In der „Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Februar 2009“, Herr Kuhn, wo Sie bald hin wollen,
„zur Beseitigung der geschlechtsbedingten Diskriminierung und zur Solidarität zwischen den Generationen“ heißt es, ich zitiere, „dass qualitativ gute, erschwingliche Kinderbetreuungseinrichtungen … sowie eine erschwingliche, qualitativ gute Betreuungsstruktur für ältere Menschen und andere Betreuungsbedürftige … Schlüsselelemente für“ Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind. Wir sollten alle ernsthaft diese europäischen Forderungen in unserer Landespolitik umsetzen. Dem wird Ihr Ansatz bisher nicht gerecht.
Durch diese Herausforderungen wird der Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt und zu bezahlter Beschäftigung trotz anfallender Versorgungsaufgaben in der Familie möglich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Geschlecht ist ein Bestimmungsfaktor sozialer Ungleichheit in unserer Gesellschaft. Das lässt sich nicht verleugnen. Die Schwierigkeiten, die auf dem Arbeitsmarkt bestehen, bekommen vor allem die Frauen zu spüren. Sie verdienen für die gleiche und gleichwertige Arbeit deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Arbeitslosenquote, die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit und der Anteil der Langzeitarbeitslosen sind bei Frauen deutlich höher als bei Männern. Nach dem Verlust der Arbeit haben Frauen um fast zwei Drittel schlechtere Chancen, wieder beschäftigt zu werden, als Männer.
Das Streben nach beruflichem Erfolg ist nicht nur auf gleichem Niveau geblieben, sondern wurde laut Umfragen sogar noch verstärkt. In den Lebensentwürfen ostdeutscher Frauen spielt der Wunsch, Familienverpflichtungen und Berufstätigkeit miteinander zu verbinden, eine tragende Rolle. Diese Überzeugung haben nicht nur Frauen, auch ostdeutsche Männer tragen sie mit. „Der doppelte Lebensentwurf als modernes Sozialisationserbe des Realsozialismus ist somit erhalten geblieben.“ Das steht nicht im Programm der Fraktion DIE LINKE, sondern es sind die Worte des Soziologen Professor Dr. Rainer Geißler von der Universität Siegen.
Es ist Aufgabe der Politik, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ob ein solcher Bericht, wie von Ihnen gefordert, dieser Anforderung gerecht wird, bleibt abzuwarten. Wir sind gespannt, was in Ihrem Bericht stehen wird, und wir stimmen deshalb diesem Antrag zu. – Danke schön.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das machen wir eben.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gleichberechtigung im Familien- und Berufsleben ist ein wichtiger Baustein, um Mecklenburg-Vorpommern als Lebens-, Wirtschafts- und Investitionsstandort attraktiv zu gestalten. Deshalb halte ich es für sinnvoll und richtig, dass wir heute genau dazu diskutieren.
Wenn ich allerdings kurz den Umfang dieses Themas umreiße, wird deutlich, dass noch ein großes Stück Arbeit vor uns liegt, um gleiche Teilhabe von Vätern und Müttern am Erwerbs- und Familienleben zu realisieren. So gehört der gleichberechtigte Zugang zu Führungspositionen ebenso dazu wie die Steigerung des Frauenanteils an zukunftsorientierten Berufen. Neben gleichen Karrierechancen für Frauen und Männer müssen die Rückkehrmöglichkeiten nach einer Phase der Erwerbsunterbrechung verbessert werden. In diesem Zusammenhang will ich auch erwähnen, dass die von Bundesministerin Ursula von der Leyen erreichte Hervorhebung der Familienpolitik sehr geholfen hat.
Die Bundesregierung hat gerade mit der Ausgestaltung des Elterngeldes einen wichtigen Beitrag zu mehr Gleichberechtigung geleistet. Immer mehr Eltern teilen sich die Betreuung der Kleinsten in den ersten Monaten. Auch viele Väter nutzen das neue Angebot. Fast jeder zweite Vater bleibt dabei für mehr als zwei Monate zu Hause.
Dies ist eine positive Entwicklung, die auch unterstreicht, dass immer mehr Unternehmen die familiären Verpflichtungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen. Darüber bin ich sehr froh.
Sehr geehrte Damen und Herren, andere langjährige Forderungen, wie zum Beispiel nach gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit, harren noch der Umsetzung. Eine flexible Kinderbetreuung auch in Randzeiten muss ebenso gewährleistet sein wie eine adäquate steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten.
Im Folgenden möchte ich auf einige der angesprochenen Themen näher eingehen und beginne mit der beruflichen Selbstständigkeit von Frauen. Im Bundesvergleich sind fast 30 Prozent aller Selbstständigen Frauen, dennoch liegt die Selbstständigenquote nur etwa halb so hoch wie bei Männern. Gerade angesichts des raschen wirtschaftlichen, technologischen, strukturellen und demografischen Wandels liegt hier ein Potenzial brach, das zukünftig stärker genutzt werden muss. Das hat auch die Wirtschaft erkannt, sodass im Juli 2001 deren Spitzenverbände mit der Bundesregierung eine „Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im privatwirtschaftlichen Bereich“ unterzeichnet haben.
Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, gilt es, durch eine lebenslauforientierte Gleichstellungspolitik eine flexible Arbeitszeitgestaltung für Frauen und Männer zu ermöglichen. Teilzeitbeschäftigung ist dabei ein probates Mittel, wenn sie mit dem individuellen Lebensentwurf des Beschäftigten übereinstimmt. Die in den letzten Jahren im Rahmen der abhängigen Beschäftigungsverhältnisse angestiegene Teilzeitquote spiegelt allerdings nicht nur diese Motivation wider, sondern ebenfalls die fehlende Verfügbarkeit von Vollzeitarbeitsplätzen.
Dabei ist der Anteil männlicher Teilzeitbeschäftigter verhältnismäßig gering, da nach wie vor die familiären Verpflichtungen zumeist durch Frauen erbracht werden. Auch in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und der öffentlichen Verwaltung sind Frauen immer noch deutlich unterrepräsentiert. Auch im öffentlichen Dienst ist es allerdings nicht so einfach, da etwas zu machen. Da gilt es, Beamtenrecht und Laufbahnen zu beachten. Es ist eben nicht so einfach, liebe Frau Tegtmeier, mal eben eine Frau auf einen Abteilungsleiterposten zu schieben.
Aber selbst in Familienunternehmen werden Frauen bei der Unternehmensnachfolge trotz teilweise höherer Qualifikation benachteiligt. Insgesamt sinkt der Frauenanteil in Führungspositionen mit der Größe des Unternehmens und auch mit der Höhe der Hierarchieebene im Unternehmen. Sind Frauen unter 30 Jahre noch fast genauso stark in Leitungspositionen vertreten wie gleichaltrige Männer, so sinkt ihr Anteil mit der Familiengründung bis zum Alter von 40 Jahren auf circa 20 Prozent und verbleibt dann auf niedrigem Niveau.
Und auch bei der Entlohnung sind die Unterschiede bei Frauen und Männern erheblich. Dabei sind die Unterschiede in ländlichen Gebieten größer als in Großstädten. Aber auch mit höherer Ausbildung und zunehmendem Alter werden die Unterschiede in der Entlohnung von Frauen und Männern größer. Umso wichtiger ist es, dass die Europäische Union das Thema Entgeltgleichheit zu einem Schwerpunktthema der Gleichstellungspolitik 2006 bis 2010 gemacht hat. Und auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördert die Durchführung des zweiten „Equal Pay Day“ am 20. März 2009.
Gerade weil die häufigeren und längeren familienbedingten Erwerbsunterbrechungen beziehungsweise Reduzierungen bei Frauen als eine der Ursachen für die angesprochenen Verdienstunterschiede ausge
macht wurden, ist es wichtig, zum einen die Betreuungsangebote für Kinder so flexibel wie möglich zu gestalten, zum anderen aber auch die Rückkehrmöglichkeiten nach Phasen der Erwerbsunterbrechung zu verbessern. Dazu gehören breit gestreute Angebote, die gemeinsam von der Bundesagentur für Arbeit, dem Bund und den Ländern erarbeitet wurden. Und auch die verstärkte Orientierung von Frauen auf zukunftsträchtige Berufe weg von den typischen Frauenberufen leistet einen wesentlichen Beitrag, um die immer noch vorhandenen Unterschiede in der Entlohnung zu überwinden.
Ich denke, Frau Dr. Seemann wird in ihrem Redebeitrag noch einmal darstellen, wie die Landesregierung an den dargestellten Problemstellungen arbeitet und welche Erfolge bereits zu verzeichnen sind. Von daher verbleibt mir an dieser Stelle nur, Sie um Zustimmung zu unserem Antrag zu bitten.
Es stimmt, Frau Tegtmeier, wir haben uns wirklich Gedanken gemacht, weil da noch ein Antrag 28 ist. Wir haben uns zuerst gefragt: Wollen die beiden uns nicht dasselbe erzählen? Und wer war der Schnellste von beiden?
Wenn ich mir angucke, wie dünn der Antrag ist, deswegen haben wir ein wenig auf Zeit gedrängt, denn ich denke mir, Frau Seemann, da passiert schon eine ganze Menge, und vielleicht ist es auch gut, wenn man dieses alles mal bündelt.
Frau Ministerin, weil Sie vorhin diese längere Öffnungszeit ansprachen. Das ist ja nur ein Problem, was wir zurzeit im KiföG haben. Um Gleichstellung, wie Sie hier als Überschrift sagen, auch wirklich leben zu können und für die Frauen vielleicht auch wirklich eine Verbesserung zu erreichen, möchte ich ein anderes Beispiel nennen. Zurzeit ist es so, dass die Kindergärten regional gebunden sind. Wenn eine Frau zum Beispiel in einen anderen Landkreis will, dann gibt es oft sehr viele Probleme. Das ist jetzt nicht so richtig sauber geregelt im KiföG.
Das klappt aber nicht, Frau Linke, das wissen Sie auch. Das wussten Sie auch bei Inkrafttreten des Gesetzes.
Und weil wir über Gleichstellung reden: Man muss Gleichstellung auch lieben. Die Studie, die rumgeschickt worden ist von Prognos, geht nur an Frauen. Ich bin da als Vater nicht mit aufgenommen worden.
Meine Frau ist angeschrieben worden. Dann muss man das Thema auch lieben. Das sind so Kleinigkeiten, wo ich einfach sage, dass man das Thema auch lieben muss.
Wir haben ein Sprichwort: Machen, nicht reden! Hier ist schon viel gesagt worden. Ich finde, wir sollten im Augenblick anfangen, viele Sachen umzusetzen. Das war auch unser Grund, den Änderungsantrag zu stellen, um sozusagen das wichtige Thema damit zu unterstützen, zu sagen, wir müssen es schneller hinkriegen. Ich habe gestern schon mal an dieser Stelle gesagt, ich wünsche mir wirklich eine Novellierung des KiföG, einen Gesetzentwurf zum 30.06.2009, weil wir dann in der Zeit sind. Dann können wir viele Sachen einarbeiten. Insofern werbe ich noch mal für unseren Änderungsantrag, dass wir ein wenig schneller werden.