Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Der bisherige Satz, so, wie er im Entwurf stand, reichte in der Tat nicht aus. Meine Fraktion hat deswegen zusammen mit der SPD-Fraktion darauf gedrungen, dass der Paragraf 61 Absatz 3 Kommunalwahlgesetz eindeutiger formuliert wird. Der Innenminister hat sich für diese nach seiner Auffassung gute Zusammenarbeit auch hier schon bedankt. In der Ihnen jetzt vorliegenden Fassung ist klar geregelt, dass der Verfassungsschutz alle öffentlich zugänglichen Erkenntnisse wertungsfrei mitteilt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ja.)

Der Kommunalwahlausschuss erhält sie über die Rechtsaufsichtsbehörde und die Mitglieder können sich nun ein eigenes Bild von den Bewerbern machen. Sie, also die Mitglieder des Kommunalwahlausschusses, entscheiden, ob sich ihre Zweifel erhärtet haben oder der Bewerber zur Wahl zugelassen werden soll.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genauso ist das.)

Darin, meine Damen und Herren, liegt die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Ich finde es richtig, wenn der Wahlausschuss und nicht die Rechtsaufsichtsbehörde entscheidet. Denn eine Entscheidung durch die Rechtsaufsichtsbehörde wäre eine für mich unerträgliche Bevormundung der Kreise und Gemeinden, und zwar in ihren ureigensten Angelegenheiten.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist so.)

Meine Damen und Herren, nun zu den vor allem von der Opposition immer wieder vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Herr Schnur hat gesagt, es ist und bleibt umstritten. Natürlich ist es nicht ohne Risiko, darüber sind wir uns, glaube ich, alle einig. Aber die Frage nach der Alternative hat Kollege Timm hier schon gestellt. Ich habe eingangs bereits gesagt, hier wird formal eine neue Befugnis eingeführt. Inhaltlich ändert sich formalrechtlich nichts. Was macht es also für einen Sinn, die Frage müssen wir uns doch einmal stellen, Bewerber zur Wahl zuzulassen, die später nicht Beamte werden können, weder ehrenamtliche noch hauptamtliche Bürgermeister oder Landräte, weil sie die Wählbarkeitsvoraussetzungen des Landesbeamtengesetzes gar nicht erfüllen. Das ist doch wirkliche Wählertäuschung. Wollen Sie diese Täuschung verantworten? Ich nicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir müssen aufklären über den Inhalt. – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Wir sprechen noch mal darüber.)

Eines ist mir aber besonders wichtig: Niemand wird wegen seiner politischen Ansichten von der Wahl ausgeschlossen werden.

(Michael Andrejewski, NPD: Nur wenn er sie äußert.)

Im Übrigen, wer das behauptet, der lügt ganz bewusst. Ich muss es noch einmal wiederholen: Es geht um den Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Jeder Beamte muss jederzeit aktiv für den Erhalt elementarer Bestandteile unseres Rechtsstaates und unseres Grundgesetzes und der darin verankerten Grundrechte wie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und die Unverletzlichkeit der Menschenrechte eintreten. Wer das nicht akzeptiert, der darf auch nicht Beamter werden. Darauf kommt es an.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Das gilt für uns Demokraten ohne jede Einschränkung, und zwar auch für Wahlbeamte und ehrenamtliche Bürgermeister.

Zur Frage der Vereinbarkeit der vorgesehenen Regelungen mit den geltenden verfassungsrechtlichen Grundsätzen des passiven Wahlrechts hat Herr Professor Ewer in der Anhörung, wie ich finde, sehr überzeugend vorgetragen. Und wenn Sie ihn zitiert haben, dann will ich das auch gerne tun. Unter Bezug auf ein Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1996 hat er festgestellt, dass es nicht zweifelhaft sei, dass der Landesgesetzgeber, also wir, meine Damen und Herren, im Rahmen seiner Kompetenzen für das Kommunalwahlrecht und das Recht der Kommunalwahlbeamten die Wählbarkeitsvoraussetzungen für Bürgermeister und Landräte festlegen darf.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz stellen wir unmissverständlich klar: Personen, die nicht für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einstehen, sollen nicht für das Amt eines Landrates oder eines hauptamtlichen oder ehrenamtlichen Bürgermeisters kandidieren können.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende und damit auch zum Ausgangspunkt meiner Rede. Für die Stärkung der Demokratie in den Kreisen und in den Gemeinden ist dieser Gesetzentwurf dringend erforderlich. Er ist ein wichtiger Baustein im Konzept der wehrhaften Demokratie. Deswegen, verehrte Kollegin Měšťan, ist ähnlich wie für den Innenminister für mich die Kritik der LINKEN so global einigermaßen überraschend.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Überraschend ist das ja nun nicht. – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Natürlich …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir haben das schon zur Anhörung deutlich gemacht.)

Na ja, es hat mich zumindest gewundert.

Ich will noch einmal deutlich sagen, wenn der Innenminister das schon einräumt, dann fällt es mir umso leichter, das zu tun. Ich räume doch ein, zehn Wochen sind für ein solches Gesetz tatsächlich und in der Tat zu kurz.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, das nützt aber nichts.)

Nun fragen wir uns nach der Alternative. Und immer nur verfahrensrechtlich und rechtsförmlich hier seine Bedenken zu äußern, halte ich für schwierig. Wenn Sie fragen, wo denn die gemeinsame Klammer zum Beispiel für das Sicherheitsüberprüfungsgesetz, das Landesverfassungsschutzgesetz und das Kommunalwahlgesetz ist, Frau Měšťan, die Klammer ist für mich die Landesverfassungsschutzbehörde. Natürlich hätte man das mit einer Spezialnorm regeln können, aber selbst die beteiligten Kommunalverbände haben eingeräumt, natürlich geht das auch in einem Artikelgesetz.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Logisch.)

Das ist rechtlich möglich und genau das wird hier getan.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Fraktionsvorsitzenden Herrn Roolf?

Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Abgeordneter Ringguth, Sie sind seit vielen Jahren Bürgermeister und haben sich immer wieder Kommunalwahlen gestellt. Ich frage Sie: Hat es bei Ihnen eine neue Erkenntnis gegeben, warum die vor Kommunalwahlen durch die Wähler und durch die Regionen durchgeführten Wahlbefragungsveranstaltungen, wo sich Kandidaten vorstellen, wo sie sich präsentieren, wo sie befragt werden zu ihren politischen Zielen, wo auch die Dinge, die öffentlich zugänglich sind, was die Position des Antragsstellers zum Grundgesetz und zur Verfassungstreue anbelangt, hat es aus Ihrer Erfahrung Situationen gegeben, wo Bürgerinnen und Bürger erkannt haben, der ist nicht auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und ist trotzdem gewählt worden? Oder haben die Bürger in diesen vielen Runden, die Sie sicher alle miterlebt haben, mit der Situation, dass …

Ich denke, die Frage ist erkenntlich.

… die Bürger sehr wohl unterscheiden können, ob jemand auf dem Bundesgrundgesetz steht oder nicht, brauchen wir da …

Herr Abgeordneter, wir haben uns auf kurze Fragen geeinigt.

Ja, danke schön. Herr Roolf, ich habe die Frage in der Tat verstanden.

Das ist schön, denn sie war ein bisschen lang.

Es geht, um es ganz klar zu sagen, für mich darum, dass natürlich diese Veranstaltungen weiterhin so laufen müssen. Bei mir in der Region, wo es, und ich sage, Gott sei Dank, wenige Menschen gibt, die der rechten Gesinnung anhängen und überhaupt für ein Bürgermeisteramt infrage kommen, wird es sicherlich weniger problematisch sein. Aber ich hatte es in meiner Rede gesagt, hier geht es um ein Zeichen. Wir wollen sagen, dass die wehrhafte Demokratie tatsächlich in den Köpfen in der Gesellschaft ankommen muss.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, genau das.)

Wir wollen vorher sagen, Menschen, die sich nicht der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ganz klar unterstellen, diese Menschen sollen gar nicht erst zur Wahl zugelassen werden. Das ist eine neue Qualität. Rechtlich schwierig, aber wir wollen dieses Risiko eingehen, um Zeichen zu setzen.

Meine Damen und Herren, der Kollege Timm hat gesagt, dieser Weg ist nicht ohne Risiko. Das ist richtig. Aber, meine Damen und Herren, dieser Weg ist für mich ohne Alternativen. Meine Fraktion wird dem Entwurf deswegen selbstverständlich zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Ringguth.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben jetzt eine interessante Debatte erlebt. Ich will hier deutlich machen, dass ich mir gewünscht hätte, dass wir uns die Zeit hätten nehmen können, wirklich intensiv über all diese Fragen im Innenausschuss zu diskutieren. Aber, lieber Kollege Ringguth, erinnern Sie sich daran, wie wir das Verfahren zur Bearbeitung dieses Gesetzes im Innenausschuss begonnen haben? Da haben Sie uns als Vertreter der Opposition klargemacht: Na ja, wir beschließen das Gesetz sowieso auf der Januarsitzung im Landtag, deswegen machen wir am 5. Januar noch mal eine Anhörung.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Nein! – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Genauso war es. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: So was macht Herr Ringguth?)

Erst durch unsere heftige Kritik ist es dazu gekommen, dass wir überhaupt noch ein paar Tage Zeit hatten, uns bis zum 12. Januar mit der Geschichte auseinanderzusetzen.

(Harry Glawe, CDU: Wir hätten das doch auch schon im Dezember verabschieden können. Wir sind Ihnen doch entgegengekommen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns einig darüber, das will ich hier ganz deutlich machen, dass Rechtsextremisten nichts auf Bürgermeister- oder Landratsposten zu suchen haben. Weil wir uns einig sind, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, müssen Kritiken am Verfahren erlaubt sein.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ganz genau.)

Auch in einer solchen Landtagsdebatte, Herr Dr. Timm, und auch die Signale, die Sie, Kollege Ringguth, in die Gesellschaft senden wollen, müssen hinterfragt werden.

Trotz der Annahme der Gelben Karte durch den Herrn Innenminister muss ich hier klar sagen, nicht nur die Fraktion DIE LINKE oder die FDP haben ihre klare Kritik am Verfahren geäußert,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Auch die NPD.)