Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Auch die NPD.)

auch die Anzuhörenden haben das in der Anhörung deutlich gemacht. Sie haben nicht nur Kritik am Verfahren geübt, sondern auch an der inhaltlichen Umsetzung des Vorhabens der Koalition.

(Gino Leonhard, FDP: Ja.)

So hat zum Beispiel der Städte- und Gemeindetag, ich will das noch einmal deutlich machen, und nicht der Abgeordnete Ritter, die Weisungsunabhängigkeit der Wahlausschüsse infrage gestellt. Ich habe diesbezüglich nur noch einmal in der Anhörung nachgefragt, damit hier nicht irgendwelche Legenden entstehen, wie das eine oder das andere entstanden ist. Über die Auswirkungen auf die kommunale Ebene und den zeitlichen Druck, der für die Kreiswahlbehörden besteht, ist hier schon geredet worden.

Es ist immer wieder die Frage nach den Alternativen gestellt worden. Ich will das einmal an einem Beispiel verdeutlichen, wie eine solche Alternative aussehen kann und wie sie in der Praxis schon funktioniert hat: Ich bin der festen Überzeugung, dass Zweifel an der Ver

fassungstreue und damit an der Wählbarkeit von Kandidatinnen und Kandidaten im Vorfeld geklärt werden müssen, nämlich im Wahlkampf, in der politischen Auseinandersetzung mit den Bewerberinnen und Bewerbern auch von rechtsextremen Parteien. Wenn wir dann hören, welche Möglichkeiten den Rechtsaufsichtsbehörden zur Verfügung gestellt werden sollen, nämlich öffentlich zugängliche Materialien, also Reden, Zeitungsausschnitte, öffentliche Auftritte,

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Internet.)

die durch den Verfassungsschutz gesammelt werden sollen, da muss ich sagen, da brauche ich den Verfassungsschutz nicht. Ich lese jeden Tag selber die Zeitung und begegne jeden Tag selber Extremisten in der öffentlichen Auseinandersetzung. Das ist schon einmal sehr wenig hilfreich. Alles andere würde auch gar nicht gehen, weil man sonst die Rolle der PKK völlig neu definieren müsste. Die PKK müsste Öffentlichkeitsarbeit betreiben,

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

aber das ist, glaube ich, nicht vorgesehen mit der Gesetzesänderung.

Schauen wir uns einmal an, wie es in der Praxis funktioniert. Was ist denn zum Beispiel, wenn ein Kandidat einer rechtsextremen Partei weder durch Reden noch durch andere Veröffentlichungen bislang aufgefallen ist? Was machen wir dann?

(Stefan Köster, NPD: Wird trotzdem abgelehnt.)

Holen Sie sich einmal die Bürgermeisterwahl in Neukalen in Erinnerung: Ein ehrenamtlicher Bürgermeister, ein angeblicher Einzelbewerber tritt an. Wie sich dann nach unseren Recherchen herausgestellt hat, ist er Mitglied der NPD. Der Wahlausschuss prüft, hat auch schon diese Hinweise des Innenministers natürlich gehabt, aber er stellt fest, von dem ist gar nichts bekannt, außer dass er einmal eine Torte gebacken hat für den Fraktionsvorsitzenden der NPD-Fraktion, weil er nämlich Bäckermeister ist.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Das ist gefährlich!)

Das ist kein Grund, ihn nicht zuzulassen. Er wurde zur Wahl zugelassen mit dem Ergebnis, er hat gerade einmal – aus meiner Sicht immer noch zu viel – vier Prozent bekommen, weil nämlich Aufklärungsarbeit passiert ist, und zwar unter anderem durch die Medien.

(Michael Roolf, FDP: Genau.)

Alle Kandidaten wurden befragt, was haben denn die Kandidaten zum Beispiel für wirtschaftspolitische Vorstellungen für Neukalen. Da hieß es dann: Herr Torsten Schmitz konnte keine Ausführungen machen. Wie steht es mit finanzpolitischen Vorstellungen? Davon hat er keine Ahnung. So ist umgegangen worden mit dem rechtsextremistischen Kandidaten, er wurde nicht gewählt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Michael Roolf, FDP: Das ist die richtige Auseinandersetzung.)

Das ist die Art und Weise, die wir wollen, nicht eine Verhinderung im Vorfeld.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was passiert denn im nachfolgenden Fall? Ein bekannter Rechtsextremist will in seiner Heimatgemeinde ehrenamtlicher Bürgermeister werden. Nach der neuen Gesetzeslage wird er wahrscheinlich nicht zugelassen. Am gleichen Tag finden aber Wahlen zum Kreistag statt. Dort kandidiert er als Kreistagsabgeordneter. Dort wird er gewählt. Dort stellt er sich zur Wahl. Wie wollen wir denn das den Wählerinnen und Wählern begründen, einmal so und einmal so? Sie sehen also, das ist die tiefe Kritik, die wir an der Praktikabilität dieses Gesetzentwurfes haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, deshalb sind wir uns einig, Rechtsextremisten haben auf Posten von Bürgermeistern und Landräten nichts zu suchen. Deshalb müssen wir die politische Auseinandersetzung führen. Wir müssen den Wählerinnen und Wählern klarmachen, dass eine Entscheidung für Rechtsextremisten letztendlich immer eine Entscheidung gegen sich selbst ist. Wir müssen unsere Politik glaubwürdiger machen. Wir müssen mit überzeugenden Kandidaten antreten, dann ist für diese Herren nämlich kein Platz. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Danke schön, Herr Ritter.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften den Verfassungsschutz betreffend auf Drucksache 5/1936. Der Innenausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/2161 anzunehmen.

Wir kommen zur Einzelabstimmung.

Ich rufe auf die Artikel 1 bis 4 sowie die Überschrift in der Fassung der Beschlussempfehlung des Innenausschusses. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit sind die Artikel 1 bis 4 sowie die Überschrift in der Fassung der Beschlussempfehlung des Innenausschusses mit den Stimmen der Fraktion der SPD bei einer Stimmenthaltung, mit den Stimmen der Fraktion der CDU, gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der FDP und der Fraktion der NPD angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen in der Fassung der Beschlussempfehlung des Innenausschusses auf Drucksache 5/2161 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Innenausschusses auf Drucksache 5/2161 mit den Stimmen der Fraktion der SPD bei einer Stimm

enthaltung, der Fraktion der CDU, gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der FDP und der Fraktion der NPD angenommen.

Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 13.15 Uhr fortgesetzt.

Unterbrechung: 12.32 Uhr

Wiederbeginn: 13.18 Uhr

Meine Damen und Herren Abgeordnete, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Von der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen auf Drucksache 5/2181 ein Antrag zum Thema „Für ein solidarisches Gesundheitswesen – Senkung des Beitrags der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung um 0,9 Prozent“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? – Bitte, Frau Dr. Linke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Beschluss der Bundesregierung zum Konjunkturpaket II sieht unter anderem eine paritätische Absenkung des zum 01.01.2009 allgemeinen staatlich festgesetzten einheitlichen Beitragssatzes von 15,5 Prozent für die gesetzlichen Krankenkassen um 0,6 Prozent vor. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner bedeutet das eine Entlastung um 0,3 Prozent, also um etwa 3 Milliarden Euro.

Meine Fraktion schlägt mit dem Ihnen vorliegenden Antrag vor, dass sich die Landesregierung im Bundesrat für die Streichung dieser Passage einsetzt und dies mit der Forderung verbinden möge, den zum 01.07.2005 eingeführten und allein von den Versicherten zu tragenden Sonderbeitrag in Höhe von 0,9 Prozent für Zahnersatz und Krankengeld zu streichen. Das käme einer Entlastung der Versicherten um etwa 9 Milliarden Euro gleich und wäre ein guter Beitrag zur Erhöhung der Konjunktur.

Die Dringlichkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass zwischen dem Beschluss der Bundesregierung und der Behandlung des Gesetzentwurfes im Bundesrat der Landtag nicht zu einer Tagung zusammenkommt, um diesen Antrag im regulären Verfahren zu behandeln. – Vielen Dank.

Danke.

Wird das Wort zur Gegenrede gewünscht? – Das sehe ich nicht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Die Erweiterung der Tagesordnung ist bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD sowie Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP nicht angenommen worden.

Meine Damen und Herren, von der Fraktion DIE LINKE liegt Ihnen auf Drucksache 5/2182 ein Antrag zum Thema „Unverzüglich Konsequenzen aus der ImageUmfrage der Landesregierung für zukünftige Vergaben von Umfragen ziehen“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Gemäß Paragraf 74 Ziffer 1 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.

Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? – Bitte, Frau Schwebs.

Frau Präsidentin! Die Umfrageergebnisse dieser Umfrage wurden von der Landesregierung auf der Landespressekonferenz am 13.01. präsentiert. Dann gab es ein großes Rauschen im Blätterwald und eine öffentliche Diskussion über die Kosten und die Art und Weise der Information der Öffentlichkeit über den vollständigen Umfang dieser Umfrage. In der Beratung des Finanzausschusses in der letzten Woche am 22. Januar hat dann der Chef der Staatskanzlei Herr Meyer über den Umfang, die Kosten, die Ausschreibungs- und die Vergabemodalitäten gründlich informiert. Wir konnten feststellen, dass alles haushalts- und vergabekonform gelaufen ist. Nun stellen wir trotzdem diesen Dringlichkeitsantrag, weil nämlich die Frist für die Antragsabgabe logischerweise nicht eingehalten werden konnte. Wir meinen nämlich, Aufklärung über den Prozesshergang ist das eine, das andere sind aber Schlussfolgerungen aus diesem Vorgang, und die sind von der Landesregierung zu ziehen.

Deshalb beantragt meine Fraktion, dass die Landesregierung den Landtag ohne Aufschub darüber unterrichtet, wie zukünftig bei der Vergabe von Umfragen generell mehr Sensibilität zu entwickeln ist, wie im Falle freihändiger Vergabeverfahren eine angemessene Begründung und entsprechende Dokumentation vorgenommen werden kann, so, wie es auch der Präsident des Landesrechnungshofes Dr. Schweisfurth in der Ausschussbefassung geäußert hat. Wir fordern, dass die Landesregierung uns so schnell wie möglich darüber informiert, wie sie demnächst die Umfrageergebnisse wahrheitsgemäß und vollständig ganz schnell zu veröffentlichen denkt. Des Weiteren möchten wir gern wissen, wie die Landesregierung zukünftig absichert, dass derartige Umfragen nicht im Dienst einzelner beziehungsweise ausgewählter Mitglieder der Landesregierung stehen. Wir denken, wenn das Instrument der Befragung wirklich für Aussagen auf die Politik genutzt werden kann, dann kann so etwas nicht im Mittelpunkt stehen. Wir meinen, dass der Antrag dringlich ist, denn man kann natürlich jederzeit wieder so eine Umfrage starten, und wir würden gern darüber unterrichtet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke.