und Ordnungsbehörden der Länder. Gefahren durch den internationalen Terrorismus betreffen die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Gesamtheit. Da halte ich es für konsequent, wenn Maßnahmen zu deren Bekämpfung bei einer Behörde gebündelt werden.
Es geht im Gesetzentwurf nicht darum, den Ländern Kompetenzen zu entziehen, Herr Ritter. Die Befugnisse der Länder bleiben von der Aufgabenwahrnehmung des BKA unberührt.
Die Aufgabe des Bundeskriminalamtes ist von vornherein auf Fälle terroristischer Gefahren beschränkt, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt. Die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde ist nicht erkennbar oder die oberste Landesbehörde ist um die Übernahme ersucht worden. Zur Koordinierung der Maßnahmen hat das BKA die zuständigen Landes- und Bundesbehörden unverzüglich zu unterrichten und die Aufgabenwahrnehmung im gegenseitigen Benehmen durchzuführen.
In Erfüllung seiner Aufgaben darf das Bundeskriminalamt zukünftig Onlinedurchsuchungen und Wohnraumüberwachungen vornehmen sowie Quellen-Telekommunikationsüberwachungen durchführen.
Warum steht, Herr Ritter, das frage ich mich, die Onlinedurchsuchung so bei Ihnen vor allem auch in der öffentlichen Kritik? Auch die beiden anderen Maßnahmen werden heimlich durchgeführt. Ich frage mich, ob es einen schwereren Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen darstellt, wenn seine Wohnung akustisch und optisch überwacht oder wenn sein Computer online durchsucht wird.
Zudem ist im Gegensatz zu ursprünglich geplanten Fassungen nun vorgesehen, dass die Onlinedurchsuchung auch in dringenden Fällen nur und ganz ausdrücklich nach richterlicher Anordnung erfolgen darf. Festge
legt wurde außerdem, dass stets ein Richter die letzte Entscheidung darüber trifft, welche aus einer Onlinedurchsuchung gewonnenen Daten verwendet werden dürfen. Diese Einigung ist ein guter Kompromiss. Ich bin überzeugt, dass sie jeder verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält.
Nachdem es nun im Vermittlungsausschuss zu einer Einigung gekommen ist, gibt es aus Sicht meiner Fraktion keinen Grund, bei der Abstimmung im Bundesrat gegen den Gesetzentwurf zu stimmen. Die Aufklärung des Falls am Kölner Hauptbahnhof war vor allem wegen der auf dem Bahnsteig vorgenommenen Videoaufzeichnung möglich, die auch gerade Sie, Herr Ritter, immer intensiv kritisiert haben. Moderne Technik ist bei der Verhinderung und Aufklärung von Verbrechen nicht mehr wegzudenken. Es darf nach Ansicht meiner Fraktion keinen rechtsfreien Raum für Terroristen geben. Deshalb wird meine Fraktion Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als das BKA im Jahr 1951 gegründet wurde, schworen die CDU und die FDP, die die damalige Bundesregierung stellten, Stein und Bein, diese Behörde solle auf gar keinen Fall und in keiner Weise dem früheren Reichssicherheitshauptamt des Dritten Reiches ähneln. Was das Personal betraf, so war das schon mal gelogen. Im Jahre 1959 bestand der leitende Dienst des BKA aus 47 Beamten. Von denen waren bis auf zwei alle NSDAP-Parteigenossen gewesen – eine komplette Wendehalsbehörde ganz nach Ihrem Geschmack. Und der wollen Sie jetzt auch noch die alten Befugnisse wieder verschaffen.
Besonders herausragend war Rudolf Thomsen, SS-Hauptsturmführer, 1943 bei der Gestapo in Krakau, 1955 bis 1970 mit Wissen und Billigung der Regierungsparteien CDU, FDP und SPD fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehender Verteidiger des Rechtsstaates als hoher BKA-Beamter. Man muss ja auch mal wissen, was für ein Laden das ist.
Oder Theo Saevecke, 1943 Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Verona, auch SS-Hauptsturmführer. Das war wohl die Mindestqualifikation, um eine Rolle im Sicherheitsapparat des Staates Ihrer Parteien spielen zu dürfen, der gleichzeitig unzählige Schulen und Straßen nach Sophie Scholl benannte. Nehmen wir an, Sophie Scholl hätte den Krieg überlebt, was hätte sie dazu gesagt, dass der SS-Hauptsturmführer Saevecke im Jahre 1962 auf Anordnung der CDU-FDP-Bundesregierung die Büros des „Spiegel“ durchsuchte als Leiter eines Kommandos der Sicherungsgruppe Bonn des BKA? Wäre Sophie Scholl und Anne Frank die Flucht gelungen, wer hätte sie dann wieder eingefangen?
Kurt Amend, Cheffahnder des Reichskriminalamtes, der war sogar Sturmbannführer, nach dem Krieg Regierungskriminaldirektor und wieder Cheffahnder, kontinuierlich, diesmal des BKA.
Ohne all die SS- und Gestapo-Leute, die von CDU und FDP und SPD damals massenhaft eingestellt wurden, hätten Sie heute nicht diese Machtbasis und könnten keine Antirechtsprogramme auflegen.
Kein Wunder, dass mancher den Beteuerungen Ade nauers im Jahre 1951 nicht so recht Glauben schenkte, das BKA sei nur ein bescheidenes Hilfsinstrument der Landespolizeibehörden, denn laut Grundgesetz sei Polizei ja Ländersache. Theoretisch waren die Befugnisse des BKA bis 1971 relativ gering. Dann sorgte insbesondere der Westberliner Verfassungsschutz für Veränderungen in dieser Hinsicht. Der in die Studentenbewegung eingeschleuste Spitzel Peter Urbach verteilte großzügig Molotowcocktails und verschaffte Andreas Baader und Gudrun Enzlin die ersten Brandsätze. Dank dieser Anschubhilfe konnte die RAF überhaupt erst zu einer funktionstüchtigen Terrortruppe werden. Als deren Bekämpfung dann wiederum dem BKA übertragen wurde, wurde gesagt, die brauchten ja Befugnisse.
Aus der Nachrichtensammelstelle, die sie einmal hätte sein sollen, war die BKA-Behörde zu einer schon beachtlichen Machtzentrale geworden. Und nun soll dieser Apparat mit noch mehr Befugnissen aufgeblasen werden: Onlinedurchsuchungen, am liebsten ohne vorherige richterliche Genehmigung, eingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht auch für Rechtsanwälte und vor allem für lästige Journalisten. Als Vorwand dient diesmal nicht die RAF, sondern der islamistische Terror. Aber die bislang bekannt gewordenen Anschlagsversuche machen eher den Eindruck, dass sie maßlos hochgejubelt werden. Die eine Terrortruppe war jahrelang von einem riesigen Polizeiaufgebot beschattet, die war nie eine Bedrohung, die andere stellt eine technisch völlig unzureichende Bombe auf dem Bahnsteig ab.
Zur Bekämpfung solcher Amateure braucht die Polizei keine besonderen Befugnisse, da reicht normaler Standard. Gegen wirklich ernst zu nehmende professionelle Terroristen helfen mehr Befugnisse auch nichts, wenn im Zuge der Ausländerpolitik der offenen Grenzen jeder, der es will, kinderleicht nach Deutschland kommen und in riesigen Ausländerkolonien problemlos unterkrauchen kann. Ein Deutschland ohne Multikulti und EU kann sich gegen Einsickern von Islamisten auch wehren, ohne einen gigantischen Polizeiapparat mit schließlich unbegrenzten Befugnissen aufbauen zu müssen.
So etwas brauchen nur Sie. Ich zitiere Erwin Huber, Ex-CSU-Chef laut taz vom 16.09.2008: „Multikulti ist eine Brutstätte der Kriminalität.“ Schaffen Sie das ab, dann brauchen Sie kein neues Reichssicherheitshauptamt, das sich BKA nennt. – Danke.
Herr Andrejewski, wenn Sophie Scholl und Anne Frank das faschistische Regime wirklich überlebt hätten, wären sie nach 1945 in der Bundesrepublik Deutschland nicht verfolgt und ermordet worden. So viel steht schon mal fest.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Innenminister! Islamistische und andere Terroristen sind auch für meine Partei und für meine Fraktion nicht nur Pappkameraden, die im Übrigen nicht nur mit Kalaschnikows ausgestattet sind, sondern auch mit Sturmgewehren aus amerikanischer Produktion, wie wir uns im Terrorismusforschungszentrum in Israel selbst überzeugen konnten.
Aber die Gefahren des internationalen Terrorismus zu nutzen, um Bürgerrechte weiter und weiter abzubauen, so etwas machen wir nicht mit.
Und, Herr Kokert, das Urteil von Düsseldorf zeigt doch gerade, über welche Mittel und Möglichkeiten Polizeien in der Bundesrepublik verfügen.