Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

wo es heißt: „Der Landtag unterstreicht seine Entschlossenheit, innerhalb dieses Jahres gesetzgeberisch im Interesse der Modernisierung des Datenschutzrechtes und der Effektivierung der Datenschutzaufsicht tätig zu werden und die zuständige Aufsichtsbehörde wirksam personell zu verstärken.“ Meine Damen und Herren, diesen Antrag lehnt der Petitionsausschuss mit den Stimmen der CDU, der SPD und der Stimme der FDP ab.

(Zurufe von Angelika Peters, SPD, und Toralf Schnur, FDP)

SPD, CDU und FDP sprechen sich also explizit im Ausschuss – hier war das jetzt anders, Herr Schnur – dagegen aus, dass der Landtag noch in diesem Jahr das Datenschutzrecht den veränderten Anforderungen anpasst,

(Angelika Peters, SPD: Das stimmt ja überhaupt gar nicht. Das ist ja hier total verdreht. – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

und das – das sage ich deutlich –, obwohl ein Datenskandal den anderen jagt.

(Jörg Vierkant, CDU: Sie verdrehen da was. – Toralf Schnur, FDP: Das ist kaum zu übertreffen.)

Meine Damen und Herren der Koalition und der FDP, wenn nicht in der jüngsten Zeit der Begriff „Datenschutzskandal“ derart bemüht worden wäre,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

dann hätte ich an dieser Stelle gesagt, jetzt haben wir einen solchen Skandal, den aber im Landtag selbst.

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Am 22. Oktober 2008 – und da muss ich jetzt der FDPFraktion deutlich zur Seite springen – lehnte dieser Landtag einen FDP-Antrag auf einen Datenschutzgipfel der Regierung ab,

(Gino Leonhard, FDP: Sehr richtig.)

zu Recht, wie ich auch heute noch meine. Aber begründet wurde diese Ablehnung durch den Innenminister Herrn Caffier sowie durch meinen Kollegen Dankert und durch mich unter anderem mit dem klaren und ausdrücklichen Verweis auf die zahlreichen Vorschläge zur Weiterentwicklung des Datenschutzrechtes – darüber waren wir uns nämlich mit Stand Oktober 2008 schon ziemlich einig –, genau diese Vorschläge, wie sie im Schreiben des Landesdatenschutzbeauftragten vom 2. September des vergangenen Jahres enthalten sind und allen demokratischen Fraktionen dieses Landtages vorliegen. Wir stimmten überein, dass wir die Positionen prinzipiell teilen und endlich zu arbeiten beginnen.

Meine Damen und Herren, ich mag nicht davon ausgehen, dass die Koalitionskollegen im Petitionsausschuss nicht so recht wussten, was sie tun. Sollten sie es gewusst haben, was sie mit der Ablehnung einer Modernisierung des Datenschutzrechtes bezwecken, dann allerdings ist es um die datenschutzrechtliche Sensibilität in diesem Landtag insgesamt nicht gut bestellt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Toralf Schnur, FDP: Das war doch ein Populistenantrag, das wissen Sie doch ganz genau.)

Meine Damen und Herren,

(Toralf Schnur, FDP: Das ist genauso ein Antrag, als wenn Sie schreiben, die Sonne geht morgen auf. – Zuruf von Jörg Vierkant, CDU)

wir haben in diesem Hause die etwas eigenartig anmutende Konstellation, dass für den Tätigkeitsbericht des Landesdatenschutzbeauftragten unser Petitionsausschuss, für datenschutzrechtliche Fragen dagegen der Innenausschuss federführend zuständig ist. Trotzdem – und damit möchte ich schließen – gebe ich die Hoffnung nicht auf,

(Gino Leonhard, FDP: Die Hoffnung stirbt zuletzt.)

dass wir unter den zuständigen Fachpolitikern gemeinsam mit dem Innenminister zu dem Konsens gelangen beziehungsweise zurückgelangen, den wir bereits im Oktober hier in der Debatte, sogar schriftlich und mündlich, dokumentiert hatten.

Meine Damen und Herren, beim Datenschutzrecht – darüber waren sich offensichtlich meine Vorredner auch klar – in Mecklenburg-Vorpommern besteht ebenfalls dringender Handlungsbedarf. An uns ist es, fraktionsübergreifend und vor allem zeitnah zu handeln, denn den nötigen Wendepunkt, Kollege Dankert, von dem Sie eben gesprochen haben, haben wir bisher noch nicht erreicht. Das größte Lob an die Datenschutzbehörde des Landes wären jetzt gesetzliche Konsequenzen in unserem Land,

(Toralf Schnur, FDP: Schwachsinn!)

denn sie sind eine wichtige Grundlage für weitere wirkungsvolle Arbeit. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Toralf Schnur, FDP: Na das war keine große Leistung.)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kurze Vorbemerkung: Der Unterschied zwischen Raub und Betrug besteht darin, dass man bei Ersterem sein Geld durch Gewalt verliert und beim Zweiten durch Täuschung.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Dem Opfer eines Raubüberfalls ist völlig klar, was geschehen ist, der Betrogene merkt das noch nicht einmal. Raub ist zwar brutaler, aber ehrlicher.

Zum Thema: Ehrlicher wäre es auch, den Bürgern staatliche Informationen gleich ganz zu verweigern, anstatt ein Informationsfreiheitsgesetz zusammenzuzimmern, das gut klingt, aber letztlich total wertlos ist. Wie immer liegt auch da die Wahrheit im Kleingedruckten. Da steht geschrieben, wann der Antrag auf Zugang zu Informationen abzulehnen ist, und das ist der Fall eigentlich immer, wenn es dem Staat in den Kram passt. Die Informationsfreiheit endet leider, wenn das Wohl des Landes geschädigt werden kann. Das ist der unbestimmteste aller unbestimmten Rechtsbegriffe, eine Phrase, die alles und nichts meint und die man immer an den Haaren herbeiziehen kann.

Alle anderen Einschränkungen, die da noch drinstehen, wären ganz unnötig gewesen, als da wären: die inter- und supranationalen Beziehungen, die Beziehungen zum Bund oder einem anderen Land, die öffentliche Sicherheit und Ordnung und die fiskalischen Interessen des Landes im Wirtschaftsverkehr. Wenn auch nur der leiseste Schatten der Möglichkeit eines Verdachts besteht, dass irgendetwas davon minimal beeinträchtigt werden könnte, darf der informationshungrige Bürger wieder mit leeren Händen nach Hause gehen. Und dafür werden dann auch noch happige Gebühren und Auslagen fällig. Wir empfehlen, diese Farce umzubenennen in „Informationsgnadenordnung“, denn darauf läuft es hinaus.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Gnadenordnung!)

Das Geld ist besser angelegt im Erwerb einer Tageszeitung. Selbst bei einem Besuch beim Friseur oder in der Stammkneipe erfährt man mehr Neuigkeiten, als wenn man sich mit diesem Wischiwaschigesetz unterm Arm an die Behörde wendet.

Eine Evaluierung dieser Regelung durch den Landesdatenschutzbeauftragten ist vollkommen überflüssig. Man braucht doch nur den Gesetzestext zu lesen, um zu wissen, dass das in der Praxis nicht den geringsten Nutzen bringen kann. Dieses Gesetz könnte der „Nordkurier“ unverändert übernehmen und bräuchte seine Herrschaftspraxis auch nicht zu ändern. Der Bürger erfährt nur, was er wissen darf und was den Herrschenden unter keinen Umständen schaden könnte. Das Gesetz ist ein Feigenblatt, hinter dem sich ein arroganter Obrigkeitsstaat versteckt.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Genau.)

Das Amt des Landesdatenschutzbeauftragten erfüllt die gleiche Funktion wie in der DDR die Blockparteien, nämlich die eines Showelements. Der Mann darf jedes Jahr seine folgen- und wirkungslosen Berichte abgeben, während der Überwachungsstaat immer zielstrebiger ausgebaut wird. Die technische Entwicklung ist so rasant, dass auch die Gerichte schon längst nicht mehr mitkommen. Das wird ja hin und wieder von noch nicht völlig systemhörigen Journalisten sogar im Fernsehen vorgeführt, wie leicht es ist, mit einer verhältnismäßig einfachen tech

nischen Ausstattung Handygespräche abzuhören, etwa mit dem Laptop und noch ein paar Schrauben.

Über was für Möglichkeiten werden da erst die Geheimdienste verfügen? Und dass die sich ausreichend um Recht und Gesetz kümmern, gerade die ausländischen, die hier operieren, die befreundeten, das mag bezweifelt werden. Alles, was die herrschenden Parteien unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terror oder gegen Rechts durchzusetzen versuchen, dient doch nur der Legalisierung dessen, was schon längst praktiziert wird.

Das ist faktisch ein Überwachungsstaat, der sich einen Datenschutzbeauftragten als Pausenclown leistet. Wer daran etwas ändern will, muss die Orgelparteien abwählen. Dazu rufen wir auf. Der Pseudobericht des Pseudodatenschutzheiligen mit Vergangenheit als NVAPolitoffizier ist uns völlig egal. Wir enthalten uns der Stimme. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Timm. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Entschließungsanträge, deren Wirkungslosigkeit und Unnötigkeit von vornherein zu erkennen sind, werden auch zukünftig nicht den Petitionsausschuss passieren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Hört, hört! – Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

In der Einleitung zu seinem Tätigkeitsbericht stellt der Landesbeauftragte eine öffentliche Diskussion in den Fokus, die im Berichtszeitraum durch Urteile des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichtes entstanden ist. Unter dem Stichwort „Onlinedurchsuchung“ haben die Gerichte dem Landes- und Bundesgesetzgeber hierzu klare Grenzen gezeigt und so die Belange des Datenschutzes gestärkt. Allerdings hat die Landesregierung im Gegensatz zum Landesbeauftragten beim Erlass und bei der Anwendung von Rechtsvorschriften ein vielschichtiges Beziehungsgeflecht zu berücksichtigen.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Deshalb kann sie nicht einseitig die Belange eines bestimmten Fachgebietes ohne Abwägung mit widerstrebenden Belangen in den Vordergrund stellen. Dies wird meines Erachtens besonders bei den sogenannten Onlinedurchsuchungen deutlich.

Während der Landesbeauftragte ausschließlich die Freiheitsrechte des Bürgers im Auge hat und diese anhand von aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten von Wilhelm von Humboldt zu klären versucht, müssen wir sowie Innen- und Rechtspolitiker diese Freiheitsrechte mit den Sicherheitsinteressen des Landes, des Staates, der Bürger abwägen. In diesem Spannungsfeld müssen alle Beteiligten eine rechtsstaatskonforme Lösung finden. Und das ist unsere Aufgabe, das ist Aufgabe der Landesregierung.

Sachlichkeit und Augenmaß erwarte ich jedoch auch vom Landesbeauftragten in seinem Bericht. Ein Bericht ist eben ein Bericht, weil er ein Bericht ist, eine sachliche Darstellung. Der Tätigkeitsbericht ist kein Kommentar. Wenn sich Bundes- und Landesinnenpolitik im Rahmen

des rechtsstaatlich Machbaren bewegt und sich dadurch ins Spannungsfeld mit den Freiheitsrechten des einzelnen Bürgers begibt, ist dies schon schwer genug. Dieses Handeln dann auch noch plump als Bungeejumping am seidenen Faden zu kompensieren, halte ich schichtweg für frech. Auch die Bezeichnung „organisierte Verantwortungslosigkeit“ in Bezug auf nicht ausreichend vorhandenes technisches und rechtliches Know-how im kommunalen Bereich ist schlichtweg eine Unterstellung und eine Kommentierung, die an dieser Stelle nichts zu suchen hat, zumal der Landesdatenschutzbeauftragte in einem Satz später ja dann selbst zu der Feststellung kommt, dass beispielsweise das kommunale Zweckverband-E-Government nicht den richtigen Weg einschlägt. Dort wurde erstmals eine hauptberufliche Datenschutzbeauftragte eingestellt, die mehrere Kommunen kompetent berät.

Vielen Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten wurde gefolgt, in den übrigen Fällen sind die Empfehlungen überwiegend erneut zum Gegenstand des vorliegenden Achten Tätigkeitsberichtes gemacht worden. Ich weise darauf hin, dass der Landesbeauftragte bedauerlicherweise in seiner Übersicht die Stellungnahme der Landesregierung zum Siebten Tätigkeitsbericht, die der Landtag ebenso wie diesen zur Kenntnis genommen hat, nicht berücksichtigt hat. Der Petitionsausschuss empfiehlt zu den vorliegenden Berichten und Stellungnahmen, diese zur Kenntnis zu nehmen und verfahrensmäßig für erledigt zu erklären. Ich bitte Sie, dieser Beschlussempfehlung zuzustimmen. – Danke schön.