kommunale Spitzenverbände, alle fehlen und Sie, Herr Caffier – nun ist er nicht da –, erklären noch, dass Kommunen, die keinen ausgeglichenen Haushalt haben, an den Konjunkturmaßnahmen nicht teilhaben werden. Das kann doch nicht wahr sein, meine Damen und Herren, denn gerade die Kommunen brauchen diese Unterstützung.
Herr Sellering, Sie und Ihre Minister haben das mit dem Wettbewerb irgendwie falsch verstanden. Wenn es so weitergeht, haben die Räte in Mecklenburg-Vorpommern Konjunktur und die Wirtschaft und die Menschen bleiben außen vor.
Und im Übrigen kam – und das wurmt mich besonders, es ärgert mich einfach – Landwirtschaft sowohl in der Regierungserklärung als jetzt auch bei den Fragen der Unterstützung der Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt nicht vor. Wer glaubt, die Landwirte hätten ihre Erträge und Existenzen auch in wirtschaftlichen Krisenzeiten sicher, der irrt sich gewaltig. Nicht nur höhere Energie- und Produktionsmittelpreise, auch hohe Futterkosten und sinkende Erzeugerpreise beuteln die Betriebe. Nach drastischen Kürzungen der EU-Beihilfen, wir haben ja mehrfach darüber gesprochen, dem einbrechenden Absatz und rasant steigender Bodenpreise, besonders aber angesichts der aktuellen Lage auf dem Milchmarkt und der Schweinehaltung, hätte die Landwirtschaft einen Spitzenplatz in den Konjunkturprogrammen des Bundes und vor allem des Landes nun wahrlich verdient.
Als wir alle, meine Damen und Herren, auch Sie, Herr Ministerpräsident, heute Morgen zum Landtag gekommen sind, haben wir eine Demonstration erlebt. Die Ablehnung gegen das noch zu beratende Schulgesetz ist riesengroß. Und selbst aus den Koalitionsfraktionen kommen 40, ich wiederhole, 40 – vier null – Änderungsanträge.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist fleißige Parlamentsarbeit.)
Das kann doch wohl nicht sein. Sie sind doch weise. Sie stellen Ihrer Regierung ein Armutszeugnis aus.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Genau. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)
Wir kritisieren nicht das Vorhaben der Selbstständigen Schule, aber bei der Finanzierung haben wir mehrere Fragen.
Es gefährdet nicht nur die Existenz der freien Schulen, sondern insbesondere die Schulen an den kleinen Standorten.
Und genauso groß – der Innenminister ist nicht da – ist der Murks bei der Verwaltungsmodernisierung.
Der Koalitionsausschuss hat sich geeinigt auf sechs plus zwei. Die Tinte ist noch gar nicht trocken, da sagt Herr Ringguth, Wolf-Dieter, Neubrandenburg muss kreisfrei bleiben.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist alles so einfach hier bei Ihnen. – Reinhard Dankert, SPD: Das haben wir doch alles gemacht.)
Ich meine, Herr Sellering, Herr Ministerpräsident, spielen Sie endlich Bundesliga, zumindest Landesliga, und hören Sie auf, in der Kreisliga zu spielen. Das sind Dinge, die Ihnen einfach nicht zustehen.
Wo ist Ihr Leitbild von einem modernen, zukunftsfähigen Mecklenburg-Vorpommern? Machen Sie sich für eine Funktionalreform stark, die die Kommunen stärkt! Wir erwarten auch, dass Sie sich klar dazu bekennen, dass die unteren staatlichen Behörden aufgelöst werden. Ansonsten brauchen wir uns nicht zu wundern, dass der Städte- und Gemeindetag die Notwendigkeit dieser Kreisgebietsreform generell infrage stellt. Wie wäre es denn mit Ihren Vorstellungen von einem kleineren Kabinett? Das sind immer Fragen, die in der Vergangenheit diskutiert wurden.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Michael Roolf, FDP: Da haben Sie auch viel Zeit dafür gehabt.)
Meine Damen und Herren, Herr Nieszery hat in Bezug auf die Aktuelle Stunde verkündet, wenn wir kein anderes Thema haben als 100 Tage angesichts der Krise,
und die ganze Zeit rede ich über die Krise, dann spricht das für sich. Ich möchte Sie fragen: Wer wird die Zeche zahlen für die verschiedenen Rettungsschirme, die da aufgespannt wurden für Banken und Konzerne? Natürlich die kleinen Leute. Es gilt der Spruch, und der ist wieder bewiesen: Die Gewinne werden privatisiert und die Verluste werden sozialisiert. Der Abbau des Sozialstaates hat seine Ursachen nicht in der Wirtschafts- und Finanzkrise, sondern in dem System.
Armut durch Hartz IV und prekäre Beschäftigung sind Neoliberalismus pur und das Ergebnis einer systematischen Sparpolitik. Und das, Herr Sellering, kann doch nun wirklich nicht sozialdemokratische Politik sein. Wohin bewegt sich Ihre Partei?
Die Armut ist drastisch gewachsen, auch in Zeiten der Konjunktur. Was macht die Koalition in Berlin? Sie kürzt den Eingliederungstitel für Hartz-IV-Empfänger. Zwei Arbeitslose auf einem Ein-Euro-Job, was sind denn das für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen? Und was tun Sie, Herr Ministerpräsident und Ihr Arbeitsminister? Wo ist Ihr Aufschrei? Welche Konzepte einer aktiven Arbeitsmarktpolitik haben Sie? Sie haben keine, weil – und das ist kein Wunder – in der Regierungserklärung das Wort „Arbeitslosigkeit“ überhaupt nicht vorgekommen ist.
Richtig, wir brauchen einen gesetzlichen existenzsichernden Mindestlohn. Wo ist eigentlich das versprochene Tariftreuegesetz? Wo ist das Gutachten?
Auch darüber wird noch zu sprechen sein. Leiharbeit muss begrenzt werden, normale Arbeitsverhältnisse statt Minijobs, Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder und Erwachsene, das wäre erforderlich. Die Hartz-IVEmpfängerinnen und Hartz-IV-Empfänger wer den sich keine Autos kaufen können, aber vielleicht könnten sie mal ins Theater gehen. Apropos Theater, wir werden bald nur noch zwei haben,
Und auch die Kindergelderhöhung kommt bei den Hartz-IV-Empfängern nicht an. Wo ist Ihr Aufschrei? Wo ist Ihr Protest, Herr Ministerpräsident? – Ich komme zum Schluss. – Das Gleiche gilt bei der Rentenangleichung. Sie geben hier vollmundige Erklärungen ab, aber was tun Sie? Sie knicken ein, Sie haben klein beigegeben.
Das Letzte, was ich sagen will, ist, wir brauchen einen Schutzschirm gegen Armut für ein menschenwürdiges Leben. Bei Ihrem Vorgänger war der Kurs klar, klar war auch, wer das Sagen hat. Das Schiff Mecklenburg-Vorpommern fährt zurzeit ohne Kapitän. Herr Sellering, bestimmen Sie Ihren Kurs! Richten Sie Ihre Mannschaft aus! Herr Sellering, nach 100 Tagen übernehmen Sie! – Danke schön.