Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster erhält das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Schnur. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Im Oktober letzten Jahres hat mein Kollege Herr Leonhard hier einen Antrag der FDP-Fraktion zur Stärkung des Datenschutzes in Mecklenburg-Vorpommern begründet. Dabei ging es im Wesentlichen um die Einrichtung eines Datenschutzgipfels für unser Land. Und wenn ich an den Bericht des Datenschutzbeauftragten denke, dann weiß ich, dass ein solcher Gipfel wichtiger ist denn je.

Damals überschlugen sich die Meldungen von Verstößen gegen den Datenschutz. Ich möchte so weit gehen zu sagen, es handelte sich sogar um Verstöße gegen den gesunden Menschenverstand. Und die Diskussion über den Datenschutz müssen wir auch weiter intensiv führen. Ich möchte Ihnen eine Schlagzeile von „Spiegel online“ vom heutigen Tag vorlesen: „Ausspäh-Skandal – Bahn überprüfte heimlich 173.000 Mitarbeiter“. Von solchen Skandalen und solchem Wildwuchs sind wir hier in unserem Land bis dato verschont geblieben. Das ist auch der engagierten Tätigkeit des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und seinem Team zu verdanken. Auch das muss man an der Stelle einmal sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Ohne Unterlass und ohne Rücksicht auf eventuelle Sperrfeuer der Gescholtenen haben der Landesbeauftragte und seine Mitarbeiter auf Hinweise aus der Bevöl

kerung und der Verwaltung reagiert. Zudem wurden eigene Prüfungen der Einhaltung des Datenschutzes vorgenommen. Dafür gilt ihnen der Dank meiner Fraktion und sicher auch des gesamten Landtages.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Ich möchte hier nicht auf die einzelnen Kritikpunkte des Jahresberichtes eingehen, das würde zum einen den Rahmen sprengen und zum anderen kann es ja auch jeder nachlesen. Dabei wird allerdings eines auffallen: Die vom Datenschutzbeauftragten kritisierten Vorgänge liegen alle schon eine ganze Weile zurück. Wir schreiben das Jahr 2009. Gleichwohl beschäftigen wir uns heute mit dem Bericht über den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2007. Damit liegen einige Berichtselemente drei Jahre zurück. Aus Sicht meiner Fraktion wirft das kein gutes Licht auf den Umgang des Landtages mit dem Thema Datenschutz.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Landtage anderer Bundesländer befassen sich nicht erst so spät mit den Sachen, dass sie sich zum Teil bereits erledigt haben, sei es durch eine gütliche Einigung erzwungenes Verwaltungshandeln oder Urteile auf dem Rechtsweg. Ich freue mich natürlich über jeden Vorgang, der mithilfe des Datenschutzbeauftragten zu einem positiven Ergebnis gekommen ist, aber ich würde es auch sehr gut finden, wenn wir frühzeitiger von aktuellen Datenschutzverstößen, von Streitigkeiten oder unterschiedlichen Interpretationen von Vorgängen erfahren würden. Letztlich hilft es uns ja allen.

Das Berliner Abgeordnetenhaus ist da durchaus sehr vorbildlich. In einem eigenen Datenschutzausschuss als Unterausschuss des Innenausschuss werden Datenschutzverstöße ganz aktuell diskutiert und gehen Aufträge an die Landesregierung tagesaktuell heraus. Ob wir zu diesem Idealzustand kommen werden, weiß ich nicht, aber eine zeitnähere Information kann sich der Landtag nur wünschen. Ich glaube im Übrigen, dass dies auch im Interesse unseres Landesdatenschützers wäre.

Meine Fraktion ist trotzdem dankbar für diesen Bericht, öffnet er doch die Augen für den Umgang mit dem Datenschutz in unserem Land. Skandale treten dabei wohl in den Hintergrund, aber jeder, der den Bericht liest, wird feststellen, dass wir noch viel tun müssen, um die notwendige Sensibilität für den Datenschutz auch in unserem Land zu erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Wahrscheinlich wird es nie den hundertprozentigen Datenschutz geben. Wo Menschen sind, passieren eben auch Fehler. Und solange Menschen Interesse an persönlichen Datensätzen anderer haben, wird es natürlicherweise auch Missbrauch geben. Aber eines muss für einen verantwortlichen Politiker feststehen: Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, die fahrlässige Fehler ebenso erschweren wie vorsätzlichen Missbrauch. Wir brauchen Gesetze, die Anforderungen definieren, welche die Sicherheit persönlicher Daten effektiv sicherstellen. Wir brauchen personell wie materiell gut ausgestattete unabhängige Kontrollorgane, die Datenschutzverstöße erkennen und für eine schnelle Beseitigung entdeckter Lücken sorgen können, die außerdem über Sanktionsmittel verfügen, welche Firmen dazu veranlassen, sich intensiver und nachhaltiger mit dem Thema Datenschutz zu befassen. Und wir brauchen, meine Damen und Herren, die Diskussion über den Datenschutz und des

sen Einhaltung in aller Öffentlichkeit, in der Landesregierung und auch hier im Landtag. Dafür bietet der vorliegende Bericht eine gute Grundlage. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Abgeordneter Schnur.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Dankert. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Datenschutzbeauftragten gibt einen exemplarischen Überblick über die im Berichtszeitraum von ihm und seinen Leuten geleistete Arbeit. Diese erstreckt sich von der Kontrolle und der Beratung in Einzelfällen über die kritische Begleitung von Bundes- und Landesgesetzen bis hin zu datenschutzrechtlichen Stellungnahmen im Zusammenhang mit neuen Entwicklungen der Technik und der Datensicherheit, und gerade bei diesem Thema geht es so richtig ab.

Im Tätigkeitsbericht werden die überwiegenden Berichtsteile mit der Feststellung abgeschlossen, dass zwischen der Verwaltung und dem Landesbeauftragten Einvernehmen erzielt werden konnte. Das finden wir schon ganz gut. Natürlich gibt es Vorgänge, die man unterschiedlich bewerten kann. So hat die Landesregierung die Freiheitsrechte des Bürgers, insbesondere im Bereich der Innen- und Rechtspolitik, mit den Sicherheitsinteressen der Bürger abzuwägen. Während Ermittlungsbehörden im Rahmen des rechtsstaatlich Machbaren eine Erweiterung ihrer Eingriffsbefugnisse wünschen, lehnen Datenschützer in der Regel diese Erweiterung ab. In diesem Spannungsfeld gilt es, rechtsstaatskonforme Lösungen zu finden.

Meine Damen und Herren, der Datenschutz galt lange Zeit als Exotenfach, als Thema, mit dem sich lediglich einige Fachleute beschäftigen. Über sie sagte man, die Datenschützer sind immer übertrieben skeptisch, überall würden sie Gefahren sehen. Es ist zu beobachten, dass es inzwischen eine breitere Front für den Datenschutz gibt. Die Datenschutzskandale – das wurde schon mehrfach gesagt – haben bewirkt, dass das Jahr 2008 so etwas wie einen Wendepunkt markiert. Es wurde öffentlich, was alles mit Daten gemacht werden kann, und zwar in einem Umfang, den sich viele hätten nicht vorstellen können. Und die nächsten Skandale werden kommen. Heute ist gerade wieder einer genannt worden.

Datenschützer sind inzwischen keine einsamen Mahner mehr, sondern gefragte Fachleute, die mit ihren Erfahrungen und ihrem Wissen als Ansprechpartner nicht zuletzt der Wirtschaft auch dienen. Vielen Dank auch von meiner Fraktion an Karsten Neumann und seine Truppe.

Heute können wir feststellen, das Internet und die Möglichkeiten zum Umgang mit Daten bieten sicherlich enorme Chancen, aber genauso steigen proportional die Risiken. Der technische Fortschritt stellt uns hier ganz einfach vor neue Herausforderungen. In nie da gewesener Weise können heute Informationen gespeichert werden, können Profile über Menschen angelegt werden, höchst persönliche Daten ausgewertet werden, und dagegen ist das Konsumverhalten eher noch harmlos. Diese Dinge werden zunehmen. Dieser Missbrauch – insbesondere privater Daten in der Wirtschaft – hat sich so gehäuft wie noch nie. Das Recht auf informelle Selbstbestimmung ist bedroht.

Die Auffassung, dass die öffentliche Debatte zu den Datenschutzskandalen 2008 bisher immer noch ohne jegliche gesetzgeberische Reaktion geblieben ist, ist nicht ganz richtig. Ich nenne nur die Gesetzentwürfe der Bundesregierung zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes oder zur Schaffung eines Gesetzes zur Regelung des Datenschutzaudits.

Generell muss gelten: Für den Umgang mit Daten, für die Verwendung von Daten und für den Datenhandel muss zwingend die vorherige Einwilligung des betroffenen Bürgers beziehungsweise der betroffenen Bürgerin vorliegen. Die Bürger müssen auch vor Datenhandel geschützt werden, der an die Lieferung von bestimmten Dienstleistungen gekoppelt ist. Auch bei der Prüfung vor der Kreditwürdigkeit muss der Bürger Einsicht haben können, welche Daten im Rahmen seiner Bonitätsprüfung verwendet werden. Darüber hinaus muss Transparenz geschaffen werden, woher die Daten, die zusammengetragen wurden, kommen und wie mit ihnen umgegangen wird. In diesem Zusammenhang ist auch die Schaffung eines Datenschutzgütesiegels, das Unternehmen für besonders vorbildlichen Datenschutz erhalten, zu nennen. Die Änderung des Datenschutzgesetzes geht sicherlich für viele nicht weit genug, aber es weist meines Erachtens in die richtige Richtung.

Allerdings, meine Damen und Herren, gesetzgeberische Maßnahmen allein helfen nicht, wenn ihre Einhaltung nicht ausreichend kontrolliert und Verstöße sanktioniert werden können.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist wohl wahr.)

Die Datenschutzbehörden sind in die Lage zu versetzen, ihren Beratungs- und Kontrollaufgaben flächendeckend unabhängig und wirkungsvoll nachkommen zu können. Über das Wirkungsvolle müssen wir sicherlich noch einmal reden, wir brauchen dort keine zahnlosen Tiger. Es muss verstärkte Kontrollmöglichkeiten, insbesondere für Datenschützer, geben. Da schließe ich mich auch denjenigen an, die eine bessere Personalausstattung für den Datenschutz fordern.

Meine Damen und Herren, was die Situation auf Landesebene anbelangt, so macht der Bericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz eindrucksvoll deutlich, welche Bandbreite der Bereich Datenschutz aufweist. Von den Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten möchte ich hier eine einzige hervorheben, nämlich die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Durchführung eines Auditierungsverfahrens. Dies würde es ermöglichen, informationstechnische Produkte von unabhängigen Fachleuten auf ihre Datenschutzkonformität zu prüfen. Diese Auditierungen werden vor allem von solchen Unternehmen verstärkt angefragt, die ihren Kunden Dienstleistungen in besonders sensiblen Bereichen anbieten.

Über den Tätigkeitsbericht hinaus hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz vor geraumer Zeit konkrete Vorschläge zur Verbesserung des Datenschutzes unterbreitet und den Fraktionen zugeleitet. Diese Vorschläge werden in den Fraktionen diskutiert. Ich denke, da kann noch ein bisschen mehr passieren. Wir jedenfalls werden den Tätigkeitsbericht nicht nur einfach zur Kenntnis nehmen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und FDP)

Danke schön, Herr Dankert.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Měšťan. Bitte schön, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schade, dass die vorhergehenden Beratungen bis in den Ältestenrat hinein offensichtlich wenig gefruchtet haben.

(Gino Leonhard, FDP, und Toralf Schnur, FDP: Ja.)

Ich sehe zwar den Ministerpräsidenten als Abgeordneten unten im Plenum sitzen, aber es tut mir schon weh, wenn der zuständige, sehr wichtige Minister Caffier hier bei dieser Debatte nicht anwesend ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Und da können wir noch so schöne Reden über den Datenschutz, deren Rolle und Bedeutung, über Skandale halten. Offensichtlich gibt es in der Landesregierung dazu wenig Echo.

(Gino Leonhard, FDP: Genau, das geht nicht.)

Meine Damen und Herren, zum Achten Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und den damit zusammenhängenden Berichten sowie zur vorgelegten Stellungnahme der Landesregierung liegt uns eine Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses vor. Die oben genannten Berichte beziehungsweise Stellungnahmen werden darin verfahrensmäßig für erledigt erklärt. Das ist in Ordnung, zumal die Beratungen in einzelnen Fachausschüssen durchaus intensiver verlaufen sind, als dies der vorliegende Bericht wiedergeben kann.

Meine Damen und Herren, der Landesdatenschutzbeauftragte Karsten Neumann hat im Innenausschuss zutreffend darauf verwiesen, dass der Innenbereich einen, wenn nicht sogar den Schwerpunkt seiner Arbeit darstellt. Der Tätigkeitsbericht unterstreicht diesen Eindruck.

In Auswertung des Achten Tätigkeitsberichtes und der Stellungnahme der Landesregierung dazu hat meine Fraktion einen Antrag in den Innenausschuss eingebracht. Unter Beschlusspunkt erstens wurde insbesondere für den Bereich der inneren Sicherheit die Notwendigkeit unterstrichen, dass sich der Landtag mit der aktuellen Rechtsprechung und möglichen Konsequenzen für die Gesetzgebung auch auf Landesebene auseinandersetzt. Leider, und das muss ich hier konstatieren, hat die Ausschussmehrheit hierfür keine zwingende Beschlussnotwendigkeit gesehen.

Der zweite Beschlusspunkt wurde dann aber einstimmig angenommen und dort heißt es sinngemäß: Zum SOG enthält der Tätigkeitsbericht zahlreiche Bedenken, die auch im Rahmen der Stellungnahme der Landesregierung nicht beziehungsweise nicht vollständig ausgeräumt werden konnten. Gleichzeitig werden Probleme aufgezeigt, die die Landesregierung noch prüfen will. Über diese Ergebnisse sollte der Innenausschuss zeitnah informiert werden. Wie gesagt – und ich will das ausdrücklich wiederholen –, dieser Beschlusspunkt wurde einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren, ich will mit diesem Beispiel verdeutlichen, dass die Wirkungen des Landesdatenschutzbeauftragten und der Arbeit seiner Behörde, also das Anliegen des Datenschutzes, weit über das hinausgehen können, was uns die Beschlussempfehlung des federführenden Petitionsausschusses aufzeigt. Das mag auch für weitere Fachausschüsse gelten und ist meines Erachtens völlig in Ordnung. Wichtig ist vielmehr, dass endlich etwas passiert, und weniger wichtig ist, wer es initiiert.

(Toralf Schnur, FDP: Genau so ist das.)

Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Punkt III des vorliegenden Berichtes des Petitionsausschusses: wesentliche Ergebnisse der Beratungen im Ausschuss selbst. Was dort am Ende zu lesen ist, das ist dann nicht nur weniger in Ordnung, nein, ich finde, es ist äußerst befremdlich und es steht auch im Widerspruch zu dem bisher Gesagten. Und wenn ich sage, äußerst befremdlich, dann habe ich das jetzt wirklich höflich und vorsichtig ausgedrückt.

Im Petitionsausschuss bringt meine Fraktion DIE LINKE einen Entschließungsantrag ein, dessen zweiten Punkt ich an dieser Stelle – auch wenn die Kollegin Borchardt als Vorsitzende ihn schon zitiert hat – noch einmal wiederholen möchte,

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

wo es heißt: „Der Landtag unterstreicht seine Entschlossenheit, innerhalb dieses Jahres gesetzgeberisch im Interesse der Modernisierung des Datenschutzrechtes und der Effektivierung der Datenschutzaufsicht tätig zu werden und die zuständige Aufsichtsbehörde wirksam personell zu verstärken.“ Meine Damen und Herren, diesen Antrag lehnt der Petitionsausschuss mit den Stimmen der CDU, der SPD und der Stimme der FDP ab.